Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.12.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 35/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 1 Satz 1
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 20 a Abs. 2
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 35/04

In dem Erbscheinverfahren

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

am 3. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 15. Oktober 2004 wird der Ausspruch unter Ziff. I. der Entscheidungsformel des Beschlusses der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. September 2004 - 11 T 93/04 - geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) in dem Verfahren der Erstbeschwerde entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

2. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde einschließlich der dem Beteiligten zu 2) in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

3. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf bis 16.000 € festgesetzt.

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 2) hat auch in der Sache Erfolg.

1. Gegen die Zurückweisung des Antrags des Beteiligten zu 2), die ihm entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beteiligten zu 1) aufzuerlegen (Ziffer I. des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts) ist nach § 20 a Abs. 2 FGG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde statthaft, da die dem Beteiligten zu 2) entstandenen Anwaltskosten bei einem Geschäftswert des Verfahrens der Erstbeschwerde in Höhe von 2.098.208,39 € den erforderlichen Beschwerdewert von 100 € übersteigen (vgl. zur Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde auch BayObLG, FamRZ 2001, 299). Die sofortige weitere Beschwerde wurde auch frist- und formgerecht eingelegt (§§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG).

2. Das Rechtsmittel ist auch begründet, da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

a) Wird - wie hier - die Beschwerde zurückgenommen, so ist über die Erstattung der Kosten, die dem Beschwerdegegner entstanden sind, nicht nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, sondern gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. nur BGHZ 28, 117(121(; BayObLG, FamRZ 2001, 299). Diese Ermessensentscheidung ist im Verfahren der weiteren Beschwerde als Rechtsbeschwerde nur beschränkt nachprüfbar, nämlich nur darauf, ob das Gericht von seinem Ermessen keinen oder einen rechtlich fehlerhaften, dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, ob es von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder ob es wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat (vgl. BayObLG, FamRZ 1996, 1560; BayObLG, ZMR 2000, 233 zu § 47 WEG). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es bei einer Beschwerderücknahme regelmäßig der Billigkeit entspricht, dass derjenige, der das Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen Beteiligten dadurch erwachsenen Kosten erstattet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände ausnahmsweise für eine abweichende Beurteilung sprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 Wx 18/04; BayObLG, FamRZ 2001, 299; BayObLG, FamRZ 1998, 436; Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 13 a Rdn. 42 mit weiteren Nachweisen). Ein solch besonderer Umstand kann etwa dann zu bejahen sein, wenn die Beschwerde bei einer summarischen Prüfung ohne die Rücknahme Erfolg gehabt hätte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 1 Z BR 52/01 - veröffentlicht in JURIS). Wenn auf der anderen Seite bei summarischer Prüfung die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zum Zeitpunkt der Rücknahme nicht gegeben waren, sind die erwähnten besonderen Umstände regelmäßig zu verneinen, so dass jedenfalls in diesem Fall die Anordnung der Kostenerstattung zu Lasten des das Rechtsmittel Zurücknehmenden gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne auch BayObLG, FamRZ 2001, 299; Zimmermann, a.a.O., § 13 a Rdn. 42).

b) Die angegriffene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nicht stand.

Zwar ist es im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das Landgericht es dem Beteiligten zu 1) nicht als grobes Verschulden angelastet hat, gegen den Beschluss des Amtsgericht das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt zu haben. Da auch das Landgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gesehen hat, konnte der Beteiligte zu 1) jedenfalls nicht von vorneherein von der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels ausgehen. Das Landgericht hat auch nicht verkannt, dass bei einer Rechtsmittelrücknahme im Regelfall dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen des Beschwerdegegners aufzuerlegen sind, weil er - der Rechtsmittelführer - das Rechtsmittelverfahren in Gang gesetzt und die Kosten dadurch verursacht hat.

Das Landgericht hat jedoch ermessensfehlerhaft die Erfolgsaussichten des zurückgenommenen Rechtsmittels im Zeitpunkt der Rücknahme unberücksichtigt gelassen. Vorliegend ist die Rücknahme der Beschwerde durch den Beteiligten zu 1) gerade vor dem Hintergrund erfolgt, dass nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens der von dem Beteiligten zu 1) geltend gemachte Einwand, es handele sich bei dem hier maßgeblichen Testament nur um eine Kopie, nicht jedoch um ein Original, nicht mehr aufrechterhalten werden konnte. Würde man in derartigen Fällen, in denen ein Beschwerdeführer erst unter dem Eindruck einer für ihn negativ verlaufenden Beweisaufnahme und der nunmehr erkennbaren Erfolglosigkeit des Rechtsmittels dieses zurücknimmt, gleichwohl von der Anordnung einer Kostenerstattung gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG absehen, würde dies zu nicht hinnehmbaren Wertungswidersprüchen zu der im § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG vorgesehenen Kostenregelung führen. Nach dieser Bestimmung muss ein Beschwerdeführer zwingend die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels tragen, ohne sich darauf berufen zu können, im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde sei diese jedenfalls nicht offenbar aussichtslos gewesen. Wenn ein Beschwerdeführer nunmehr nach Durchführung einer Beweisaufnahme sein Rechtsmittel in Erkenntnis der Unbegründetheit zurücknimmt, wäre es unbillig, könnte er sich hierdurch der zwingend gebotenen Kostenerstattung gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 entziehen (vgl. in diesem Sinne auch BayObLG, FamRZ 2001, 299; Zimmermann, a.a.O., § 13 a Rdn. 42 Fußnote 139).

Deshalb rechtfertigt auch die weitere Überlegung des Landgerichts, dass die dem Beteiligten zu 2) entstandenen Kosten im Vergleich zur Größe des ererbten Vermögens nicht sehr hoch sein, die Ablehnung der Anordnung der Kostenerstattung nicht. Der Beteiligte zu 1) hätte nämlich bei einer das Rechtsmittel zurückweisenden Entscheidung durch das Landgericht die notwendigen Auslagen des Beteiligten zu 2) ebenfalls zu erstatten gehabt, ohne dass es hierfür eine Rolle gespielt hätte, ob das Unterbleiben einer Kostenerstattung den Beteiligten zu 2) möglicherweise nicht erheblich belasten würde. Auch hier gilt es, Wertungswidersprüche zwischen der zwingenden Kostenregelung des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG einerseits und der Ermessensentscheidung gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG andererseits in den Fällen zu vermeiden, in denen die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels im Zeitpunkt der Rücknahme zu verneinen war.

c) Da weitere tatsächliche Feststellungen durch das Landgericht nicht in Betracht kommen, hält es der Senat für angezeigt, nunmehr selbst über die Frage der Kostenerstattung zu entscheiden (vgl. zu dieser Möglichkeit auch BayObLG, ZMR 2000, 233). Hiernach entspricht es aber aufgrund der genannten Gesichtspunkte allein billigem Ermessen, dem Beteiligten zu 1) die dem Verfahren der Erstbeschwerde erwachsenen notwendigen Auslagen des Beteiligten zu 2) aufzuerlegen und den angegriffenen Beschluss entsprechend abzuändern. Insoweit weist der Senat vorsorglich zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hin, dass mit einer Anordnung der Kostenerstattung kein Vorwurf an den Beteiligten zu 1) verbunden ist. Vielmehr ist es das grundsätzliche Risiko eines Rechtsmittelführers, dass sich erst im Rahmen einer Beweisaufnahme die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels ergibt.

3. Da das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2) in vollem Umfang Erfolg hat, hält es der Senat für angemessen, dem Beteiligten zu 1) auch die notwendigen Auslagen des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufzuerlegen (§ 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG).

4. Für die Festsetzung des Geschäftswertes der weiteren Beschwerde (§§ 131 Abs. 2, 30 KostO) ist das Interesse des Beteiligten zu 2) an einer stattgebenden Entscheidung durch den Senat maßgeblich. Entscheidend sind insoweit die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2) im Verfahren der Erstbeschwerde, die er von dem Beteiligten zu 1) erstattet verlangt. Der Senat hat sich bei der Geschäftswertfestsetzung an der Kostennote des Rechtsanwaltes M, der den Beteiligten zu 2) vor dem Landgericht anwaltlich vertreten hat, vom 12. Oktober 2004 orientiert. Die Kostennote, auf die in dem Beschwerdeschriftsatz vom 15. Oktober 2004 Bezug genommen wird und die als Anlage dem Schriftsatz beigefügt ist, schließt mit einem Gesamtbetrag von 15.849,08 € ab, so dass von einem Geschäftswert bis zu 16.000 € auszugehen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück