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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.11.2008
Aktenzeichen: 2 Wx 43/08
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 13a Abs. 1 S. 1
FGG §§ 20 ff.
FGG § 142
FGG § 143
FGG § 143 Abs. 1
FGG § 143 Abs. 2
FGG § 159
FGG § 159 Abs. 1
BGB § 37
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 25. September 2008 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. August 2008 - 11 T 177/07 - wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) und 3) in dem jetzigen Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1.

Der Beteiligte zu 2) war ursprünglich als 1. Vorsitzende des beteiligten Vereins im Vereinsregister eingetragen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6. März 2007 (Bl. 22 ff. d.GA.) beantragten eine Minderheit von 16 Mitgliedern des Vereins beim Amtsgericht Köln - Vereinsregister - die Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 19. April 2007 (Kopie Bl. 77 ff. d.GA.) wurden die damaligen Antragsteller zur Einberufung einer Mitgliederversammlung mit den Tagesordnungspunkten "Bericht der Kassenprüfer, Abwahl des alten Vorstandes und Wahl eines neuen Vorstandes sowie Abstimmung über die Entlastung des ausgeschiedenen Vorstandes" ermächtigt.

Die Einladung zu der Mitgliederversammlung erfolgte unter dem 5. Mai 2007. In dem Einladungsschreiben (Bl. 186 f. d.GA.) heißt es unter anderem:

"Es ergeht der Hinweis, dass Anträge zur Tagesordnung nicht gestellt werden können, da laut Beschluss des Amtsgerichts nur Top 1 bis Top 3 vorgesehen sind. Bei Beschlussunfähigkeit der außerordentlichen Mitgliederversammlung wird zeitnah, am gleichen Tag und am gleichen Ort die außerordentliche Mitgliederversammlung erneut eröffnet."

Zu der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 14. Mai 2007 erschienen 29 Vereinsmitglieder. Hierauf stellte der Versammlungsleiter fest, dass die Mitgliederversammlung nicht beschlussfähig sei. Nach der Feststellung der Beschlussunfähigkeit wurde die Mitgliederversammlung geschlossen und wenige Minuten später in Anwesenheit von 29 stimmberechtigten Mitgliedern wieder eröffnet. Zu der Durchführung der Mitgliederversammlung heißt es in § 9 der maßgeblichen, am 22. Juli 1986 im Vereinsregister eingetragenen Satzung des Vereins u.a.:

"Die Mitgliederversammlung ...

Der Vorstand ....

Die Einberufung zu den Mitgliederversammlungen erfolgt jeweils schriftlich mit einer Frist von 8 Tagen unter Bekanntgabe der Tagesordnung.

Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte sämtlicher Mitglieder anwesend ist. Bei Beschlussunfähigkeit muss der 1. Vorsitzende oder bei Verhinderung sein Vertreter zeitnah eine zweite Versammlung einberufen, die ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienen Mitglieder beschlussfähig ist.

Die Mitgliederversammlung ....."

In der zweitem Mitgliederversammlung vom 14. Mai 2007 wurden der Beteiligte zu 2) als Vorsitzender, der Beteiligte zu 3) als 2. Vorsitzender sowie die Kassiererin mit 25 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgewählt und ebenfalls mit 25 Stimmen bei 4 Enthaltungen die jetzigen Vorstandsmitglieder gewählt. Die entsprechenden Eintragungen erfolgten am 18. Mai 2007 unter der lfd. Nr. 3 im Vereinsregister (Registerauszug Bl. 90 d.GA.).

Bereits mit Schreiben vom 15. Mai 2007 (Bl. 87 f. d.GA.) beantragten die Beteiligten zu 2) und 3), den neuen Vorstand nicht einzutragen und führten hierzu aus, die Mitgliederversammlung sei nicht beschlussfähig gewesen, da an ihr 15 ausgeschlossene Vereinsmitglieder teilgenommen hätten. Mit Verfügung vom 18. Mai 2007 (Kopie Bl. 91 f. d.GA.) wies die Rechtspflegerin diesen Antrag zurück. Hiergegen richtete sich die "Erinnerung" des Beteiligten zu 2) vom 4. Juni 2007 (Bl. 97 d.GA.), die die Rechtspflegerin am 18. Juni 2007 dem Landgericht zur Entscheidung vorlegte (Bl. 110 d.GA).

Mit Beschluss vom 12. Juni 2008 (Bl. 145 ff. d.GA.) hat die Kammer die Beteiligten darauf hingewiesen, sie beabsichtige als Beschwerdegericht das Verfahren über die Löschung gemäß § 143 Abs. 1 FGG an sich zu ziehen und das Amtsgericht zur Löschung der Eintragung unter laufender Nr. 3 in das Vereinsregister anzuweisen, falls nicht binnen 3 Wochen ab Zustellung des Beschlusses hiergegen Widerspruch eingelegt werde. Dieser Beschluss ist dem eingetragenen Vereinsvorstand am 28. Juni 2008 zugestellt worden. Mit einem am 21. Juli 2008 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz von diesem Tage hat der Verein Widerspruch erhoben. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28. August 2008 den Widerspruch zurückgewiesen und das Amtsgericht - Vereinsregister - angewiesen, die Eintragung lfd. Nr. 3 vom 18. Mai 2007 im Vereinsregister zu löschen. Gegen diese am 17. September 2008 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 26. September 2008 eingegangene Beschwerde des beteiligten Vereins vom 25. September 2008.

2.

a)

Das von dem Verein eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach §§ 159 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGG statthaft. Das Landgericht hat auf die Beschwerde über die Ablehnung der Löschung durch das Amtsgericht nicht als Beschwerdegericht entschieden. Es hat das Registergericht nicht angewiesen, nach § 142 FGG zu verfahren, sondern hat das Verfahren selbst übernommen. Hierzu war das Landgericht nach § 143 FGG befugt (BayObLGZ 1992, 47/48; BayObLG FGPrax 2002, 82; Keidel/Winkler, FGG, 15. Auflage 2003, § 143 Rn. 4; Jansen/Steger, FGG, 3. Auflage 2006, § 143 Rn. 6). Verfährt das Landgericht in dieser Weise, ist gegen seine den Widerspruch zurückweisende Entscheidung die sofortige (Erst-)Beschwerde (§§ 19 ff. FGG), nicht die weitere Beschwerde gegeben (BayObLGZ 1992, 47; BayObLG FGPrax 2002, 82; Jansen/Steder, aaO, § 143 Rn. 12).

b)

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat seinen Beschluss im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Voraussetzungen für eine Löschung der Eintragung im Vereinsregister sind gegeben. Die Beschlüsse der im Anschluss an die beschlussunfähige Mitgliederversammlung vom 14. Mai 2007 durchgeführten Wiederholungsversammlung seien nichtig, da die Satzung des Vereins eine entsprechende Versammlung nicht vorsehe und die satzungsmäßig bestimmte Voraussetzung für die Einberufung einer weiteren Mitgliederversammlung nicht eingehalten worden seien. Die nicht ordnungsgemäße Einberufung der Mitgliederversammlung stelle einen wesentlichen Mangel im Sinne von §§ 159, 142 FGG dar. Die Löschung der unrichtigen Eintragung liege zudem im öffentlichen Interesse.

Dieser Auffassung folgt der Senat. Soweit der Beschwerdeführer die Entscheidung des Landgerichts mit dem Vorwurf angreift, die Kammer habe den Sachverhalt teilweise fehlerhaft festgestellt, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Da der Senat über eine Erstbeschwerde zu entscheiden hat, richtet sich das Verfahren nach den §§ 20 ff. FGG. Das Beschwerdegericht hat damit den Sachverhalt zur Zeit seiner Entscheidung grundsätzlich selbst festzustellen und unter Anwendung des zu dieser Zeit geltenden materiellen Rechts eigenständig zu beurteilen (BayObLG FGPrax 2002, 82). Auch der Senat hält auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen für eine Löschung der Eintragung unter lfd. Nr. 3 im Vereinsregister gegeben.

Dem Registergericht ist in den §§ 159, 142 FGG ein Verfahren an die Hand gegeben, Eintragungen in das Vereinsregister, die wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig waren, von Amts wegen zu löschen. Die Frage, wann ein Mangel der Eintragungsvoraussetzungen wesentlich ist, hat das Registergericht nach Lage des Einzelfalls zu entscheiden (Keidel/Winkler, aaO, § 142 Rn. 14). Grundsätzliche Voraussetzung einer Amtslöschung ist in jedem Falle, dass die Unzulänglichkeit der betreffenden Eintragung nach Überprüfung aller hierfür maßgebenden Umstände ohne vernünftigen Zweifel zu bejahen ist (Keidel/Winkler, aaO, § 143 Rn. 17; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Auflage 2006, Rn. 449 m.w.N.). Ist dies nicht der Fall, so ist derjenige, der eine Eintragung gelöscht haben will, auf den Prozessweg zu verweisen. Liegen die Voraussetzungen für eine Löschung vor, ist das Registergericht zu dieser Maßnahme von Amts wegen wiederum nur berechtigt, nicht aber verpflichtet. Eine Löschung ist vor allem dann veranlasst, wenn das Fortbestehen der Eintragung Schädigungen Berechtigter zur Folge hätte oder dem öffentlichen Interesse widerspräche (BayObLGZ 1978, 87 [93]; Keidel/Winker, aaO, § 143 Rn. 19; Sauter/Schweyer/Waldner, aaO, Rn. 449).

Das Landgericht, das im vorliegenden Fall die Sache nach § 143 FGG an sich gezogen hat, hat diese Grundsätze beachtet und die Voraussetzungen für eine Löschung mit vom Senat geteilten Erwägungen zutreffend bejaht. Der in der Wiederholungsversammlung vom 14. Mai 2007 gefasste Beschluss über die Abwahl des bisherigen Vorstandes sowie die Neuwahl eines Vorstandes ist nichtig, so dass diese Änderungen auch nicht in das Vereinsregister eingetragen werden durften. Die Ladung der Vereinsmitglieder zu dieser Mitgliederversammlung ist nicht in der in der Vereinssatzung vorgeschriebenen Form (§ 58 Nr. 4 BGB) erfolgt.

Zwar begegnet die Ladung zur weiteren Mitgliederversammlung mit derselben Tagesordnung unter erleichterten Voraussetzungen (sogenannte Eventualladung), wie sie der Verein anscheinend bereits seit Jahren praktiziert hat, im Grundsatz keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH NJW-RR 1989, 376; BayObLG FGPrax 2002, 266). Sie bedarf jedoch einer ausdrücklichen satzungsmäßigen Grundlage. Diese ist unabdingbare Voraussetzungen für die Ordnungsmäßigkeit einer derartigen Ladung (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Auflage 2008, § 32 Rn. 6; Reichert, Handbuch des Vereinsrechts, 10. Auflage 2005, Rn. 854). Eine zweite Ladung ist geeignet, die Vereinsmitglieder nochmals ausdrücklich davor zu warnen, dass in der nunmehr anstehenden Versammlung die angekündigten Beschlüsse durch eine einfache Mehrheit der erschienenen Vereinsmitglieder gefasst werden können. Bei einer Eventualladung, d.h. der Ladung zur zweiten Versammlung gleichzeitig mit der Ladung zur ersten Versammlung entfällt dieser Schutz. Eine solche Verschlechterung der Rechtsstellung der Vereinsmitglieder bedarf daher einer eindeutigen Regelung in der Satzung (BayObLG FGPrax 2002, 266; so auch OLG Köln [16. Zivilsenat], OLGR 1999, 120 für die Wohnungseigentümerversammlung).

Vorliegend fehlt es an einer entsprechenden satzungsmäßigen Grundlage für die Eventualladung. Vielmehr bestimmt § 9 Abs. 4 der maßgeblichen Satzung, dass bei einer Beschlussunfähigkeit der 1. Vorsitzende oder bei Verhinderung sein Vertreter zeitnah eine zweite Versammlung einzuberufen hat. In Ergänzung dazu ordnet § 9 Abs. 3 an, dass die Einberufung zu den Mitgliederversammlungen jeweils schriftlich mit einer Frist von 8 Tagen unter Bekanntgabe der Tagesordnung erfolgen muss. Schon aus dem Wortlaut der Regelung in Abs. 4 ergibt sich, dass Voraussetzung für die Einberufung einer zweiten Versammlung die Feststellung der Beschlussunfähigkeit der ersten Versammlung ist. Diese zweite Versammlung muss dann zwar zeitnah, aber unter Einhaltung der in Abs. 3 vorgeschriebenen Ladungsfrist einberufen werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend hinsichtlich der streitbefangenen Versammlung, die unmittelbar im Anschluss an die erste Versammlung durchgeführt worden ist, nicht beachtet worden.

Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung finden die Satzungsbestimmungen über die Einladung und Durchführung von Mitgliederversammlungen auch auf eine Versammlung Anwendung, die auf Verlangen einer Minderheit einberufen wurde. § 37 BGB regelt nur das Recht der Minderheit zur zusätzlichen Einberufung einer Mitgliederversammlung. Mit einer entsprechenden Ermächtigung durch das Registergericht ist weder zugleich der Verlust des Einberufungsrechts des nach der Satzung eigentlich zuständigen Organs verbunden, noch werden hierdurch die satzungsmäßigen Bestimmungen des Vereins über die Einberufung und Durchführung einer Mitgliederversammlung außer Kraft gesetzt. Vielmehr gelten diese Regelungen auch für eine auf Verlangen einer Minderheit einberufene Mitgliederversammlung. Darauf hat bereits die Rechtspflegerin zutreffend in dem Ermächtigungsbeschluss vom 19. April 2007 und in dem Schreiben an den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Vereins vom 2. Mai 2007 hingewiesen.

Folge der nicht ordnungsgemäßen Ladung zur Mitgliederversammlung, in der die Vorstandswahlen durchgeführt worden sind, ist die Nichtigkeit der dort gefassten Beschlüsse. Für das Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung den Beschluss nichtig macht (BGHZ 59, 369 [373]; BayObLG FGPrax 2002, 266; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, aaO, § 32 Rn. 9 m.w.N.; Sauter/Schweyer/Waldner, aaO, Rn. 204). Zu den zwingenden Vorschriften gehören auch die satzungsmäßigen Bestimmungen über die Einberufung einer Mitgliederversammlung. Diese bestehen nicht nur im Interesse des einzelnen Mitglieds, sie sollen vielmehr im Interesse des Vereins die ordnungsgemäße Willensbildung der Mitgliederversammlung gewährleisten. Damit konnten vorliegend auf der unmittelbar im Anschluss an die erste Mitgliederversammlung durchgeführten Wiederholungsversammlung keine wirksamen Beschlüsse gefasst werden (vgl. auch BayObLG, FGPrax 2002, 1069; Reichert, aaO, Rn. 1311).

Die Kausalität des Verstoßes für das Beschlussergebnis kann schon angesichts der geringen Zahl der erschienenen Mitglieder nicht ausgeschlossen werden. Die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse ist von Amts wegen zu beachten, das Registergericht darf aufgrund solcher Beschlüsse keine Eintragung im Vereinsregister vornehmen (BayObLG, FGPrax 2002, 266 [267] m.w.N.). Wird die Nichtigkeit vom Rechtspfleger nicht erkannt und erfolgt eine Eintragung in der Änderung der Personen des Vorstandes, so entspricht die Löschung dieser Eintragung dem öffentlichen Interesse (vgl. auch Reichert, aaO, Rn. 4500), zumal unrichtige Eintragungen im Vereinsregister über die Zusammensetzung und über die Person der Vorstandsmitglieder für die Öffentlichkeit, der das Vereinsregister dient, in besonderem Maße abträglich ist.

3.

Mit der Zurückweisung der Beschwerde hat sich auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.

4.

Die Entscheidung über die Erstattung der entstandenen notwendigen Auslagen beruht auf § 13a Abs. 1 S. 1 FGG.

Geschäftswert des Verfahrens der Beschwerde: 3.000,00 €

Ende der Entscheidung

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