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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: 2 Wx 48/08
Rechtsgebiete: HGB, FGG, OWiG, GVG, ZPO, DRiG


Vorschriften:

HGB § 335
HGB § 335 Abs. 4
HGB § 335 Abs. 5
HGB § 335 Abs. 5 Satz 1
HGB § 335 Abs. 5 Satz 2
HGB § 335 Abs. 5 Satz 3
HGB § 335 Abs. 5 Satz 4
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 28 Abs. 1
FGG § 28 Abs. 2
FGG § 30 Abs. 1 Satz 2
OWiG § 79
GVG §§ 94 ff.
GVG § 105 Abs. 1
ZPO §§ 348 ff.
DRiG § 28 Abs. 2
DRiG § 45 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die als "Rechtsbeschwerde" bezeichnete weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 3. November 2008 gegen den Beschluß der 13. Kammer für Handelssachen des Landgerichts D. vom 21. Oktober 2008 - 38 T 9/08 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

Über das gegen den Beschluß des Landgerichts D. vom 21. Oktober 2008 gerichtete Rechtsmittel der Beschwerdeführerin hat unbeschadet der Bezeichnung dieses Rechtsmittels als "Rechtsbeschwerde" das dem Landgericht D. in Gerichtsaufbau übergeordnete Oberlandesgericht Köln zu entscheiden. Das Landgericht hat im Beschwerdeverfahren nach § 335 Abs. 5 HGB entschieden. Dabei handelt es sich um ein Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 335 Abs. 4 HGB. Rechtsbeschwerdegericht in einem solchen Verfahren ist das Oberlandesgericht, §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 FGG. Der Bundesgerichtshof ist hier nicht in den Instanzenzug eingebunden, sondern kann nur im - hier nicht gegebenen - Fall des § 28 Abs. 2 FGG aufgrund einer Vorlage eines Oberlandesgerichts mit einer weiteren Beschwerde befaßt werden.

Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin ist nicht statthaft. Die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 3. November 2008 in Bezug genommene Bestimmung des § 79 OWiG ist hier nicht anwendbar. Unabhängig davon, daß es sich bei dem Verfahren nach § 335 HGB nicht um ein Bußgeldverfahren im Sinne des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten handelt, kommt selbst eine entsprechende Anwendung des § 79 OWiG hier nicht in Betracht, weil die Frage der Anfechtung einer Beschwerdeentscheidung des Landgerichts im Verfahren nach § 335 HGB im Gesetz eigenständig und ausdrücklich geregelt ist: Nach § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB findet eine weitere Beschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nicht statt. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 21. Oktober 2008 hat das Landgericht eine solche - damit nicht mit einen ordentlichen Rechtsmittel anfechtbare - Beschwerdeentscheidung nach § 335 Abs. 5 HGB getroffen, wie sich ohne weiteres aus dem angefochtenen Beschluß selbst ergibt. Die demgegenüber im Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin geäußerte Ansicht, § 335 Abs. 5 HGB betreffe nur eine bei Inkrafttreten des Gesetzes anhängige Beschwerde, ist abwegig. Vielmehr ist die gesetzliche Regelung klar und eindeutig: Gegen eine Entscheidung des C-Amtes für K., durch die - wie im Streitfall geschehen - ein Einspruch verworfen und/oder ein Zwangsgeld festgesetzt wird, ist nach § 335 Abs. 4 HGB die sofortige Beschwerde gegeben. Über sie entscheidet nach § 335 Abs. 5 Satz 1 HGB das für den Sitz der Behörde zuständige Landgericht, mithin das Landgericht D.. Mit Eingang der Beschwerde bei dem Landgericht wird sie dort anhängig. Damit hat über eine solche, durch ihre Einlegung anhängig gewordene Beschwerde, da beim Landgericht D. (mehr als) eine Kammer für Handelssachen eingerichtet ist, nach § 335 Abs. 5 Satz 2 HGB der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen zu entscheiden. Eine solche Entscheidung des Landgerichts ist hier ergangen. Gegen sie ist eine weitere Beschwerde nicht statthaft.

Die im Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 3. November 2008 erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 335 Abs. 5 HGB und den Ausschluß der weiteren Beschwerde durch § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB sind nicht berechtigt. Einen Instanzenzug schreibt die Verfassung und insbesondere Art. 19 Abs. 4 GG nicht vor. Es genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn gegen eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt wie die hier in Rede stehende Verfügung des Bundesamtes vom 30 Juli 2008 ein Richter angerufen und bei ihm die von dem Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme erhobenen Einwendungen zur Entscheidung gestellt werden können. Dies wird durch die Regelung des § 335 Abs. 4 und 5 HGB gewährleistet. Daß die Beschwerdeführerin die ihr durch diese Bestimmung gewährte Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes im konkreten Fall nicht wahrgenommen hat, indem sie die von ihr angekündigte Begründung ihrer Erstbeschwerde nicht vorgelegt hat, vermag an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung nichts zu ändern.

Die Regelung des § 335 Abs. 5 HGB ist auch weder unklar noch widersprüchlich. Die Rüge der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin, sie sei "nicht befolgbar", ist nicht berechtigt. Vielmehr vermengen die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation die gerichtsverfassungsrechtliche Frage der funktionellen Zuständigkeit eines Spruchkörpers mit der verfahrensrechtlichen Frage der Entscheidungszuständigkeit innerhalb des Spruchkörpers und schaffen hierdurch erst die vermeintliche Unklarheit, welche sie dann - zu Unrecht - dem Gesetz anlasten. § 335 Abs. 5 Satz 2 HGB bestimmt, daß dann, wenn bei dem sachlich und örtlich als Beschwerdegericht zuständigen Landgericht eine Kammer für Handelssachen besteht, diese funktionell für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig ist. Diese Bestimmung trifft somit eine der allgemeinen Regelung der funktionellen Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen durch die §§ 94 ff. GVG bzw. durch § 30 Abs. 1 Satz 2 FGG entsprechende Anordnung für den Fall der Beschwerden nach § 335 Abs. 4 HGB. § 335 Abs. 5 Satz 3 HGB regelt demgegenüber - entsprechend der Regelung der §§ 348 ff. ZPO im Zivilprozeß - die verfahrensrechtliche Frage der Besetzung der Richterbank des funktionell zuständigen Spruchkörpers dahin, daß im Fall der Zuständigkeit der Zivilkammer der Einzelrichter und im Fall der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen ihr Vorsitzender allein entscheidet. Dies ist nicht widersprüchlich, sondern klar und eindeutig sowie auch ohne weiteres "befolgbar". Darüber, ob es aus Sicht des Gesetzgebers sinnvoll gewesen sein könnte, das von der weiteren Beschwerde angesprochene Wissen der Handelsrichter "um Abläufe im Handelsunternehmen" auch für das Beschwerdeverfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB fruchtbar zu machen, hat der Senat nicht zu befinden. Letztes ist eine rechtspolitische Frage, deren Beantwortung die Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung des Gesetzgebers nicht berührt.

Die im Schriftsatz vom 3. November 2008 argumentativ mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung vermengte Frage, ob "im vorliegenden Fall gerade der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen entschieden hat", hat mit der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes nicht zu tun. Die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung wird nicht dadurch berührt, ob sie im konkreten Einzelfall richtig oder unzutreffend angewandt wird. Die hier, im konkreten Fall, mit dem Beschluß des Landgerichts vom 21. Oktober 2008 getroffene Entscheidung kann der Senat, auch was die Besetzung der Richterbank angeht, nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen, weil das Gesetz, nämlich § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB, eine solche Überprüfung gerade ausschließt. Der Senat bemerkt deshalb lediglich ergänzend - zur Vermeidung von Mißverständnissen - folgendes: Wie den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin bekannt ist, entscheiden nach § 105 Abs. 1 GVG die Kammern für Handelssachen in der Besetzung mit einem Mitglied des Landgerichts, also einem Berufsrichter, als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Mitgliedern als Beisitzern, soweit nicht nach den Vorschriften der Verfahrensgesetze - wie hier nach § 335 Abs. 5 Satz 3 HGB - der Vorsitzende allein zu entscheiden hat. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Kammer für Handelssachen führen gemäß § 45 a DRiG die Bezeichnung "Handelsrichter"; ein solcher Handelsrichter hat ausweislich des Rubrum des Beschlusses vom 21. Oktober 2008 bei der Entscheidung des Landgerichts nicht mitgewirkt. Vielmehr ist sie von einem Berufsrichter, nämlich einem Richter am Amtsgericht, getroffen worden, der an das Landgericht abgeordnet und durch den Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts zum (stellvertretenden) Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen bestellt worden war. Beides ist nach § 28 Abs. 2 DRiG unbedenklich.

Da die weitere Beschwerde nicht statthaft ist, ist es dem Senat verwehrt, auf die Sache selbst einzugehen. Letzteres gilt auch für die von der Beschwerdeführerin erst mit ihrem Schriftsatz vom 3. November 2008, also erst nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts vom 21. Oktober 2008 erhobenen Einwendungen gegen das Verfahren des C-Amtes für K. und gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Einführung des elektronischen Handelsregisters. Eine Stellungnahme des Senats hierzu wäre nur im Falle eines zulässigen Rechtsmittels gegen den Beschluß des Landgerichts veranlaßt. Hieran fehlt es, nachdem, wie dargestellt, eine weitere Beschwerde gegen jenen Beschluß nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Regelung des § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB nicht statthaft ist. Die Beschwerdeführerin hätte ihre insoweit erst jetzt erhobenen Einwendungen vielmehr mit der Erstbeschwerde zum Landgericht geltend machen können und müssen. Dies hat sie versäumt. Sie hat diese Einwendungen weder mit ihrer Beschwerde vom 8. August 2008, noch innerhalb der ihr durch Verfügung des Landgerichts vom 3. September 2008, noch in der Folgezeit bis zur Entscheidung des Landgerichts am 21. Oktober 2008 erhoben. Die Ankündigung des Schriftsatzes der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 18. September 2008, eine Begründung der Beschwerde bis zum 15. Oktober 2008 vorzulegen, haben diese nicht in die Tat umgesetzt. Auch die in jenem Schriftsatz genannte Frist hat das Landgericht abgewartet, ehe es durch Beschluß vom 21. Oktober 2008 über die Erstbeschwerde entschieden hat.

Die weitere Beschwerde muß somit als unzulässig verworfen werden. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil der Beschwerdeführerin kein Gegner gegenübersteht. Das C-Amt für K. hat im Verfahren nach § 335 HGB die Stellung der ersten Instanz (vgl. Senat, FGPrax 2008, 216).

Geschäftswert des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht : € 2.500,--

Ende der Entscheidung

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