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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: 2 Wx 9/07
Rechtsgebiete: HGB, EGHGB, FGG, HRV, ZPO


Vorschriften:

HGB § 10 a.F.
HGB § 10 Abs. 1 a.F.
HGB § 10 Abs. 1 Satz 1 a.F.
HGB § 11 a.F.
EGHGB Art. 61 Abs. 4
FGG § 19 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 126
HRV § 11 Abs. 2 a.F.
ZPO § 545 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 16. Februar 2007 gegen den Beschluss der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 19. Januar 2007 - 88 T 38/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

1.

Das Amtsgericht Köln ordnete durch seine Registerrichter mit Beschluss vom 2. Dezember 2005 die Veröffentlichung der Bekanntmachungen für alle Sachen für das Jahr 2006 im Bundesanzeiger sowie im "Handelsblatt Wirtschafts- und Finanzzeitung" und zusätzlich regional unterschiedlich in diversen örtlich erscheinenden Tageszeitungen an.

In Vorbereitung der Beschlussfassung für das Jahr 2007 gab das Amtsgericht Köln der Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Bestimmung des "Handelsblatts Wirtschafts- und Finanzzeitung" als weiteres Veröffentlichungsblatt neben dem elektronischen Bundesanzeiger (Bl. 867 d.GA.). Mit Schreiben vom 27. November 2006 teilte die Beteiligte mit (Bl. 868 d.GA), "sie begrüße einerseits, dass durch das EHUG die Bekanntmachungskosten stark reduziert werden, und zum anderen werde durch die Wahl des "Handelsblatts" eine angemessene Verbreitung sicher gestellt".

Mit Beschluss vom 1. Dezember 2006 (Bl. 886 d.GA.) haben die Registerrichter des Amtsgerichts Köln für das Jahr 2007 die Bekanntmachungen für alle Sachen im "Handelsblatt Wirtschafts- und Finanzzeitung" neben dem gesetzlich vorgeschriebenen elektronischen Bundesanzeiger angeordnet. Hiergegen hat sich die Beteiligte mit Schreiben vom 15. Dezember 2006 (Bl. 892 d.GA.) gewandt und ausgeführt, in der Anhörung sei nicht deutlich geworden, dass das Handelsblatt alleiniges Veröffentlichungsblatt sein solle. Damit werde zwei Jahre vor Ende der Veröffentlichungspflicht eine jahrzehntelange Kontinuität gebrochen. Die getroffene Auswahl sei ermessensfehlerhaft, da die Veröffentlichung in einer Tageszeitung der Unterrichtung der regionalen Wirtschaft und des interessierten regionalen Publikums diene. Das Handelsblatt erziele nach einer Verbreitungsanalyse der IVW 2006 im Bezirk nur eine Auflage von 6.165 Exemplaren, die regionalen Ausgaben des "Kölner Stadtanzeigers" sowie der "Kölnischen Rundschau" dagegen 270.000. Nach einer Reichweitenanalyse erreiche das Handelsblatt 23.000 Leser, die regionalen Zeitungen des "Kölner Stadtanzeigers" sowie der "Kölnischen Rundschau" 850.000 Lesern. Die Amtsrichter haben das Schreiben als Beschwerde ausgelegt und dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Durch Schriftsatz vom 3. Januar 2007 (Bl. 898 ff. d.GA.) hat die Beteiligte nochmals förmlich Beschwerde erhoben und beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Amtsrichter vom 1. Dezember 2006 den "Kölner Stadtanzeiger" sowie die "Kölnische Rundschau" als Veröffentlichungsblätter für das Jahr 2007 zu bestimmen. Mit Beschluss vom 19. Januar 2007 (Bl. 940 ff. d.GA.) hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 16. Februar 2007 (Bl. 955 a ff. d.GA.)

2.

Die weitere Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

a)

Die Erstbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der Amtsrichter vom 1. Dezember 2006, mit welchem diese die Amtsblätter für die Veröffentlichung für das Jahr 2007 bezeichnet haben, ist, was der Senat als Rechtsbeschwerdegericht eigenständig zu prüfen hat, zulässig. Zwar wird teilweise in der Literatur (Enthaler/Nickel, HGB, 6. Auflage 1999, § 11 Rn. 61; Schlegelberger/Hildebrandt, HGB, 5. Auflage 1973, § 11 Rn. 4) unter Hinweis auf ältere Entscheidungen des Kammergerichts (JFG 17, 174) sowie des BayObLG (KGJ 31 A 367 = RJA 7, 37) vertreten, die richterliche Auswahlverfügung unterliege keinem Rechtsmittel, da weder die Verleger der jeweiligen Presseerzeugnisse noch die Kaufleute bzw. die J. als die möglicherweise an der Auswahl der Blätter Interessierten ein Recht darauf hätten, dass die eine oder andere Zeitung ausgewählt wird oder nicht.

Indes schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Vielmehr stimmt er dem OLG Celle zu (BB 1997, 2292; so auch Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auflage 2003, § 11 Rn. 1), dass die nach § 11 HGB a.F. bzw. nunmehr Art. 61 Abs. 4 EGHGB zu treffende Entscheidung einer richterlichen Überprüfung im Rechtsmittelzug unterliegt. Es ist nicht ersichtlich, warum § 19 Abs. 1 FGG, der für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegen gerichtliche - auch registergerichtliche - Verfügungen grundsätzlich die Beschwerde eröffnet, in Bezug auf die Auswahlverfügungen gemäß § 11 HGB a.F. bzw. Art. 61 Abs. 4 EGHGB nicht gilt. Insbesondere hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Bestimmungsrechts in Art. 61 Abs. 4 EGHGB eine Anfechtbarkeit der Entscheidung des Gerichts über die Bezeichnung des Blattes nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen.

Die J. als Beteiligte ist auch beschwerdeberechtigt. Für ein eigenständiges Beschwerderecht spricht, dass ihr gemäß Art. 61 Abs. 4 S. 2 2. Halbs. EGHGB i.V.m. § 11 Abs. 2 HRV a.F. in dem Bestimmungsverfahren ein Beteiligungsrecht eingeräumt ist. Insoweit ist bereits für § 11 Abs. 2 HRV a.F. von einem Teil der Literatur (Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Auflage 1995, § 11 Rn. 8; MünchKomm/Krafka, HGB, 2. Auflage 2005, § 11 Rn. 7; Staub/Hüffer, HGB, 4. Auflage 1995, § 11 Rn. 5) ein eigenständiges Beschwerderecht entsprechend § 126 FGG bejaht worden, wenn eine Anhörung verfahrensfehlerhaft unterblieben ist. Billigt man indes der J. ein entsprechendes Recht zu, mit dem sie ihre Beteiligung am Verfahren und die Kenntnisnahme von ihrem Standpunkt erzwingen kann, so erscheint es inkonsequent, dies nur auf die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften zu beschränken. Da die Beteiligung der Kammer zumindest auch bezweckt, die Interessen der regionalen Wirtschaft gegenüber dem Registergericht zur Geltung zu bringen, muss der J. auch die Möglichkeit eingeräumt werden, mit der Beschwerde die Entscheidung des Registergerichts einer inhaltlichen Prüfung zugänglich zu machen (so auch OLG Celle, aaO).

b)

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts vom 19. Januar 2007 beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 545 Abs. 1 ZPO; insbesondere haben die Amtsrichter bzw. die Kammer für Handelssachen das bei der Auswahl des Veröffentlichungsorgan eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerhaft ausgeübt.

Soweit dem Tatsachenrichter ein Ermessen zusteht, ist die Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht nur begrenzt nachprüfbar. Zu prüfen ist lediglich, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung vorlagen und, falls ja, ob das Beschwerdegericht sein Ermessen ausgeübt oder die Notwendigkeit dazu verkannt hat, ob es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen einen Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände unerörtert gelassen oder Umstände mitberücksichtigt hat, die nach der ermächtigenden Norm nicht maßgebend sein dürfen (vgl. nur Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage 2003, § 27 Rn. 23 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Bei Anlegung dieser Grundsätze sind keine Ermessensfehler ersichtlich.

Ein Ermessensfehlgebrauch kann nicht mit dem Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 15. Mai 1997 (OLGR 1997, 165) begründet werden. Die von dem dortigen Gericht aufgestellten Grundsätze für die Ausübung des Ermessens bei der Auswahl des Veröffentlichungsorgans betreffen die Regelung in § 10 Abs. 1 HGB a.F. und können für die in Art. 61 Abs. 4 EGHGB vorgesehene Übergangszeit von 2 Jahren nicht mehr herangezogen werden. Die bisherige Rechtslage sah die Veröffentlichung in mehreren Blättern vor, um so dem Zweck der Information der regionalen Wirtschaft sowie des interessierten regionalen Publikums zu genügen (so OLG Celle, OLGR 1997, 165). Insoweit bestimmte § 10 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. "Eintragungen in das Handelsregister durch den Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt". Diese Regelung ist indes durch Art. 61 Abs. 4 EGHGB, der im Rahmen des EHUG neu geschaffen wurde, geändert worden.

Bis zum 31. Dezember 2008 hat das Gericht die Eintragungen in das Handelsregister zusätzlich zu der elektronischen Bekanntmachung nach § 10 HGB n.F. auch in einer Tageszeitung oder einem sonstigen Blatt zu veröffentlichen.

Damit ist die bisherige Bekanntmachung in mehreren Printmedien abgeschafft worden (Schlotter, BB 2007, 1 [2]). Dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des Art. 61 Abs. 4 Satz 1 EGHGB. Es soll nicht in "mindestens" einer Zeitung die Bekanntmachung erfolgen, sondern (nur noch) in einem Printmedium. Eine entsprechende Beschränkung wird auch durch die in Art. 61 Abs. 4 Satz 2 EGHGB gewählte Formulierung "das Gericht hat jährlich im Dezember das Blatt zu bezeichnen" sowie "auf die Auswahl und Bezeichnung des Blattes" belegt. Damit hat der Gesetzgeber eine neue, abweichende Regelung getroffen.

Die von der Rechtsbeschwerde gegen diese Beschränkung der Anzahl der Veröffentlichungsorgane vorgetragenen Gesichtspunkte, die sich insbesondere auf die Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. stützt, waren bereits Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens und sind umfänglich in die dortigen Beratungen eingeflossen. So verweist Schlotter darauf (BB 2007, 1 [2]), dass die Abschaffung der Handelsregisterbekanntmachungen in der örtlichen Tagespresse im Gesetzgebungsverfahren Gegenstand heftiger Kritik war. Es wurde vertreten, dass das Internet nicht hinreichend verbreitet und zudem technisch unzuverlässig sei. Schon daher könne auf die Veröffentlichung der Eintragungen in einer Zeitschrift nicht verzichtet werden. Außerdem wurde behauptet, insbesondere der Mittelstand wolle auch weiterhin in der Tageszeitung vor Ort über die lokalen Geschehnisse informiert werden und hierfür nicht im Internet surfen müssen. Schließlich wurde erheblicher Schaden für die Meinungsvielfalt durch die wirtschaftliche Schädigung der Lokalpresse beschworen.

Indes hat der Gesetzgeber trotz dieser Bedenken Art. 61 Abs. 4 EGBGB nicht anders gefasst, insbesondere - was durchaus möglich gewesen wäre - § 10 HGB a.F. für eine Übergangszeit von zwei Jahren weiter für anwendbar erklärt. Um der Gefahr nicht ausreichender Publizität durch Unterversorgung bestimmter Regionen mit Internetanschlüssen vorzubeugen, reicht nach der Auffassung des Gesetzgebers die Veröffentlichung in einem Printmedium aus (vgl. auch HK/Ruß, HGB, 7. Auflage 2007, § 10 Rn. 4). So haben der Leiter des Referats für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance im Bundesjustizministerium, Prof. Dr. T., sowie die Referentin, Frau E., in einem in der Zeitschrift "EC" veröffentlichten Beitrag zu den Neuregelungen des EHUG (DB 2006, 2446 [2448]) ausgeführt, dass der "Zwang zur Bekanntmachung durch "mindestens ein anderes Blatt" für eine Übergangszeit bis Ende 2008 beschränkt auf eine (und nicht wie bisher eine oder mehrere) Tageszeitung oder sonstiges Blatt erhalten bleibt".

Der von der Rechtsbeschwerde herangezogene Gesichtspunkt, dass mit der Neuregelung eine seit Jahrzehnten bestehende Kontinuität gebrochen werden, ist Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, künftig ausschließlich elektronische Veröffentlichungen im Bereich des Handelsregisters vorzunehmen. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf hinweist, dass in anderen Gerichtsbezirken, nämlich in Stuttgart und Hannover, nach wie vor Bekanntmachungen in mehreren regionalen Tageszeitungen erfolgen, unterliegt die Zulässigkeit dieser Handhabung nicht der rechtlichen Beurteilung durch den Senat. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass es den Unternehmen wie auch den Zeitungsverlagen auch nach der neuen Rechtslage unbenommen bleibt, eine Eintragung freiwillig in traditioneller Weise über eine oder auch mehrere Tageszeitungen zu veröffentlichen (T./E., DB 2006, 2446 [2229]).

Die von den Richtern des Amtsgerichts bzw. dem Landgericht vorgenommene Auswahl des für 2007 maßgeblichen Veröffentlichungsorgans ist ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der insoweit herausgearbeitete Gesichtspunkt der Veröffentlichung in einem auf Wirtschafts- und Finanznachrichten ausgerichtetes überregionales Blatt ist nicht ermessensfehlerhaft, sondern wird dem Anliegen der Wirtschaft am ehesten gerecht. Wenn nur noch in einem Blatt Veröffentlichungen in Printform erfolgen können, erscheint es sinnvoll, aber auf jeden Fall nicht ermessensfehlerhaft, dies in einer Zeitung vorzunehmen, die nicht nur regional, sondern bundesweit erscheint. Ansonsten müssten die Betriebe, die über keinen Internetanschluss verfügen, eine Vielzahl von Zeitschriften vorhalten, um so die notwendigen Informationen zu erhalten. Dies gilt insbesondere für Ballungszentren, wie z.B. den Großraum Köln, in dem starke wirtschaftliche Verflechtungen zu den benachbarten Gebieten, wie Düsseldorf, Aachen, Bonn und Ruhrgebiet bestehen. Dass auch die beteiligte J. dies so gesehen hat, belegt ihre Stellungnahme vom 27. November 2006, in der diese ausdrücklich die Reduzierung der Bekanntmachungskosten begrüßt und darauf verweist, dass durch die Wahl des Handelsblatts eine angemessene Verbreitung sicher gestellt werde.

3.

Eines Ausspruchs über die Kosten des Verfahrens bedarf es nicht, da der Beschwerdeführerin kein Gegner gegenübersteht.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,00 €

Ende der Entscheidung

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