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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.11.2006
Aktenzeichen: 20 U 18/06
Rechtsgebiete: EGBGB, ZPO, BGB, VOB/B


Vorschriften:

EGBGB Art. 229 § 5 S. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 592 S. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 433 Abs. 2
BGB § 631
BGB § 640 Abs. 1 S. 3
BGB § 649
VOB/B § 5 Nr. 4
VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 16
VOB/B § 16 Nr. 5 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.1.2006 verkündete Urkunden-Vorbehaltsurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 44/05 - im Zinsausspruch dahingehend abgeändert, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 83.976,70 € nur für die Zeit vom 29.4.2005 bis zum 8.12.2005 zu zahlen sind. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage als im Urkundenprozess nicht statthaft abgewiesen.

Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 32.823,31 € festgesetzt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht eine Werklohnforderung nach Kündigung eines Bauvertrages im Urkundenprozess geltend. Die Beklagte war von der X. F. GmbH mit der Ausführung von Kanal- und Straßenbauarbeiten im Rahmen der Erschließung des sog. S.-geländes beauftragt (Auftragsschreiben vom 7.10.2004 Anl. B 14). Unter dem 22.10.2004 (GA 9) beauftragte sie die Klägerin mit den Rohrvortriebsarbeiten. Der Auftrag bezog sich auf zwei Teilbereiche, der 1. Teilbereich ("I. H.", ca. 66 m) ist unstreitig erledigt, der 2. Teilbereich ("S." mit ca. 150 m) nicht. Im Vertrag war die Fertigstellung der Arbeiten bis "ca." Ende Januar vorgesehen. Ob ein Bauzeitenplan bei den Vertragsverhandlungen vorlag und der Endtermin verbindlich sein sollte, ist zwischen den Parteien streitig.

Nachdem die Klägerin auch Anfang Februar den Teilbereich S. nicht in Angriff genommen hatte - der Grund hierfür ist streitig - kündigte die Beklagte nach Setzung einer kurzen Frist den Vertrag hinsichtlich des 2. Bauabschnitts. Unter dem 23.2.2005 rechnete die Klägerin die erbrachten Leistungen mit 83.976,70 € ab, bestehend aus der Position "Baustelleneinrichtung u. Räumen pauschal 18.103,00 €" und 66,4 m Vortrieb gem. Vortriebsprotokoll" (GA 17) und behielt sich die Abrechnung der nicht erbrachten Leistungen vor. Am 19.9.2005 stellte sie Schlussrechnung über insgesamt 225.993,11 € (GA 110), in welcher die Positionen aus der Rechnung vom 23.2.2005 als Positionen 1 und 1.4.40. enthalten sind. Auf diese Positionen in der Schlussrechnung stützt sie die Klage über ursprünglich 83.976,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2005. Nachdem die Beklagte am 8.12.2005 einen Teilbetrag von 51.144,39 € zahlte, wegen dessen Zusammensetzung auf Bl. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 5.12.2005 (GA 132) verwiesen wird, hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe dieser Zahlung nebst anteiliger Zinsen in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 83.976,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2005 abzüglich am 8.12.2005 gezahlter 51.144,39 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich gegen die Statthaftigkeit des Urkundenverfahrens gewandt und sich im übrigen auf Gegenansprüche berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen, durch welches es der Klage im Urkundenprozess stattgegeben hat.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die sich - wie die Beklagte auf entsprechende Nachfrage des Senat klargestellt hat - nicht gegen die Feststellung der Erledigung in Bezug auf die geleistete Teilzahlung bezieht.

Sie ist der Auffassung, die Klage sei im Urkundenprozess nicht statthaft. Der Urkundenprozess sei nur statthaft, wenn zumindest die Möglichkeit bestehe, alle anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden zu beweisen. Dies sei hinsichtlich der Abnahme, sowie des Umfangs und der Mangelfreiheit der erbrachten Leistungen nicht der Fall. Die Abnahme sei auch beim gekündigten Bauvertrag Fälligkeitsvoraussetzung, wenn der Auftraggeber - wie hier - einen Anspruch auf Abnahme habe. Jedenfalls fehle es an der Behauptung der Klägerin, dass sie die Arbeiten mangelfrei erbracht habe, dies könne sie auch durch Urkunden nicht unter Beweis stellen.

Die Klägerin könne auch die ausgeführte Menge nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln nachweisen. Das im Vertrag vorgesehene gemeinsame Aufmaß sei nicht erstellt worden. Das Vortriebsprotokoll ersetze keine Urkunde. Es sei zudem zum Nachweis der erbrachten Menge nicht geeignet, da die Klägerin - wie sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfahren habe - selbst im Werklohnprozess ihres Subunternehmers die Richtigkeit der Vortriebsprotokolle bestritten habe.

Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Klägerin könne die Vergütung für die Baustelleneinrichtung aufgrund der Kündigung nur anteilig verlangen, da sie die Leistung nur teilweise ausgeführt habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts gehe es dabei nicht um die Höhe eventuell ersparter Aufwendungen, sondern den Umfang der erbrachten Leistungen.

Im Hinblick auf die nicht prüfbare Abrechnung der Baustelleneinrichtung stehe der Klägerin zunächst gar kein Anspruch zu. Der von ihr - der Beklagten - errechnete Betrag für diese Position von 4.958,27 € sei ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter beliebiger Verrechnung gezahlt worden.

Die Beklagte rügt schließlich, dass das Landgericht Zinsen ab 5.3.2005 zugesprochen habe, obwohl die Klägerin zum Zinsbeginn nichts vorgetragen habe.

Schließlich wiederholt sie ihren Vortrag zu den Gegenansprüchen. Sie habe aus eigenen Leistungen (Diesellieferungen) gegenüber der Klägerin einen durch Urkunden, nämlich unterschriebene Lieferscheine, nachgewiesenen Anspruch in Höhe von 2.468,50 €. Das Bestreiten der Angemessenheit der eingesetzten Preise von 0,95 € bzw. 0,91 € für Dieselkraftstoff sei unerheblich, da offenkundige Tatsachen keines Beweises bedürften. Mit diesem Anspruch habe das Landgericht sich nicht auseinandergesetzt.

Darüber hinaus wiederholt sie ihren Vortrag zu den behaupteten Schadensersatzansprüchen wegen berechtigter außerordentlicher Kündigung.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 24.1.2006 - 41 O 44/05 - die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung habe nicht vorgelegen, da verbindliche Fristen nicht vereinbart worden seien, auch sei die gesetzte Nachfrist unangemessen kurz gewesen. Insbesondere sei der erstmals in der Berufung vorgelegte Bauzeitenplan weder Gegenstand des Vertrages noch habe er bei den Vertragsverhandlungen vorgelegen. Die Vorlage in der Berufung sei zudem verspätet. Die Abnahme sei beim gekündigten Vertrag nicht Fälligkeitsvoraussetzung, die Mangelfreiheit der ausgeführten Arbeiten habe nicht im Streit gestanden. Auf das Vortriebsprotokoll komme es nicht an, da die Leistung unstreitig sei. Die Problematik der Menge der erbrachten Leistung habe sich inzwischen auch im Prozess mit der Subunternehmerin erledigt. Die Leistung "Baustelle einrichten und räumen" sei vollständig erbracht.

Nachdem der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.5.2006 (VII ZR 146/04, NJW 2006, 2475) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat, dass die Abnahme auch beim gekündigten Werkvertrag Fälligkeitsvoraussetzung ist, verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 27.7.2006 (GA 262) die Abnahme bis zum 15.8.2006. Die Parteien verständigten sich auf einen Abnahmetermin am 1.9.2006. Die Beklagte nahm die Leistung der Klägerin nicht ab mit der Begründung, dass sie die Leistung nicht prüfen könne, weil die Klägerin weder eine Dichtigkeitsprüfung vorgelegt noch Vorkehrungen für eine Sichtkontrolle getroffen habe.

Unstreitig ist, dass die Auftraggeberin der Beklagten ihr gegenüber die Arbeiten am 21.6.2006 (GA 156) abgenommen hat, nach dem Vortrag der Beklagten unter dem Vorbehalt der Dichtigkeitsprüfung. Nach Aussage ihres Geschäftsführers im Termin hat die Beklagte auch den Werklohn abzüglich eines Sicherheitseinbehalts erhalten.

Wegen der vom Senat erteilten Hinweise wird auf die Verfügungen des Vorsitzenden vom 9.6.2006 (GA 223 ff) und vom 6.7.2006 (GA 244) verwiesen.

Im übrigen wird ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist bis auf eine geringfügige Korrektur des Zinsantrages nicht begründet.

Auf das Schuldverhältnis finden die seit dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften Anwendung, da der Werkvertrag in 2004 abgeschlossen wurde, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB. Ferner gilt die VOB/B in der Fassung 2002.

1. Das Urkundenverfahren ist statthaft. Nach § 592 S. 1 ZPO setzt die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses voraus, dass die anspruchsbegründenden Tatsachen durch Vorlage von Urkunden bewiesen werden können. Dabei ist in der Rechtsprechung geklärt, dass nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden beweisbar sein müssen, sondern nur die beweisbedürftigen, d.h. bestrittenen Tatsachen. Erforderlich ist lediglich, dass überhaupt anspruchsbegründende Tatsachen durch Urkunden beweisbar sind (BGH NJW 1974, 1199; Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 592 Rdnr. 11 m.w.Nachw. zum Meinungsstand). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.

Danach ist das Urkundenverfahren statthaft, da die Klägerin wesentliche anspruchsbegründende Tatsachen durch Urkunden beweisen kann, nämlich den Abschluss des Werkvertrages, die vereinbarten Einheitspreise sowie - durch das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 23.2.2005 - die Fertigstellung der Leistung. Denn nach Kündigung beschränkt sich die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Herstellung des Werks auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen.

2. Die Klageforderung ist im Urkundenverfahren aus § 631 BGB begründet.

Die Teilklage ist zulässig. Die Klägerin beschränkt die Klage in zulässiger Weise auf die erbrachten Leistungen gem. Pos. 1 und 1.4.40. ihrer Schlussrechnung vom 19.9.2005.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen stehen fest.

Nach Kündigung kann die Klägerin - unabhängig von der Berechtigung der Kündigung - die Vergütung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen beanspruchen. Weder diesem Anspruch noch der Statthaftigkeit des Urkundenverfahrens steht entgegen, dass die Klägerin die Mangelfreiheit der Leistung nicht mit Urkunden nachweisen kann, da die Beklagte keine Mängel der erbrachten Leistungen geltend macht.

2.1. Die Forderung ist fällig, obwohl die Beklagte die Arbeiten nicht abgenommen hat.

Zwar bedarf es nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2006, 2475) auch beim gekündigten Vertrag für die Fälligkeit des Werklohns grundsätzlich der Abnahme. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Fälligkeit aber aus § 640 Abs. 1 S. 3 BGB. Danach steht es der Abnahme gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen vor. Die Klägerin hat innerhalb der vom Beklagten gesetzten Frist und auch im vereinbarten Abnahmetermin die Abnahme verweigert. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Abnahme zu verweigern, da die abgerechnete Leistung unstreitig erbracht ist. Nach der Kündigung beschränkt sich die Herstellungsverpflichtung des Unternehmers auf die bis zur Kündigung erbrachte Leistung (BGH NJW 1987, 382), so dass es für die Abnahmereife nur darauf ankommt, ob die erbrachte Leistung im wesentlichen mangelfrei ist. Der Fertigstellung der Leistung steht auch für den nicht gekündigten 1. Bauabschnitt nicht entgegen, dass die Klägerin keine Dichtigkeitsprüfung vorgenommen hat. Die Beklagte hat weder konkret vorgetragen noch ist ersichtlich, dass die Klägerin die Dichtigkeitsprüfung als vertragliche Leistung schuldete. Den vorliegenden Vertragsunterlagen lässt sich das nicht entnehmen. Zudem ist unstreitig, dass die Hauptauftraggeberin im Verhältnis zur Beklagten auf einer Druckprüfung durch eigene Beauftragte besteht.

Dass die Beklagte die Leistung überprüfen kann, ist nicht Voraussetzung der Abnahme (Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 12 VOB/B Rdnr. 4 c ; I. Jagenburg, in: BeckŽscher VOB/Kommentar, § 12 VOB/B Rdnr. 18 ff und 81; Kapellmann/Messerschmidt/Havers, § 12 VOB/B Rdnr. 13 und 34). Unabhängig davon wäre es Sache des Auftraggebers, der auch die Kosten der Abnahme zu tragen hat, diese Voraussetzungen zu schaffen (Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., § 12 VOB/B Rdnr. 4 c). Hierzu hatte die Beklagte ausreichend Gelegenheit. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 27.7.2006 um Abnahme gebeten, der Abnahmetermin fand am 1.9.2006 statt.

Mängel der erbrachten Leistung rügt die Beklagte nicht. Vielmehr macht der Vortrag der Beklagten deutlich, hat sie die Abnahme nicht wegen Mängeln oder auch nur einem konkreten Mängelverdacht verweigert, sondern um die Rechtsfolgen der Abnahme nicht eintreten zu lassen.

Da die unberechtigte Abnahmeverweigerung der Abnahme gleichsteht und damit die Fälligkeit der Forderung begründet, bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob die Klägerin die Zahlungsklage mit einer Klage auf Abnahme verbinden könnte und hierfür das Urkundenverfahren, welches auf Zahlungsklage beschränkt ist, statthaft wäre.

Die weiteren Fälligkeitsvoraussetzungen des § 16 VOB/B liegen ebenfalls vor. Die Klägerin hat zunächst eine Teilschlussrechnung über die erbrachten Leistungen und sodann Schlussrechnung erteilt. Es kann für die Fälligkeit der Werklohnforderung dahinstehen, ob die Klägerin die Position Baustelleneinrichtung prüfbar abgerechnet hat, da die Beklagte die fehlende Prüffähigkeit nicht innerhalb der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hierfür geltenden Frist von 2 Monaten ab Zugang der Schlussrechnung (BGH Urt. v. 23.09.2004 - VII ZR 173/03 -, BauR 2004, 1937 = NZBau 2005, 40 für den VOB-Vertrag; zuletzt BGH Urt. v. 08.12.2005 - VII ZR 50/04 - BauR 2006, 519 = NZBau 2006, 179) gerügt hat. Das Bestreiten einzelner Positionen - hier der Baustelleneinrichtung - ist kein Einwand gegen die Prüffähigkeit, der die Fälligkeit berührt. Vielmehr betrifft der Einwand die Berechtigung der Forderung.

2.2. Die Werklohnforderung ist auch der Höhe nach berechtigt.

2.2.1. Das Aufmaß für die erbrachte Leistung war in erster Instanz unstreitig; dies ergibt sich aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19.12.2005 klargestellt, dass sie nicht das Aufmaß bestreitet, sondern sich lediglich gegen die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses wendet (GA 143).

Auch in der Berufung hat die Beklagte keine erheblichen Einwendungen gegen das Aufmaß vorgetragen. Es ist schon unklar, ob die Beklagte das Aufmaß überhaupt bestreiten will. Im übrigen wäre das Bestreiten auch nicht hinreichend substanziiert. Das Aufmaß entspricht den Vortriebsprotokollen sowie der Schätzung im Bauvertrag. Die Beklagte begründet ihr Bestreiten allein mit dem Vortrag der Klägerin in ihrem Rechtsstreit mit dem Subunternehmer, der die Leistung erbracht hat. Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 14.11.2005 (GA 149), den die Beklagte zur Begründung vorgelegt hat, ergibt sich indes, dass die Klägerin auch im Verhältnis zu ihrem Subunternehmer von einer Strecke von 66,4 m ausgeht.

Die Beklagte wendet sich auch zu Unrecht gegen die Statthaftigkeit des Urkundenverfahrens mit der Begründung, die erbrachte Leistung könne nicht durch Urkunden bewiesen werden. Da die Leistung unstreitig ist, bedarf es keines Beweises. Es ist daher auch unschädlich, dass die ausgeführte Menge im Falle des Bestreitens nicht durch Urkunden nachgewiesen werden könnte.

2.2.2. Die Klägerin kann auch den Werklohn für die Position Baustelleneinrichtung in voller Höhe verlangen, obwohl sie die Vortriebsarbeiten aufgrund der Kündigung des Werkvertrages nicht vollständig ausgeführt hat. Denn sie hat die in dieser Position enthaltene Leistung erbracht. Für die Position "Baustelleneinrichtung u. Räumen" haben die Parteien ausweislich des vorgelegten Angebots einen pauschalen Preis von 18.103,00 € vereinbart. Die Klägerin hat die in dieser Position enthaltene Leistung erbracht, indem sie vor Beginn der Arbeiten die Baustelle eingerichtet und nach der Kündigung wieder geräumt hat.

Dementsprechend ist auch bei einer Abrechnung nach § 649 BGB anerkannt, dass für die Baustelleneinrichtung und das Räumen der Baustelle nach Kündigung in der Regel keine ersparten Kosten anzusetzen sind (Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 1296).

Dass die Klägerin ohne die Kündigung die Baustelle noch länger hätte vorhalten müssen, steht dem Anspruch nicht entgegen, da nach der Vereinbarung der Parteien die Position pauschal abzurechnen ist mit der Folge, dass bereits der entstandene Aufwand die volle Vergütung rechtfertigt.

Die Position ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen zu kürzen. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin schlüssig vorgetragen hat, dass sie hinsichtlich der Baustelleneinrichtung keine Kosten erspart hat und ob die Beklagte ersparte Aufwendungen hinreichend substanziiert dargelegt hat. Denn die Beklagte kann nicht verlangen, dass die Klägerin etwaige ersparte Aufwendungen gerade von den Positionen abzieht, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind. Klagt nämlich der Auftragnehmer nach erfolgter Kündigung nur einen Teil seiner Forderung ein, kann der Auftraggeber nicht verlangen, dass gerade auf diese Teilforderung die etwaigen Ersparnisse angerechnet werden (Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 1297 m.w.Nachw.).

Bei der Klageforderung handelt es sich nur um eine Teilforderung, da die Klägerin nach § 649 BGB auch eine Vergütung für die nicht erbrachte Leistung geltend machen kann. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass die Kündigung als freie Kündigung zu behandeln ist, weil eine außerordentliche Kündigung nach § 5 Nr. 4 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B schon aus formellen Gründen nicht wirksam erklärt ist.

Nach der vorliegenden Urkundenlage und dem unstreitigen Vorbringen der Parteien kann schon nicht festgestellt werden, dass die Klägerin mit der Leistung am Bauabschnitt "S." in Verzug war.

Eine verzugsbegründende Mahnung liegt nicht vor. Das Schreiben der Beklagten vom 22.12.2004 (Anl. B 2) betrifft seinem Wortlaut nach den - vor der Kündigung fertiggestellten - 1. Bauabschnitt. Die Schreiben vom 19.1. und 25.1.2005 enthalten Hinweise auf den Fertigstellungstermin, aber keine eindeutige Inverzugsetzung.

Dem Landgericht ist ferner darin zuzustimmen, dass Vertragsfristen nicht verbindlich vereinbart wurden. Der Endtermin ist schon deshalb nicht als bindender, den Verzug begründender Vertragstermin vereinbart, weil es sich um einen Ca.-Termin handelt. Die Angabe "ca." zeigt aber gerade, dass der Termin nicht verbindlich sein soll (Kapellmann/Messerschmidt-Langen, VOB, § 5 Rdnr. 11). Der Vertrag verweist zwar auf den Bauzeitenplan, enthält aber keine eindeutige Regelung, wonach die Fristen des Bauzeitenplanes Vertragsfristen sein sollten. Denn die Fristen nach dem Bauzeitenplan münden gerade in den aufgrund der Ca.-Angabe nicht verbindlichen Endtermin. Zudem hat die Beklagte den Bauzeitenplan erstmals in der Berufung und damit nach § 531 Abs. 2 ZPO verspätet vorgelegt. Der Bauzeitenplan ist auch nicht als unstreitiges Vorbringen zu berücksichtigen, weil die Klägerin bestritten hat, dass dieser Bauzeitenplan bei den Vertragsverhandlungen vorlag und das Verhältnis zwischen der Beklagten und ihr überhaupt betrifft. Die Beklagte kann die Verbindlichkeit des Bauzeitenplans schließlich nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln nachweisen, da sich der Urkunde nicht entnehmen lässt, dass sie im Verhältnis zwischen den Parteien Vertragsbestandteil geworden ist.

Schließlich ist die Kündigung aber jedenfalls deshalb unwirksam, weil die mit Schreiben vom 16.2.2005 gesetzte Nachfrist von 5 Tagen einschließlich Wochenende auch als Frist für die Aufnahme der Arbeiten unangemessen kurz war. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass eine zu kurze Nachfrist nicht zur Unwirksamkeit der Nachfristsetzung führt, sondern lediglich zur Folge hat, dass eine angemessene Nachfrist von 1 Woche in Gang gesetzt wird. Denn sie hat bereits am 21.2.2005 durch das Kündigungsschreiben ihres Bevollmächtigten die Kündigung erklärt und die Klägerin zur Räumung der Baustelle aufgefordert. Das Schreiben war zwar als Kündigung mangels Vorlage der Vollmacht unwirksam, durch die Räumungsaufforderung hat die Beklagte aber zu erkennen gegeben, dass sie die Leistung nicht mehr annehmen will. Da ihre Bevollmächtigten tatsächlich über eine entsprechende Vollmacht verfügten, ist es treuwidrig, wenn die Beklagte sich trotz der Aufforderung, die Baustelle umgehend zu räumen, darauf beruft, dass die Klägerin Frist zur Aufnahme der Arbeiten bis zum 23.2.2005 gehabt habe. Zudem hat die Beklagte der Klägerin auch die Wochenfrist nicht gewährt, da sie schon vor Ablauf der Wochenfrist, nämlich noch im Laufe des 23.2., die Kündigung erneut erklärt hat.

Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, dass die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte etwaige ersparte Aufwendungen in dieser Position nicht dargelegt hat. Auch die Berufungsbegründung enthält hierzu keinen ergänzenden Sachvortrag. Die Darlegungs- und Beweislast für die ersparten Aufwendungen liegt beim Auftraggeber (BGH NZBau 2001, 202), also der Beklagten. Allerdings obliegt es zunächst dem Auftragnehmer, die ersparten Aufwendungen abzurechnen. Unterlässt er dies oder ergibt sich schon aus seinem eigenen Vorbringen, dass Aufwendungen erspart sind und steht deren Höhe nicht fest, ist die Werklohnforderung unschlüssig (vgl. Werner/Pastor, aaO, Rdnr. 1295 und BGH NJW 1996, 1282). Nach diesen Maßstäben kann für das vorliegende Verfahren nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung durch die Kündigung des Vertrages Aufwendungen erspart hat. Aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht bereits zwingend, dass die Klägerin zur Position Baustelleneinrichtung Kosten erspart hat. Zwar entstehen für die Baustelleneinrichtung auch zeitabhängige Gemeinkosten (Vorhaltekosten). Offen ist indes, ob die Klägerin diese in die Position Baustelleneinrichtung oder in die übrigen Leistungspositionen einkalkuliert hat. Damit hat die Klägerin aber hinreichend dargelegt, dass sie keine Aufwendungen im Zusammenhang mit der Baustelleneinrichtung erspart hat.

Schließlich zieht die Beklagte ihrerseits nicht konkret ersparte Aufwendungen ab, sondern will die Position "Baustelleneinrichtung und Räumen" in ihrer Gegenrechnung auf die beiden Bauabschnitte nach dem Verhältnis der kalkulierten Mengen aufteilen (GA 28). Diese Abrechnung entspricht aber weder den Grundsätzen der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrages noch § 649 BGB. Denn die ersparten Aufwendungen entsprechen schon deshalb nicht dem Verhältnis der ausgeführten zur vereinbarten Leistung, weil die Leistungen, die die höchsten Kosten verursachen, erbracht sind, nämlich die Einrichtung und das Räumen der Baustelle.

2.3. Lediglich hinsichtlich des Zinsanspruchs ist die Berufung teilweise begründet. Die Klägerin kann nicht bereits ab 5.3.2005 Verzugszinsen verlangen, da ein Verzug zu diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden kann.

Die Parteien haben für die Zahlungen keinen nach dem Kalender bestimmten oder bestimmbaren Termin im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BGB vereinbart. Der Vertrag enthält keine Bestimmung zur Fälligkeit der Rechnungsbeträge. Ziff. 7 des Vertrages regelt lediglich die Bedingungen für das Skonto.

Nach § 16 VOB/B kann die Klägerin Zinsen nicht bereits ab 5.3.2005 verlangen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Rechnungsforderung bereits mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 25.2.2005 fällig geworden ist, weil die Beklagte mit diesem Schreiben das Ergebnis ihrer Rechnungsprüfung mitteilt, fehlt es an der nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B für den Zinsanspruch erforderlichen Setzung einer Nachfrist.

Die Zinsen sind damit schlüssig nur als Prozesszinsen (§ 291 BGB) ab dem auf die Zustellung der Klage (28.4.2005 GA 21) folgenden Tag.

3. Der Beklagten stehen keine Gegenansprüche auf Schadensersatz oder Ersatz von Fertigstellungskosten zu, mit denen sie gegenüber der Klageforderung die Aufrechnung erklären könnte. Soweit sie solche Ansprüche geltend macht, kann sie diese nicht mit den im Urkundsverfahren zulässigen Beweismitteln beweisen.

3.1. Unabhängig von der Frage, ob Schadensersatzansprüche der Beklagten im Zusammenhang mit der Nichterbringung der Leistungen im 2. Bauabschnitt dem Grunde nach gegeben sind, kann die Beklagte den von ihr geltend gemachten Schaden nicht durch Urkunden nachweisen.

3. 2. Die Beklagte kann als Gegenforderung auch nicht gem. § 433 Abs. 2 BGB die berechneten Diesellieferungen geltend machen, da sich auch diese Forderung nicht mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln nachweisen lässt.

Die Forderung ist allerdings dem Grunde nach berechtigt, aber die Höhe des Anspruchs steht nicht fest.

Der Umfang der Lieferungen ist durch die Lieferscheine belegt. Die Berechtigung des abgerechneten Preises lässt sich indes nicht feststellen. Der abgerechnete Preis ist weder unstreitig noch durch Urkunden belegt. Eine schriftliche Preisvereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Damit ist davon auszugehen, dass die Parteien den marktüblichen Preis vereinbart haben, wovon auch beide Parteien ausgehen. Die Klägerin hat indes mit Schriftsatz vom 8.11.2005 (GA 108) bestritten, dass der abgerechnete Preis dem Marktpreis entspricht. Die Beklagte hat den Marktpreis nicht durch Urkunden belegt. Die Vorlage von entsprechenden Urkunden ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der angemessene Dieselpreis gerichtsbekannt wäre. Dem Senat ist nicht bekannt, welcher Dieselpreis im gewerblichen Verkehr zu den jeweiligen Lieferzeitpunkten marktüblich war. Er kann daher aus eigener Sachkunde auch nicht beurteilen, ob dies zwischen dem 21.1. und 31.1.2005 0,95 € und am 2.2.2005 0,91 € waren. Zwar ist der Vortrag plausibel, angesichts der mehrmals täglich wechselnden Treibstoffpreise können die von der Beklagten vorgetragenen Zahlen für die jeweiligen Zeitpunkte indes nicht aus eigener Sachkunde des Gerichts bestätigt werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Sachverhaltes entschieden.

Ende der Entscheidung

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