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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 20 U 218/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AUB 88, AUB 1994
Vorschriften:
ZPO § 256 Abs. 1 | |
ZPO § 522 Abs. 2 | |
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 2 | |
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 3 | |
BGB § 138 Abs. 1 | |
BGB § 305 | |
BGB § 307 Abs. 1 | |
AUB 88 § 1 | |
AUB 88 § 1 Abs. 3 | |
AUB 88 § 2 Abs. 2 Ziff. 3 Satz 1 | |
AUB 88 § 2 Abs. 2 Ziff. 3 | |
AUB 88 § 7 Abs. 1 Ziff. 1 | |
AUB 1994 § 2 Abs. 2 Nr. 3 |
Tenor:
werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung erwägt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO vorliegen.
Gründe:
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen sowohl einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, ihr gegenüber aufgrund des Zeckenbisses Versicherungsschutz zu gewähren, als auch einen entsprechenden Leistungsanspruch in Höhe von mindestens 10.000,00 € verneint.
Der Inhalt der Berufungsbegründungsschrift ist nicht geeignet, eine Abänderung des Ergebnisses der erstinstanzlichen Entscheidung herbeizuführen.
Der auch in der Berufungsinstanz aufrecht erhaltene Feststellungsantrag ist unzulässig. Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Klägerin insofern das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse fehlt, weil ihr die Klage auf Leistung möglich ist (vgl. hierzu BGHZ 5, 314). Eine Feststellungsklage ist zwar zulässig, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, mag der Schaden auch bereits teilweise beziffert werden können (BGH, NJW 1996, 2097; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl., § 256 Rn 7a.). Eine solche Fallgestaltung ist hier indessen nicht gegeben. Vielmehr ließe sich der Rechtsstreit umfassend durch den Leistungsantrag, wie ihn die Klägerin hier als zweiten Antrag geltend macht, entscheiden, weil in dieser Prüfung der Anspruch der Klägerin dem Grunde nach sowie hinsichtlich der Höhe der zustehenden Invaliditätssumme abschließend zu klären wäre.
Dies kann aber letztlich dahinstehen, weil ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen aus der bei der Beklagten unterhaltenen Unfallversicherung ohnehin nicht besteht.
Die Voraussetzungen für einen Versicherungsfall ergeben sich aus den in den Versicherungsvertrag gemäß § 305 BGB von den Parteien einbezogenen Besonderen Unfallbedingungen (AUB) 88. Hiernach tritt der Versicherungsfall ein, wenn ein Unfall im Sinne des § 1 AUB 88 vorliegt. Ein versicherter Unfall ist nach § 1 Abs. 3 AUB 88 der Beklagten gegeben, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Der von der Klägerin vorgetragene Zeckenbiss stellt grundsätzlich ein plötzlich von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis dar.
Gleichwohl steht der Klägerin hierfür kein Versicherungsschutz zu, weil die offenbar geltend gemachte Gesundheitsschädigung in Form einer infolge des behaupteten Zeckenbisses eingetretenen Borreliose-Infektion gemäß § 2 Absatz 2 Ziffer 3 Satz 1 AUB 88 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Gemäß § 2 Abs. 2 Ziffer 3 AUB 88 fallen Infektionen nicht unter den Versicherungsschutz, es sei denn, der Krankheitserreger ist durch eine unter den Versicherungsvertrag fallende Unfallverletzung in den Körper gelangt (§ 2 Abs. 2 Ziffer 3 Satz 2 AUB 88). Nach § 2 Abs. 2 Ziffer 3 Satz 1 AUB 88 zufolge gelten jedoch Haut- oder Schleimhautverletzungen nicht mehr als Unfallverletzungen, die als solche geringfügig sind und durch die Krankheitserreger sofort oder später in den Körper gelangen. Lediglich für die Erkrankungen Tollwut und Wundstarrkrampf regelt die Vorschrift jeweils Ausnahmen. Auch ein Zeckenbiss ist eine nur geringfügige Hautverletzung im Sinne des § 2 Abs. 2 Ziffer 3 S. 1 AUB 88. Geringfügig sind Hautverletzungen, wenn sie ohne Berücksichtigung der durch die Infektion hervorgerufenen Folgen für sich betrachtet keinen Krankheitswert haben und deshalb keiner ärztlichen Behandlung bedürfen. Die durch einen Zeckenbiss entstandene Hautverletzung ist sehr klein und hat für sich betrachtet - ohne die in der Folge hervorgerufene Infektion - keinen Krankheitswert. Sie allein bedarf keiner ärztlichen Behandlung. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass die Klägerin selbst den von ihr behaupteten Zeckenbiss offenbar nicht wahrgenommen hat.
Diese rechtliche Beurteilung steht - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht im Widerspruch zur der Entscheidung des OLG Koblenz vom 25. November 2003 (wobei sich der Hinweis der Klägerin offensichtlich auf die in VersR 2005, 473 abgedruckte Entscheidung des OLG Koblenz bezieht). Das Gericht hat dort vielmehr ebenfalls - wie folgt - ausgeführt:
"Durch den Biss einer Zecke wird nur eine oberflächliche und unscheinbare Hautverletzung verursacht. Eine durch den Zeckenbiss ausgelöste Neuro-Borreliose ist vom Versicherungsschutz der Unfallversicherung ausgeschlossen, weil geringfügige Hautverletzungen, durch die Krankheitserreger in den Körper gelangen, nicht als Unfallverletzungen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 3 AUB 1994 gelten."
Durch die Klausel des § 2 Abs. 2 Ziffer 3 AUB 88 wird die Klägerin auch nicht unangemessen benachteiligt, so dass diese vertraglich einbezogene Versicherungsbedingung weder als unwirksam nach § 307 Absatz 1 BGB noch als sittenwidrig gemäß § 138 Absatz 1 BGB anzusehen ist. Die Vorschrift steht in keinem Widerspruch zu Sinn und Zweck eines vertraglichen Unfallschutzes. Eine Unfallversicherung dient nicht dazu, gegen sämtliche Ereignisse, die eine körperliche Beeinträchtigung hervorrufen oder einen Krankheitswert erlangen können, zu versichern. Gerade die durch Infektionen infolge des Eindringens von Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten etc.) hervorgerufenen Gesundheitsbeeinträchtigungen gehören als - herkömmliche - Krankheiten nicht zu den Lebensrisiken, die primär mit einer Unfallversicherung abgedeckt werden sollen (vgl. Grimm, Unfallversicherung, 4. Auflage, zu Ziffer 5 AUB 99, Rn. 85 m.w.N.; so auch Mangen, in Beckmann-Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 47, Rn. 87; siehe insbesondere auch zur Historie des unfallversicherungsrechtlichen Deckungsumfangs: Grewing, Unfallversicherung, 1967, S. 42 ff., 45). Dementsprechend wird die eigentliche Infektion als der Vorgang, der zum Eindringen von Mikroorganismen in den Körper führt, also die Übertragung der Krankheitskeime etwa durch Anhusten oder Körperkontakt mit Erkrankten, im Allgemeinen nicht als Unfall verstanden (vgl. Grimm a.a.O.). Gleichermaßen sind dann aber auch alle Infektionen, die durch einen Biss oder Stich eines Insektes übertragen werden, aus dem Versicherungsschutz auszunehmen, weil die durch das Insekt verursachte Verletzung in der Regel geringfügig ist (vgl. Grimm, a.a.O., Rn. 86 m.w.N.).
Angesichts dessen kann offen bleiben, ob der Ehemann der Klägerin seine Ansprüche als Versicherungsnehmer wirksam an die Klägerin abgetreten hat und diese mithin überhaupt aktivlegitimiert ist. Ebenfalls bedarf es keiner Klärung, inwieweit die Klägerin ihre Invaliditätsansprüche rechtzeitig innerhalb der in § 7 Abs. 1 Ziffer 1 AUB 88 vorgesehenen Fristen gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Jedoch bestehen auch insofern erhebliche Zweifel, weil ausweislich des von der Klägerin selbst erstellten - Krankheitsverlaufs - bereits im Jahre 2001 laut einem Laborbericht bei ihr eine zurückliegende Borreliose diagnostiziert worden war (Bl. 21 d.A.) und sie sich selbst auf einen Krankheitsverlauf seit 1994 bezieht. Darlegungs- und beweisbelastet für die rechtzeitige Geltendmachung ist die Klägerin (vgl. Grimm AUB, 4. Auflage, Ziffer 2 AUB 99, Rn. 15.).
Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Gründen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen, denen der Senat im vollen Umfang beitritt.
II. Auch die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, liegen vor.
Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich vielmehr um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
III. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu vorstehenden Hinweisen binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen.
Ende der Entscheidung
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