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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.11.2001
Aktenzeichen: 22 U 102/01
Rechtsgebiete: BBauG 1960, BGB, ZPO


Vorschriften:

BBauG 1960 § 35 Abs. 2
BGB § 242
ZPO § 91
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 102/01

Anlage zum Protokoll vom 6. November 2001

Verkündet am 6. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Törl und die Richterin am Landgericht Bömelburg

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Februar 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 274/00 - wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlußberufung der Klägerin hin wird dieses Urteil wie folgt abgeändert und neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 246.099,02 DM zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß die aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 18. August 1966 (UR-Nr. ... des Notars Dr. G.) folgende Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Erbbauzinsen (§§ 2 und 3 dieses Vertrages) unverändert fortbesteht.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 270.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Erbbauzinsen. Sie ist neben den Klägern des Parallelverfahrens 5 O 306/00 LG Köln = 22 U 104/01 OLG Köln Miteigentümerin eines etwa 14 ha großen Grundstücks in K., und zwar mit einem Miteigentumsanteil von einem Viertel.

Durch notariellen Vertrag vom 18.08.1966 wurde der Beklagten auf die Dauer von 99 Jahren, beginnend mit dem 01.07.1966, ein Erbbaurecht eingeräumt.

§ 6 des Vertrages hat folgenden Inhalt:

"Kraft des Erbbaurechts ist die Erbbauberechtigte berechtigt, auf dem Erbbaugrundbesitz Gebäude zu errichten, die der Verwendung als Krankenhäuser, Altenwohnhäuser oder zu ähnlichen Zwecken dienen."

Hintergrund des Vertragsschlusses war die Absicht der Beklagten, das Erbbaugrundstück für einen geplanten Krankenhausneubau des evangelischen Krankenhauses K.-K. sowie eine Einrichtung des C.werkes e.V. zur Verfügung zu stellen.

Zur Realisierung der Projekte kam es aus finanziellen Gründen nicht. Durch Schreiben des evangelischen Krankenhauses vom 06.05.1967 sowie durch Schreiben des C.werkes vom 10.04.1967 wurde der Beklagten mitgeteilt, daß die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stünden. Seitdem wird das Erbbaugrundstück als Ackerfläche genutzt.

In der Nachbarschaft des Erbbaugrundstücks befindet sich der Schießstand "A. P.weg". Am 07.01.1981 beschloß der Rat der Beklagten den Bebauungsplan Nr. .../05, der das Grundstück als Sondergebiet ausweist. Dieser Bebauungsplan ist bis heute gültig.

Nach § 2 des Vertrages ist ein Erbbauzins von 5% des mit 35,00 DM/m² angegebenen Bodenwertes zu zahlen. Die Zahlung soll in vierteljährlichen Teilbeträgen jeweils zum Quartalsersten erfolgen, und zwar entsprechend ihrem Miteigentumsanteil an die einzelnen Miteigentümer, an die Klägerin also jeweils ein Viertel.

§ 3 des Vertrages sieht eine Wertsicherungsklausel vor. In Anwendung dieser Klausel betrug nach Anpassung zum 01.07.1994 der Erbbauzins insgesamt 666.106,70 DM jährlich. Der auf die Klägerin entfallende vierteljährliche Anteil betrug demnach 41.631.67 DM.

Diese Beträge wurden von der Beklagten zuletzt für das zweite Quartal 2000 in voller Höhe gezahlt. Für das dritte Quartal 2000 zahlte die Beklagte an die Klägerin nur noch 3.691,-- DM.

Mit der Klage hat die Klägerin folgende Beträge geltend gemacht:

37.940,67 DM Differenzbetrag 3. Quartal 2000 41.631,67 DM Erbbauzins 4. Quartal 2000 41.631,67 DM Erbbauzins 1. Quartal 2001

121.204,01 DM Klageforderung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 121.204.01 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 aus 37.940,67 DM seit dem 03.07.2000, aus 41. 631, 67 DM seit dem 04.10.2000 und aus 41.631,67 DM seit dem 03.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Zahlungspflicht bestehe nicht mehr, da der Klägerin die Erfüllung ihrer vertragsgemäßen Verpflichtung infolge eines von keiner Seite zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden sei.

Unmöglich geworden sei nämlich die Zurverfügungstellung des Grundstücks zur Errichtung von karitativen Zwecken dienenden Gebäuden. Hierbei hat sich die Beklagte auf § 6 des Vertrages gestützt. Sie hat behauptet, der am 07.01.1981 beschlossene Bebauungsplan, der die Fläche als Sondergebiet ausweise, sei wegen eines Abwägungsmangels rechtswidrig. Eine Nutzung der Fläche für ein Krankenhaus sei ausgeschlossen, da sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Schießplatz befinde.

Die Unmöglichkeit der Nutzung gemäß dem vertraglich geregelten Nutzungszweck sei von keiner Partei zu vertreten, was zur Folge habe, daß auch die Zahlungspflicht entfalle.

Hilfsweise hat sich die Beklagte auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen und hierzu behauptet, die Errichtung eines Krankenhauses und/oder Altenwohnheims sei für beide Parteien Vertragsgrundlage gewesen. Schon in den Vertragsverhandlungen sei auf den beabsichtigten Verwendungszweck hingewiesen worden. Dieser ergebe sich im übrigen auch ausdrücklich aus § 6 und § 15 des Vertrages. Aufgrund der Nichtrealisierung der Neubaus des ev. Krankenhauses K. sowie der Einrichtung des C.werkes e. V. sei die Vertragsgrundlage entfallen. Auch später angedachte ähnliche Projekte seien gescheitert.

Das Landgericht hat der Klage bis auf die geltend gemachten Zinsen stattgegeben. Zur Begründung dieser Entscheidung hat die Kammer im wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern stünden die geltend gemachten Erbbauzinsen zu; diese Beträge seien ihrerseits aber nicht zu verzinsen.

Das Erbbaurecht sei hinreichend bestimmt und damit wirksam. Der Wirksamkeit stehe auch keine Unmöglichkeit entgegen. Zur Zeit der Bestellung habe kein öffentlich-rechtliches Bauverbot bestanden; bei dem Grundbesitz habe es sich rechtlich um Bauerwartungsland gehandelt. Die Herstellung der Bebaubarkeit habe im Verantwortungsbereich der Beklagten gelegen. Die Behauptung der Beklagten, das Erbbaugrundstück sei nicht bebaubar, sei nicht nachvollziehbar; seit 1981 bestehe ein Bebauungsplan, der weiterhin in Kraft sei. Wenn die Beklagte ihn nunmehr aufgeben wolle, sei das für die Zahlungsansprüche der Klägerin ohne Bedeutung. Die Beklagte könne sich auch nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Als Erwerberin habe sie das Risiko getroffen, ob und wie sich die Erwartung einer künftigen Bebaubarkeit erfüllen werde. Dieses Risiko habe die Klägerin nach dem Vertrag nicht übernommen. In die Risikosphäre der Beklagten sei insbesondere gefallen, daß sich die in Aussicht genommenen Nutzer, der Träger der ev. Krankenhauses K.-K. und das C.werk e.V., der Beklagten gegenüber noch nicht verbindlich erklärt hatten.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel auch rechtzeitig begründet.

Sie macht geltend:

Bis heute habe das Gelände nicht mit einem der Zweckbestimmung entsprechenden Gebäude bebaut werden können (Berufungsbegründung S. 4 f., Bl. 113 f.). Ein Bebauungsplan von 1976 sei nichtig gewesen, da er nicht im Einklang mit dem bestehenden Flächennutzungsplan gestanden habe, der das Gelände damals als Freifläche ausgewiesen habe (S. 6, Bl. 115). Im Jahre 1981 sei der Flächennutzungsplan geändert und ein neuer Bebauungsplan aufgestellt worden; beide Pläne seien bis heute gültig. In diesen Plänen sei das Erbbaugelände als Sondergebiet ausgewiesen. Danach wäre eine Bebauung im Prinzip zulässig; sie scheitere aber daran, daß eine Erschließung des Geländes ausschließlich über eine Planstraße vorgesehen sei, die über das Gelände eines benachbarten Schießstandes führe und deshalb noch nicht errichtet worden sei und derzeit auch nicht errichtet werden könne. Eine anderweitige Erschließung - über Wohngebiete - sei nicht möglich (S. 7 f., Bl. 116 f.). Deshalb sei eine Bebauung des Grundbesitzes derzeit nicht möglich.

Eine Reduzierung des Erbbauzinses ergebe sich unmittelbar aus § 2 Abs. 1 Satz 1 des Notarvertrages aus dem Jahre 1966. Denn danach errechne sich dieser Zins aus der Höhe des Bodenwertes. Man sei seinerzeit von Bauland (nicht: Bauerwartungsland) mit einem Bodenwert von 35,00 DM/m² ausgegangen (S. 9, Bl. 118). Einer Bebauung hätten damals weder das Fehlen eines Bebauungsplans, noch die Bezeichnung des Grundstücks als Freifläche im Flächennutzungsplan entgegengestanden. Dies habe sich erst in den 70er Jahren geändert (S. 10, Bl. 119). Nunmehr sei das Grundstück nur noch als Ackerland nutzbar und habe einen Bodenwert von nur noch 8,00 DM/m² (S. 12 f., Bl. 121 f.).

Dem Vertrag sei im Hinblick darauf, daß sich die Zweckbestimmung, die ursprünglich in Aussicht genommen worden sei, nicht mehr verwirklichen lasse, die Geschäftsgrundlage entzogen worden. Die Geschäftsgrundlage des Vertrages sei in den §§ 6 und 15 konkretisiert worden. Alle Bemühungen der Beklagten, sie zu verwirklichen, seien gescheitert. Auch heute sei kein Investor in Sicht; daran werde sich bei einer restlichen Laufzeit des Erbbaurechts von noch 64 Jahren auch nichts mehr ändern (S. 14, Bl. 123). Dies könne nicht einseitig zulasten der Beklagten gehen, es habe vielmehr zum Wegfall der Geschäftsgrundlage geführt. Deshalb könne sich die Beklagte nunmehr vom Vertrag lösen, zumindest dessen Anpassung verlangen. Im Falle einer Anpassung müsse der heutige Bodenwert für Ackerland zugrunde gelegt werden; nach diesem Maßstab zahle die Beklagte auch inzwischen nur noch die Erbbauzinsen (S. 16, Bl. 125). Die Geschäftsgrundlage sei im übrigen auch dadurch weggefallen, daß eine Bebauung heute nicht mehr zulässig sei (S. 16 ff., Bl. 125 ff.). Hilfsweise beruft sich die Beklagte für den Fall, daß eine Bebauung schon im Jahre 1966 nicht zulässig gewesen sei, darauf, in diesem Falle sei das Erbbaurecht gar nicht erst wirksam entstanden (S. 19 f., Bl. 128 f.).

Sie beantragt

1. Abänderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage;

2. Zurückweisung der Anschlußberufung der Kläger.

Die Klägerin beantragt

1. Zurückweisung der Berufung;

2. im Wege der Anschlußberufung:

a) die Beklagte zur Zahlung weiterer 124.895,01 DM an die Klägerin zu verurteilen;

b) festzustellen, daß die aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 18. August 1966 (UR-Nr. ... des Notars Dr. G.) folgende Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Erbbauzins (§§ 2 und 3 des Vertrages) unverändert fortbesteht.

Sie macht geltend:

Zur Zeit der Bestellung des Erbbaurechts sei der Grundbesitz bebaubar gewesen. Trägerin der Planungshoheit sei ohnehin die Beklagte gewesen (Berufungserwiderung Seite 2, Bl. 147). Auch wenn die Träger des evangelischen Krankenhauses K./K. sowie das C.werk aus finanziellen Gründen ihre Bebauungsabsichten aufgegeben hätten, hätte es der Beklagten freigestanden, eine Bebauung in eigener Regie vorzunehmen (Seite 3, Blatt 148). Daß sich alle von der Beklagten ins Auge gefaßten Projekte nicht hätten verwirklichen lassen, bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen (Seite 4, Blatt 149), ebenso das Vorbringen der Beklagten, seit 1981 sei eine Erschließung des Grundbesitzes nicht mehr gesichert und der südlich des Erbbaugrundstücks gelegene Schießstand habe sich nicht verlegen lassen (Seite 4 und 5, Blatt 149 f.). Ohnehin laufe diese Nutzung des Nachbargrundstücks im Jahr 2006 aus. Für die Errechnung des geschuldeten Erbbauzinses komme es nicht auf den heutigen Bodenwert an (Seite 5 f., Blatt 150 f.). Auch könne nicht der Wert von Ackerland zugrundegelegt werden; es handele sich um Bauerwartungs- oder sogar um Rohbauland (Seite 6, Blatt 151).

Die Geschäftsgrundlage des Erbbaurechtsbestellungsvertrages sei nicht weggefallen. Der Grundbesitz sei auch heute noch bebaubar. Selbst wenn die Bebaubarkeit weggefallen wäre, ginge dies allein zu Lasten der Beklagten. Es sei nie Absicht der Eigentümer gewesen, sich an einem solchen Risiko zu beteiligen, Seite 7 Blatt 152. Die Beklagte habe es in der Hand gehabt, die im Vertrag beschriebene Bebauung alsbald durchzuführen und zu vollenden bzw. die planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen (Seite 8, Blatt 153).

Mit der Anschlußberufung macht die Klägerin die Erbbauzinsen für das zweite und dritte Quartal 2001 in Höhe von je 41.631,67 DM geltend (Seite 2, Blatt 147).

Die Klägerin tritt der Anschlußberufung aus den Gründen ihrer Berufung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, wohin- gegen sich die von Klägerin eingelegte Anschlußberufung als begründet erweist. Das angefochtene Urteil des Landgerichts entspricht der Sach- und Rechtslage.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte weiterhin Anspruch auf Zahlung von Erbbauzinsen in der mit der Klage und nunmehr der Anschlußberufung geltend gemachten Höhe. Dieser Anspruch ergibt sich aus den §§ 2 und 3 des Notarvertrages vom 18.08.1966. Er ist entstanden und besteht weiterhin; eine Anpassung im Sinne der Beklagten findet nicht statt.

I. Zur Berufung:

1. Das Erbbaurecht der Beklagten ist wirksam bestellt worden.

a) Es ist hinreichend bestimmt gewesen. Dies hat die Kammer im angefochtenen Urteil bereits zutreffend ausgeführt. Im Berufungsverfahren werden dagegen keine Angriffe geführt.

b) Die Beklagte bringt vor, das Erbbaurecht könne nicht wirksam entstanden sein, weil das belastete Grundstück bereits zur Zeit der Bestellung des Erbbaurechtes im Jahre 1966 nicht rechtmäßig bebaubar gewesen sei. So liegt der Fall hier aber nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 96, 385 ff. = NJW 86, 1605 f.) kann ein Erbbaurecht nicht wirksam entstehen, wenn die Nutzung des in Rede stehenden Grundstücks als Baugrund aus Rechtsgründen dauernd ausgeschlossen ist (a.a.O. 1605 r.Sp.); so liegt der Fall z.B. dann, wenn zur Zeit der Bestellung des Erbbaurechtes das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, der seine Bebauung ausschließt (BGH a.a.O.).

Im Streitfall war die Bebauung des Erbbaugrundstücks bei Bestellung des Erbbaurechts im Jahr 1966 nicht auf Dauer ausgeschlossen.

aa) Der Senat hat nicht zu entscheiden brauchen, ob eine Bebauung der damals beabsichtigten Art (Krankenhaus, Altenheim) nach § 35 Abs. 2 BBauG 1960 (nur eine Anwendung dieser Vorschrift kommt überhaupt in Betracht) zulässig gewesen ist oder ob dem die abweichende Festsetzung im Flächennutzungsplan (Freifläche) als öffentlicher Belang im Sinne der genannten Vorschrift entgegengestanden hätte (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. April 1964, BVwGE 18, 247, 252 f.). Auf diese Frage kommt es für die Entscheidung des Streitfalls nicht an.

bb) Jedenfalls war eine Bebauung des Grundstücks nicht auf Dauer unmöglich. Denn die Beklagte war als Kreisfreie Stadt (damals wie heute) Trägerin der Planungshoheit in Bezug auf die Bauplanung. Sie hatte es also in der Hand, den bestehenden Flächennutzungsplan jederzeit zu ändern und einen rechtswirksamen Bebauungsplan aufzustellen, wie sie es zu einer späteren Zeit dann auch getan hat, und damit die Möglichkeit einer Bebauung des Erbbaugrundstücks mit den gewünschten Vorhaben zu eröffnen.

Die weitere Voraussetzung, daß die Erschließung des Grundstücks gesichert sein mußte (vgl. § 30 BBauG 1960), war nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten damals gegeben.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Geschäftsgrundlage des der Erbbaurechtsbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrages nicht weggefallen.

a) Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluß eines Vertrages erkennbaren Vorstellungen einer Vertragspartei oder auch beider Vertragsschließenden, die zwar nicht Vertragsinhalt geworden sind, auf denen aber der Geschäftswille mindestens einer Vertragspartei beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH NJW 97, 320, 323 l.Sp., m.N.; Palandt - Heinrichs § 242 BGB, Rn. 113 m.N.). Von der Geschäftsgrundlage werden solche Umstände nicht umfaßt, die nach dem Vertragszweck in den alleinigen Risikobereich nur einer der Vertragsparteien fallen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH NJW 2000, 1714, 1716 r.Sp.; 92, 2690 f.; Palandt - Heinrichs a.a.O., Rn. 126, m.N.).

b) Nach diesem Grundsätzen kann im Streitfall nicht vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgegangen werden.

aa) Mit Recht macht die Beklagte allerdings geltend,bei der Bestellung des Erbbaurechtes sei den Eigentümern bekannt gewesen, zu welchen Zwecken (Krankenhaus, Seniorenheim) das Erbbaurecht damals bestellt werden sollte. Dies ergibt sich aus dem Notarvertrag aus dem Jahre 1966. Aber gleichwohl kann nicht angenommen werden, daß die Durchführbarkeit der von der Beklagten bzw. den Trägern der ins Auge gefaßten Projekte (C.werk, ev. Kirche als Träger des Krankenhauses K.-K.) zur Geschäftsgrundlage des der Bestellung des Erbbaurechtes zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrages geworden ist. Die Rechtsverhältnisse zwischen der Beklagten und den genannten Kostenträgern und der Inhalt etwaiger zwischen diesen Beteiligten getroffenen Abmachungen waren den damaligen Eigentümern ersichtlich unbekannt - anderes behauptet auch die Beklagte im Prozeß nicht. Insbesondere konnten die Eigentümer damals nicht wissen, daß die Finanzierung der durchzuführenden Projekte seinerzeit noch in keiner Weise gesichert war und sich deshalb in der Folgezeit - wie dann im Jahre 1967 auch tatsächlich geschehen (Berufungsbegründung S. 5, Bl. 146 d.A.) - Probleme einstellen würden. Im übrigen hätten sich die Eigentümer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht darauf einlassen müssen, im Falle solcher Probleme seien die Vereinbarungen zum Erbbaurecht abzuändern oder aufzuheben. Sie hätten sich vielmehr auf den Standpunkt stellen dürfen, dies sei ausschließlich Sache der Beklagten, die insoweit - jedenfalls im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander - allein die maßgeblichen Dinge in der Hand hatte.

bb) Gleiches gilt, soweit die Beklagte geltend macht, auch andere Projekte für eine Bebauung des Grundbesitzes hätten sich letztlich nicht verwirklichen lassen. Davon war im übrigen - soweit ersichtlich - schon ihr eigener Geschäftswille bei Abschluß des Vertrages von 1966 nicht beeinflußt, da die Beklagte damals selbst mit mit den späteren finanziellen Problemen bei der Verwirklichung der ursprünglichen Projekte nicht gerechnet hat.

cc) Weiter macht die Beklagte geltend, sie habe im Jahre 1976 einen Bebauungsplan aufgestellt, der sich dann als nichtig herausgestellt habe (Berufungsbegründung S. 7, Bl. 148). Auch das ist kein rechtlich relevanter Umstand.

Die Beklagte hat bei der Aufstellung des Bebauungsplans vom 5. Februar 1976 die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu Kenntnis genommen, wonach ein Bebauungsplan nichtig ist, wenn er - wie es hier der Fall war - nicht aus dem Flächennutzungsplan "entwickelt worden ist". Diese Rechtsprechung hätte den zuständigen Bediensteten der Beklagten, die einschlägige Fachkenntnisse entweder gehabt haben oder jedenfalls hätten haben oder sich verschaffen müssen, bekannt sein müssen; das einschlägige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist veröffentlicht in NJW 75, 1985, also zeitlich vor Erlaß des in Rede stehenden Bebauungsplanes. Es hätte seinerzeit bei der Beklagten bekannt sein müssen. Die Behörde hätte damals einen neuen Flächennutzungsplan aufstellen und aus ihm den Bebauungsplan entwickeln müssen. Wenn sie das nicht getan hat, aus welchen Gründen auch immer, kann sie daraus den Grundstückseigentümern gegenüber Rechte nicht herleiten.

dd) Schließlich beruft sich die Beklagte darauf, als sie 1981 einen neuen Flächennutzungsplan und einen neuen Bebauungsplan erlassen habe, wonach eine mit der Zweckbestimmung des Erbbaurechts im Einklang stehende Bebauung zulässig gewesen wäre, sei gleichwohl eine Bebauung auf dem Erbbaugrundstück letztlich nicht mehr zulässig gewesen, weil nunmehr die Erschließung dieses Grundstücks nicht mehr gesichert gewesen sei (Berufungsbegründung S. 7, Bl. 116).

Dieses Vorbringen ist insoweit unklar, als sich aus ihm nicht erschließt, was die Beklagte, wenn es denn so gewesen sein sollte, zu den genannten Planungsänderungen bewogen haben mag. Selbst wenn aber zugunsten der Beklagten gleichwohl als wahr unterstellt wird, eine Erschließung des Grundbesitzes sei tatsächlich zu der genannten Zeit nicht mehr gesichert gewesen, führt das nicht zur Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf den Streitfall. Denn auch hier handelt es sich um einen Umstand, der ausschließlich in den Risikobereich der Beklagten fällt.

Für den Fall, daß die Vertragsparteien bei Bestellung eines Erbbaurechts von dem Vorliegen von Bauerwartungsland ausgegangen sind und daß sich die Bauerwartung des Erbbauberechtigten später zerschlägt, hat der Bundesgerichtshof einen Wegfall der Geschäftsgrundlage verneint (BGH NJW 87, 2674, 2676 r.Sp.).

Gleiches gilt im Streitfall. Hier hat zwar objektiv möglicherweise Bauerwartungsland noch nicht vorgelegen. Aber die Beklagte hat es im Jahr 1966 und auch in den Folgejahren in der Hand gehabt, durch Aufstellung eines Bebauungsplanes (nach 1975 und dem Vorliegen der damals neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bei gleichzeitiger Änderung des Flächennutzungsplans) die Voraussetzungen für eine Bebaubarkeit des hier in Rede stehenden Areals zu schaffen. Wenn im nachhinein die ursprünglich gegebene Voraussetzung, daß die Erschließung des Baugeländes gesichert sein mußte, wirklich - entsprechend dem Vorbringen der Beklagten - weggefallen sein sollte, dann war das ebenfalls ihr alleiniges Risiko.

Davon abgesehen fällt das vorerwähnte Problem der Erschließung im Jahre 2006 - also vom Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gerade mal in 5 Jahren - ohnehin weg, da dann unstreitig das für den Betreiber des südlich des Erbbaugrundstücks vorhandenen Schießstandes von der Beklagten bestellte Erbbaurecht auslaufen wird und dann die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung über eine Planstraße möglich sein wird, die über das Gelände des jetzigen Schießstandes führt. Schon das läßt eine Äquivalenzstörung, die ein Ausmaß erreichen würde, das zur Anwendung der Regeln über die Geschäftsgrundlage führen könnte, ausscheiden.

3. Schließlich meint die Beklagte, jedenfalls reduziere sich der geschuldete Erbbauzins, weil er nunmehr auf der Basis eines Grundstückswertes für Ackerland zu berechnen sei (Berufungsbegründung S. 9 f., Bl. 118 f.). Auch das ist nicht richtig.

Ausweislich des damaligen Notarvertrages hat die Beklagte Ackerland übernommen (so ausdrücklich in § 1 zu Parzelle 57/14) und dafür einen Erbbauzins auf der Basis von Bauland (so ihr Vorbringen) vereinbart. Dies hat sie ersichtlich deshalb gemacht, weil sie damals davon ausgegangen ist, die im Notarvertrag genannten Bauvorhaben würden sich tatsächlich verwirklichen lassen. Der Erbbauzins, berechnet nach einem Bodenwert von damals 35,00 DM/m² (§ 2 des Vertrages, Bl. 8 d.A.), war damit für die Zukunft festgeschrieben. Ändern konnte er sich für die Folgezeit nur noch nach Maßgabe der Wertsicherungsklausel in § 3.

Damit erweist sich die Berufung der Beklagten insgesamt als unbegründet.

II. Zur Anschlußberufung

Aus den gleichen Gründen erweist sich der mit der Anschlußberufung gestellte weitere Zahlungsantrag der Klägerin, gegen dessen Höhe die Beklagte in diesem Prozeß weitere Einwendungen nicht erhoben hat, als begründet.

Für den mit der Anschlußberufung zusätzlich gestellten Feststellungsantrag ist das erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen. Die Beklagte bestreitet den Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Erbbauzinsen in der vertraglich geschuldeten Höhe für die Vergangenheit und Zukunft. Dies führt zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags, der nach den vorstehenden Erwägungen auch begründet ist.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

1. Berufung: 121.204,01 DM

2. Anschlußberufung: 124.895,01 DM (Zahlungsantrag) 5.000,00 DM (Feststellungsantrag) 251.099,02 DM

Die Beschwer der Beklagten liegt oberhalb der Revisionssumme.

Ende der Entscheidung

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