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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 31.01.2006
Aktenzeichen: 22 U 112/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 307 |
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 02.06.2005 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 8 O 455/04 - wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % eines jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass sein Mietverhältnis mit dem Beklagten aufgrund der von ihm unter dem 25. Oktober 2004 erklärten fristlosen Kündigung mit sofortiger Wirkung beendet worden ist.
Er schloss mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten unter dem 26.06.1998 mit Wirkung zum 01.07.1998 einen Mietvertrag über Gewerberäume in L zum Betriebe eines "Büro/Lager einer Filmcateringgesellschaft mit Küche" (Anlage K1, Bl. 6 der Akte). In § 1 Nr. 5 des Mietvertrages heißt es:
"Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen."
In § 14 Nr. 1 des Vertrages (Bl. 8 d. A.) heißt es:
"Bauliche Änderungen durch den Mieter ... dürfen nur mit ... Einwilligung des Vermieters vorgenommen werden. Erteilt der Vermieter eine solche Einwilligung, so ist der Mieter für die Einhaltung der bauaufsichtsamtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten hierfür zu tragen."
Unter dem 5. April 2004 teilte das Bauaufsichtsamt der Stadt L dem Kläger mit, die Nutzung der Mieträume als Cateringbetrieb sei baurechtswidrig, da die erforderliche Nutzungsänderungsgenehmigung nicht vorliege (Anlage K 7 b, Bl. 26 f. d. A.). Der Kläger forderte den Beklagten auf, an der Einholung dieser Genehmigung mitzuwirken. Der Beklagte stellte sich demgegenüber letztlich auf den Standpunkt, dies sei Sache des Klägers. Das Bauaufsichtsamt drohte dem Kläger eine gebührenpflichtige Ordnungsverfügung an (Anlagen K 12, Bl. 32 d. A., K 15, Bl. 44 d. A.). Ein Antrag des Klägers auf Erteilung der Nutzungsänderungsgenehmigung wurde vom Bauamt abgelehnt, weil erforderliche Planunterlagen nicht vorgelegt worden waren (Anlage K 14, Bl. 35 f. d. A.). Daraufhin erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 25.10.2004 die fristlose Kündigung des Mietvertrages (Anlage K 2, Bl. 12 ff. d. A.) und erhob entsprechende Feststellungsklage.
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen in seinem Urteil wird Bezug genommen. Mit der Berufung erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Er macht geltend:
Der Kläger habe zu keiner Zeit befürchten müssen, dass ihm die Nutzung der Mieträume baurechtlich untersagt werde. Die Nutzungsänderung sei nämlich genehmigungsfähig gewesen; sie sei auf seinen Antrag unter dem 20.07.2005 auch genehmigt worden (Anlage B1, Bl. 122 ff. d. A.). Jedenfalls liege in der Kündigungserklärung des Klägers ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Der Kläger habe seine Kündigung erst ein halbes Jahr nach dem ersten Anhörungsschreiben des Bauamtes erklärt (Berufungsbegründung Seite 5, Bl. 120 d. A.). Außerdem sei zu bedenken, dass im Falle einer Nutzungsuntersagung ein Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Bauamtes aufschiebende Wirkung gehabt hätte. Zudem ergebe sich die Treuwidrigkeit daraus, dass der Kläger seit der Kündigung die Mieträume weiter nutze, ohne dafür Miete und Nebenkosten zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt
Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die von dem Beklagten vorgelegte Baugenehmigung umfasse nicht die für den Betrieb des Klägers wesentliche Nutzung einer Küche, wie sie auch im Mietvertrag vorgesehen gewesen sei. Im Falle der Anordnung einer Nutzungsuntersagung sei damit zu rechnen gewesen, dass das Bauamt seinen Bescheid für sofort vollziehbar erklärt hätte, wie das üblich sei. Die Mieträume seien am 26.10.2005 zurückgegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Denn die zulässige Feststellungsklage ist in der Sache nicht begründet.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch die vom Kläger am 25.10.2004 erklärte außerordentliche Kündigung (Anlage K 2, Bl. 14 d. A.) nicht beendet worden. Gleiches gilt für die Kündigungserklärungen vom 08.02. und 03.03.2005 (Anlagen K 16, Bl. 59, und K 18, Bl. 62 d. A.).
A.
Da zwischen den Parteien nach § 2 des Mietvertrages vom 26.06.1998 (Anlage K 1, Bl. 6 d.A.) ein Zeitmietverhältnis besteht, kommt eine Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung nicht in Betracht. Der Kläger hat auch die ordentliche Kündigung des Vertrages nicht erklärt. Voraussetzung für die vorzeitige Beendigung des Vertrages ist deshalb das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der dem Kläger die Fortführung des Mietverhältnisses unzumutbar gemacht hat (§ 543 BGB).
B.
Das Vorliegen eines wichtigen Grundes hat der Kläger aber - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht darzutun vermocht.
1.
Die Kündigungen vom 25.10.2004 und 08.02.2005 sind darauf gestützt, dass der Beklagte nicht dafür gesorgt habe, dass der Kläger von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde der Stadt L eine baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung für den Betrieb seines Catering-Unternehmens erhalten habe.
Dies stellt jedoch im Streitfall keinen wichtigen Grund dar, der den Kläger zur Erklärung der fristlosen Kündigung berechtigt hätte.
a)
Allerdings kann eine zur fristlosen Vertragskündigung berechtigende Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauches bzw. - was dem gleichsteht, BGH NZM 05, 500 r. Sp. - eine erhebliche Mangelhaftigkeit der Mietsache dann vorliegen, wenn die im Mietvertrag vorgesehene Nutzung der Mieträume gegen Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstößt und die zuständige Baubehörde deshalb ein Einschreiten androht (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 88, 1424; OLGR 05, 659, 660 l. Sp.; OLG Celle NZM 2000, 621 f.; Wolf-Eckert-Ball Rdn. 248; Palandt-Weidenkaff § 536 BGB, Rdn. 18 f.).
b)
Im Streitfall ist eine Haftung des Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Mangel aber wirksam ausgeschlossen worden.
aa)
In § 1 Nr. 5 des Mietvertrages (Bl. 6 d. A.) heißt es:
"Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen."
Gegen diese formularvertragliche Regelung bestehen Bedenken, wenn sie darauf hinausläuft, dass dem Mieter auch das Risiko aufgebürdet wird, dass eine erforderliche behördliche Erlaubnis nicht zu erreichen ist (vgl. BGH NJW 88, 2664 f.).
Im vorliegenden Fall kommt aber hinzu die Regelung in § 14 Nr. 1 des Vertrages (Bl. 8 d. A.), die wie folgt lautet:
"Bauliche Änderungen durch den Mieter, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen, ... dürfen nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters vorgenommen werden. Erteilt der Vermieter eine solche Einwilligung, so ist der Mieter für die Einholung der bauaufsichtsamtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten hierfür zu tragen."
Danach hat es der Kläger übernommen, selbst für die zum Betriebe seines Catering-Unternehmens erforderliche baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung zu sorgen. Insbesondere war es seine Sache und nicht Aufgabe des Beklagten als Vermieter, für die Beschaffung der für eine Nutzungsänderungsgenehmigung erforderlichen Planunterlagen auf eigene Kosten zu sorgen. Das ergibt sich jedenfalls aus der zitierten Stelle in § 14 Nr. 1 des Mietvertrages.
bb)
Diese formularvertragliche Regelung hält auch der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) stand.
(1)
Sie bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck nur auf genehmigungsfähige Nutzungsänderungen und würde deshalb nicht eingreifen, wenn feststünde, dass die vom Kläger vorgenommene Nutzungsänderung aus Gründen des öffentlichen Baurechtes nicht genehmigt werden könnte. Davon kann aber nicht ausgegangen werden.
Zwar hat die Bauaufsichtsbehörde der Stadt L einen Antrag des Klägers auf Erteilung der Nutzungsänderungsgenehmigung mit Bescheid vom 23.09.2004 (Anlage K 14, Bl. 35 f. d. A.) zurückgewiesen. Diese Zurückweisung hatte aber ihren Grund ausschließlich darin, dass der Kläger seinem Bauantrag nicht die erforderlichen Unterlagen beigefügt hatte; in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger dazu vortragen lassen, er habe diesen Antrag auf Nutzungsänderungsgenehmigung in Kenntnis fehlender Erfolgsaussicht nur gestellt, um Zeit zu gewinnen (vgl. auch seinen Schriftsatz vom 03.01.2006, Bl. 183/184 d. A.).
Auf Antrag des Beklagten hat das Bauaufsichtsamt dann aber unter dem 20.07.2005 eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung in ein mobiles Film-Catering mit Büro, Trockenhalle, Kühlraum und Spülküche erteilt (Bl. 151 ff. d. A.). Soweit der Kläger geltend macht, damit sei nicht die für seinen Betrieb erforderliche Küche für die Zubereitung von Speisen genehmigt worden, ist dem entgegen zu halten, dass aufgrund dieser Baugenehmigung nicht feststeht, dass der Betrieb einer solchen Küche nicht genehmigungsfähig wäre. Vielmehr war lediglich der Betrieb einer Küche für die Zubereitung von Speisen nicht beantragt, was daran gelegen haben mag, dass der Kläger an diesem baurechtlichen Verfahren nicht mitgewirkt hat, weil er der Meinung war, das Mietverhältnis sei durch seine Kündigungserklärungen beendet. Soweit der Kläger in der Berufungserwiderung geltend macht, eine Küche sei auch bei entsprechendem Antrag in dem Mietobjekt überhaut nicht genehmigungsfähig (Seite 2, Bl. 142 d. A.), ist dies ohne hinreichende Substanz; gleiches gilt für das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz vom 03.01.2006 (S. 4 u. 6, Bl. 186 u. 188 d. A.).
(2)
Eine formularvertragliche Regelung, nach der es Aufgabe des Mieters ist, eine für seinen Betrieb - mögliche und - erforderliche Bau- oder Nutzungsänderungsgenehmigung auf eigene Kosten selbst zu erwirken, benachteiligt den Mieter nicht unangemessen.
Insbesondere stellt es keine unangemessene Benachteiligung dar, dass der Mieter die dazu erforderlichen Planunterlagen selbst und auf eigene Kosten beschaffen muss. Der Vermieter könnte ihm lediglich Planunterlagen über den baulichen Zustand vor der Nutzungsänderung zur Verfügung stellen. Wie sich die bauliche Anlage durch die Nutzungsänderung verändern soll, kann der Vermieter nicht wissen. Da es allein die Entscheidung des Mieters ist, welche Baumaßnahmen er für seinen Betrieb für erforderlich hält und in welchem Umfang deshalb eine Nutzungsänderungsgenehmigung erwirkt werden muss, ist es auch sachgerecht, dass der Mieter diese Unterlagen - durch Beauftragung eines Architekten - selbst beschafft. Unzumutbar hohe Kosten sind dabei nicht zu erwarten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die in seinem Bauantragsverfahren entstandenen Kosten mit 1.500,00 € beziffert. Anders als eine formularvertragliche Klausel, in der einem Mieter auch das Risiko für die Nichterteilung einer erforderlichen behördlichen Erlaubnis aufgebürdet wird (vgl. BGH NJW 88, 2664 f.), ist die im Streitfall verwendete Vertragsklausel in § 14 Nr. 1 des Vertrages deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.
2.
Die weitere Kündigung vom 3. März 2005 wird darauf gestützt, die Heizung der Mieträume funktioniere nicht; der Beklagte habe trotz Abmahnung nicht für Abhilfe gesorgt (Bl. 62 d. A.).
a)
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die Einführung dieser Kündigungserklärung in den vorliegenden Prozess (Schriftsatz vom 21.03.2005, Seite 2, Bl. 56 d. A.) dahin auszulegen ist, dass der Kläger im Wege eines Hilfsantrages seine Klage auch auf diese Kündigung hat stützen wollen.
b)
Denn einen Kündigungsgrund hat der Kläger auch hier nicht hinreichend dargelegt. Wie sich aus § 3 des Mietvertrages (Bl. 7 d. A.) ergibt, wird das Mietobjekt durch Fernwärme beheizt. Unter diesen Umständen ist das bestrittene Vorbringen des Klägers, der Beklagte habe die Heizung für die Mieträume des Klägers "einfach abgeklemmt" (Bl. 56 d. A.), nicht nachvollziehbar. Ein Fernwärmeleitungsrohr, durch das heißes Wasser läuft, kann man nicht "einfach abklemmen". Einzelheiten sind dazu nicht vorgetragen. Es lässt sich auf dieser Grundlage nicht feststellen, dass hier ein Mangel der Mietsache vorliegt, der zu Lasten des Beklagten geht.
Der Berufung des Beklagten hat nach allem der Erfolg nicht versagt bleiben können.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO). Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch erfordert die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung eine Befassung des Revisionsgerichts.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 20.001,74 € (Senatsbeschluss vom 23.09.2005, Bl. 128 d. A.)
Ende der Entscheidung
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