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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.10.2005
Aktenzeichen: 22 U 116/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 116/05

Anlage zum Protokoll vom 25.10.2005

Verkündet am 25.10.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller und die Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Dr. Törl

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.6.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 561/04 - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über Geschäftsräume von ca. 243 qm im Objekt I-Straße 16-28, ##### L, nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.1.2004 mit Ablauf des 31.1.2005 beendet worden ist; das Mietverhältnis besteht vielmehr fort bis zum 31.12.2005.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin zu 52 % und der Beklagten zu 48 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Gegenseite vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses.

Mit Vertrag vom 29.01./01.02.1990 (Bl. 7 ff. d. A.) mietete die Rechtsvorgängerin der Beklagten von der Rechtsvorgängerin der Klägerin Büroräume in dem noch zu errichtenden Objekt I-Straße 16 - 28 in L. In § 5 des Mietvertrages war u.a. vereinbart:

" Dieser Vertrag wird auf die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen. Der Mieter hat das Recht auf zweimalige Option von jeweils fünf Jahren. Eine Kündigung des Vertrages oder die Ausübung der Option hat zwölf Monate vor Fristablauf zu erfolgen. Wird von keiner der Parteien gekündigt und übt der Mieter das Optionsrecht nicht aus, so verlängert sich der Vertrag automatisch jeweils um zwei Jahre und die Optionsmöglichkeit verfällt. (...) Die Mietzeit beginnt mit dem der Übergabe folgenden Monatsersten, voraussichtlich Sommer 1990."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde (Bl. 7 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 06.10.1998, sie übe "entsprechend dem am 29.01.1990 abgeschlossenen Mietvertrag hiermit die vereinbarte Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses über den 31.01.2000 hinaus auf weitere 5 Jahre aus" und bat, "die Ausübung der Option und somit die Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 31.01.2005 zu bestätigen" (B. 19 d.A.). Die für die Klägerin handelnde J GmbH bestätigte mit Schreiben vom 13.10.1998 "wunschgemäß den Eingang der Optionserklärung" (Bl. 20 d.A.). Unter dem 22.01.2004 erklärte die Beklagte sodann die Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.01.2005. Die Klägerin wies diese Kündigungserklärung zurück.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, das Mietverhältnis ende mangels einer wirksamen Ausübung der Option durch die Beklagte aufgrund der Verlängerungsklausel in § 5 Abs. 2 des Mietvertrages zum 31.12.2006, während die Beklagte die Auffassung vertritt, das Mietverhältnis sei wirksam zum 31.01.2005 gekündigt.

Mit der Klage hat die Klägerin deshalb die Feststellung begehrt, dass das Mietverhältnis über den 31.01.2005 hinaus bis zum 31.12.2006 fortbesteht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in seinem Urteil wird Bezug genommen.

Im Berufungsrechtszug verfolgen die Parteien ihre wechselseitigen Rechtsauffassungen weiter.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin nach entsprechenden rechtlichen Hinweisen des Senats ihr Feststellungsbegehren auf die Zeit bis zum 31.12.2005 beschränkt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über Geschäftsräume von ca. 243 qm im Objekt I-Straße 16 - 28, ##### L, nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.01.2004 mit Ablauf des 31.01.2005 beendet worden ist; das Mietverhältnis besteht vielmehr fort bis zum 31.12.2005.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt bezug genommen.

II.

Zur Entscheidung des Senats steht lediglich noch das Feststellungsbegehren der Klägerin bezogen auf den Zeitraum vom 1.2. bis zum 31.12.2005, nachdem die Klägerin im Berufungsrechtszug ihre weitergehende Klage mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat.

In diesem Umfang hat die zulässige Berufung der Klägerin auch in der Sache Erfolg. Das Mietverhältnis der Parteien endet am 31.12.2005.

Gegenstand des Streits der Parteien ist die Auslegung der Regelung in § 5 des Mietvertrages (Bl. 8/9 d.A.) sowie der Korrespondenz der Parteien vom 6./13.10.1998 (Bl. 19 f. d.A.).

1.

Die Auslegung der Regelung in § 5 des Mietvertrages ergibt, dass das Mietverhältnis mit dem 1.1.1991 begonnen hat und deshalb zunächst bis zum 31.12.2000 befristet gewesen ist.

Abgeschlossen wurde der Vertrag zwar Ende Januar bzw. Anfang Februar 1990. Aber darauf kommt es - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht an.

In § 5 Abs. 1 des Mietvertrages (Bl. 8 d. A.) heißt es, der Vertrag werde auf die Dauer von 10 Jahren fest abgeschlossen. In Abs. 4 der selben Vertragsbestimmung heißt es dann, die Mietzeit beginne mit dem der Übergabe folgenden Monatsersten (Bl. 9 oben d. A.).

Die Übergabe des Objektes ist unstreitig am 28.12.1990 erfolgt (Bl. 2 unten, 42 unten d. A.).

Die beiden genannten Vertragsbestimmungen muss man im Zusammenhang lesen. Danach sollte das Mietverhältnis 10 Jahre lang dauern, und zwar ab dem der Übergabe des Objektes folgenden Monatsersten.

Nur diese Auslegung wird dem eindeutigen Vertragswortlaut und dem beiderseitigen Interesse der damaligen Vertragsparteien gerecht. Bei Abschluss des Mietvertrages war das Mietobjekt noch nicht fertig gestellt. Wann genau es fertig werden würde, war damals ungewiss. Gedacht haben die Vertragsparteien seinerseits an eine Übergabe der Mieträume Mitte 1990, tatsächlich ist das Objekt erst Ende 1990 bezugsfertig gewesen und übergeben worden.

Der Abschluss von Zeitverträgen ist im gewerblichen Mietrecht allgemein üblich. Sinn einer solchen Befristung ist es, beiden Vertragsparteien Rechts- und Planungssicherheit zu verschaffen. Üblicherweise wird dabei der Zeitpunkt der Übergabe der Mieträume auch schriftlich dokumentiert. All dies haben die Vertragspartein (seinerzeit eine Baufirma und immerhin ein großer gesetzlicher Krankenversicherer) zweifellos gewusst.

Den beiderseitigen Interessen und den Vertragstext entspricht es, wenn die Vertragsfrist von 10 Jahren erst ab Übergabe des Mietobjektes gerechnet wird bzw. dem darauf folgenden Monatsersten.

Die Mietzeit hat deshalb zum 01.01.1991 begonnen; sie lief dann zunächst bis zum 31.12.2000.

2.

Unstreitig hat sich die Mietzeit dann über den 01.01.2001 hinaus verlängert. Die Parteien streiten allerdings über die Frage, wie dies vonstatten gegangen ist.

Verlängert worden ist das Mietverhältnis durch Ausübung der vertraglich vorgesehenen Option.

Die Beklagte hat unter dem 06.10.1998 der Klägerin erklärt, sie übe "die vereinbarte Option" über den 31.01.2000 hinaus um weitere 5 Jahre aus. Weiter hat sie die Klägerin gebeten, die Ausübung der Option "und somit die Verlängerung des Mietverhältnisses zum 31.01.2005 zu bestätigen" (Bl. 19 d. A.).

Die Klägerin meint nun, dass sei keine wirksame Erklärung der Option gewesen. Die Option habe nur dem Vertrag entsprechend, also mit Wirkung bis Ende 2005 ausgeübt werden können (Bl. 117 d. A.).

Dieser Ausgangspunkt der Klägerin ist nicht richtig.

Eine mietvertragliche Verlängerungsoption ist das Recht einer Vertragspartei, durch einseitige Erklärung eine Verlängerung eines bestehenden Vertrages herbeizuführen (vgl. Palandt - Heinrichs Rdnr. 23 vor § 145 BGB; Palandt-Weidenkaff Rdnr. 8 vor § 535 BGB). Ersichtlich hat die Erklärung der Beklagten vom 06.10.1998 genau diesen Inhalt haben sollen. Und so hat die Klägerin selbst das Schreiben der Beklagten ausweislich der Erklärung ihrer Verwaltungsgesellschaft J GmbH auch verstanden (Bl. 20 d. A.).

Dass die Beklagte seinerzeit die Ablaufzeit des Vertrages falsch berechnet hat, ist für die Auslegung der Optionserklärung ebenso ohne Bedeutung wie für die Beurteilung ihrer Wirksamkeit. Da die Optionserklärung dem Vertrag entsprechend hat ausgeübt werden sollen, hat sie auch so gewirkt, wie das im Mietvertrage vorgesehen war, also bis zum 31.12.2005. Die falsche Berechnung der Frist ist seitens der Beklagten deshalb an dieser Stelle ohne Bedeutung.

Danach hat sich der Vertrag bis zum 31.12.2005 verlängert. Durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 22.01.2004 (Bl. 21 a. A.) endet er zu diesem Zeitpunkt. Denn wie die Klägerin mit Recht selbst ausführt, ist diese Kündigungserklärung dahin auszulegen, daß die Kündigung zum nächstzulässigen Zeitpunkt hat erfolgen sollen (Bl. 5 d. A.).

3.

Dem gegenüber meint das Landgericht und ihm folgend die Beklagte, durch den Schriftverkehr vom 6./13.10.1998 hätten die Parteien ihr Vertragsverhältnis einvernehmlich dahin geändert, dass eine Verlängerung nur bis zum 31.01.2005 erfolge (Bl. 76, 137 f. d. A.).

Dies ist nicht richtig.

Eine Änderung dieser Art würde einen neuen Vertragsabschluss voraussetzen. Daran fehlt es hier.

Das Schreiben der Beklagten vom 06.10.1998 hat jedoch nach dem hier allein maßgeblichen Empfängerhorizont der Klägerin kein Angebot zur Änderung des Mietvertrages dargestellt. Die Klägerin hat es auch nicht so aufgefasst. Sie hat vielmehr richtig erkannt, daß seitens der Beklagten lediglich das vorerwähnte Optionsrecht ausgeübt werden sollte.

Im Übrigen würde es auch an einer Annahmeerklärung der Klägerin fehlen. Das Schreiben ihrer Verwaltungsgesellschaft vom 13.10.1998 enthält nicht mehr als die Bestätigung, daß die "Optionserklärung" zugegangen ist (Bl. 20 d. A.). Auch das dort enthaltene Wort "wunschgemäß" nimmt nur darauf bezug. Eine Bestätigung des von der Beklagten - fehlerhaft - angegebenen Vertragsendes enthält dieses Antwortschreiben nicht.

Von einer Vertragsänderung kann deshalb nicht die Rede sein.

4.

Weiter meinen das Landgericht und die Beklagte, der Klägerin sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die ursprüngliche vertragliche Regelung zu berufen; sie habe sich seinerzeit erklären müssen (vgl. 76 f., 138 ff. d. A.).

Auch das ist nicht richtig.

Zunächst ist es die Beklagte gewesen, die seinerzeit die Laufzeit des Mietvertrages falsch berechnet hatte. Der Klägerin ist das - unstreitig - damals nicht aufgefallen. Erst später ist der - beiderseitige - Irrtum aufgedeckt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann bei diesem Ablauf von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Klägerin bzw. einem ihr anzulastenden Verstoß gegen Treu und Glauben nicht im Ansatz die Rede sein. Einen "Vertrauenstatbestand" hat die Klägerin nicht geschaffen. Vielmehr hat die Beklagte einen Fehler begangen, indem sie die Laufzeit des Vertrages falsch berechnet bzw. eingeschätzt hat; die Klägerin, die insoweit entgegen der Auffassung der Beklagten dieser gegenüber keine Pflicht zur Überprüfung der Angaben im Optionsverlängerungsschreiben gehabt hat, hat diesen Fehler ihrer Vertragspartnerin lediglich nicht sofort bemerkt. Das hindert sie aber nicht daran, sich jetzt auf die eingetretene Rechtslage zu berufen.

5.

Es bleibt deshalb dabei, daß durch die Ausübung der Option das Mietverhältnis bis zum 31.12.2005 verlängert worden ist und erst mit diesem Tag sein Ende findet. Die frühere Auffassung der Klägerin, das Mietverhältnis dauere darüber hinaus noch bis zum 31.12.2006 an, ist nach der teilweisen Klagerücknahme nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO). Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch erfordert der Fall wegen grundsätzlicher Bedeutung eine Befassung des Revisionsgerichts.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Bis zum 11.10.2005: 41.566,80 Euro (Jahresmiete); seither: 38.102,90 Euro (Miete für die jetzt noch streitigen 11 Monate).

Ende der Entscheidung

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