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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.12.2000
Aktenzeichen: 22 U 152/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 459
BGB § 462
BGB § 467
BGB § 346
BGB § 363
BGB § 286
BGB § 284 Abs. 3
HGB § 352
ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 528 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 152/00 91 O 191/99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 19.12.2000

Verkündet am 19.12.2000

Biermann, JAng. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Törl und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.05.2000 - 91 O 191/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.476,-- DM nebst 5 % Zinsen seit dem 13. August 1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache mit Ausnahme eines Teils bezüglich der Nebenforderungen keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus § 433 BGB einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für den am 05.11.1998 gelieferten Fugenschneider FS 70 2 TD nebst Umbausatz in Höhe von 24.476,-- DM.

Der Kaufpreisanspruch ist nicht infolge der Wandelungserklärung der Beklagten gemäß §§ 459, 462, 467, 346 BGB untergegangen. Die Beklagte ist dafür beweisfällig geblieben, dass der Fugenschneider die von ihr behaupteten Mängel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe der Maschine aufgewiesen hat, obwohl ihr hierfür nach Übergabe der Sache wegen § 363 BGB die Beweislast obliegt (Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., § 459 Rn. 59).

a) Der vom Senat beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. B. hat in seinem mündlich erstatteten Gutachten nachvollziehbar und überzeugend bekundet, dass der Fugenschneider verschiedene Mängel aufweist, nämlich Lackabplatzungen im Bereich des Zylinderkopfes, Bruch der oberen Schweißnaht für die Abdeckung der Keilriemen, beidseitig abgebrochene Gelenke für die Scheibenschutzklappen, Anschweißen der Halterung für den angebrachten Scheinwerfer, Bruch des Ansaugvorluftfiltergehäuses, Durchtrennung eines Kabels für den "Water Safety Switch" und teilweiser Bruch des Zündschlosses. Er konnte jedoch nicht feststellen, dass diese Mängel bereits bei Übergabe der Maschine vorgelegen haben. Ganz im Gegenteil hat er dies sogar für unwahrscheinlich gehalten.

Zu den von der Beklagten behaupteten Hauptmängeln, nämlich stärkere Vibrationen und unruhiges Laufverhalten des Fugenschneiders sowie außergewöhnlich hoher Ölverbrauch bei dessen Betrieb, konnte der Sachverständige keine Feststellungen treffen, weil hierzu ein Probelauf der Maschine erforderlich gewesen wäre, der jedoch infolge der Funktionsuntüchtigkeit der Starterbatterie nicht möglich war. Dies geht zu Lasten der Beklagten. Die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens ist gemäß §§ 528 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil dies die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und den Grund für die Verzögerung die Beklagte mit der Nichteinzahlung des Vorschusses für den Sachverständigen in erster Instanz in grob nachlässiger Weise gesetzt hat. Die Beklagte hat mit der Aufrechterhaltung des Beweisantritts "Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Mängeln" in zweiter Instanz ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 528 Abs. 2 ZPO vorgebracht. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, ist ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel neu, wenn es in erster Instanz nicht oder verspätet vorgebracht worden ist. Hierunter fällt auch, wenn eine Partei in der ersten Instanz die Vorschusszahlung für einen Zeugen oder Sachverständigen unterlassen hat (vgl. BGH NJW 1982, 2559, 2560 f.). Der Beklagten ist insoweit auch grobe Nachlässigkeit vorzuwerfen, weil sie keinen Grund angegeben hat, warum sie im ersten Rechtszug den Vorschuss nicht gezahlt hat (vgl. BGH NJW 1982, 2559, 2561). Die Zulassung des neuen Verteidigungsmittels würde zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, weil ein weiterer Beweisaufnahme- und Verhandlungstermin erforderlich würde. Diese Verzögerung beruht - insoweit anders als in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs - auf einem Verhalten der Beklagten und nicht auf einem Umstand, der nicht in ihrem Einflussbereich lag. Zur allgemeinen Prozessförderungspflicht einer Partei gehört es auch, einem Sachverständigen die erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen. Der Beklagten hätte es daher oblegen, den Fugenschneider rechtzeitig vor dem Untersuchungstermin auf die Funktionstauglichkeit der Batterie zu überprüfen und ggf. die Batterie auszutauschen oder den Sachverständigen bzw. die Klägerin auf ein solches Erfordernis hinzuweisen. Zu einer vorherigen Funktionsüberprüfung war nur die Beklagte in der Lage, weil sich die Maschine in ihrem Besitz befand. Aufgrund der langen Standzeit des Fugenschneiders und der vom Sachverständigen Dipl.-Ing. B. bekundeten vergleichsweise hohen Betriebsstundenzahl musste der Beklagten auch klar sein, dass die Maschine batteriebedingt möglicherweise nicht mehr betriebsbereit war. Die von ihr behaupteten Hauptmängel wären aber - was für die Beklagte ebenfalls offenkundig war - nur beim Betrieb des Fugenschneiders feststellbar gewesen.

b) Dem weiteren Beweisantritt der Beklagten durch Vernehmung der Zeugen P., Sch. und M. musste der Senat wegen der Ungeeignetheit des Beweismittels nicht nachgehen, weil es sich bei der Frage der Mangelhaftigkeit der Maschine und des Zeitpunktes des Vorliegens der Mängel um eine Sachverständigenfrage handelt.

c) Für die Mangelhaftigkeit der Maschine zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, d.h. bei der Auslieferung im November 1998, spricht auch kein Anscheinsbeweis. Zwar hat die Klägerin zwei Reparaturen vorgenommen, deren genaue Zeitpunkte - ohne dass dies erheblich wäre - streitig sind. Nach dem Vortrag der Beklagten sind die Reparaturen am 12.4.1999 wegen Vibrationen und eines unrunden Laufs und im Juli 1999 wegen Undichtigkeiten und Ölverlusts durchgeführt worden. Nach dem Vortrag der Klägerin fanden die beiden Reparaturen am 25.2.1999 und am 12.4.1999 statt, wobei sie als Reparaturgrund Manipulation am Zündschalter und zuwenig Öl bzw. einen Kabelbruch angegeben hat. Die Voraussetzung für einen Anscheinsbeweis, nämlich ein typischer Geschehensablauf, ist damit nicht gegeben, weil für sich betrachtet der Vortrag beider Parteien zu dem Grund für die Reparaturen zutreffend sein kann.

2. Der Anspruch auf die zuerkannten Verzugszinsen findet seine Grundlage in § 286 BGB. Mit der Zustellung des Mahnbescheides am 13. August 1999 ist Verzug eingetreten. Ein früherer Verzugseintritt lässt sich mangels substantiierten Sachvortrags der Klägerin nicht feststellen, insbesondere nicht - wie von der Klägerin beantragt - bereits zum 05.12.1998. Die mit der Anspruchsbegründung vom 22.09.1999 zu den Gerichtsakten gereichte Rechnung (Bl. 12 d.A.) enthält zwei Datumsangaben, nämlich den 05.11.1998 und den 07.09.1999. Welches Datum zutrifft, kann dahinstehen, weil die Rechung mangels bestimmter oder nach dem Kalender bestimmbarer Zahlungsfrist nicht geeignet ist, einen Verzug zu begründen. Die Neuregelung des § 284 Abs. 3 BGB ist erst zum 01.05.2000 in Kraft getreten und auf den Anspruch der Klägerin nicht anwendbar. Die Klägerin kann gemäß § 352 HGB lediglich den gesetzlichen Zinssatz verlangen, weil sie trotz des Bestreitens seitens der Beklagten im Schriftsatz vom 21.12.1999 (Bl. 44 d.A.) die Inanspruchnahme eines höher verzinslichen Bankkredits nicht durch Vorlage einer entsprechenden Zinsbescheinigung bewiesen hat.

Mangels schlüssigen Vortrags bzw. Vorlage entsprechender Mahnschreiben steht der Klägerin auch kein Anspruch aus § 286 BGB auf vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 30,- DM zu. Den Anspruch auf Inkassokosten der C. hat die Klägerin bereits erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2000 (Bl. 51 d.A.) fallengelassen.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen finden ihre Grundlage in §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert und Beschwer für die Beklagte: 24.476,-- DM.

Ende der Entscheidung

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