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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 22 U 164/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 130
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

22 U 164/05

In dem Rechtsstreit

hat der 22 Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Müller und der Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Dr. Törl durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO

am 18.01.2006

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 31.08.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 25 O 181/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten unterliegt der Zurückweisung durch Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs.2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern (§ 522 Abs.2 Satz 1 Nr.2,3 ZPO).

Der Beklagte ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss vom 09.12.2005 hingewiesen worden und hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Auf die Gründe für die Zurückweisung in diesem Beschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 10.01.2006 geben keinen Anlaß zu einer anderweitigen Entscheidung.

Ob das erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten zu der - angeblich - verzögerten Weiterleitung des Kündigungsschreibens der Klägerin durch seine Schwägerin in der Berufungsinstanz durch weiteren Tatsachenvortrag ergänzt werden konnte, braucht nicht entschieden zu werden.

Denn jedenfalls ist die Schwägerin des Beklagten nach der Verkehrsanschauung als seine Empfangsbotin anzusehen, so dass von einem - fristgerechten - Zugang des Kündigungsschreibens spätestens am 29.04.2004 auszugehen ist.

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Dritter, der ein Schreiben für den Empfänger entgegennimmt, als dessen Empfangsbote anzusehen ist, ist die Verkehrsanschauung maßgeblich (vgl. z.B. BGH NJW 94, 2613, 2614). Interne Zustellbestimmungen der Deutschen Post AG (vom Beklagten als "Bundespost" bezeichnet) sind insoweit nicht ausschlaggebend, weil sie lediglich das Dienstverhältnis der Post zu ihren Mitarbeitern regeln (vgl. auch BAG NJW 93, 1093, 1094 l. Sp.).

Die Verkehrsanschauung, dass nahe Angehörige des Empfängers im Einzelfall als seine Empfangsboten angesehen werden können, beruht auf der Lebenserfahrung, dass in aller Regel davon ausgegangen werden kann, dass diese Personen ein für den Empfänger angenommenes Schriftstück alsbald an diesen weiterleiten (BGH aaO). Dazu ist nicht in jedem Fall erforderlich, dass sich die Empfangsperson in der Wohnung des Empfängers aufhält. Es kann auch genügen, dass sie in einer anderen Wohnung desselben Mehrparteienhauses wohnt und dort das Schreiben entgegennimmt (vgl. BAG aaO; Staudinger-Singer/Benedikt § 130 BGB, Rdn. 57 m.N.).

Im vorliegenden Fall ist nach diesen Grundsätzen auch die Schwägerin des Empfängers, also hier des Beklagten, die mit dem Bruder des Beklagten im selben Haus im Stockwerk unterhalb der Wohnung des Beklagten wohnt und die nach seinem Vorbringen das an ihn gerichtete Kündigungsschreiben der Klägerin entgegengenommen haben soll, seine Empfangsbotin gewesen. Denn auch bei ihr hat davon ausgegangen werden können, sie werde den Einschreibebrief alsbald dem Beklagten aushändigen. Nach Darstellung des Beklagten ist es dazu nur deshalb nicht sogleich gekommen, weil mit der am selben Tag eingegangenen telefonischen Nachricht von einer schweren Erkrankung der Mutter der Schwägerin ein außergewöhnlicher Umstand eingetreten war, durch den der an den Beklagten gerichtete Einschreibebrief für mehrere Wochen in Vergessenheit geraten sein soll. Ohne diese Besonderheit wäre es zu der Verzögerung der Weiterleitung nicht gekommen. Für den Zeitpunkt des Zugangs ist diese Verzögerung ohne Bedeutung, da es nur auf den nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge zu erwartenden Zeitpunkt der Weiterleitung an den Empfänger ankommt (BGH, NJW-RR 1989, 757; Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 130 Rn. 9 m.w.Nachw.).

Unerheblich ist ferner, dass zur damaligen Zeit ein näherer persönlicher Kontakt zwischen dem Beklagten und seiner Schwägerin nicht bestanden haben soll. Denn das ändert nichts daran, dass hier nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge zu erwarten war, dass die Schwägerin, die den Einschreibebrief mit der Absicht der Weiterleitung entgegengenommen hatte, diesen ohne Verzögerung an den Beklagten weiterleiten werde.

Die Berufung des Beklagten hat deshalb zurückgewiesen werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 24.164,16 €.

(Jahresbruttomiete ohne Nebenkosten).

Der Streitwertbeschluß des Landgericht vom 31.08.2005 wird entsprechend abgeändert; auch der Streitwert für das Verfahren des 1. Rechtszuges wird auf 24.164,16 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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