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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.07.2002
Aktenzeichen: 22 U 6/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 6/02

Anlage zum Protokoll vom 16. Juli 2002

Verkündet am 16.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Törl und die Richterin am Landgericht Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Dezember 2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 O 150/98 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland.

Tatbestand:

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht einer Vollstreckungsgegenklage des Klägers stattgegeben, nämlich die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einer notariellen Urkunde vom 27.06.1997 (Bl. 27 f.) für unzulässig erklärt (Bl. 309 d.A.). Ausweislich dieser Urkunde hatte der Kläger ein Schuldanerkenntnis über einen Betrag von 60.000,00 DM abgegeben. Vorausgegangen war ein außergerichtlicher Vergleich, in dem sich der Kläger und die von ihm vertretene D. Projektentwicklungen GmbH (künftig: die GmbH) unter anderem zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet hatten (Bl. 29 ff.). Über das Vermögen der GmbH ist im Verlaufe des Prozesses das Insolvenzverfahren eröffnet worden, was zur Abtrennung des Prozesses geführt hat, soweit ursprünglich auch die GmbH Klägerin war. Mit der Vollstreckungsgegenklage hat der Kläger geltend gemacht, die GmbH habe wegen offener Vergütungsansprüche aus einem Bauvorhaben in A. unter dem 17.11.1997 die Aufrechnung gegen die vorerwähnte Forderung des Beklagten erklärt.

Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Aufrechnung sei unzulässig. Außerdem sei die Forderung der GmbH nicht fällig geworden.

Mit seiner Berufung gegen das angefochtene Urteil verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Er trägt vor:

Seine Forderung aus dem Schuldanerkenntnis sei unstreitig. Eine wirksame Aufrechnungserklärung liege nicht vor. Die Erklärung vom 17.11.1997 (Bl. 152 d.A.) sei vor Fälligkeit der angeblichen Forderung der GmbH erfolgt und deshalb unwirksam (Berufungsbegründung Seite 3, Bl. 353 d.A.). Diese Forderung sei auch weiterhin nicht fällig. Die Fälligkeit sei abhängig gewesen von einer gutachterlichen Äußerung des Sachverständigen G. (Bl. 12). Dieser Sachverständige habe sich zwar im Laufe des Rechtsstreits geäußert; seine Ausführungen seien aber sowohl aus Verfahrensgründen als auch in der Sache selbst unbrauchbar (S. 4 ff. Bl. 354 ff.). Außerdem enthalte der außergerichtliche Vergleich vom 09./16.06.1997 ein Aufrechnungsverbot; zumindest verhielten sich der Kläger und die GmbH widersprüchlich, wenn sie sich im nachhinein auf eine Aufrechnung beriefen (S. 8 f. Bl. 358 f.). Außerdem stünden der Forderung der GmbH Gegenaufrechnungen des Beklagten entgegen (S. 9 f., Bl. 359 f.).

Er beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er macht geltend, die Aufrechnungserklärung vom 17.11.1997 habe bis zum Eintritt der Fälligkeit fortgewirkt. Fälligkeit sei ohnehin aber bereits vorher, nämlich am 14.11.1997 eingetreten. An diesem Tag habe der Sachverständige E., auf dessen Einschaltung sich die Parteien anstelle des Sachverständigen G. geeinigt gehabt hätten, das Bauvorhaben abgenommen (Berufungserwiderung S. 2, Bl. 372). Zumindest könne sich der Kläger auf die dem Insolvenzverwalter der GmbH zustehende Einrede der Aufrechenbarkeit berufen.

Die Einwände des Beklagten gegen die Fälligkeit der Forderung der GmbH griffen nicht durch. Wenn der Beklagte gegen die Erklärung des Sachverständigen G. hätte vorgehen wollen, hätte er das nach den vertraglichen Vereinbarungen in einer Frist von 14 Tagen tun müssen, was nicht geschehen sei (S. 3 ff., Bl. 373 ff.). Ein Aufrechnungsverbot sei nicht vereinbart gewesen; auch verhalte sich der Kläger nicht widersprüchlich, wenn er sich auf die erklärte Aufrechnung berufe. Zur Zeit des Abschlusses des Vergleiches habe noch keine Aufrechnungslage bestanden (S. 5 f., Bl. 375 f.). Auch könne sich der Beklagte nicht auf eine angebliche Gegenaufrechnung berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Akte 2 O 44/97 LG Hagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, nicht jedoch einer Beweisaufnahme gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die vom Kläger erhobene Vollstreckungsgegenklage ist unbegründet. Der Kläger kann gegen den zugunsten des Beklagten titulierten Anspruch aus dem Schuldanerkenntnis vom 27.06.1997 keine rechtlich erheblichen Einwendungen geltend machen. Zu Unrecht beruft er sich auf eine seitens der von ihm betriebenen GmbH erklärte Aufrechnung.

1. Allerdings würde eine von der GmbH wirksam erklärte Aufrechnung auch zu Gunsten des Klägers wirken, da ausweislich des Vergleiches der Kläger und die GmbH hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung des in Rede stehenden Betrages von 60.000,00 DM Gesamtschuldner waren (§ 422 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die von der GmbH erklärte Aufrechnung ist aber nicht zulässig gewesen.

2. Der Zulässigkeit einer Aufrechnung steht der Inhalt des Vergleichsvertrages vom 09./16.06.1997 entgegen (Bl. 29 ff.).

a) Der Beklagte macht geltend, aus diesem Vertrag ergebe sich, daß die Parteien ein Aufrechnungsverbot hätten vereinbaren wollen. Das ist zweifelhaft. Ausdrücklich ist ein Aufrechnungsverbot in dem Vergleich nicht vereinbart worden. Ob es im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als vereinbart angesehen werden muß, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

b) Jedenfalls hat die Aufrechnungserklärung der GmbH gegen Treu und Glauben verstoßen.

Wer bei Abschluß eines Vergleiches die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen er später eine Aufrechnungslage herleitet, darf eine Aufrechnung nur dann geltend machen, wenn er sich dieses Recht im Vergleichsvertrag vorbehalten hat (BGH LM Nr. 63 zu § 387 BGB; vgl. auch BGHZ 120, 387, 394).

Im Streitfall war dem Kläger als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH bei Abschluß des Vertrages vom 09./16.06.1997 bekannt, daß noch Ansprüche der GmbH aus dem Bauvorhaben in A. offenstanden. Diese waren zwar wegen noch bestehender Mängel und der deshalb vom Beklagten erhobenen Mängeleinrede noch nicht fällig. Aber der Kläger rechnete naturgemäß damit, daß die Fälligkeit dieser Ansprüche in absehbarer Zukunft eintreten werde. Der Kläger selbst macht geltend, diese Fälligkeit sei bereits im November 1997 durch eine gutachterliche Äußerung des Sachverständigen E., spätestens aber im Jahr 1998 durch eine Stellungnahme des Sachverständigen G. eingetreten (Bl. 372). Im übrigen war die Forderung der GmbH bei Abschluß des Vergleichsvertrages bereits rechtshängig; Antrag auf Mahnbescheid war am 11.12.1996 eingereicht worden (Bl. 5 d.BA); das Streitverfahren vor dem Landgericht Hagen hatte die GmbH mit Schriftsatz vom 13.02.1997 eingeleitet (Bl. 9 d.BA). Auch betraf der Vergleich eine vom Ausgang des Prozesses in Hagen unabhängige Forderung des Beklagten auf Schadenersatz; mit ihm sollte der Prozeß 17 O 527/96 LG Köln erledigt werden (Bl. 32 d.A.).

Zu dieser Zeit, also am 20.06.1997 (Bl. 29 d.A.) konnte zwar der Kläger eine Aufrechnung noch nicht erklären, weil die gutachterliche Stellungnahme noch nicht vorlag. Er hätte aber auf der Basis seiner Rechtsauffassung damals bereits ein Zurückbehaltungsrecht erklären können. Getan hat er dies nicht.

Deshalb durfte der Beklagte in Ermangelung eines Aufrechnungsvorbehaltes davon ausgehen, die Vergleichssumme von insgesamt 120.000,00 DM werde durch Zahlung erfüllt werden. Davon ist im übrigen zunächst auch der Kläger bzw. die von ihm vertretene GmbH ausgegangen; denn unstreitig ist ein Teilbetrag von 60.000,00 DM durch Zahlung erfüllt worden. So muß es auch hinsichtlich der weiteren 60.000,00 DM geschehen.

Die Vollstreckungsklage ist deshalb unbegründet, so daß die Berufung des Beklagten Erfolg hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 30.677,51 € (60.000,00 DM).

Ende der Entscheidung

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