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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.08.2004
Aktenzeichen: 22 U 73/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 771
ZPO § 928
BGB § 688
BGB § 690
BGB § 868
BGB § 929 S. 1
BGB § 930
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.03.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - Az.: 14 O 270/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die von der Beklagten betriebene Arrestpfändung aus der Entscheidung des Landgerichts Köln vom 18.03.2003 - Az.: 14 O 115/03 - in die DUSCHOLIVE Medium Dampf- und Fitnessdusche 1250 ESG klar mit Clertec., obere Abdeckung (Dach) mit Halogenbeleuchtung 2 x 20 Watt und Kopfbrause HANSA TRIjet. nebst an ihr angebrachtem Design-Wärmekörper Zehnder arcus II, bestehend aus horizontal bogenförmig angeordneten Präzisionsstahlrohren, Farbe chrom, Bauhöhe 190 cm und Baulänge 60 cm, für unzulässig erklärt.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin C, kauften im November 2002 von der später insolvent gewordenen Firma N X Haustechnik (im Folgenden: Firma X) eine in deren Geschäftsräumen ausgestellte, als "Duschtempel" bezeichnete Dampf- und Fitnessdusche nebst Heizkörper, bezahlten den Sonderpreis von 6.189,26 EUR inklusive Mehrwertsteuer und ließen die Gegenstände in dem Ausstellungsraum stehen, wo sie nach den mit dem Zeugen X getroffenen Absprachen bis zum Beginn des von ihnen geplanten Badezimmerumbaus nach dem Ende der Karnevalszeit verbleiben sollten. Im März 2003 ließ die Beklagte, die Zwischenvermieterin der Firma X war, die streitgegenständliche Dusche einschließlich Heizkörper aufgrund eines Arrestbefehls durch den Gerichtsvollzieher bei der Firma X pfänden.

Mit seiner Klage hat der Kläger - zum Teil aus übertragenem Recht seiner Ehefrau - begehrt, diese Pfändung für unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Herausgabe der Dusche und des Heizkörpers zu verurteilen. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung eine Eigentumsübertragung an die Eheleute C für nicht bewiesen erachtet und die Klage insgesamt abgewiesen, wobei es das Herausgabeverlangen bereits als unzulässig angesehen hat.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Drittwiderspruchsantrag weiter. Er macht geltend, er und seine Frau seien sich mit dem Zeugen X einig gewesen, dass mit der Kaufpreiszahlung das Eigentum an der Dusche und dem Heizkörper auf sie habe übergehen sollen, auch wenn darüber nicht ausdrücklich gesprochen worden sei. Dies ergebe sich entgegen der Würdigung des Landgerichts aus der beiderseitigen Interessenlage und den Aussagen seiner Ehefrau, der Zeugin M und des Zeugen X.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze und die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig

und hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat den gemäß §§ 771, 928 ZPO statthaften und auch im übrigen zulässigen Antrag, die im Auftrag der Beklagten im Ausstellungsraum der Firma X durchgeführte Arrestpfändung in die im Tenor näher bezeichnete Dusche und den Heizkörper für unzulässig zu erklären, zu Unrecht abgewiesen. Denn das Eigentum an diesen Gegenständen stand im Zeitpunkt der Pfändung dem Kläger und dessen Ehefrau zu.

1.

Bei den gepfändeten Gegenständen handelt es sich um die von den Eheleuten C gekauften. Davon ist das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ausgegangen. Die Beklagte hat dies im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt.

2.

Die Eheleute C haben die von ihnen bei der Firma X gekaufte Dusche und den Heizkörper entgegen der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung mit der Kaufpreiszahlung im November 2002 auch zu Eigentum erworben.

a)

Zur Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen ist gemäß § 929 S. 1 BGB grundsätzlich erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Da eine Übergabe der Dusche und des Heizkörpers nicht erfolgt ist, kam ein Eigentumserwerb hier allein nach § 929 S. 1 i.V. mit § 930 BGB in Betracht, der die Ersetzung der Übergabe durch die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses im Sinne des § 868 BGB ermöglicht, aus dem sich bestimmte, auf die Sache bezogene Pflichten und Rechte von Veräußerer und Erwerber ergeben müssen. Ein solches Besitzmittlungsverhältnis kann auch stillschweigend und aufschiebend bedingt vereinbart werden (Palandt-Bassenge, BGB, 63. Auflage, § 930 Rdnr. 7 u. 8, § 929 Rd. 27; Oldenburg NJW 1977, 1780). Ebenso kann die Einigung über den Eigentumsübergang konkludent erfolgen und unter eine Bedingung gestellt werden. Sie kann dabei besonders getroffen werden, aber auch aus der Vereinbarung des Besitzmittlungsverhältnisses zu entnehmen sein ( vergl. OLG Karlsruhe Just 90, 359 ).

Ob bei einem noch einstweiligen Verbleib der Kaufsache beim Verkäufer das Eigentum gemäß § 930 BGB übergegangen, oder der Eigentumserwerb bis zur Erlangung des unmittelbaren Besitzes durch den Käufer hinausgeschoben worden ist, ist unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln zu beurteilen und von Fall zu Fall konkret zu prüfen. Allgemeine Grundsätze lassen sich insoweit nicht aufstellen; maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles.

b)

Der Senat kommt hier bei der Auslegung der getroffenen Absprachen unter Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragsparteien zu dem Ergebnis eines Eigentumsübergangs im Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung auf der Grundlage eines mit der Zahlung konkludent vereinbarten Besitzkonstituts und einer damit einhergehenden Einigung über den Eigentumsübergang.

Unstreitig haben sich die Eheleute C bei Abschluss des Kaufvertrages mit dem Zeugen X darauf verständigt, dass sie den Kaufpreis für die beiden streitgegenständlichen Ausstellungsstücke kurzfristig bezahlen, um sich so auch den noch gültigen Sonderpreis zu sichern, die Kaufgegenstände aber weiter in der Ausstellung der Firma X verbleiben sollten, bis sie mit der Renovierung ihres Badezimmers würden beginnen können; alsdann sollten sie auf Abruf angeliefert werden.

aa)

Die Absprache beinhaltete aus objektiver Sicht für die Zeit nach der Zahlung die Begründung eines Verwahrungsverhältnisses nach § 688 BGB (zur Abgrenzung von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis ohne Rechtsbindung - vergl. Palandt-Sprau, a.a.O., § 688 Rdnr. 1, 2 sowie Palandt-Heinrichs, Einl. v § 241 Rdnr. 7), das dem Kläger und seiner Ehefrau den mittelbaren Besitz im Sinne des § 868 BGB an den Kaufgegenständen verschaffte. Denn neben der unentgeltlichen Aufbewahrung im Ausstellungsraum ergibt sich daraus die stillschweigende Übernahme einer Obhutpflicht durch die Firma X in Bezug auf die verkauften Gegenstände. Die Eheleute C wollten die von ihnen ausgesuchten Ausstellungsstücke haben, nicht irgendeinen Ersatz, und haben sich insoweit für den Zeugen X erkennbar darauf verlassen, dass die Dusche und der Heizkörper bei der Verkäuferin in guten Händen sind und diese weiterhin darauf achtet, dass sie in der Ausstellung nicht beschädigt werden. Sie hätten, wie von dem Zeugen X bekundet, den Duschtempel und den Heizkörper auch sofort abgenommen, wenn er ihnen nicht angeboten hätte, sie in der Ausstellung zu lassen, bis es mit dem Umbau so soweit sein würde. Vor diesem Hintergrund kann das Angebot des Zeugen X aus objektiver Sicht nur dahin zu werten sein, dass er auch bereit war, die Kaufgegenstände weiter in seiner Obhut zu halten.

bb)

Mit der Verwahrungsabsprache haben die Vertragsparteien sich konkludent zugleich über den Eigentumsübergang für den Zeitpunkt der Zahlung geeinigt. Nichts spricht hier dafür, dass sie abweichend von der gesetzlichen Regelung, wonach die Pflicht des Verkäufers zur Eigentumsübertragung im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Kaufpreiszahlungsverpflichtung des Käufers steht und deshalb grundsätzlich Zug um Zug gegen Zahlung zu erfüllen ist (§§ 433, 320, 322 BGB), mit der Eigentumsübertragung zuwarten wollten. Es war vielmehr so, dass, auch wenn die Vereinbarung für die Firma X den günstigen Nebeneffekt hatte, dass die Ausstellungsfläche bis zur Anlieferung der nachbestellten Dusche nicht leer stand, die Abnahmeverpflichtung allein im Interesse der Eheleute C aufgeschoben wurde, denen daran lag, die Ausstellungsstücke zu dem ausgeschriebenen Vorzugspreis zu erhalten, die aber zum Zeitpunkt des Kaufvertrages nicht in der Lage waren, diese bei sich zu Hause einzubauen und sie bis zum Beginn der Umbauarbeiten im Badezimmer in dem Ausstellungsraum besser aufgehoben glaubten. Allein deshalb vereinbarte man, dass die Gegenstände zunächst auch nach der Zahlung noch in der Ausstellung verbleiben sollten. Im konkreten Zusammenhang kann dies nur so verstanden werden, dass die Firma X den Duschtempel mit der Heizung nach der Zahlung für die Eheleute C als Erwerber und neue Eigentümer aufbewahren sollte und wollte. Mit dem Aufschieben der Abnahmepflicht war diesen ausreichend gedient. Keine der Vertragsparteien hatte ein Interesse, den Eigentumsübergang länger als bis zur Kaufpreiszahlung aufzuschieben. Die Firma X hatte kein Interesse, nach der Zahlung weiterhin die Gefahr des zufälligen Untergangs oder einer zufälligen Verschlechterung der Kaufgegenstände zu tragen und so gegebenenfalls den bereits empfangenen Kaufpreis ganz oder zum Teil wieder herausgeben zu müssen; die Eheleute C hatten demgegenüber objektiv kein Interesse, das Insolvenzrisiko zu tragen und waren für den Fall einer Beschädigung der Kaufsache jedenfalls über die sich aus dem Verwahrungsvertrag ergebende Einstandspflicht der Firma X gemäß § 690 BGB gesichert. Dass dementsprechend beide Vertragsparteien auch die Vorstellung hatten, dass mit der Kaufpreiszahlung das Eigentum übergehen sollte, ist deutlich den Aussagen der Zeugin C und der Zeugin M, die als Angestellte der Firma X mit dem Verkauf und der Bezahlung des Duschtempels und des Heizkörpers befasst war, zu entnehmen. So hat die Zeugin C bei ihrer Vernehmung auf die Frage, ob über Eigentum gesprochen worden sei, geantwortet, "Wenn ich die Dusche bezahle, gehört sie mir". Die Zeugin M hat ausgesagt, dass sie die Zeugin C, als diese die Barzahlung auf den vereinbarten Kaufpreis geleistet habe und habe sichergehen wollen, dass sie das Ausstellungsstück auch erhalte, beruhigt und zu ihr gesagt habe, dass sie sich keine Gedanken zu machen brauche, der Duschtempel jetzt ihnen gehöre und von der Firma X bis zur Auslieferung an sie nur verwahrt werde. Hinzu kommt die Aussage des Zeugen X, der erklärt hat, dass nicht direkt etwas betreffend das Eigentum vereinbart, das Geschäft aber per Handschlag, wie unter Handwerkern üblich, besiegelt worden sei. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass weitere Erklärungen nicht für notwendig erachtet wurden. Vielmehr sollten die Eheleute C mit der Zahlung des Kaufpreises jederzeit und uneingeschränkt über die Kaufgegenstände verfügen können.

cc)

Das nach den Bekundungen der Zeugen X, M und C unmittelbar nach der Kaufpreiszahlung an den Duschtempel angebrachte Schild mit der Aufschrift "VERKAUFT" dokumentierte den Eigentumsübergang nach außen, für dessen Herbeiführung war es nicht erforderlich. Soweit die Zeugen J, T und U angegeben haben, ein "VERKAUFT"-Schild an dem Duschtempel nicht gesehen zu haben, beziehen sich ihre Beobachtungen auf einen späteren Zeitpunkt und stehen daher den Bekundungen der Zeugen X, M und C nicht entgegen.

Nach allem war wie erkannt zu entscheiden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Entscheidung über die Rechtsanwendung auf den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer: 6.189,26 EUR.

Ende der Entscheidung

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