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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 22 U 99/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 362 Abs. 2
BGB § 398
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 826
ZPO § 836 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Streithelfers der Beklagten gegen das am 11. Mai 2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 7 O 376/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Streithelfer zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten und dem Streithelfer wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung rückständigen Mietzinses für den Monat November 2005.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein unitarisches Einheitsunternehmen nach russischem Recht. Der Präsident der russischen Föderation übertrug die Verwaltung des staatlichen Auslandseigentums an die selbständige Verwaltungseinheit "Verwaltung für die Angelegenheiten des Präsidenten der russischen Föderation" und ermächtigte diese zur Übertragung des Rechts zur wirtschaftlichen Verwaltung an ein unitarisches Unternehmen. Die "Verwaltung für die Angelegenheiten des Präsidenten der russischen Föderation" errichtete daraufhin durch Satzung die Klägerin in Form eines staatlichen unitarischen Unternehmens. Diese vermietete Räumlichkeiten auf dem Grundstück mit der postalischen Anschrift G-Straße 7 in ####1 L an die Beklagte zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von insgesamt 24.160,00 €. Als Eigentümer des Grundstückes ist im Grundbuch weiterhin die Russische Föderation eingetragen. Zu Gunsten der Klägerin wurde am 21.06.2007 ein Nießbrauch eingetragen, weitere Eintragungen zu Gunsten der Klägerin bestehen nicht.

Der Streithelfer der Beklagten betreibt aus dem vom Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 16.02.2001 -Az 28 Sch 23/99- für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch eines schwedischen Schiedsgerichtes die Zwangsvollstreckung gegen die Russische Föderation. Er erwirkte unter dem 22.09.2005 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Köln (Az.: 288 M 8259/05) in die Mietforderungen aus dem Mietvertrag der Klägerin mit der Beklagten. Die Beklagte zahlte daraufhin die Miete für November 2005 nicht an die Klägerin, sondern an den Beklagten; seit Dezember 2005 wird die Miete von der Beklagten hinterlegt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei nach russischem Recht eine eigenständige juristische Person, die nicht für angebliche Schulden der Russischen Föderation hafte. Sie hat behauptet, ihr sei durch die Russische Föderation bezüglich des Grundstückes G-Straße 7 das Recht auf wirtschaftliche Verwaltung übertragen worden. Sie hat ferner vorgetragen, dieses Recht sei mit dem deutschen Nießbrauchsrecht vergleichbar. Einer Eintragung des Rechtes bedürfe es zu seiner dinglichen Wirkung nicht. Da die Mietzinsforderungen ihr zustünden, gehe die Pfändung durch den Streithelfer "ins Leere". Die Beklagte sei durch die Zahlung an den Streithelfer daher nicht von ihrer Verpflichtung zur Mietzinszahlung für November 2005 frei geworden. Erstere sei auch nicht schutzwürdig gewesen, da hinreichend erkennbar gewesen sei, dass eine Identität zwischen der Klägerin und der Schuldnerin nicht bestehe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24.160,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.11.2005 zu zahlen.

Die Beklagte und deren Streithelfer haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Klägerin sei mit der russischen Föderation identisch. Es handele sich bei der Klägerin trotz einer eigenen Rechtspersönlichkeit lediglich um den verlängerten Arm der russischen Förderation, so dass der Streithelfer der Beklagten auch in das Vermögen der Klägerin vollstrecken könne. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, hindere dies eine Zwangsvollstreckung in die Mieteinnahmen nicht, da der Russischen Föderation nach russischem Recht für eine logische Sekunde die Mieteinnahmen zustünden, bevor sie zur wirtschaftlichen Verwaltung auf die Klägerin übergingen. Das Recht zur wirtschaftlichen Verwaltung lasse sich nicht mit dem deutschen Nießbrauchsrecht vergleichen. Insbesondere sei durch dessen -bestrittene- Übertragung kein dingliches Recht an dem in Deutschland gelegenen Grundstück entstanden. Die Klägerin müsse letztlich jedenfalls einen Durchgriff in die Mietforderungen gegen die Firma H Immobilien AG dulden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Hauptsache antragsgemäß verurteilt und die Klage nur bezüglich eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei durch die Zahlung an den Streithelfer nicht von der Verpflichtung zur Mietzinszahlung frei geworden. Denn die Klägerin sei nicht mit der Schuldnerin identisch; eine Haftung der Klägerin, die eigenes Vermögen bilden könne, für Verbindlichkeiten der Schuldnerin komme nicht in Betracht. Wegen der weiteren Begründung im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Streithelfer der Beklagten mit seiner Berufung.

Er rügt im wesentlichen, das Landgericht habe russisches Recht selbst geprüft, ohne die von ihm und der Beklagten angebotenen Beweise zu erheben. Es habe die besondere Rechtsnatur der Klägerin als russischem Unternehmen verkannt. Es habe zudem nicht hinreichend gewürdigt, dass die Klägerin selbst ebenso wie das von ihr verwaltete Immobilienvermögen im Eigentum der Schuldnerin stehe. Rechtlich und wirtschaftlich stünden die Mietzinseinnahmen nicht der Klägerin, sondern der Schuldnerin zu. Es handele es sich bei der Klägerin demnach praktisch nur um das fiskalisch handelnde Organ der Schuldnerin.

Die Beklagte hat sich an dem Berufungsverfahren nicht beteiligt.

Der Streithelfer der Beklagten beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 11.5.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu den Akten gereichten Urkunden verwiesen.

B.

I.

Die zulässige Berufung des Streithelfers der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur -erneuten- Zahlung des Mietzinses für den Monat November 2005 an die Klägerin verurteilt. Die Beklagte ist von ihrer sich aus dem Mietvertrag vom 15.12.2004 in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB ergebenden Verpflichtung zur Zahlung von 24.160,00 € für den Monat November 2005 nicht durch ihre Zahlung an den Streithelfer frei geworden. Durch diese Zahlung trat im Verhältnis zur Klägerin keine Erfüllung ein.

Zwar kann unter den Voraussetzungen des § 362 Abs. 2 BGB auch durch die Leistung an einen Dritten die Erfüllungswirkung eintreten, wenn dem Dritten an der Forderung ein Pfandrecht zusteht (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 66.Aufl. 2007, § 362 RN 4).

Dies war hier jedoch, wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat, nicht der Fall. Vielmehr ging die Pfändung des Streithelfers der Beklagten "ins Leere"; die Mietzinsforderung der Klägerin gegen die Beklagte konnte von der Pfändung nicht erfasst werden. Denn Inhaberin der Mietzinsforderung ist nicht die Schuldnerin des Titels, aus dem der Streithelfer der Beklagten vollstreckt, also die Russische Föderation, sondern die Klägerin.

Mit seinen Einwendungen gegen das Urteil vermag der Streithelfer nicht durchzudringen.

1.

Er kann sich zunächst nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin sei mit der Schuldnerin identisch, deshalb ergreife seine Pfändung wirksam auch die Mietzinsforderung aus dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag.

Denn bei der Klägerin handelt es sich aus folgenden Gründen um eine rechtsfähige juristische Person als selbständiger Rechtspersönlichkeit:

Über das Vorhandensein einer juristischen Person entscheidet das Personalstatut der Gesellschaft. Dies gilt sowohl für ihre Gründung einschließlich der Rechtslage der Gründungsgesellschaft als auch für die Haftung ihrer Gesellschafter (vgl. Palandt-Heldrich, BGB, 67.Aufl., (IPR) Anh zu EGBGB 12 RN 10,11). Nach dem Personalstatut beurteilen sich auch Beginn und Umfang der Rechtsfähigkeit im allgemeinen. Ist eine juristische Person im Ausland nach ihrem Personalstatut wirksam gegründet, besitzt sie die Rechtsfähigkeit auch im Inland, ohne dass es dafür einer besonderen Anerkennung bedarf Das gilt auch für juristische Personen öffentlichen Charakters (Palandt-Heldrich, aaO, RN 20). Sowohl nach Ziffern 1.1, 1.3., 1.7. der Satzung Stand 2005 (Bl. 46 GA) als auch nach Ziffern 1.6 und 1.8 der Satzung Stand 2000 (Bl. 166 GA) handelt es sich bei der Klägerin um eine nach russischem Recht gegründete juristische Person russischen Rechts. Die allgemeine Zulässigkeit der Gründung von Unitarischen Einheitsunternehmen ergibt sich aus dem ZGB, nämlich Art. 113,114, und dem UnitarUntG. Dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person handelt, bestreitet auch der Streithelfer der Beklagten nicht. Ob sich darüber hinaus nach russischem Recht die Rechtsfähigkeit der Klägerin auf Aufgaben nach dem hoheitlichen Satzungszweck beschränkt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn vorliegend bewegt sich die Klägerin bei der Vermietung des Objektes jedenfalls innerhalb der ihr satzungsgemäß übertragenen Aufgaben (vgl. jeweils die Ziffern 2 der Satzungen Bl. 47 und 167 GA). Da die Klägerin nach russischem Recht demnach eine eigene Rechtspersönlichkeit hat, d.h. rechtsfähig ist, ist sie ohne weiteres als Vermieterin der Liegenschaft Mietvertragspartner der H und damit nach dem anzuwendenden deutschen Recht auch Inhaberin der Forderungen.

2.

Der Streithelfer der Beklagten vermag sich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, die Mietzinsforderung habe gemäß Ziffer 3.5. der Satzung der Klägerin als Frucht der Nutzung des Grundstücks für eine logische Sekunde der Russischen Föderation gehört und sei erst dann nach russischem Recht, eingeschränkt auf das Recht auf wirtschaftliche Verwaltung, auf die Klägerin übergegangen, mit anderen Worten, die Inhaberschaft an der Forderung (das "Eigentum") sei nach russischem Recht -zunächst- unmittelbar bei der Schuldnerin entstanden und habe dort von ihm gepfändet werden können.

Denn mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Streithelfers der Beklagten wurden die schuldrechtlichen Forderungen der Klägerin aus dem Mietvertrag gepfändet. Bezüglich dieser Forderungen, insbesondere für deren Entstehung und Übertragung, gilt jedoch deutsches Recht, Art. 33 Abs. 2 EGBGB. Die Mietvertragsparteien haben ausweislich § 18 Ziffer 5 des Mietvertrages (Bl. 22 GA) ausdrücklich die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Deshalb kommt es darauf, ob der Schuldnerin nach russischem Recht gegen die Klägerin letztlich ein Anspruch auf die Abführung eines Gewinnsanteiles zusteht (so Gutachten T, Bl. 96 GA) oder ob sie nach russischem Recht sogar zunächst für eine logische Sekunde unmittelbar Inhaberin der Mietzinsforderung würde, nicht an. Nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht ist die Mietzinsforderung bei der Klägerin als Vermieterin entstanden, diese ist Inhaberin der Mietzinsforderung gegen ihren Mieter.

Anhaltspunkte dafür, dass die Forderung aufgrund eines nach den deutschen Gesetzen wirksamen Verfügungsgeschäftes im Sinne des § 398 BGB von der Klägerin wirksam an die Schuldnerin übertragen worden wäre, sind nicht ersichtlich und von den Parteien auch nicht vorgetragen worden.

3.

Eine Zwangsvollstreckung des Streithelfers der Beklagten in schuldnerfremdes Vermögen ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin ausnahmsweise zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet wäre.

a. Eine wirksame Anfechtung des Streithelfers nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes kommt nicht in Betracht.

Insbesondere liegt bezüglich der Mietzinsforderung nach den obigen Ausführungen schon keine "Übertragung" vor, die angefochten werden könnte: die Forderung ist bei der Klägerin entstanden; sie war und ist nach deutschem Recht (voll-)berechtigte Inhaberin der Mietzinsforderung als Vermieterin des Grundstücks.

Auf die Frage, ob eine Übertragung des Rechts auf wirtschaftliche Verwaltung angefochten werden könnte, kommt es deshalb nicht an. Ohnehin hätten aber sämtliche diesbezüglichen Rechtshandlungen zwischen russischen Staatsangehörigen in der Russischen Föderation stattgefunden. Für die Beurteilung einer Anfechtbarkeit derartiger Rechtshandlungen wäre nach den Grundsätzen des Internationalen (Zivil-)Rechts daher allein Russisches Recht und nicht das Anfechtungsgesetz als deutsches Recht maßgeblich.

b.

Der Streithelfer der Beklagten vermag sich auch nicht darauf zu berufen, zwischen der Klägerin und der Schuldnerin bestehe ein fremdnütziges Treuhandverhältnis. Denn nach den vorstehenden Ausführungen ist die Mietzinsforderung unmittelbar bei der Klägerin entstanden. Dementsprechend stand die Forderung gegen die Beklagte zu keinem Zeitpunkt der Schuldnerin zu und konnte somit auch nicht unmittelbar aus deren Vermögen treuhänderisch in das Vermögen der Klägerin übertragen werden. Grundsätzlich kommt jedoch nur unter dieser Voraussetzung eine Vollstreckung von Gläubigern des Treugebers in das dem Treuhänder zustehende Treugut in Betracht (vgl. BGH DNotZ 1993, 384). Soweit von diesem Grundsatz eine Ausnahme für den Fall gemacht wird, dass von dritter Seite Geld auf ein sogenanntes Anderkonto eingezahlt oder überwiesen wird, das offenkundig zu dem Zweck bestimmt ist, fremde Gelder zu verwalten (BGH NJW 1954, 190, 191), liegt diese Fallgestaltung hier ersichtlich nicht vor.

c.

Die Klägerin haftet auch nicht ausnahmsweise materiell-rechtlich für die gegen die Schuldnerin titulierte Forderung, weil ein Durchgriff auf das Vermögen der Klägerin wegen der Schulden der Russischen Föderation statthaft wäre.

Die Haftung der Organe der juristischen Person, insbesondere im Wege der Durchgriffshaftung, beurteilt sich ebenso wie die Frage der Rechtsfähigkeit der juristische Person nach dem Personalstatut (vgl. Palandt-Heldrich, BGB, 65.Aufl., Anh zu EGBGB 12 (IPR) RN 14; BGH NJW-RR 1995,766 ; BGH NJW 1992, 2026). Wie bereits vorstehend ausgeführt, bestimmt sich das Personalstatut der Klägerin jedoch nicht nach deutschem, sondern nach russischem Recht. Damit unterliegt auch die Frage, ob eine hier allein in Betracht kommende sogenannte "umgekehrte" Durchgriffshaftung, d.h. eine Haftung der Tochter für Verbindlichkeiten der Mutter, statthaft ist, dem russischen Recht. Nach Art. 113 Ziffer 5 ZGB (Bl. 131 GA) haftet die Klägerin jedoch nicht für die Schuldnerin, es sei denn in den Fällen, die im ZGB selbst oder in den Gründungsdokumenten des unitarischen Unternehmens vorgesehen sind (Art. 56 Abs. 3 ZGB, Bl. 128 GA).

Weder aufgrund der vorgelegten Gründungsdokumente der Klägerin noch nach den sonstigen zur Verfügung stehenden Quellen oder dem Sachvortrag der Parteien hat der Senat Anhaltspunkte dafür, dass eine Durchgriffshaftung auf das Vermögen der Klägerin nach russischem Recht in Betracht kommt. Hierauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen; die Parteien sind dem nicht entgegengetreten.

Denn auch nach russischem Recht ist eine juristische Person grundsätzlich selbständig und haftet nicht für die Verbindlichkeiten ihrer Muttergesellschaft/ihres Gründers. In den erkennbaren Fällen einer Durchgriffshaftung sind stets Sachverhalte betroffen, in denen die Tochter aufgrund von Handlungen des Gründers vermögenslos wird, vgl. Art. 56 Abs.3 ZGB. Hier liegt aber weder eine Vermögenslosigkeit der Klägerin noch etwa eine solche der Russischen Föderation als Schuldnerin des Streithelfers vor. Im Gegenteil ergibt sich bereits aus dem Parallelverfahren 22 U 98/07, OLG Köln , dass die Schuldnerin in der Bundesrepublik Deutschland über erhebliche Vermögenswerte in Form von Grundstücken verfügt, die dem Zugriff des Streithelfers unterliegen und in die er, wie aus der Entscheidung des Senats im Parallelverfahren -Az : 22 U 98/07 OLG Köln- folgt, auch vollstrecken kann.

Dass weitere Vermögenswerte der Schuldnerin aufgrund der Tatsache, dass sie hoheitlichen Aufgaben der Schuldnerin zu dienen bestimmt sind, der Vollstreckung durch den Beklagten entzogen sind, beruht nicht auf eigenen gläubigerbenachteiligenden Maßnahmen der Schuldnerin, sondern auf den nach Art. 25 GG maßgeblichen allgemeinen Regeln des Völkerrechts, wonach die Vollstreckung in derartige Vermögenswerte eines fremden Staates ohne seine Zustimmung wegen deren Vollstreckungsimmunität nicht zulässig ist (vgl. OLG Köln, NJOZ 2004, 788). Soweit der Streithelfer der Beklagten in seinem Schriftsatz vom 19.2.2008 zur Begründung seiner Rechtsauffassung anführt, dass seiner Auffassung nach ein Zugriff auf Vermögensgegenstände außerhalb des Staatsgebiets der Schuldnerin insbesondere aus zukünftigen Titeln nicht mehr möglich und erfolgreich sein wird, ist dies für die Entscheidung dieses Verfahrens unerheblich. Denn zum einen steht bereits schon nicht fest, ob der Streithelfer weitere Titel erlangen wird, zum anderen kann eine zukünftig nur möglicherweise eintretende Sachlage nicht zur Zulässigkeit einer Durchgriffshaftung in einem jetzt zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit führen.

Soweit sich der Streithelfer des weiteren auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Durchgriffshaftung bei der Einmann-GmbH beruft und meint, diese sei auf die vorliegende Fallkonstellation anwendbar, weil es sich um vergleichbare Sachverhalte handele, geht seine Argumentation insoweit fehl, als -worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung bereits ausdrücklich hingewiesen hat- für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Durchgriffshaftung nicht deutsches, sondern russisches Recht Anwendung findet. Darauf, ob eine Durchgriffshaftung nach den Grundsätzen deutschen Rechts in Betracht käme, kommt es daher nicht an. Selbst wenn man aber deutsches Recht für anwendbar hielte, käme auch dann eine Durchgriffshaftung nur für den Fall einer Vermögenslosigkeit der Schuldnerin in Betracht, von der jedoch nach den vorstehenden Ausführungen gerade nicht auszugehen ist.

d.

Die Klägerin haftet dem Streithelfer schließlich mit der Mietzinsforderung auch nicht gemäß §§ 823, 826 BGB, weil sie den Pfandgegenstand aufgrund einer unerlaubten Handlung erlangt hätte. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Russische Föderation die Rechtsfigur des Rechts auf wirtschaftliche Verwaltung und die Klägerin nur geschaffen hat, um den Streithelfer zu schädigen.

4.

Mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das Landgericht schließlich eine Schutzwürdigkeit der Beklagten verneint und eine Anwendung des § 836 Abs. 2 ZPO zugunsten der Beklagten abgelehnt. Denn allein angesichts der eindeutigen - von der Schuldnerin namensverschiedenen- Bezeichnung der Klägerin im Handelsregister und deren selbständiger Eintragung bestand durchaus Veranlassung für die Beklagte, die Identität ihrer Vertragspartnerin, der Klägerin, mit der Schuldnerin anzuzweifeln bzw. zu überprüfen. Allein auf die Rechtsauskunft des Instituts für Ostrecht durfte sie sich dabei nicht verlassen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Streithelfers vom 19.02.2008 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Weder hat die Rechtssache über die Entscheidung im Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 24.160,00 €

Ende der Entscheidung

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