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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: 23 WLw 6/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 767
ZPO § 775 Nr. 4
ZPO § 775 Nr. 5
ZPO § 887
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1.

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 14.04.2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Aachen vom 02.04.2004 (77 Lw 16/99) wird zurückgewiesen, soweit die Antragsteller mit dem Antrag zu 2.) die Ermächtigung zur Wiederherstellung der Zaundurchlässe sowie zur Zahlung eines Kostenvorschusses hierfür in Höhe von 858,40 EUR beantragen.

2.

Im übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben, soweit die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen worden sind, und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.

Gründe: I. Die Antragsteller betreiben die Vollstreckung gemäß § 887 ZPO aus dem Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts vom 15.09.2000 - 77 Lw 16/99 - (Bl. 135 ff. d.A.) hinsichtlich der folgenden drei Verpflichtungen, denen ein Anerkenntnis des Antragsgegners zugrundeliegt. Dieser ist insoweit verurteilt worden: - die an der Ausfahrt des Heustalles in Richtung Silo sowie die in Richtung Flurstück 28 im Zufahrtsbereich mit den Schleppern im Boden eingefahrenen ca. 30 cm tiefen Spurrillen zu beseitigen und mit Packware auszufüttern, - in den derzeit bestehenden Zaunanlagen des Betriebsgeländes die beseitigten Eichenzaunpfähle durch neue Eichenzaunpfähle zu ersetzen, - die Zaunanlage entlang der Güllebecken, beginnend von der Hofeinfahrt bis zu den beiden Garagenplätzen, durch neue Pfähle und neuen viergliedrigen Stacheldraht auszubessern. Wegen der erstinstanzlichen Anträge wird auf die Antragsschrift vom 14.10.2003 (Bl. 186 d.A.) und den Schriftsatz vom 15.12.2003 ( Bl. 212 f. d.A.) Bezug genommen. Der Antragsgegner hat eingewendet, er habe seine Verpflichtungen erfüllt. Das Amtsgericht hat zu der Frage, ob der Antragsgegner seine Verpflichtungen erfüllt hat, Beweis erhoben. Die Anträge zu 1.) und 2.) hat es mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsgegner habe seine Verpflichtungen erfüllt. Dem Antrag zu 3.) hat es mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Antragsgegner verpflichtet sei, die für die Maßnahme entstehenden voraussichtlichen Kosten in Höhe von 150,- EUR an die Antragsteller vorauszuzahlen; den Antrag auf weitergehenden Kostenvorschuss hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde beantragen die Antragsteller, den angefochtenen Beschluss teilweise abzuändern und 1. die Antragsteller zu ermächtigen, anstelle und auf Kosten des Antragsgegners auf dem landwirtschaftlichen Hof N 18 in xxxx T-W die an der Ausfahrt des Heustalles in Richtung Silo sowie die in Richtung Flurstück 28 im Zufahrtsbereich mit den Schleppern in den Boden eingefahrenen ca. 30 cm tiefen Spurrillen beseitigen und mit Packware ausfüttern zu lassen, und den Antragsgegner insoweit zur Zahlung eines Kostenvorschusses von 12.986,20 EUR an die Antragsteller zu verurteilen, 2. die Antragsteller zu ermächtigen, anstelle und auf Kosten des Antragsgegners die in den bestehenden Zaunanlagen des Betriebsgeländes beseitigten Eichenzaunpfähle durch neue Eichenzaunpfähle ersetzen zu lassen und den Antragsgegner insoweit zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 8.804,40 EUR zu verurteilen,

3. soweit im angefochtenen Beschluss eine Ermächtigung zur Ausbesserung der Zaunanlage entlang der Güllebecken ausgesprochen worden ist, den Antragsgegner zu verurteilen, über den vom Amtsgericht festgesetzten Kostenbetrag in Höhe von 150,- EUR hinaus zu verurteilen, an die Antragsteller insoweit einen weiteren Vorschuss von 4.413,44 EUR zu zahlen. Die Antragsteller machen im wesentlichen geltend, der Antragsgegner habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Außerdem sei der Erfüllungseinwand in dem Verfahren nach § 887 ZPO nicht zu berücksichtigen. Den hinsichtlich des Antrages zu 3.) zuerkannten Kostenvorschuss habe das Amtsgericht zu gering angesetzt; dabei habe es den von den Antragstellern gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens übergangen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist insofern überwiegend begründet, als der angefochtene Beschluss zum überwiegenden Teil aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist. Im Einzelnen gilt folgendes 1. Antrag bezüglich der Beseitigung der Spurrillen Zu Recht rügen die Antragsteller, dass der Erfüllungseinwand des Schuldners im Verfahren nach § 887 ZPO nicht zu beachten ist. Die Frage, ob in diesem Verfahren materiellrechtliche Einwände, insbesondere der Einwand der Erfüllung, erhoben werden können, ist umstritten. Die herrschende Meinung, insbesondere in der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln, geht dahin, dass der Einwand nur dann berücksichtigt werden darf, wenn er entweder unstreitig oder durch Urkunden im Sinne von § 775 Nr. 4 und 5 ZPO belegt ist; ansonsten wird der Schuldner auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO verwiesen (vgl. OLG Köln 2. Zivilsenat MDR 1988, 505; NJW-RR 1990, 1780; 19. Zivilsenat OLGR 1993, 30; 2002, 61; 20. Zivilsenat MDR 1989, 271; zu dem insoweit gleichgelagerten § 888 ZPO, 16. Zivilsenat OLGR 2004, 159; vgl. ferner Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 887 Rn. 15 und § 888 Rn. 20; anders lediglich OLG Köln 3. Zivilsenat OLGR 1995, 186, = NJW-RR 1996, 100). Dieser Auffassung folgt der Senat. Sie entspricht der Systematik des Vollstreckungsrechts. Wäre der Erfüllungseinwand zu berücksichtigen, so hätte es der Schuldner in der Hand, durch sein Vorbringen im Vollstreckungsverfahren eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich zu machen und damit die Vollstreckung zu verzögern. Die Antragsteller haben die Erfüllung bestritten. Der Antragsgegner kann sie auch nicht durch Urkunden gemäß § 775 Nr. 4 und 5 ZPO beweisen. Soweit das Amtsgericht Beweis erhoben hat, kommt eine Ausnahme von den dargelegten Grundsätzen schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beweisaufnahme jedenfalls an einem Verfahrensfehler leidet. Das Amtsgericht hat den von den Antragstellern für die Nichterfüllung der titulierten Verpflichtungen benannte und in dem Beweisbeschluss vom 28.01.2004 (Bl. 253 d.A.) aufgeführten Zeugen L, für den die Antragsteller den Auslagenvorschuss eingezahlt hatten, in dem Beweisaufnahmetermin vom 12.03.2004 nicht vernommen; dies hätte aber von dem rechtlichen Standpunkt des Amtsgerichts aus, das von der Erheblichkeit des Erfüllungseinwandes ausgegangen ist, erfolgen müssen, In der Beschwerdeerwiderung hat der Antragsgegner zudem eingewendet, die Anlage sei durch den neuen Pächter weitgehend umgewandelt und völlig neu gestaltet worden. Dies könnte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) erheblich sein; wenn die von den Antragstellern verlangten Maßnahmen sinn- und zwecklos geworden sein sollten, könnte ihr Erfüllungsverlangen treuwidrig sein. Aber dies wäre im vorliegenden Verfahren ebenfalls nur dann zu berücksichtigen, wenn die entsprechenden Umstände unstreitig wären. Das ist nicht der Fall. Die Antragsteller haben bestritten, dass durch die Umgestaltung der Anlage die von ihnen verlangten Maßnahmen betroffen wären und ihren Sinn verlören. 2. Ersetzung der beseitigten Eichenzaunpfähle in den bestehenden Zaunanlagen Auch insofern ist die sofortige Beschwerde überwiegend begründet.

a) Es könnten Bedenken bestehen, ob der Titel in diesem Punkt überhaupt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (dazu Thomas-Putzo, ZPO, 25. Aufl. Vorbemerkung § 704 Rn. 16 ff.; Zöller-Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 704 Rn. 4). Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch. Handlungen - wie hier - müssen in dem Titel möglichst konkret umschrieben werden. Allerdings können sie oft nur so bezeichnet werden, dass die verwendeten Begriffe richterlicher Wertung bedürfen, was grundsätzlich zulässig ist (vgl. Thomas-Putzo a.a.O. Rn. 20). Für die Auslegung der Urteilsformel ist die Heranziehung von Tatbestand und Urteilsgründen statthaft und geboten (vgl. BGHZ 122, 16, 18; OLG Köln NJW 1985, 274; Zöller-Stöber a.a.O.). Nach dem Tenor des Urteils vom 15.09.2000 ist der Antragsgegner verurteilt worden, "in den derzeit bestehenden Zaunanlagen des Betriebsgeländes die beseitigten Eichenzaunpfähle durch neue Eichenzaunpfähle zu ersetzen". Danach ist unklar, wieviele und welche Eichenzaunpfähle beseitigt worden und zu ersetzen sind. Die dadurch bestehenden Bedenken gegen die Bestimmtheit des Titels werden jedoch durch eine Auslegung anhand des Tatbestandes ausgeräumt. Zugrunde liegt der Klageantrag zu 26.). Mit diesem hatten die Antragsteller ursprünglich beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, "in den Zaunanlagen des Betriebsgeländes 400 beseitigte Eichenzaunpfähle durch neue Eichenzaunpfähle zu ersetzen" (Urteil S. 9 = Bl. 143 d.A.). Diesen Antrag haben die Antragsteller hinsichtlich eines ganz beseitigten Zaunes, der 120 Pfähle umfasste, für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und den Antrag im übrigen anerkannt (Urteil S. 9 = Bl. 145 d.A.; dies entspricht auch dem Verhandlungsprotokoll vom 18.08.2000, S. 6 = Bl. 127 d.A.). Damit ist der Titel hinreichend bestimmt; für die Vollstreckbarkeit reicht es aus, dass die Zahl der zu ersetzenden Pfähle feststeht. b) Für den Antrag nach § 887 ZPO ist ferner erforderlich, dass die in dem Antrag begehrte Handlung so genau bezeichnet wird, wie es bei den Titeln erforderlich ist (vgl. Thomas-Putzo § 887 Rn. 5; ferner Zöller-Stöber § 887 Rn. 4 jeweils m.w.N.). Die ursprüngliche Fassung des Antrages zu 2.) genügte diesen Anforderungen nicht, da die Zahl der zu ersetzenden Eichenzaunpfähle nicht angegeben worden ist. In der Beschwerdebegründung haben die Antragsteller die zu ersetzenden Pfähle hinsichtlich der Lage und der Anzahl konkretisiert (Beschwerdebegründung vom 03.06.2004 S. 10 f. = Bl. 335 f. d.A.). Danach sollen insgesamt 275 Pfähle ersetzt werden. Dies hält sich im Rahmen des Titels, so dass gegen den Antrag unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit keine Bedenken bestehen. c) Unbegründet ist der Antrag allerdings insoweit, als die Antragsteller auch die Wiederherstellung der Zaundurchlässe geltend machen und insoweit einen Kostenvorschuss von 858,40 EUR begehren (Beschwerdebegründung S. 8 f. = Bl. 333 f. d.A.). Sie verweisen zur Begründung darauf, dass der Antragsgegner ursprünglich angekündigt habe, die Pfähle so zu erneuern, wie es nötig sei (Bl. 57 d.A.). Im Ortstermin vom 19.01.2000 habe er erklärt, er werde die Zaunpfähle antragsgemäß ersetzen (Bl. 88 d.A.). Im Termin vom 18.08.2000 (Protokoll Bl. 127 d.A.) sei unstreitig geworden, dass bei den stehenden Zäunen die notwendigen Ausbesserungen durchgeführt werden müssten. Hinsichtlich der übrigen Zäune seien die Parteien übereingekommen, dass bei Pachtende der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden sollte. So sei auch das Anerkenntnis zu verstehen. Bei Pachtende habe der gesamte Zaun wieder ordnungsgemäß errichtet werden sollen, wobei es auf die Zahl der Pfähle dabei nicht habe entscheidend ankommen sollen. Diese Auslegung trifft nicht zu. Selbst wenn man hierzu - wogegen Bedenken bestehen (vgl. Zöller -Stöber § 704 Rn. 5) - den Inhalt des Protokolls heranzieht, lässt sich nicht herleiten, dass die titulierte Verpflichtung auch die Wiederherstellung der Zaundurchlässe umfasst. Nach dem Inhalt des Titels ist der Antragsgegner lediglich verpflichtet, die in den "derzeit", d.h. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, bestehenden Zaunanlagen beseitigten Eichenzaunpfähle zu ersetzen, und zwar begrenzt auf eine Anzahl von 280 Stück. Die Erklärung, den Zaun ordnungsgemäß wiederherzustellen, bezog sich dagegen auf den 120 Pfähle umfassenden beseitigten Zaun ("entfernten Zaun"), in Bezug auf den die Klage für erledigt erklärt worden ist. Das Anerkenntnis ist nicht auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bei Pachtende gerichtet, sondern allein auf die der in den Zaunanlagen beseitigten Eichenzaunpfähle. Dem Antrag kann daher nur stattgegeben werden, soweit er sich auf die Ersetzung von 275 Pfählen beschränkt. d) Für den auch gegenüber dem Antrag zu 2.) vorgebrachten Einwand des Antragsgegners, er habe seine Verpflichtung erfüllt und das Verlangen der Antragsgegner sei infolge der Umgestaltung durch den neuen Pächter sinnlos geworden, gilt das gleiche wie im Hinblick auf den Antrag zu 1.). Da die Antragsteller dieses Vorbringen bestritten haben, kann es im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht berücksichtigt werden. 3. Verpflichtung zur Ausbesserung der Zaunanlage entlang des Güllebeckens Das Amtsgericht hat dem Antrag auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme zu Recht stattgegeben. Begründet ist die Beschwerde allerdings insoweit, als das Amtsgericht den Kostenvorschuss lediglich auf 150,- EUR festgesetzt hat. Die Antragsteller machen zu Recht geltend, dass das Amtsgericht zur Höhe des Kostenvorschusses den von ihnen angetretenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte erheben müssen (vgl. BGH NJW 1993, 1394, 1395). Davon hätte das Amtsgericht nur abweichen dürfen, wenn es dargelegt hätte, dass es aufgrund eigener Sachkunde zur Schätzung des Kostenvorschusses in der Lage sei. Daran fehlt es. 4. Die Sache ist - auch in Bezug auf die Anträge zu 1.) und 2.) - noch nicht entscheidungsreif, da zur Höhe des Kostenvorschusses Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben ist. Im Hinblick hierauf erscheint es dem Senat sachgerecht, die Entscheidung des Amtsgerichts, soweit die Anträge zurückgewiesen worden sind und die sofortige Beschwerde nicht unbegründet ist, aufzuheben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der erforderliche Verfahrensmangel (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 1086; KG NJW 1982, 2327) ist zu bejahen. Er liegt in Bezug auf die Anträge zu 1.) und 2.) darin, dass das Amtsgericht verfahrenswidrig den Einwand der Erfüllung im Rahmen des § 887 ZPO berücksichtigt hat. Hinsichtlich des Antrages zu 3.) ist der Verfahrensfehler darin zu sehen, dass es bei der Festsetzung des Kostenvorschusses den von den Antragstellern angetretenen Beweis übergangen hat. Beschwerdewert: 26.204,04 EUR (12.986,20 EUR, 8.804,40 EUR, 4.413,44 EUR)

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