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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 23 WLw 6/06
Rechtsgebiete: ZVG, GrdstVG, LwVG


Vorschriften:

ZVG § 180
GrdstVG §§ 13 ff.
GrdstVG § 13 Abs. 1
GrdstVG § 13 Abs. 1 Satz 2
GrdstVG § 14 Abs. 1
GrdstVG § 15 Abs. 1
GrdstVG § 16
LwVG § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Euskirchen vom 29.06.2006 gemäß Ausfertigungen: vom 30.06.2006 - 16 Lw 54/02 - wird zurückgewiesen.

2.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und die im Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten trägt der Antragsteller.

Gründe:

I.

Die Parteien sind gemeinsam mit ihrer Schwester N C Erben zu je 1/3 Anteil nach ihrer am 28.03.1996 verstorbenen Mutter L I zu 1/3. Zum Nachlass der Mutter gehörten landwirtschaftlich genutzte Flächen in einer Größe von insgesamt 8.21.24 Hektar nebst einem Bauernhaus sowie landwirtschaftlich nutzbarer Stallungen und Nebengebäude. Durch Bescheid des Finanzamtes vom 05.09.1972 wurde der Einheitswert für die Gebäude und Flächen mit 5.700,00 DM, der Wirtschaftswert mit 3.921,00 DM festgesetzt. Bis zu seinem Tode im Jahre 1963 hatte der Ehemann der Erblasserin und Vater der Parteien, der in den im Eigentum der Mutter stehenden Hof "eingeheiratet" hatte, diesen ohne Zupachtung weiterer Flächen als landwirtschaftlichen Betrieb geführt. Nach dem Tode des Vaters hatte die Erblasserin den Betrieb unter Hilfe ihrer Kinder zunächst weitergeführt. Später, vermutlich 1978, pachtete der Antragsteller die Flächen und Gebäude an. In den folgenden Jahren erwarb er im eigenen Namen weitere landwirtschaftliche Flächen und pachtete im eigenen Namen weitere Flächen an. Zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin hatte der von ihm geführte Betrieb eine Größe von 32.34.00 Hektar. Der Antragsteller betrieb im wesentlichen Mutterkuhhaltung und Schweinemast. Hauptberuflich war er Postbeamter; den landwirtschaftlichen Betrieb führte er im Nebenerwerb. Auf einer ihm von der Mutter zum Alleineigentum überlassenen Parzelle neben dem alten Bauernhaus baute er vor Jahren ein Mehrfamilienhaus auf, in dem er und seine Kinder wohnen. Inzwischen hat der Antragsteller den Erbanteil seiner Schwester N C erworben. Eine Einigung über den Erwerb des Anteils der Antragsgegnerin am Nachlass konnte zwischen den Parteien nicht erzielt werden. Die Antragsgegnerin betreibt die Auseinandersetzungsversteigerung nach § 180 ZVG vor dem Amtsgericht Schleiden. Der Antragsteller hat beantragt, ihm die zum Nachlass gehörenden Parzellen nach §§ 13 ff. GrdstVG zuzuweisen.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Es könne dahinstehen, ob das Anwesen zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin angesichts der Baufälligkeit des alten Bauernhauses noch mit einer geeigneten Hofstelle versehen gewesen sei. Eine Zuweisung sei jedenfalls nicht zulässig, weil die Erträge aus dem Betrieb nicht im wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichten. Bei der Beurteilung sei allein auf den ursprünglichen Betrieb, den der Antragsteller seinerzeit angepachtet habe, nicht auf die von ihm zugepachteten oder erworbenen Flächen abzustellen. Der zuletzt festgestellte Wirtschaftswert von 3.921,00 DM liege aber weit unter der Wertgrenze von 5.000,00 €, die der Gesetzgeber in der Höfeordnung als Untergrenze für die Anerkennung der Erhaltungswürdigkeit eines Hofes festgesetzt habe. Werde diese Wertgrenze unterschritten, sei auch die Zuweisungsfähigkeit nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu verneinen.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Das alte Bauernhaus, das die Erblasserin bis 1995 bewohnt habe, habe sich zum Zeitpunkt ihres Todes zwar in einem schlechten baulichen Zustand befunden; er sei aber nicht so schlecht gewesen, dass er als dauerhaft hätte angesehen werden müssen. Die Erträge aus dem landwirtschaftlichen Betrieb reichten entgegen der Auffassung des Landwirtschaftsgerichts im wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie aus. Im Jahre 1996 habe er aus dem landwirtschaftlichen Betrieb einen Gewinn von 40.580,15 DM erzielt. Dieser Gewinn sei in Relation zu setzen zu der vorhandenen gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des Antragstellers. Es sei nicht nur auf den ursprünglichen, von der Erblasserin herrührenden Betrieb mit einer Fläche von 8.21.24 Hektar abzustellen. Zu berücksichtigen sei auch die beim Erbfall vorhandene Eigentumsfläche des Antragstellers selber, da diese dem Betrieb dauerhaft zur Bewirtschaftung und damit zur Erzielung von Einkünften zur Verfügung gestanden habe. Ferner seien für die Ermittlung der Betriebserträge die Pachtflächen mit zu berücksichtigen. Maßgeblich sei, ob gesichert erscheine, dass entweder das zugepachtete oder sonst gleichwertiges Pachtland zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehe. Sinn und Zweck des gerichtlichen Zuweisungsverfahrens sei es, zu verhindern, dass ein wirtschaftlich gesunder, allerdings einer Erbengemeinschaft gehörender wirtschaftlicher Betrieb durch eine Auseinandersetzung geteilt und die bäuerliche Existenz hierdurch vernichtet werde. Der Betrieb der Erblasserin sei der Grundstock und das Herzstück der landwirtschaftlichen Betätigung des Beschwerdeführers. Auf diesem Grundstock habe er durch Zukauf und Zupacht von landwirtschaftlichen Nutzflächen sowie durch Modernisierung seinen jetzigen landwirtschaftlichen Betrieb begründet. Aufgrund der überhöhten Vorstellungen der Antragsgegnerin über die Höhe einer vom Antragsteller zu leistenden Abfindung drohe nunmehr die landwirtschaftliche Existenz des Antragstellers und seiner Familie durch eine Erbauseinandersetzung vernichtet zu werden.

Der Antragsteller beantragt,

dem Beschwerdeführer unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Euskirchen vom 30.06.2006, zugestellt am 05.07.2006, Az. 16 Lw 54/02, die auf seine am 28.03.1996 verstorbene Mutter L I, geborene M, eingetragenen Teilflächen des landwirtschaftlichen Betriebes F-Straße 21 in ##### O-I,

- Gemarkung C Flur 2 Flurstück 14/1

- Gemarkung I Flur 1 Flurstück 49

- Gemarkung I Flur 2 Flurstück 41

- Gemarkung I Flur 2 Flurstück 43

- Gemarkung I Flur 2 Flurstück 85

- Gemarkung I Flur 2 Flurstück 128

- Gemarkung I Flur 4 Flurstück 47

- Gemarkung I Flur 4 Flurstück 89/2

- Gemarkung I Flur 4 Flurstück 169/2

- Gemarkung I Flur 4 Flurstück 323

- Gemarkung I Flur 4 Flurstück 438

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 42

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 60

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 70

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 114

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 117

- Gemarkung I Flur 6 Flurstück 141

mit der Hofstelle F-Straße 21 in ##### O-I einschließlich des zur Zeit des Erbfalles zum Betrieb gehörenden Zubehörs im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes zu Alleineigentum zu übertragen und zugleich die Abfindung gemäß § 16 des Grundstücksverkehrsgesetzes nach dem Ertragswert festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller verkenne, dass es darauf ankomme, ob und welche Grundstücke zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin gehörten und ob diese Grundstücke zu einem Betrieb gehörten, der mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle versehen sei und dessen Erträge zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichten. Nur solche Pachtverträge könnten Berücksichtigung finden, die von der Erblasserin selbst geschlossen worden seien. Entgegen der Darstellung des Antragstellers fehle es bereits an einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle. Das ursprüngliche Wohnhaus, in dem die Erblasserin gelebt habe, sei unbewohnt gewesen und habe sich in einem maroden und sehr schlechten baulichen Zustand befunden. Dass der Antragsteller 1996 aus dem landwirtschaftlichen Betrieb einen Gewinn von 40.580,15 DM erzielt habe, werde bestritten. Jedenfalls dürfe ohnehin nur ein Gewinnanteil Berücksichtigung finden, welcher der Größe der im Eigentum der Erbengemeinschaft stehenden Fläche in Höhe von 8.21.24 Hektar entspreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die nach § 22 LwVG statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landwirtschaftsgericht hat den Zuweisungsantrag zu Recht und mit im Kern zutreffender Begründung zurückgewiesen.

1.

§ 13 Abs. 1 GrdstVG bestimmt, dass dann, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb einer durch gesetzliche Erbfolge entstandenen Erbengemeinschaft gehört, das Gericht auf Antrag eines Miterben die Gesamtheit der Grundstücke, aus denen der Betrieb besteht, ungeteilt einem Miterben zuweisen kann. Grundlegende Zuweisungsvoraussetzung ist nach § 14 Abs. 1 GrdstVG, dass der Betrieb mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle versehen ist und seine Erträge ohne Rücksicht auf die privat-rechtlichen Belastungen im wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familien ausreichen. Nach § 15 Abs. 1 GrdstVG ist der Betrieb dem Miterben zuzuweisen, dem er nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers zugedacht war.

Die Einführung des Zuweisungsverfahrens hat der Gesetzgeber nach dem Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt begründet (BT-Drs 3/2635, S. 3, abgedruckt in Wöhrmann, GrdstVG, 1963, Vorbemerkung zu § 13 Rdn. 7):

" Die Auseinandersetzung der Miterben über einen einer Erbengemeinschaft gehörenden Hof führt oft zur Aufteilung eines gesunden Betriebes in eine Vielzahl kleiner Ackerstücke. Eine solche Art Aufteilung ist nicht nur meist unwirtschaftlich, weil sie den wirtschaftlichen Wert des Betriebes vermindert, sondern auch agrarpolitisch unerwünscht, weil sie eine selbständige Wirtschaftseinheit zerstört und häufig sogar die Ergebnisse einer Flurbereinigung wieder zunichte macht. Ein generelles Teilungsverbot würde andererseits wirtschaftliche Nachteile nicht ausschließen, sondern nur dazu führen, dass die Bewirtschaftung durch den Erblasser in eine Bewirtschaftung übergeht, bei der eine Mehrheit von Personen, die oft nicht alle genügende landwirtschaftliche Kenntnisse und Erfahrung besitzen, über die Nutzung eines Betriebes zu entscheiden hat".

Sinn und Zweck des Zuweisungsverfahrens ist es also, durch Zuweisung an einen der Miterben leistungsfähige Höfe in ihrer Gesamtheit in bäuerlichen Familien zu erhalten und nicht der Zerschlagung oder unwirtschaftlicher Verkleinerung durch Teilung auszusetzen (vgl. etwa OLG München AgrarR 1995, 56 = RdL 1995, 50; Wöhrmann a. a. O. Rdn. 5 ff.; Netz, GrdstVG, 2002, Seite 592 f. jeweils m. w. N.). Dem liegt der gleiche Gedanke wie der Höfeordnung zugrunde (BGHZ 13, 154, 159 = RdL 1954, 225).

2.

Die Parteien streiten darüber, ob zum einen die Zuweisungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 GrdstVG erfüllt sind und ob zum anderen der Betrieb nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Erblasserin dem Antragsteller zugedacht war (§ 15 Abs. 1 GrdstVG). Auf letzteres kommt es nicht an, weil schon die Zuweisungsvoraussetzungen nicht vorliegen.

a)

§ 14 Abs. 1 GrdstVG verlangt zunächst, dass der zuzuweisende landwirtschaftliche Betrieb mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle versehen ist. Schon dies erscheint zumindest zweifelhaft. Unter Hofstelle ist eine mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden bebaute Fläche zu verstehen, von der aus die Bewirtschaftung der zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefassten Ländereien erfolgt und die den Mittelpunkt der Wirtschaft bildet (BGHZ 8, 109, 115 = RdL 1953, 16; RdL 1957, 43, 44; OLG Koblenz AgrarR 1988, 45). Auch rechtlich muss die Hofstelle mit den Ländereien eine Einheit bilden, also Eigentum des Erblassers bzw. der Erbengemeinschaft sein (OLG Koblenz a. a. O.; OLG Stuttgart, AgrarR 1987, 201, 202; Netz, Seite 616; Wöhrmann, § 14 Rdn. 3 ff.; Lange, GrdstVG, 1962, § 14 Anm. 2). Maßgebender Zeitpunkt hierfür ist, wie für die Zuweisungsvoraussetzungen im übrigen, der des Erbfalles (OLG Koblenz und OLG Stuttgart a. a. O.; Netz, Seite 644). Danach sind die Zuweisungsvoraussetzungen nicht gegeben, wenn die alte Hofstelle überaltert und unmodern gewesen ist und der Antragsteller den landwirtschaftlichen Betrieb mit Wirtschaftsgebäuden betreibt, die er auf einem eigenen Grundstück außerhalb der Hofstelle errichtet hat; ebenso sind Wohngebäude nicht zu berücksichtigen, die er außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebsstellen auf eigenem Grund erbaut hat (vgl. OLG Koblenz a. a. O.). Hier hat der Antragsteller das von ihm und von seiner Familie bewohnte Wohnhaus auf einer Parzelle errichtet, die ihm von der Erblasserin 1976 zu Alleineigentum übertragen worden ist. Damit fehlt es insoweit bereits an dem notwendigen Erfordernis des Eigentums der Erbengemeinschaft an einem wesentlichen Teil der Hofstelle, nämlich dem Wohngebäude.

Abgestellt werden kann daher nur auf das alte Wohngebäude (Bauernhaus), welches von der Erblasserin bis ein Jahr vor ihrem Tod bewohnt worden ist. Der Antragsteller trägt hierzu in der Beschwerdebegründung vor, es sei unerheblich, dass das Wohngebäude zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin unbewohnt gewesen sei oder sich in einem schlechten baulichen Zustand befunden habe. Es sei zu diesem Zeitpunkt auch nach fast einjährigem Leerstand weder unbenutzbar noch in einem so schlechten Zustand gewesen, dass dieser als dauerhaft anzusehen gewesen wäre. Dies steht allerdings im Widerspruch zu der von ihm selbst verfassten "Legende" zum Lageplan Bl. 58 d. A.; dort wird das Haus als "baufälliges und unbewohnbares Fachwerkhaus" bezeichnet. Der vom Landwirtschaftsgericht mit der Erstellung eines Wertgutachtens beauftragte Sachverständige P hat in seinem Gutachten vom 28.8.2003 (Bl. 165 ff. d.A.) dem Wohnhaus zum Stichtag 28.03.1996 sowohl bei der Sachwert- als auch bei der Ertragswertermittlung keinen Wert beigemessen (S. 96 und 109 = Bl. 260 und 273 d. A.). Der Sachverständige hat das Wohngebäude dort ebenfalls als baufällig bezeichnet.

Eine Hofstelle verliert durch die Stilllegung alleine zwar noch nicht ihre Eigenschaft als zur Landwirtschaft gehörig; anders ist es jedoch, wenn infolge der Stilllegung ein Verfall der Gebäude in erheblichem Umfange eingetreten und für längere Zeit mit dem Fortbestand eines solchen Zustandes zu rechnen ist (BGH RdL 1953, 109; ferner BGH RdL 1957, 43, 44; OLG Celle RdL 1957, 323; Lange, § 14 Anm. 2; Netz, Seite 645; Wöhrmann, § 14 Rdn. 6). Das Landwirtschaftsgericht hat in seinem Hinweisbeschluss vom 21.04.2004 (Bl. 317 f. d. A.) die Baufälligkeit des Wohnhauses deswegen als unerheblich angesehen, weil der Antragsteller dargelegt habe, dass er durch die Art der Bewirtschaftung und die intensive Selbstvermarktung erhebliche Einkünfte erziele, so dass er in der Lage wäre, das alte Bauernhaus wieder bewohnbar zu machen. Abgesehen davon, dass eine derartige ernsthafte Absicht des Antragstellers nicht zu erkennen ist, müsste er in der Lage sein, sie auch rechtlich zu verwirklichen. Dem steht jedoch entgegen, dass das Bauernhaus im Eigentum der Erbengemeinschaft steht, d. h. zur Zeit im Eigentum der beiden Parteien, wobei der Antragsteller nach Übertragung des Erbanteils der anderen Schwester auf ihn 2/3 des Erbes innehat. Gegen den Willen eines Mitglieds der Erbengemeinschaft könnte nach §§ 2038, 745 Abs. 1 BGB die Wiederherstellung des Wohngebäudes mit Stimmenmehrheit nur dann beschlossen werden, wenn es sich um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung handelte. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Maßnahme würde ausschließlich dem Interesse des Antragstellers dienen und daher nicht unter § 745 Abs. 2 BGB fallen (vgl. OLG Stuttgart, AgrarR 1987, 201; demgegenüber lassen Bendel, AgrarR 1987, 203 und Netz, Seite 645, - unzutreffend eine Mehrheitsentscheidung ausreichen. Nach alledem dürfte schon das Erfordernis einer Hofstelle zu verneinen sein.

b)

Dies kann letztlich jedoch auf sich beruhen, weil auch das weitere Erfordernis des § 14 Abs. 1 GrdstVG nicht erfüllt ist, nämlich dass die Erträge im wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichen.

aa)

Für die Beurteilung ist allein auf die Betriebsteile abzustellen, die im Eigentum der Erblasserin standen. Die Annahme des Antragstellers, auch die Flächen seien mit zu berücksichtigen, die er im eigenen Namen hinzugepachtet oder zu Eigentum erworben habe, trifft nicht zu. Der Antragsteller will seine Auffassung mit § 14 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG begründen. Danach sind Erträge aus zugepachtetem Land insoweit als Erträge des Betriebes anzusehen, als es gesichert erscheint, dass das zugepachtete Land oder anderes gleichwertiges Pachtland dem Erwerber zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen wird. Als zugepachtetes Land ist jedoch nur Land zu verstehen, das bereits vom Erblasser gepachtet worden ist, so dass nach dem Erbfall die Erbengemeinschaft in den Pachtvertrag eintritt (vgl. Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, 1963, §§ 13 - 15 Rdn. 27; Lange, § 14 Anm. 7 a. E.). Der Gesetzgeber hat die Einbeziehung der Erträge aus ständig genutztem Pachtland damit gerechtfertigt, dass der Umfang der Wirtschaftsgebäude und des Inventars wesentlich durch das Pachtland mitbestimmt sein könne; es werde also damit auf die natürlichen Eigenschaften der Besitzung Bezug genommen (BT-Drs 3/119, S. 24). Wie bereits ausgeführt, muss der Wirtschaftsbetrieb der Erbengemeinschaft gehören. Voraussetzung ist, dass diejenigen Gegenstände, die der Erbengemeinschaft sachenrechtlich gehören, einen landwirtschaftlichen Betrieb (Rumpfbetrieb) ausmachen (Vorwerk/von Spreckelsen, § 13 - 15, Rdn. 32). Von daher versteht es sich von selbst, dass nur Erträge aus Ländereien berücksichtigt werden können, die im Verfügungsrecht der Erbengemeinschaft stehen, sei es als Eigentümerin oder als Pächterin. Der Antragsteller versteht den Zweck des Zuweisungsverfahrens zu weit. Es geht nicht generell darum, einen funktionierenden landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten. Voraussetzung ist, dass dieser Betrieb der Erbengemeinschaft gehört. Der Umstand, dass der Antragsteller den landwirtschaftlichen Betrieb der Mutter nach dessen Übernahme erweitert hat, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Dabei mag dahinstehen, ob der ursprüngliche Betrieb der "Grundstock" oder das "Herzstück" des jetzigen Betriebes darstellt. Der Fall kann nicht anders liegen, als wenn der Antragsteller zu einem bereits vorhandenen Betrieb den Betrieb der Mutter hinzugepachtet hätte. Selbst wenn hierdurch wirtschaftlich gesehen ein einheitlicher Betrieb entsteht, können für die Beurteilung, ob der Unterhalt einer bäuerlichen Familie ausreichend gesichert ist, nur die Erträge herangezogen werden, die auf die Betriebsteile entfallen, die der Erbengemeinschaft als Eigentümerin oder Pächterin gehören. Dass der Gesichtspunkt der Erhaltung eines funktionierenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein maßgebend ist, zeigt sich auch daran, dass dieser nicht erhalten wird, wenn der Erblasser eine anderweitige Zuweisungsbestimmung nach § 15 Abs. 1 GrdstVG vornimmt.

bb)

Der Betrieb muss, wenn er zuweisungsfähig sein soll, in der Lage sein, aus seinen Erträgen eine bäuerliche Familie im wesentlichen zu unterhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der in Frage kommende Betrieb gerade die Familie des Bewerbers ernähren kann; vielmehr verlangt das Gesetz, dass der Betrieb allgemein geeignet ist, eine bäuerliche Familie, also eine Durchschnittsfamilie im wesentlichen zu unterhalten (Wöhrmann, § 14 Rdn. 16). Als durchschnittliche Familie wird überwiegend ein bäuerliches Ehepaar mit jedenfalls zwei minderjährigen Kindern angesehen (OLG Koblenz, AgrarR 1988, 45, 47; OLG München, AgrarR 1995, 56, 57; Netz, Seite 648; weitergehend Wöhrmann, § 14 Rdn. 16: etwa 6 Personen). Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen; abzustellen ist auf die Einnahmen, die bei durchschnittlichen Fähigkeiten des Betreibers erzielt werden können (Wöhrmann, § 14 Rdn. 17). Ob ein - wie hier vorliegender - landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb überhaupt zuweisungsfähig ist, erscheint zumindest zweifelhaft (offenlassend OLG München AgrarR 1995, 56). In der Regel dürfte die Zuweisung eines solchen Betriebs nicht zulässig sein (so Lange, § 14 Anm. 3). Er kann jedenfalls dann nicht zugewiesen werden, wenn die Erträge erheblich unter den Regelsätzen nach dem Bundessozialhilfegesetz liegen (so OLG München, a. a. O.: 944,00 DM monatlich im Jahre 1994).

Nach diesen Maßstäben unterliegt es keinem Zweifel, dass die Erträge aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Erblasserin im Zeitpunkt des Erbfalles im wesentlichen zum Unterhalt einer bäuerlichen Familie nicht ausreichten. Legt man den vom Antragsteller angegebenen Gewinn aus dem Gesamtbetrieb von 40.580,15 DM zugrunde, so entfällt hieraus auf die der Erbengemeinschaft gehörenden Betriebsteile ein Anteil von 25,4 % (8.21.24 Hektar zu 32.34.00 Hektar), das sind 10.307,36 DM. Dies macht monatlich einen Ertrag von 859,00 DM aus, der unter dem damaligen Sozialhilfeniveau liegt (vgl. OLG München a. a. O.). Für den Antragsteller noch ungünstiger sieht es aus, wenn man auf den von dem Sachverständigen P für die Ermittlung des Ertragswertes zugrunde gelegten Reinertrag abstellt. Dieser war negativ; der Sachverständige hat deshalb nach der Nettopachtmethode einen Reinertrag von 1.461,00 € pro Jahr angesetzt (Gutachten S. 106 f. = Bl. 270 f. d. A.). Das Landwirtschaftsgericht hat auf den zuletzt festgestellten Einheitswert (Bescheid vom 05.09.1972, Bl. 130 d. A.) abgehoben, wonach der Wirtschaftswert lediglich 3.129,00 DM = 2.004,78 € betrug. Zwar kann die vom Landwirtschaftsgericht zum Vergleich herangezogene Wertgrenze von 10.000,00 DM, die § 1 Abs. 1 Höfeordnung als Untergrenze für die Anerkennung eines Hofes vorsieht, im Rahmen des § 14 Abs. 1 GrdstVG nicht unmittelbar gelten. Vor dem Hintergrund der vom Antragsteller selbst dargestellten Ertragsverhältnisse belegt dies jedoch, dass die landwirtschaftliche Besitzung nicht zuweisungsfähig ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 LwVG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Gegenstandswert: 62.000,00 €

Ende der Entscheidung

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