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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.07.2002
Aktenzeichen: 24 U 49/02
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 17 a
GVG § 17 a Abs. 5
GVG § 17 a Abs. 2 Satz 3
ArbGG § 5 Abs. 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 49/02

Anlage zum Protokoll vom 23.07.2002

Verkündet am 23.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Hahn, den Richter am Oberlandesgericht Müller und den Richter am Landgericht Schwill

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 7. Februar 2002 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 474/01 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die beklagte Heilsarmee ist eine anerkannte Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts. Im Jahre 1975 meldeten sich die klagenden Eheleute bei ihr für den Offiziersdienst. Sie unterzeichneten ein von der Beklagten erstelltes Formular einer "Verpflichtungserklärung" (Blatt 117 ff. d. A.), das einen Fragenkatalog sowie Verhaltensmaßregeln, unter anderem strikte Anweisungen für die Partnersuche mit dem Vorbehalt der Genehmigung von Verlöbnis und Eheschließung, enthält.

In Ziffer 2 a des Vordrucks findet sich folgende - von den Beklagten mit "ja" beantwortete - Frage:

"Ist Ihnen klar, und sind Sie damit einverstanden, dass Sie als angehender Offizier sich dem Werk der Heilsarmee weihen, dass Sie nicht "angestellt" sind, dass Sie kein Anrecht auf irgendein "Gehalt" haben, dass kein Arbeitsvertrag besteht und dass, was immer auch Ihr zukünftiger Rang oder Dienst in der Heilsarmee sein mag, Ihre Stellung, solange Sie in der Armee bleiben, die eines freiwilligen Mitarbeiters in der Arbeit der Armee für Gott sein wird, ohne Anspruch auf irgendeine andere Belohnung als die des Wohlgefallens Gottes und der Befriedigung, die die Arbeit selbst Ihnen bringt?"

Hinzugefügt ist die "Anmerkung":

"Ungeachtet des in Frage 2 dargelegten Verhältnisses und ohne dasselbe abzuändern, wird, weil es augenscheinlich ist, dass ein Offizier seine Arbeit ohne Unterhalt nicht tun kann, soweit wie möglich, die folgende Regel in Anwendung gebracht, jedoch ausdrücklich bedingt durch den vorerwähnten Umstand und die in Frage 3 erwähnten Vorkehrungen bezüglich der Beiträge zum "Pensionsfonds der Heilsarmeeoffiziere" und des Abzuges der darin erwähnten 2 1/2 %.

Vom Tage der Ankunft auf seinem Posten an kann jeder Offizier, gemäß der jeweils gültigen Tabelle, einen bewilligten Betrag beziehen."

Das Formular sieht ferner die Erklärung vor:

"Es ist mir völlig klar, dass der General niemand im Dienste der Heilsarmee beschäftigen oder behalten kann, der ihm nicht für das Werk geeignet erscheint, oder in demselben nicht treu und erfolgreich ist, und ich verpflichte mich feierlich, jeden Posten, jedes Korps oder jede Stellung, zu der ich geschickt wurde, in aller Ruhe zu verlassen, wenn der General es wünschen sollte, ohne in irgendeiner Weise zu versuchen, die Heilsarmee zu beunruhigen oder zu belästigen. Ich entbinde auch hiermit die Heilsarmee und den General von allen Verpflichtungen mir gegenüber, und verpflichtete mich selbst, keine Ansprüche auf Entschädigung wegen Stellung, Besitztum oder Interessen geltend zu machen, die ich aufgebe, um in die Armee einzutreten."

In der Folgezeit versahen die Kläger ihren Dienst als Offiziere; sie waren zuletzt im Rang eines Majors bzw. einer Majorin im missionarischen Dienst in der Gemeinde zu P. eingesetzt.

Im Jahre 1998 kam es zu schriftlichen Beanstandungen durch den Territorialleiter der Beklagten, der den Klägern Mängel in der Buch- und Kassenführung sowie den Zustand des Offiziersquartiers und der Korpsräume, in denen Sach- und Kleiderspenden lagerten, vorhielt (Blatt 107 f.). Nach mehrfachen Ermahnungen wurden die Kläger in die S. versetzt. Im Februar 2001 stellte die Heilsarmee in der S. sie "indisponibel". Der Territorialleiter der Beklagten seinerseits teilte den Klägern mit Schreiben vom 29. Januar 2001 (Blatt 113 d. A.) mit:

"Ich bedaure sehr, dass der Versuch, Ihnen mit dem Wechsel in die S. eine letzte Chance zum weiteren Offiziersdienst zu geben, gescheitert ist. Mit den von den Leitern der Heilsarmee in der S. eingeleiteten Schritten bin ich absolut einverstanden.

Offiziell teile ich Ihnen hierdurch auch mit, dass aufgrund Ihres persönlichen Versagens in der Pflichterfüllung eines Offiziers und der dadurch zu Tage getretenen Unfähigkeit, ein weiteres Verbleiben im Offiziersdienst nicht möglich ist. Als Leiter der Heilsarmee in Deutschland werde ich Ihnen keine neue Bestallung geben, sondern erkläre gemäß Regeln und Verordnungen für Offiziere Ihren Offiziersdienst als beendet."

Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger Gehaltsansprüche für die Monate März bis November 2001 geltend.

Sie haben die Auffassung vertreten, zwischen ihnen und der Beklagten bestehe ein Arbeitsverhältnis, das bislang weder durch ihre Versetzung in die S. noch durch Kündigung beendet sei. Das staatliche Arbeitsrecht, insbesondere das Kündigungsschutzgesetz, gelte auch für die Beklagte als Religionsgemeinschaft. Diese schulde ihnen für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Gehalt einschließlich des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung entsprechend ihren bisherigen Bezügen von monatlich brutto 1.024,34 DM für die Klägerin zu 1) und von 3.361,06 DM für den Kläger zu 2).

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 9.219,06 DM und an den Kläger zu 2) 30.294,54 DM für die Monate März bis November 2001 jeweils zuzüglich 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus dem Bruttobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Standpunkt eingenommen, eine Zuständigkeit der staatlichen Gerichte sei nicht gegeben. Das Rechtsverhältnis zwischen der Heilsarmee und ihren Offizieren, die den Status von Priestern hätten, unterfalle dem Privileg des Artikel 137 Abs. 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung. Ein Arbeits- oder Dienstvertrag bestehe nicht. Im übrigen seien die Kläger ihren Aufgaben als Offiziere der Heilsarmee in keiner Weise gerecht geworden. Mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit in der S. habe ihre Verbindung zur Heilsarmee in Deutschland geendet. Ihnen stünden daher keine Zahlungsansprüche zu.

Durch Beschluss vom 15. Mai 2001 hat das zunächst angerufene Arbeitsgericht P. sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Köln verwiesen. Das Arbeitsgericht Köln wiederum hat mit Beschluss vom 13. Juli 2001 den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit seinerseits an das Landgericht Köln verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten sei nicht eröffnet. Das Amtsrecht der Offiziere der Heilsarmee einschließlich des Dienst- und Versorgungsrechts gehöre grundsätzlich zum innerkirchlichen Bereich. Da zwischen den Klägern und der Beklagten kein Arbeitsverhältnis bestehe, handele es sich um innere Angelegenheiten der Beklagten, in die sich das Gericht nicht einmischen dürfe.

Gegen das ihnen am 15. Februar 2002 zugestellte Urteil haben die Kläger am 15. März 2002 Berufung eingelegt, die sie mit am Montag, dem 15. April 2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet haben.

Sie halten den Rechtsweg für zulässig und berufen sich hierzu auf den Gleichheitsgrundsatz, das Sozialstaatsprinzip und den Justizgewährungsanspruch. Eine Freistellung der Beklagten vom staatlichen Arbeitsrecht sei weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Wortlaut des Artikel 137 Abs. 3 WRV vereinbar. Nach ihrer Selbstdarstellung im Internet und der Broschüre "Offizier und Disziplin" gehe ersichtlich auch die Beklagte von einem Beschäftigungsverhältnis mit ihren Offizieren aus. Werde dagegen angenommen, dass - was aus ihrer Sicht nicht unstreitig sei - sie Priesterstatus hätten und das Amtsrecht der Offiziere grundsätzlich in den Bereich der eigenen Angelegenheiten der Beklagten falle, so müsse jedenfalls berücksichtigt werden, dass die Beklagte ihnen keine innerkirchliche Möglichkeit eröffne, sich gegen dienstrechtliche Maßnahmen zu wehren. Nach den Regeln der Beklagten könne ein Offizier zwar den Fall seiner Entlassung von einer Untersuchungskommission überprüfen lassen. Bisher seien ihnen aber weder ein innerkirchlicher Rechtsweg bekannt gemacht noch Gelegenheit zur Anrufung der Kommission gegeben worden.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des am 17. Februar 2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln - 22 O 474/01 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 4.713,63 € und an den Kläger zu 2) 15.489,35 €, jeweils nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus dem Bruttobetrag ab 7. Mai 2001, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, Streitigkeiten der Religionsgemeinschaften mit ihren Geistlichen, zu denen die Offiziere der Heilsarmee gehörten, seien innerkirchliche Angelegenheiten, die den staatlichen Gerichten entzogen seien. Ein Arbeitsverhältnis habe mit den Klägern nicht bestanden. Davon abgesehen könne nach ihren Richtlinien ein Offizier, der mit einer ihm gegenüber getroffenen Entscheidung nicht einverstanden sei, die Untersuchungskommission anrufen und gegen deren Spruch Berufung beim internationalen Leiter der Heilsarmee, dem General in L., einlegen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie im Ergebnis keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Ob der Zivilrechtsweg eröffnet ist, hat der Senat nicht zu prüfen. Die Klärung dieser Frage ist ihm zwar nicht durch die Vorschrift des § 17 a Abs. 5 GVG verwehrt, nach welcher das Gericht, welches über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache befindet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die Anwendung dieser Regel setzt voraus, dass eine "Entscheidung in der Hauptsache" angefochten ist und die Zulässigkeit des Rechtsweges in der Vorinstanz nicht gerügt worden war (BGH NJW 1998, 232). Eine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 17 a Abs. 5 GVG kann sowohl eine solche über die Begründetheit des erhobenen Anspruchs als auch ein klageabweisendes Verfahrensurteil sein, falls die Klageabweisung nicht gerade auf die Unzulässigkeit des Rechtsweges gestützt worden ist (BGH a. a. O.). Das Landgericht hat die Klage, nachdem die Beklagte die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten bereits in erster Instanz gerügt hatte, als unzulässig abgewiesen, weil seiner Ansicht nach der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten schlechthin nicht eröffnet ist. Daher liegen die Voraussetzungen des § 17 a Abs. 5 GVG nicht vor.

Indessen hat das Arbeitsgericht Köln durch Beschluss vom 13. Juli 2001 den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Die Abgrenzung zwischen den ordentlichen Gerichten und den Arbeitsgerichten ist eine Frage des Rechtsweges im Sinne des § 17 a GVG (BGH NJW 1998, 909; BAG NJW 1996, 2949; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor §§ 17 - 17 b GVG Rn. 10). Nach § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Beschluss eines Gerichts, durch den dieses den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges verweist, für das Gericht, an welches der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend. Die Bindungswirkung besteht auch bei gesetzwidrigen Verweisungen (BGH NJW 2000, 1344). Dem Senat ist es deshalb versagt, die Verweisung durch das Arbeitsgericht in Frage zu stellen und die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit zu erwägen.

2. Der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln entfaltet Bindungswirkung jedoch nur für die Auswahl des richtigen Rechtsweges unter den in Betracht kommenden verschiedenen staatlichen Gerichtsbarkeiten. Davon unberührt bleibt die Frage, ob der Kläger überhaupt bei staatlichen Gerichten um Rechtsschutz nachsuchen kann; das ist auch in der Rechtsmittelinstanz in vollem Umfang zu prüfen (BGH NJW 2000, 1555; BVerwG NJW 1994, 3368). Der Senat hält im vorliegenden Fall den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten für eröffnet.

a) Aus der dem Staat obliegenden Justizgewährungspflicht, die sich aus Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und Artikel 92 GG ergibt, folgt, dass die staatlichen Gerichte grundsätzlich zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen sind, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richtet (BVerfG NJW 1999, 349; BGH NJW 2000, 1576). Insoweit kann es weder auf ein staatliches Einverständnis mit der Inanspruchnahme der Gerichte durch die Kirchen und Religionsgemeinschaften ankommen, noch ist die staatliche Gerichtsbarkeit gegenüber derjenigen der Religionsgemeinschaft subsidiär. Seine entgegenstehende frühere Rechtsprechung zur Subsidiarität der staatlichen Gerichtsbarkeit (BGHZ 34, 374 = NJW 1961, 1116) und zum Einverständnis des Staates mit der Inanspruchnahme staatlicher Gerichte (BGHZ 46, 101 = NJW 1966, 2162) hat der Bundesgerichtshof inzwischen ausdrücklich aufgegeben (BGH NJW 2000, 1556). Wenn der Rechtsweg durch die staatlichen Prozessordnungen allgemein eröffnet ist, widerspräche es nämlich - so der BGH - dem Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG), Ansprüche der Religionsgemeinschaften auf staatlichen Rechtsschutz anders zu behandeln als Ansprüche der anderen Rechtssubjekte. Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung hat deshalb sowohl gegen die als auch zugunsten der Religionsgemeinschaften in gleicher Weise wie für und gegen alle Rechtssubjekte auf dem Staatsgebiet selbst dann zu gelten, wenn bei der Anwendung staatlicher Rechtssätze religionsgemeinschaftliche Vorfragen zu klären sind (BGH a. a. O.). Dieser neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt der Senat.

Bei der Beteiligung einer Religionsgemeinschaft ist allerdings deren verfassungsrechtliche Sonderstellung zu beachten. Als Bestandteil des Grundgesetzes gilt über Artikel 140 GG die Bestimmung des Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 (WRV), nach der jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ordnet und verwaltet und ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde verleiht. Durch die genannten Regelungen wird den Kirchen und Religionsgesellschaften die Freiheit der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze verfassungsrechtlich garantiert (BVerfG 74, 165 = NJW 1986, 367; 70, 289 = NJW 1987, 427; NJW 1999, 349). Dieses Selbstbestimmungsrecht gilt für alle Religionsgemeinschaften unabhängig davon, ob sie die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, privatrechtliche Vereine sind oder der Rechtsfähigkeit überhaupt entbehren (BGH NJW 2000, 1556). Bei der beklagten Heilsarmee in Deutschland handelt es sich im übrigen um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 WRV (vgl. auch BVerfGE 102, 372). Wegen dieser verfassungsrechtlichen Selbstbestimmung darf der Staat in die inneren Verhältnisse der Religionsgemeinschaften nicht eingreifen (BVerfGE 18, 386 = NJW 1965, 961). Die den Religionsgesellschaften in diesem Bereich von Verfassungs wegen gewährleistete Eigenständigkeit und Unabhängigkeit schließt hier jede staatliche Einmischung - auch eine Überprüfung durch staatliche Gerichte - aus (BVerfG NJW 1999, 350; BGH NJW 2000, 1556).

Die Frage, ob die Maßnahme einer Religionsgesellschaft deren innerem Bereich zuzurechnen ist, entscheidet sich danach, was materiell, der Natur der Sache oder Zweckbeziehung nach, als eigene Angelegenheit der Kirche oder Religionsgemeinschaft anzusehen ist (BVerfG NJW 1965, 961; 1983, 2569). Zu den inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft gehört insbesondere das Organisationsrecht, wenn und soweit es allein um die innere Organisation geht, die den bürgerlichen Rechtskreis nicht berührt (BVerfG NJW 1986, 368; 1999, 350). Die im Selbstbestimmungsrecht der Kirchen enthaltene Ordnungsbefugnis gilt für die kirchliche Ämterorganisation und allgemein für die Ordnung des kirchlichen Dienstes (BVerfG NJW 1986, 368). In den Bereich der eigenen Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft fällt daher das kirchliche Amtsrecht einschließlich der Ämterhoheit (BVerfG NJW 1983, 2569) und damit das Recht, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen (BVerfG NJW 1999, 349). Dazu zählt auch das mit dem Amtsrecht untrennbar verbundene Dienst- und Versorgungsrecht der Geistlichen; denn die dienst- und versorgungsrechtlichen Regelungen, die als rechtliche Grundlage und rechtliche Umhegung die äußerlichen Voraussetzungen für die ungestörte Ausübung des geistlichen Amtes schaffen, sind nach Auffassung der Kirchen jeweils vom geistlichen Amt "gefordert" (BVerfG NJW 1983, 2569).

Die Kläger sind Geistliche in der Religionsgemeinschaft der Beklagten. Von ihrer Befugnis, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen, hat die Beklagte in der Weise Gebrauch gemacht, dass ihren Offizieren der Status des Geistlichen verliehen ist. Das ergibt sich auch aus der Selbstdarstellung der Beklagten im Internet, auf die sich die Kläger berufen und in der es unter der Überschrift "Was ist ein Heilsarmeeoffizier und welche Aufgaben hat er?" heißt: "Ein Heilsarmeeoffizier ist ein vollzeitlicher Mitarbeiter der Heilsarmee, der nach einer zweijährigen Ausbildung an einer Offiziersschule der Heilsarmee als "Geistlicher" zu betrachten ist. Nach seiner Ausbildung wird der Offizier ordiniert und ihm wird ein bestimmter Aufgabenbereich innerhalb der Heilsarmee zugewiesen. Die meisten Offiziere erhalten Verantwortung für eine Gemeinde, was für sie bedeutet, die wöchentlichen und sonntäglichen Veranstaltungen zu leiten und die Gemeinde zu lehren, sowie den Mitgliedern der Gemeinde und jedem, der darum bittet, Seelsorger zu sein und praktische Nächstenliebe zu üben" (Blatt 177 d. A.). Weiter ist dort ausgeführt: "Die ordinierten Geistlichen der Heilsarmee, die Heilsarmeeoffiziere, die als Gemeindeleiter, in den sozialen Einrichtungen oder in der Verwaltung tätig sind, erhalten eine sog. Vergütung" (Blatt 178 d. A.). Danach sind den Offizieren der Heilsarmee seelsorgerische Aufgaben zugewiesen und der Geistlichenstatus verliehen.

b) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist indessen nicht das Dienst- und Versorgungsrecht der Kläger als solches. Diese machen vielmehr Gehaltsansprüche gegen die Beklagte geltend. Die Frage aber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang für Klagen von Geistlichen hinsichtlich der vermögensrechtlichen Auswirkungen, die sich aus dienstrechtlichen Maßnahmen der Religionsgemeinschaften ergeben, der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist, insbesondere ob Geistliche vor staatlichen Gerichten auf Gehaltszahlung klagen können oder ob auch dies zum internen Bereich der Religionsgemeinschaften gehört, ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich bisher noch nicht entschieden worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen (vgl. BVerfG NJW 1983, 2570). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage, ob Kirchenbediensteten wegen ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche staatlicher Gerichtsschutz gemäß Artikel 19 Abs. 4 GG zukomme, nicht abschließend beantwortet (vgl. BVerfG NJW 1983, 2582).

Eine endgültige Klärung durch den Bundesgerichtshof liegt bisher gleichfalls nicht vor. In älteren Entscheidungen hatte der BGH den Standpunkt eingenommen, Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche kirchlicher Amtsträger würden durch kirchengesetzliche Zuweisung an kirchliche Gerichte der staatlichen Jurisdiktionsgewalt entzogen (BGH NJW 1961, 1116). Ferner hatte er darauf abgehoben, dass der Staat für vermögensrechtliche Streitigkeiten der Pfarrer aus ihrem Dienstverhältnis im Beamtenrechtsrahmengesetz staatliche Gerichte zur Verfügung gestellt habe (NJW 1966, 2162). Wie bereits ausgeführt, hält der Bundesgerichtshof an dieser Auffassung nicht mehr fest (BGH NJW 2000, 1556).

Das Bundesarbeitsgericht, auf dessen Rechtsprechung sich das Landgericht vornehmlich stützt, hat zwar den Rechtsweg zu dem staatlichen Gericht für den Fall verneint, dass ein "exklaustrierter"; aber "nicht säkularisierter" Ordenspriester Vergütungsansprüche aus der Übertragung priesterlicher Aufgaben geltend macht, wenn die Aufgabenübertragung aufgrund innerkirchlicher Maßnahmen erfolgt sei (BAG NJW 1990, 2082). Das BAG hat bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, ob zwischen dem betroffenen Priester und der Kirche ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, und ergänzend ausgeführt, es liege, da die Beziehungen der Parteien des dortigen Rechtsstreits von kirchenrechtlichen Grundsätzen bestimmt seien, keine bürgerliche Streitigkeit vor, so dass auch der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet sei (NJW 1990, 2083). Die hier zu beantwortende Grundsatzfrage, ob und inwieweit für Klagen von Geistlichen wegen der vermögensrechtlichen Auswirkungen, die sich aus dienstlichen Maßnahmen der Religionsgemeinschaft ergeben, der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist, hat das BAG jedoch nicht weiter erörtert.

Einen Lösungsansatz für das Rechtswegproblem enthielte die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nur dann, wenn die Prozessparteien ein Arbeitsverhältnis eingegangen und die Kläger Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG wären, weil sie ihre Gehaltsansprüche dann vor den Arbeitsgerichten einklagen könnten. Vertragliche Streitigkeiten kirchlicher Bediensteter unterliegen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG der staatlichen Arbeitsgerichtsbarkeit (BAG NJW 1986, 2592; NJW 1990, 283). Ein Arbeitsvertrag besteht zwischen den Prozessparteien jedoch nicht; es ist weder ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden noch eine mündliche Einigung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ersichtlich. Aus der von der Beklagten vorformulierten und von den Klägern unterzeichneten "Verpflichtungserklärung", insbesondere aus deren Ziffer 2 a, wird im Gegenteil der Wille der Beklagten, kein Arbeitsverhältnis mit den Klägern zu begründen, offenbar. Der Vordruck enthält die ausdrückliche Erklärung, dass Offiziere der Heilsarmee nicht "angestellt" seien und dass mit ihnen kein Arbeitsvertrag bestehe. Die Geldleistungen der Beklagten an die Kläger stehen dazu nicht in einem unvereinbaren Widerspruch. In der "Anmerkung" zu Ziffer 2 a der vorformulierten und von den Klägern unterschriebenen "Verpflichtungserklärung" wird eigens hervorgehoben, dass ein Offizier der Heilsarmee - unbeschadet der Regelung über dessen freiwillige Mitarbeit ohne Arbeitsvertrag - nur einen "bewilligten Betrag" als "Unterhalt" bezieht. Auch die Einbehaltung und Abführung von Sozialversicherungsabgaben für die Kläger zwingt nicht zu dem Schluss auf ein Arbeitsverhältnis, da das Sozialversicherungsrecht auf die tatsächliche Beschäftigung unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses abstellt (BAG NJW 1990, 2083). Danach handelt es sich vorliegend nicht um eine arbeitsrechtliche Streitigkeit. Die weitere Frage, ob der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten überhaupt eröffnet ist, lässt sich damit aber noch nicht verneinen.

c) Die Rechtswegfrage hängt maßgeblich davon ab, welcher Freiraum den Religionsgemeinschaften von der Verfassung gewährt wird. Die der herkömmlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegende Bereichslehre, nach welcher Klagen, die den innerreligionsgemeinschaftlichen Bereich betreffen, unzulässig sind, wird im verfassungsrechtlichen Schrifttum überwiegend abgelehnt. Die herrschende Literaturmeinung vertritt vielmehr die Abwägungslehre, der zufolge auch in Rechtsstreitigkeiten mit Religionsgesellschaften der Rechtsweg grundsätzlich eröffnet ist, sofern eine Verletzung staatlichen Rechts gerügt wird (etwa Sachs/Ehlers, GG, 2. Aufl., Artikel 140 Rn. 15; Dreier/Morlok, GG, Artikel 140 Rn. 70; Jarass/Pieroth, GG, 6. Aufl., Artikel 140 Rn. 20). Auch wird zwischen dem weltlichen Dienst - und dem geistlichen Amtsverhältnis dahin differenziert, dass die im Dienstverhältnis ergehenden Entscheidungen einschließlich der Statusfolgesachen als öffentliche Gewalt und als damit der Kontrolle der staatlichen Gerichte zugänglich angesehen werden (Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, GG, Artikel 19, Rn. 115). Die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte soll bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Pfarrern oder Kirchenbeamten und ihren Kirchen aus der Verfassung folgen und deshalb auch durch kirchliche Rechtsetzung nicht beseitigt oder eingeschränkt werden dürfen (von Mangoldt/Klein/Starck/von Campenhausen, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Artikel 137 WRV Rn. 163, 164 m. w. N.).

Zu einer Öffnung der staatlichen Gerichte für Streitigkeiten zwischen Religionsgemeinschaften und ihren Geistlichen tendiert auch das Oberverwaltungsgericht Münster. Das OVG hat entschieden, dass für die Durchsetzung von vermögensrechtlichen Ansprüchen eines ehemaligen Pfarrers, die diesem aus Anlass seines Ausscheidens aus dem Amt und aus der Kirche eingeräumt worden sind, der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist (NJW 1994, 3368). Die generelle Frage des Rechtsweges für vermögensrechtliche Ansprüche, insbesondere für Gehaltsforderungen von Geistlichen hat das OVG Münster freilich nicht abschließend beantwortet. In dem ihm vorgelegten Fall hat es vielmehr darauf abgestellt, dass bei finanziellen Leistungen, die nach dem gleichzeitigen Ausscheiden aus dem Pfarreramt und der Kirche erbracht werden, die Justizgewährpflicht des Staates besonderes Gewicht erlange (NJW 1994, 3370).

In der neueren Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundesgerichtshofs zeichnet sich gleichfalls eine Tendenz zu einer Verbesserung des staatlichen Rechtsschutzes für Geistliche ab. Das BVerfG hatte im Jahre 1998 über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, die den Anspruch der Witwe und der Kinder eines ehemaligen Pfarrers der Evangelisch-Lutherischen Kirche auf Zahlung einer Witwenpension und von Waisengeld zum Gegenstand hatte. In diesem Fall hat das BVerfG die Bedeutung des innerkirchlichen Rechtsweges herausgestellt. Wenn und soweit die Kirchen - so das BVerfG - die Möglichkeit geschaffen hätten, Rechtsstreitigkeiten von einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Gelegenheit bestehe, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, gebiete die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme gegenüber diesem Selbstverständnis den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des insoweit gegebenen kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden (NJW 1999, 349, 350). Im verfassungsrechtlichen Schrifttum werden diese Hinweise dahin verstanden, dass das BVerfG "nunmehr die Zuständigkeit staatlicher Gerichte nicht mehr ausgeschlossen und damit die Tür zu einer Änderung seiner Rechtsprechung aufgestoßen" habe und selbst bei Streitigkeiten aus dem kirchlichen Bereich die Zulässigkeit einer Klage vor den staatlichen Gerichten davon abhänge, dass der Betroffene zuvor einen etwa vorhandenen kirchlichen Rechtsweg erschöpft habe, es sei denn, dieser biete keinen effektiven Rechtsschutz (von Campenhausen a. a. O. Artikel 137 WRV Rn. 148, 161).

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2000 die Klage einer Religionsgemeinschaft gegen ein Vorstandsmitglied auf Unterlassung verschiedener Handlungen mit der Begründung für zulässig erachtet, Streitgegenstand seien die geltend gemachten Unterlassungsansprüche, und das Klagebegehren sei zivilrechtlicher Natur. Das Zivilrecht gehöre aber zu den "für alle geltenden Gesetzen" und nicht zu den innergemeinschaftlichen Angelegenheiten. Dass für die Beurteilung des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses nach staatlichem Recht möglicherweise innergemeinschaftliche Regelungen oder Entscheidungen präjudizielle Bedeutung hätten, sei unschädlich. Die staatliche Gerichtsbarkeit könne wegen der Justizgewährungspflicht, die hier aus dem zivilrechtlichen Streitgegenstand folge, einer Entscheidung nicht ausweichen, auch wenn im Rahmen der Begründetheit innergemeinschaftlichen Vorfragen in besonderer Weise Rechnung zu tragen sei (BGH NJW 2000, 1556).

d) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfte vieles dafür sprechen, für vermögensrechtliche Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis eines Geistlichen den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten generell zuzulassen und nur im Rahmen der sachlichen Prüfung der geltend gemachten Ansprüche interne Belange der Religionsgemeinschaft besonders zu berücksichtigen. Zu dieser Ansicht neigt der Senat; er hat im Hinblick auf die Justizgewährungspflicht Bedenken, Maßnahmen von Religionsgemeinschaften in weiten Bereichen jeglicher Kontrolle durch staatliche Gerichte zu entziehen. Zumindest dann aber, wenn dem Geistlichen von seiner Religionsgesellschaft kein interner Rechtsweg zur Verfügung gestellt wird oder wenn ein solcher Rechtsweg ihm keinen effektiven Rechtsschutz gewährt, muss es dem Geistlichen möglich sein, wegen vermögensrechtlicher Ansprüche die staatlichen Gerichte anzurufen. Das verfassungsrechtliche Privileg der Religionsgemeinschaften darf nicht dahin ausgedehnt werden, dass deren Mitgliedern, sofern sie den Status eines Geistlichen haben, der Weg zu den staatlichen Gerichten auch für rein vermögensrechtliche Fragen von vornherein versperrt ist.

Nach diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg für die Geltendmachung von Gehaltsansprüchen der Kläger zu den staatlichen Gerichten eröffnet. Die Beklagte bietet den Klägern in dieser Hinsicht jedenfalls keinen effektiven innergemeinschaftlichen Rechtsschutz. Zwar kann ein Offizier der Heilsarmee die Untersuchungskommission anrufen und gegen deren Spruch wiederum Berufung beim internationalen Leiter der Heilsarmee, dem General in L., einlegen. Eine Überprüfung etwaiger Gehaltsforderungen kann er auf diesem Wege aber nicht erreichen. Wie der von der Beklagten herausgegebenen Broschüre "Offizier und Disziplin" zu entnehmen ist, beschränkt sich die Aufgabe der Untersuchungskommission auf disziplinarische Maßnahmen wie etwa die Entlassung aus dem Dienstverhältnis (Blatt 37 ff. d. A.). Auch die Beklagte hebt in ihrer Berufungserwiderung die Funktion der Untersuchungskommission als Kontrollinstanz für Fragen der Disziplin hervor (Blatt 213, 213 d. A.). Im Verhandlungstermin vor dem Senat hat ihr Prozessvertreter die eingeschränkte Kompetenz dieses Ausschusses bestätigt. Seinen Angaben zufolge ist mit Rücksicht darauf, dass nach dem Verständnis der Heilsarmee deren Offiziere keine Gehaltsansprüche haben, eine Zuständigkeit der Untersuchungskommission für solche Ansprüche "nicht besonders geregelt". Durch die Möglichkeit, die Berechtigung von Disziplinarmaßnahmen einschließlich einer Entlassung aus dem Offiziersdienst durch die Kommission überprüfen zu lassen, allein wird den Offizieren, soweit es um vermögensrechtliche Auswirkungen dieser Maßnahmen geht, kein effektiver Rechtsschutz zu Teil. Unter diesen Umständen ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet und die Klage daher zulässig.

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

1. Die Kläger erheben Gehaltsforderungen, die sie auf ein noch bestehendes Dienst- oder Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stützen. Über die Begründung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihnen streiten die Parteien. Die Beklagte verneint eine jegliche Rechtsbeziehung, aus der Gehaltsansprüche erwachsen könnten, und beruft sich hilfsweise auf die Beendigung eines etwaigen Dienstverhältnisses durch Kündigung.

Ob sich die Beziehungen zwischen den Parteien, soweit es die regelmäßigen Zahlungen an die Kläger anbetrifft, im rechtsfreien Raum bewegen, erscheint zweifelhaft. Zu erwägen ist, ob nicht ungeachtet der "Verpflichtungserklärung" aus dem Jahre 1975, die den Ausschluss von Ansprüchen der Offiziere zum Ziel hat, durch die tatsächliche, regelmäßige Gewährung von Bezügen über einen langen Zeitraum hin zumindest konkludent ein entsprechendes Rechtsverhältnis begründet worden ist. Den Ausschluss jeglicher Rechtsansprüche von Seelsorgern, die über Jahre hin hauptberuflich für die Religionsgemeinschaft tätig sind, hält der Senat ohnehin für bedenklich.

2. Indessen ist ein etwaiges Vertragsverhältnis zwischen den Parteien durch die Beklagte gekündigt worden. Unabhängig davon, ob eine Kündigung bereits mit der Versetzung der Kläger in die S. verbunden war, ist eine solche jedenfalls in dem Schreiben des Territorialleiters vom 29. Januar 2001 zu sehen. In diesem Schreiben hat der Territorialleiter als Vertreter der Beklagten unmissverständlich deren Willen zum Ausdruck gebracht, die Beziehungen zu den Klägern mit sofortiger Wirkung zu beenden. Diesen Entschluss hat sie mit einem "persönlichen Versagen in der Pflichterfüllung eines Offiziers" begründet. Die darin liegende fristlose Kündigung eines etwaigen Dauerschuldverhältnisses ist wirksam, wenn in der Person der Kläger ein wichtiger Grund für dessen Beendigung bestanden hat. Die Beklagte sieht solche Gründe in dem persönlichen Verhalten der Kläger in ihrer Eigenschaft als ordinierte Geistliche.

Dem Senat ist es verwehrt, die Berechtigung der von der Beklagten gegen die Kläger erhobenen Vorwürfe und damit auch die Begründetheit der darauf gestützten - etwaigen - Kündigung inhaltlich zu überprüfen. Nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schließt die den Religionsgesellschaften in ihrem inneren Bereich von Verfassungs wegen gewährleistete Eigenständigkeit und Unabhängigkeit jede staatliche Einmischung, auch durch staatliche Gerichte, aus. Zu den Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften in diesem Sinne gehört insbesondere das Recht, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen. Die staatlichen Gerichte haben dem Selbstverständnis der Kirchen besonderes Gewicht beizumessen und im Rahmen der Prüfung der Begründetheit einer Klage gegen eine Religionsgesellschaft innergemeinschaftlichen Fragen in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Ob der von der Beklagten erhobene Vorwurf des "persönlichen Versagens in der Pflichterfüllung eines Offiziers und der dadurch zu Tage getretenen Unfähigkeit" zutrifft, verschließt sich deshalb der Beurteilung durch ein staatliches Gericht. Diese Frage ist anhand der Maßstäbe zu beantworten, welche die beklagte Heilsarmee für ihre "Offiziere" als ordinierte Geistliche selbst gesetzt hat. An den innergemeinschaftlichen Regeln haben sich die Amtsträger der Religionsgesellschaft grundsätzlich zu orientieren. Ob diese Regeln eingehalten oder missachtet werden und ob etwaige Verstöße derart schwerwiegend sind, dass der betreffende Geistliche seine seelsorgerische Tätigkeit nicht länger soll ausüben dürfen, unterliegt nicht der Prüfungskompetenz des staatlichen Gerichts.

Dies gilt selbst dann, wenn die Prüfung davon abhängig gemacht wird, ob dem Geistlichen ein innergemeinschaftlicher Rechtsweg eröffnet ist, auf welchem er sich gegen seine Amtsenthebung wehren kann. Innerhalb der Heilsarmee existiert eine Untersuchungskommission, die gegen disziplinarische Maßnahmen wie die Auflösung des Dienstverhältnisses oder die Entlassung aus dem Offiziersdienst angerufen werden kann. Den Klägern war es somit prinzipiell möglich, sich gegen die beanstandete Maßnahme zur Wehr zu setzen und diese durch ein innergemeinschaftliches Gremium überprüfen zu lassen. Ob ihnen die Existenz und Funktion der Untersuchungskommission bekannt war, kann nicht entscheidend sein. Vielmehr genügt es insoweit, dass die Beklagte ihren Offizieren eine Kontrollinstanz zur Verfügung stellt, in der die Entlassung aus dem Offiziersdienst überprüft werden kann. Mit der Frage der Wirksamkeit der Kündigung eines etwaigen Dienstverhältnisses als Vorfrage in Bezug auf Gehaltsansprüche der Kläger kann sich der Senat daher selbst dann nicht befassen, wenn es hierfür auf die Eröffnung eines innergemeinschaftlichen Rechtsweges ankommen sollte. Die Klage auf Fortzahlung eines Gehalts ist demnach aus sachlichen Gründen abzuweisen.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Von der Möglichkeit, die unterliegenden Kläger in unterschiedlichem Maß an den Verfahrenskosten zu beteiligen (§ 100 Abs. 2 ZPO), macht der Senat keinen Gebrauch.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu den entscheidungserheblichen Fragen der Zulässigkeit des Rechtsweges für vermögensrechtliche Ansprüche von Geistlichen und der Prüfungskompetenz der staatlichen Gerichte in solchen Fällen gibt es - soweit ersichtlich - bislang nicht.

Berufungsstreitwert: 20.202,98 €. Beschwer für die Kläger: jeweils unter 20.000 €.

Ende der Entscheidung

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