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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 24 U 60/08 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, HOAI


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
HOAI § 4 Abs. 1
HOAI § 4 Abs. 4
HOAI § 10
HOAI § 10 Abs. 3a
HOAI § 10 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Gründe:

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, abgewiesen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend Folgendes zu bemerken:

Gemäß § 4 Abs. 1 HOAI richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen. Fehlt eine solche schriftliche Vereinbarung, gelten gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart (Vygen in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 4, Rdnr. 20). Dass die Parteien die schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung getroffen haben, hat das Landgericht zutreffend dargelegt.

Allerdings können die Mindestsätze gemäß § 4 Abs. 2 HOAI durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden. Auf welche Weise die Unterschreitung der Mindestsätze erzielt wird, ist ohne Bedeutung; dies ist unter anderem dadurch möglich, dass die Parteien die anrechenbaren Kosten des Objekts abweichend von den in § 10 HOAI getroffenen Regelungen der Höhe nach beschränken (Vygen aaO, Rdnr. 71 m.w.N.). Ist eine Unterschreitung der Mindestsätze nicht wirksam vereinbart worden, dann greift auch in solchen Fällen § 4 Abs. 4 HOAI ein mit der Folge, dass der Vertrag über die Leistung wirksam bleibt und die Mindestsätze als vereinbart gelten (Vygen aaO).

Ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI, der eine Mindestsatzunterschreitung gestattet, kann nach der Rechtsprechung des BGH vorliegen, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI zu berücksichtigen ist. Auch kann ein Ausnahmefall bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein, die etwa in der mehrfachen Verwendung einer Planung liegen können (BGH BauR 1997, 667ff.).

Im vorliegenden Fall stehen weder enge Beziehungen des Klägers zur Beklagten in Rede noch wird eine mehrfache Verwendung der Planung behauptet. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Planung lediglich einen außergewöhnlich geringen Aufwand erforderte. Angesichts der Größe des Objekts handelte es sich jedenfalls in zeitlicher Hinsicht um eine nicht unaufwendige Architektenaufgabe, mag diese inhaltlich auch wenig anspruchsvoll gewesen sein.

Ob die Vereinbarung der anrechenbaren Kosten im Hinblick auf die mitverarbeitete Bausubstanz gemäß § 10 Abs. 3a HOAI mit 0,-- DM eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI nach sich zog, was jedenfalls grundsätzlich denkbar ist (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 10, Rdnr. 90), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

Der Senat schließt sich der Einschätzung des Landgerichts an, wonach eine Aufklärung der Frage, ob eine Mindestsatzunterschreitung vorliegt, deshalb entbehrlich war, weil eine Abweichung von der HOAI nicht ersichtlich ist.

Der Auffassung, die Parteien hätten die Anwendung des § 10 Abs. 3a HOAI gerade nicht ausgeschlossen, sondern eine Vereinbarung zur Höhe der berücksichtigungsfähigen Bausubstanz getroffen, und die Festsetzung eines Betrages von 0,-- DM sei insofern nicht als unangemessen zu betrachten, ist zuzustimmen. Das quantitative Bestimmungsmerkmal des Umfangs der Anrechnung mitverarbeiteter Bausubstanz ist grundsätzlich nicht frei verhandelbar, sondern das qualitative Merkmal der Angemessenheit muss bei den anrechenbaren Kosten ebenfalls ermittelt werden (Seifert/Vygen in: Korbion/Mantscheff/Vygen, aaO, § 10, Rdnr. 34f). Ebenso wie der Umfang ist auch die Angemessenheit preisrechtlich vorgegeben und kann deshalb nicht durch die Vertragspartner frei vereinbart werden; sowohl Umfang als auch Angemessenheit müssen vielmehr mit dem tatsächlichen Vertragsgegenstand korrespondieren, andernfalls es zu einer verdeckten Unterschreitung der Mindestsätze kommen kann (Seifert/Vygen aaO).

Die HOAI enthält keine näheren Angaben dazu, nach welchen Maßstäben vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird, bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen ist. Für die insoweit notwendige Auslegung der Verordnung ist unter anderem der in der Begründung dazu zum Ausdruck gekommene Wille des Verordnungsgebers heranzuziehen. Aus der Begründung zur Verordnung ergibt sich, dass der Umfang der Anrechnung insbesondere von der Leistung des Auftragnehmers abhängen soll. Danach sollen nur in entsprechend geringem Umfang die Kosten anerkannt werden können, wenn die Mitverarbeitung nur geringe Leistungen erfordert (BGH BauR 2003, 745ff.).

Auf eben diese vom Kläger erbrachte (bzw. nicht erbrachte) Leistung hat das Landgericht abgestellt und im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe lediglich den Austausch von Türen und Decken zu planen gehabt, wobei keine besonderen gestalterischen Anforderungen zu erfüllen gewesen seien. Auch ein umfassendes Planungskonzept des Klägers sei nicht ersichtlich.

Der Kläger hält dem entgegen, allein aus dem Ergebnis der Brandschau hätten sich die erforderlichen Arbeiten zur Brandertüchtigung nicht ergeben. Diese seien vielmehr durch den Kläger im Rahmen seiner Leistungen zu den Phasen 1 - 3 ermittelt worden. Erst durch die vom Kläger im Rahmen der Grundlagenermittlung festgestellten örtlichen Gegebenheiten habe er die für die Brandschutzertüchtigung erforderlichen Baumaßnahmen entwickeln und planen können. Ergänzend hat der vom Kläger beauftragte Sachverständige I. in seinem Gutachten vom 08.11.2005 ausgeführt: "Soweit an Decken, Böden und Wänden Aufrüstungen jedweder Art durchgeführt werden oder auch Türen, Wände, Abhangdecken etc. mit Feuerwiderstandsklassen neu eingebaut werden, fallen die angrenzenden bzw. bearbeiteten Teilflächen unter die Terminologie "mitverarbeitete Bausubstanz" im Sinne HOAI § 10 (3a).".

Dieses Vorbringen vermag indes - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - nicht zu überzeugen: Der Kläger teilt im vorliegenden Fall nämlich nicht konkret mit, worin genau die Mitverarbeitung der vorhandenen Bausubstanz bestanden haben soll. Unstreitig waren die Türen in dem Schulgebäude auszutauschen, während an den Wänden, in denen sich die Türen befanden, keinerlei Maßnahmen erforderlich waren. Nicht anders verhält es sich bei den Decken, die gegen solche ausgetauscht werden sollten, die den aktuellen Brandschutzerfordernissen entsprachen. Eine Mitverarbeitung der vorhandenen Decken scheidet insofern bereits begriffslogisch aus, und auch Sinn und Zweck des § 10 Abs. 3a HOAI gebieten keine Berücksichtigung, denn die Vorschrift soll lediglich einen Ausgleich bei den anrechenbaren Kosten dafür gewährleisten, dass vorhandene Bausubstanz Bestandteil des Planungskonzepts ist, daraus aber keine anrechenbaren Kosten aus unternehmerischen Leistungen entstehen, weil solche Bausubstanz bereits vorhanden ist und insofern nicht erst neu hergestellt werden muss (Seifert/Vygen aaO, Rdnr. 34 m.w.N.).Vorliegend errechneten sich die anrechenbaren Kosten aber gerade aufgrund der Neuherstellung der Türen und Decken.

Soweit der Kläger außerdem anrechenbare Kosten nach § 10 Abs. 4 HOAI in seine Berechnung eingestellt hat, ist dem Landgericht auch darin zuzustimmen, dass eine substantiierte Darlegung dieser Kosten nicht erfolgt ist. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast hatte der Kläger die seine Forderung rechtfertigenden tatsächlichen Angaben nach zu begründen und gegebenenfalls zu substantiieren. Dabei mag er zur Aufgliederung der von ihm angesetzten anrechenbaren Kosten keinen Anlass gehabt haben, solange die Beklagte hierzu keine Einwendungen erhob. Nachdem aber die Beklagte mit der Klageerwiderung die angesetzte Summe mit hinreichend konkretem Gegenvortrag in Frage gestellt hatte, war es Sache des Klägers, seine Ansätze so weit aufzugliedern, dass die tatsächlichen und rechnerischen Annahmen hinreichend deutlich wurden. Keinesfalls war es bei der hier gegebenen Lage Sache der Beklagten, gegenüber einem nicht hinreichend aufgegliederten und erläuterten Ansatz zunächst eine ausführliche Gegenrechnung aufzumachen (vgl. BGH NJW-RR 1992, 278). Trotz des substantiierten Bestreitens der Beklagten und auch nach den in dem angefochtenen Urteil enthaltenen Hinweisen hat der Kläger die geltend gemachten Kosten in keiner Weise näher erläutert oder aufgeschlüsselt. Eine Überprüfung der Richtigkeit ist damit weder für die Beklagte noch das Gericht möglich.

Wird - bis auf die anrechenbaren Kosten nach § 10 Abs. 3a und 4 HOAI, die aus den oben dargelegten Gründen nicht zu berücksichtigen sind - bei allen übrigen Parametern die Position des Klägers zugrunde gelegt, so errechnet sich ein Honoraranspruch von insgesamt 12.501,98 € brutto. Da - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat - die geleisteten Zahlungen auf der Basis des Beklagtenvortrages mit insgesamt 12.980,50 € (11.425,-- + 1.465,50) als unstreitig anzusehen sind, ist die Forderung des Klägers damit erfüllt.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.09.2008.

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