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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.04.2001
Aktenzeichen: 25 W 2/00
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 109
ZPO § 567
ZPO § 577
ZPO § 109 Abs. 4 S. 2
ZPO § 313 Nr. 1
ZPO § 329 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 313 Nr. 1
HGB § 161 Abs. 2
HGB § 177
HGB § 131 Abs. 3 Nr. 2
HGB § 131 Abs. 3
InsO § 80
InsO § 117
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

25 W 2/00 12 O 198/96 Landgericht Bonn

In Sachen

pp.

hat der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

am 03. April 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der beklagten KG sowie des Herrn W. R. O. wird der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 2. Juni 2000 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn zurückverwiesen, der auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens überlassen bleibt.

Gründe:

I.

Durch erstinstanzliches Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn waren die Beschwerdeführer als Gesamtschuldner verurteilt worden, an die Klägerin 640.292, 64 DM nebst Zinsen zu zahlen. Das Urteil war für die Klägerin gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 690.000 DM für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Die Klägerin hat diese Sicherheit durch Stellung einer Bankbürgschaft erbracht. Auf die Berufung beider Beklagten ist durch Urteil des Senats vom 18. Juni 1999 das vorgenannte Urteil dahingehend abgeändert worden, dass die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 109, 68 DM an die Klägerin verurteilt worden sind. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits sind der Klägerin auferlegt worden. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Durch Beschluss des Insolvenzgerichts Bonn vom 22.12.1999 ist über das Vermögen des Beklagten zu 2) das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt G. zum Insolvenzverwalter berufen worden. Auf einen im Mai 2000 gestellten Antrag der Klägerin hin hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss gem. § 109 ZPO das Erlöschen der von der Klägerin als Prozesssicherheit ausgereichten Prozessbürgschaft der Sparkasse Aachen vom 03.02.1998 über 690.000 DM - Geschäftszeichen ... - angeordnet. Im Rubrum der Ausfertigungen dieses Beschlusses sind als Beklagte die KG sowie Herr W. R. O. und als deren Prozessbevollmächtigte "Rechtsanwälte O. u.a." aufgeführt worden. Dieser Beschluss ist dem Insolvenzverwalter des Beklagten zu 2), Rechtsanwalt G. am 6. Juni 2000 durch Empfangsbekenntnis sowie Herrn W. R. O. persönlich am 8. Juni 2000 durch Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Hiergegen hat Rechtsanwalt H., der sich von Anfang des Rechtsstreits an zusammen mit Rechtsanwalt O. für beide vorgenannten Beklagten bestellt hatte, mit am 23. Juni 2000 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Rechtsanwalt H. hat sich in dem vorliegenden Rechtsstreit stets als Prozess-bevollmächtigter für die beklagte KG als auch für den Beklagten zu 2, Herrn W. R. O., bestellt, nicht jedoch für den Insolvenzverwalter des Beklagten zu 2. Die von Rechtsanwalt H. eingelegte sofortige Beschwerde hat dieser daher ersichtlich für die im Rubrum aufgeführte KG sowie für den Beklagten zu 2 als Privatperson erhoben, nicht jedoch für den Insolvenzverwalter.

1. Die gem. §§ 567, 577, 109 Abs. 4 S. 2 ZPO an sich statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) ist zulässig, vor allem rechtzeitig eingelegt. Der angefochtene Beschluss ist Rechtsanwalt O., der sowohl persönlich haftender Gesellschafter als auch Prozessbevollmächtigter der Beklagten zu 1) war, persönlich am 8. Juni 2000 zugestellt worden, so dass durch den am 23. Juni 2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz die Zwei-Wochen-Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gewahrt wurde, weil der 22. Juni 2000 ein Feiertag war. Daher kann dahinstehen, ob trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von Rechtsanwalt O. durch die Zustellung an diesen, der neben seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten zu 1) auch deren Prozessbevollmächtigter war, die Frist überhaupt zu laufen begann.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) ist auch begründet, weil dem Landgericht sowohl bei dem vorangegangenem Fristsetzungsbeschluss wie der Rückgabeanordnung schwerwiegende Verfahrensfehler unterlaufen sind, die zur Aufhebung und Zurückverweisung führen. Im Rahmen der Beschwerde betr. die Rückgabeanordnung kann dabei auch der zuvor zwingend zu erlassende Beschluss über die Fristsetzung hinsichtlich seiner Rechtmäßigkeit mit überprüft werden (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 109 ZPO Rn. 10).

Zwar liegt ein solcher Verfahrensfehler nicht schon darin, dass statt des eigentlich für die Fristsetzung und die Rückgabeanordnung zuständigen Rechtspflegers der Richter entschieden hat (vgl. § 20 Nr. 3 RPflG im Hinblick auf § 8 Abs. 1 RPflG).

Sowohl der Beschluss über die Fristsetzung wie der über die Rückgabeanordnung leiden jedoch daran, dass sich daraus nicht mit der notwendigen Bestimmtheit ergibt, zwischen welchen Parteien die Beschlüsse Wirksamkeit erlangt haben bzw. erlangen sollten.

Sowohl die Urschrift des Beschlusses betr. die Fristsetzung als auch der angefochtene Beschluss betr. das Erlöschen der Bürgschaft enthalten in der Urschrift als Parteibezeichnung lediglich die Worte "In Sachen pp". Bei Beschlüssen, die das Verfahren in der Instanz ganz oder teilweise abschließen sollen, die als Vollstreckungstitel in Betracht kommen oder von deren Rechtskraft weitergehende Wirkungen abhängen, muss sich aber aus der Urschrift selbst ergeben, zwischen welchen Parteien die Entscheidung ergangen sein soll (vgl. OLG Köln InVo 1997, 103; OLG Karlsruhe InVo 2000, 209).

Für Urteile ergibt sich dies aus der Vorschrift des § 313 Nr. 1 ZPO. Zwar ist die angefochtene Entscheidung als Beschluss ergangen, und nimmt die Vorschrift des § 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der die entsprechende Anwendung von für das Urteil geltenden Vorschriften für Beschlüsse regelt, nicht auf § 313 Nr. 1 ZPO Bezug. Es ist jedoch zutreffend anerkannt, dass auch Beschlüsse mit dem vorgenannten Inhalt die Parteien und Beteiligten, zwischen denen sie ergehen, eindeutig erkennen lassen müssen (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO § 329 Rn. 33; OLG Köln, OLG Karlsruhe a.a.O.).

Diesen Anforderungen genügt weder der Fristsetzungsbeschluss noch der Beschluss betr. das Erlöschen der Bürgschaft. Aus beiden ist schon vom Wortlaut her nicht ersichtlich, wer Partei des Verfahrens sein soll. Zwar könnte man unter Einbeziehung des vorherigen Verfahrensablaufes im Hinblick auf den Gegenstand des Verfahrens zu dem Ergebnis kommen, damit seien die ursprünglichen Prozessparteien gemeint. So hat es auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle verstanden. Eine Auslegung führt hier aufgrund der besonderen Umstände des Falles - Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten zu 2), der einziger persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten zu 1) - KG - ist, jedoch nicht weiter.

Zwar hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KG keine stets zwingenden Auswirkungen auf das gegen die KG gerichtete Verfahren, weil zwischen dem Komplementär einer KG und dieser selbst keine notwendige Streitgenossenschaft besteht. Infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten zu 2) als Komplementär der beklagten KG ist dieser jedoch aus der KG von Gesetzes wegen ausgeschieden, §§ 161 Abs. 2, 177, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB. Da der Beklagte zu 2) aber der einzige Komplementär der KG war, hat dies zur Folge, dass die KG aufgelöst ist (vgl. BGHZ 6, 113, 116; Ensthaler, Gemeinschaftskommentar zum HGB, 6. Aufl., 1999, § 161 HGB Rn. 28). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn infolge einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag einer der verbliebenen Kommanditisten die persönliche Haftung übernommen oder ein neuer persönlich haftender Gesellschafter aufgenommen worden wäre. Ob einer dieser Fälle vorliegt, ist unklar. Dazu hat keine der Parteien etwas vorgetragen, noch ist dies ersichtlich. Ist dies nicht der Fall, ist die Beklagte zu 1) durch das Ausscheiden ihres einzigen persönlich haftenden Gesellschafters in das Stadium der Abwicklung getreten, eine werbende KG existiert nicht mehr. Ob die Bestimmung des § 131 Abs. 3 HGB teleologisch dahingehend reduziert werden kann, dass diese für den Fall des einzig persönlich haftenden Gesellschafters nicht gilt, dieser vielmehr der KG i.L. weiter angehört (vgl. dazu Frey/v. Bredow, ZIP 1998, 1621 f), kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen. Denn selbst wenn man dies bejahen wollte, kann dies im Fall des Ausscheidens des einzigen persönlich haftenden Gesellschafters wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nicht dazu führen, dass die Rechtsfolgen der Insolvenzeröffnung in diesem Zusammenhang unbeachtet blieben.

Gem. § 80 InsO verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände. Zur Insolvenzmasse (§§ 35, 36 InsO) gehört u.a. das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, somit gehören auch die Ansprüche aus der vor Insolvenzeröffnung ausgereichten Prozessbürgschaft dazu. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner durchgeführt worden sind und daher Ansprüche aus der Bürgschaft in Betracht kommen. Wenn der einzige persönlich haftende Gesellschafter entsprechend der o.a. Meinung in der KG i.L. verblieben sein sollte, ist er aufgrund der Regelung in § 80 InsO jedenfalls gehindert, seine Rechte selbst geltend zu machen. Dies muss dann auch im Verfahren in der Weise deutlich werden, dass ein Verfahren nicht mehr gegen die "alte" - werbende - KG, vertreten durch den in Insolvenz gefallenen persönlich haftenden Gesellschafter, gerichtet ist und in diesem Verfahren ein Beschluss gegen die "alte" KG erlassen werden kann.

Daran ändert auch nichts, dass die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gefertigten Ausfertigungen des Beschlusses ein volles Rubrum und damit auch die notwendigen Angaben über die Beteiligten enthalten, zwischen denen - nach Auffassung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle - der Richter die Entscheidung getroffen haben und diese wirksam werden soll. Die Ausfertigung muss der Urschrift entsprechen. Ist in dieser nur "In pp." (Abkürzung des lateinischen "perge, perge", was gleichbedeutend ist mit "fahre fort, fahre fort") angegeben, darf der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dies nicht selbständig ergänzen, weil die Entscheidung darüber, wer Partei sein soll, der Richter selber treffen muss. Dies gilt jedenfalls bei der hier gegebenen besonderen Sachlage.

2. Die Beschwerde des Beklagten zu 2) ist aus den oben dargelegten Gründen rechtzeitig. Sie ist auch im übrigen zulässig, obwohl über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, was u.a. zur Folge hat, dass er mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über die zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände verloren hat (§ 80 InsO) und die von ihm erteilten Prozessvollmachten erloschen sind (§ 117 InsO).

Denn diese Vorschriften greifen hier insofern schon nicht, als der angefochtene Beschluss in der Form der Ausfertigung den Beklagten zu 2) persönlich betrifft, nicht jedoch den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beklagten zu 2) in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes. Deshalb muss der Beklagte zu 2) auch die Möglichkeit haben, gegen diesen ihn persönlich als Partei bezeichnenden Beschluss vorzugehen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 764, 765; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., vor § 50 Rn. 8, 9 m.w.N.). In diesem Rahmen konnte er auch Rechtsanwalt H. wirksam Prozessvollmacht erteilen.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) ist auch begründet.

Auch hinsichtlich des Beklagten zu 2) treffen die obigen Ausführungen über die nicht ausreichende Bezeichnung der Partei durch "In pp." zu, zumal auch hinsichtlich des Beklagten zu 2) eine besondere Sachlage gegeben ist.

Über das Vermögen des Beklagten zu 2) ist am 22. Dezember 1999 und damit lange vor der Einleitung des Verfahrens gem. § 109 ZPO das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Verfahren nach § 109 ZPO betrifft auch, wie dargelegt, die Insolvenzmasse. Dementsprechend musste sich das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter richten, nicht jedoch gegen den Beklagten zu 2) persönlich. Ob sich das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter als Partei richten sollte, ist nicht zweifelsfrei, dürfte im Ergebnis aber zu bejahen sein. Im das Verfahren gem. § 109 ZPO einleitenden Schriftsatz der Klägerin ist als Parteibezeichnung lediglich "O. Immoblien KG" [also die Beklagte zu 1] angeführt; im Antrag heißt es dann jedoch, "den Beklagten" sei eine Frist zu setzen. Am Ende dieses Schriftsatzes wird sodann ausgeführt, die Zustellung sei an Rechtsanwalt J. G. als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn W. R. O. zu bewirken. Dies ist dann auch so geschehen. Die Zustellung an diesen musste aber erfolgen, weil er Partei war, nicht etwa Vertreter des Schuldners oder sein Prozessbevollmächtigter. Denn der Insolvenzverwalter ist Partei Kraft Amtes. Es spricht daher manches dafür, dass die Klägerin das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter richten wollte. Auch bei dieser Sachlage genügte das "In pp." jedoch nicht, wie sich auch tatsächlich darin gezeigt hat, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Beklagten zu 2) sowie deren früheren Prozessbevollmächtigten in das Rubrum der Ausfertigungen aufgenommen hat, nicht jedoch den Insolvenzverwalter.

3. Die Sache war daher an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, wobei es angezeigt war, diesem auch die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde zu überlassen. Nachdem die Klägerin sodann Gelegenheit gehabt haben wird, unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Falles klarzustellen, wer sodann oder auch schon bisher Antragsgegner sein soll, wird das Landgericht nach Anhörung dieser Antragsgegner erneut über den Antrag der Klägerin zu entscheiden haben.

Beschwerdewert: 690.000 DM (Wert der Sicherheit, vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 109 Rn. 28)



Ende der Entscheidung

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