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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 25 WF 204/07
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4
RVG § 33 Abs. 5
RVG § 33 Abs. 6
RVG § 33 Abs. 7
RVG § 33 Abs. 8
RVG § 45
RVG § 48
RVG § 48 Abs. 3
RVG § 48 Abs. 4
RVG § 55
RVG § 56 Abs. 1
RVG § 56 Abs. 2 S. 1
ZPO § 78 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 573
ZPO § 624 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Sache wird an das Amtsgericht - Familiengericht - Köln zurückgegeben, weil eine Zuständigkeit des Senats nicht gegeben ist.

Gründe:

1.

Der Antragsgegnerin ist durch Beschluss vom 09.01.2007 für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der beschwerdeführenden Rechtsanwältin bewilligt worden. Durch den angefochtenen Beschluss ist auf ihren Antrag hin die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt worden. Dabei ist eine Terminsgebühr aus einem Gegenstandswert von 8.500 Euro (Scheidung und Versorgungsausgleich) in Ansatz gebracht worden, nicht jedoch - wie beantragt - aus einem Gegenstandswert von 10.500 Euro. Hintergrund dessen ist, dass im Termin der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2007 die Prozessparteien eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, den Zugewinn, nachehelichen Unterhalt sowie sämtliche sonst zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche geschlossen haben. Die bewilligte Prozesskostenhilfe ist durch ausdrücklichen Beschluss auf den geschlossenen Scheidungsfolgenvergleich erstreckt worden. Die Absetzung des Mehrbetrages hat das Amtsgericht (Urkundsbeamter der Geschäftsstelle) damit begründet, dass die Terminsgebühr für die nicht anhängigen Gegenstände von der Prozesskostenhilfebewilligung nicht umfasst sei; dabei hat sich das Amtsgericht auf einen Beschluss des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 02.05.2005 - 21 WF 91/05 - bezogen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts hat der rechtzeitig eingelegten Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

2.

Eine Zuständigkeit des Senats ist nicht gegeben.

Gem. § 56 Abs. 1 RVG entscheidet über Erinnerungen des Rechtsanwalts gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gem. § 55 RVG das Gericht des ersten Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist. Hat - wie hier - der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen, muss er sie mit einem entsprechenden Vermerk dem zuständigen Richter des Gerichts des ersten Rechtszuges, hier also dem zuständigen Richter des Amtsgerichts Köln vorlegen, § 573 ZPO. Erst gegen dessen Entscheidung ist unter den Voraussetzungen der §§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 bis 8 RVG die Beschwerde gegeben.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Ob die Voraussetzungen einer Terminsgebühr gem. Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG auch hinsichtlich der mitverglichenen, nicht anhängigen Sachen vorliegen, wird das Amtsgericht zu prüfen haben; dies dürfte im Hinblick auf die Variante 3 der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG zu bejahen sein. Sind sie erfüllt, dürfte ein entsprechender Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin gegenüber der Staatskasse bestehen.

Gem. §§ 45, 48 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Dabei ist zu beachten, dass gem. § 624 Abs. 2 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Scheidungssache sich auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich erstreckt, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen worden ist. Zwar ist von der Erstreckung der Prozesskostenhilfe die entsprechende Beiordnung zu unterscheiden. Da jedoch für das Verbundverfahren gem. § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Anwaltszwang besteht, beinhaltet die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auch die entsprechende Beiordnung. Ferner erstreckt sich die Beiordnung in einer Ehesache gem. § 48 Abs. 3 RVG für die dort genannten Folgesachen, gleich ob sie anhängig sind oder nicht, grundsätzlich auch auf den Abschluss eines Vertrages i.S. der Nummer 1000 des VV RVG (Einigungsgebühr).

§ 48 Abs. 4 RVG stellt hinsichtlich anderer Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, klar, dass der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt nur dann eine Vergütung aus der Staatskasse erhält, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet worden ist.

Sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG ebenso erfüllt wie die für eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV hinsichtlich der in § 48 Abs. 3 RVG genannten Folgesachen, so spricht allein schon der wirtschaftliche Zusammenhang und der bestehende Anwaltszwang dafür, dass die Beiordnung des Anwalts auch die in diesen Fällen angefallene Terminsgebühr umfasst. Es widerspräche der Zielsetzung der Prozesskostenhilfe, dass die in diesen Fällen anfallende Terminsgebühr von der armen Partei selber zu tragen wäre. Darauf müsste der Rechtsanwalt seine Partei hinweisen und ihr aufzeigen, dass auf sie keine Kosten entfallen, wenn derartige Ansprüche nicht mitverglichen, sondern in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden, für das sie Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung auch für die in jenem Verfahren anfallende Terminsgebühr bekommen könne. Die Folge wird dann sein, dass die arme Partei ein gesondertes Verfahren betreibt. Eine derartige Verfahrensweise ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern für alle Beteiligten auch mit überflüssiger Arbeit verbunden; gerade das will die Regelung des § 48 Abs. 3 RVG vermeiden (vgl. Schneider AGS 2004, 380).

Soweit vorliegend durch die geschlossene Vereinbarung auch sonstige Angelegenheiten mitgeregelt worden sind, trifft die vorgenannte Begründung allerdings so nicht zu; dabei ist allerdings offen, wie hoch der diesbezügliche Gegenstandswert ist. Das Familiengericht hat den Streitwert für den Vergleich ohne Differenzierung auf insgesamt 2.000 Euro festgesetzt.

Hinsichtlich dieser sonstigen Angelegenheiten kommt eine Vergütung aus der Staatskasse daher nur dann in Betracht, wenn die Beschwerdeführerin dafür ausdrücklich beigeordnet worden ist, § 48 Abs. 4 RVG.

Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2007 heißt es dazu:

"Die den Parteien bewilligte Prozesskostenhilfe wird zu den in den jeweiligen Beschlüssen niedergelegten Bedingungen auf den nunmehr geschlossenen Scheidungsfolgenvergleich erstreckt."

Dies beinhaltet angesichts des bestehenden Anwaltszwangs für den Scheidungsfolgenvergleich konkludent auch eine entsprechende Beiordnung des Anwalts. Davon ist auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zutreffend ausgegangen, hat er doch die beantragte Einigungsgebühr angesetzt.

Die Erstattung der Terminsgebühr aus der Staatskasse in derartigen Fällen entspricht im Ergebnis der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz OLGReport Koblenz 2006, 895 = RVG 2006, 83 = NJOZ 2006, 3716. Dem steht die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln [21. ZS] nicht entgegen. Die Entscheidung betraf einen Fall, in dem die bewilligte Prozesskostenhilfe gerade nicht auf den verglichenen Teil erstreckt worden war. Dementsprechend heißt es dort auch in den Gründen weiter:

"... Im Rahmen der Prozesskostenhilfe wird es darüber hinaus erforderlich sein, dass auf einen entsprechenden Antrag der Partei die Prozesskostenhilfe auch auf die nicht rechtshängigen Ansprüche erstreckt wird".

Ende der Entscheidung

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