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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 31.08.2001
Aktenzeichen: 26 WF 123/01
Rechtsgebiete: FGG, KostO, BGB


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 19
FGG § 20
FGG § 13 a I
KostO § 2
KostO § 1
KostO § 93 a
KostO § 2 Nr. 2
KostO § 14 III
KostO § 94 III S. 2
KostO § 94 I Nr. 4
KostO § 136 Nr. 16
KostO § 93 a II n. F.
BGB § 1836 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN

26 WF 123/01

In der Familiensache

(hier: Kostenansatz)

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen am 31.08.2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düren vom 17.5.2001 ( 21 F 272/ 00) wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem seine Erinnerung gegen den Ansatz der Kosten des Verfahrenspflegers in Höhe von 1.452,30 DM, die u.a. Gegenstand der Kostenrechnung des Amtsgerichts vom 2.02.2001 sind, zurückgewiesen wurde.

I.

Der Beschwerdeführer ist der Vater des am 5.3.1996 nichtehelich geborenen Kindes C. L., mit dessen Mutter - der Beschwerdegegnerin - er von der Geburt des Kindes bis zur Trennung am 1.11.1999 zusammengelebt hat. Die Beschwerdegegnerin hat die elterliche Alleinsorge für C.. Der Beschwerdeführer erstrebt ein geordnetes Umgangsrecht und hat mit diesem Ziel das vorliegende Umgangsverfahren eingeleitet.

Das Amtsgericht hat im Termin vom 7.11.2000 dem Kind einen Verfahrenspfleger beigeordnet. Im gleichen Termin haben die Beteiligten vereinbart, dass in Absprache mit diesem Besuchskontakte zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kind zunächst einmal in den Räumen des Verfahrenspflegers stattfinden sollen. Neuen Termin wollte das Amtsgericht nach Eingang des Berichtes des Verfahrenspflegers bestimmen. Zu einem neuen Termin ist es nicht mehr gekommen, weil sich der Beschwerdeführer dafür entschieden hat, den Kontakt zu seinem Sohn auf unbestimmte Zeit einzustellen.

Das Amtsgericht hat den Beschwerdeführer in Höhe der geprüften Kostennote des Verfahrenspflegers zuzüglich weiterer Auslagen mit der streitigen Kostenrechnung als Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO in Anspruch genommen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit der Erinnerung eingewandt, das Gericht habe seine Fürsorgepflicht ihm gegenüber verletzt, indem es nicht darauf hingewiesen habe, dass er für die Vergütung des Verfahrenspflegers aufkommen müsse. Er hätte sonst den Einsatz eines Verfahrenspflegers abgelehnt, da er sich - wie er auch dem Gericht zu Verhandlungsbeginn dargelegt habe - aus Kostengründen schon damals nicht mehr habe anwaltlich vertreten lassen.

Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit der Begründung zurückgewiesen, die Verfahrenspflegerbestellung sei zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes zwingend erforderlich gewesen, da zwischen den Eltern ein massiver Beziehungskonflikt bestehe und den Bedürfnissen des Kindes ohne Einsatz eines Interessenvertreters nicht in dem erforderlichen Umfang im Rahmen des Verfahrens habe Rechnung getragen werden können. Es handele sich daher um notwendige Verfahrenskosten, für die der Antragsteller ( Beschwerdeführer) einzustehen habe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde, zu deren Begründung sich der Beschwerdeführer erneut auf seine bereits mit der Erinnerung geltend gemachten Einwände beruft und insbesondere um eine Angabe der gesetzlichen Grundlage des Kostenansatzes bittet.

II.

Die Beschwerde ist nach § 14 III KostO (Kostenordnung) statthaft und auch im übrigen zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1. Da weder eine Kostenentscheidung nach § 13 a I FGG vorliegt, noch eine Anordnung gemäß § 94 III S.2 i.V. mit I Nr. 4 KostO im Hinblick auf die hier streitige Verfahrenspflegervergütung getroffen wurde, mögen die Streitfragen zur eventuellen analogen Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf gerichtliche Auslagen dahinstehen ( vgl. dazu Keidel/Kuntze/Winkler FG, Teil A, § 13 a FGG Rn 2; OLG Zweibrücken JurBüro 1985,264 m.w.Nachw., OLG Koblenz JurBüro 1988, 1202 und Rpfleger 1988, 106 und Rohs/Wedewer, KostO, § 94 Rn 28 ff.).

2. Grundlage für die Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers ist daher § 2 KostO. Danach hat bei Geschäften, die nur auf Antrag vorzunehmen sind, derjenige, der die Tätigkeit des Gerichts veranlasst, und bei von Amts wegen vorzunehmenden Geschäften derjenige, dessen Interessen wahrgenommen werden, die Kosten zu tragen.

a. Bei familienrechtlichen Angelegenheiten handelt es sich mit Ausnahme der eherechtlichen Angelegenheiten um Amtsverfahren, in denen der Antrag- soweit er überhaupt gestellt wird- lediglich eine Anregung an das Gericht darstellt, auf der Grundlage des unterbreiteten Sachvortrages tätig zu werden. Es kommt deshalb nach der hier in Betracht kommenden Haftung des Beschwerdeführers als sogenannter Interesseschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO entscheidend darauf an, ob das Umgangsrechtsverfahren ( auch) in seinem Interesse durchgeführt worden ist.

Nach ganz herrschender Meinung sind in allen Sorge- und Umgangsrechtsverfahren, jedenfalls bei solchen, in denen -wie hier- erstmals eine Entscheidung über das Sorge- bzw. das Umgangsrecht zu treffen ist, regelmäßig die Interessen des Kindes und beider Elternteile betroffen (OLG Celle FamRZ 1996, 1559=Rpfleger 1996, 344 f. m.weit. Nachw., a.A. Rohs/Wedewer a.a.O. § 2 Rn 15 nur das Kind). Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung an. Denn der von der Gegenmeinung zur Begründung ihrer Auffassung herangezogene Gesichtspunkt, dass die zu treffende Entscheidung sich ausschließlich am Kindeswohl auszurichten hat, besagt nicht, dass das Kindeswohl und das Elterninteresse nicht gleichgerichtet sein können.

b. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer als Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO zur Zahlung der Gerichtskosten, zu denen gem. § 1 KostO auch die Auslagen gehören, verpflichtet ist. Denn die Vergütung des Verfahrenspflegers, die nach § 50 V FGG zunächst von der Staatskasse zu zahlen ist, kann nach § 136 Nr. 16 KostO als Auslage von dem Kostenschuldner erhoben werden.

c. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 93 a II KostO n. F. die Auslagen von dem Betroffenen (hier dem Kind) nach Maßgabe des § 1836 c BGB, d.h. bei dessen Leistungsfähigkeit, erhoben werden können. Denn nach richtigem Verständnis regelt diese Vorschrift nicht in Abweichung von § 2 Nr. 2 KostO, wer ausschließlich als Kostenschuldner für die von der Staatskasse getragene Vergütung des Verfahrenspflegers heranzuziehen ist ( in diesem Sinne aber Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 93 a Rn 7), sondern beschränkt die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Betroffenen als Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO auf den Fall seiner Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1836 c BGB (Rohs/Wedewer, a.a.O. § 93 a Rn 5 und 7). Für diese Auslegung spricht auch die bei Rohs /Wedewer, a.a.O. unter Rn 3 abgedruckte amtliche Begründung für die Einführung des § 93 a KostO, in der es am Ende heißt: ..Abs. 2 soll bestimmen, dass die ... verauslagten Kosten vom Betroffenen nur erhoben werden können, wenn ....

3. Der Beschwerdeführer ist von der Staatskasse auch zu Recht in vollem Umfang allein und nicht etwa nur anteilig oder zugleich mit der Beschwerdegegnerin wegen der Auslagen in Anspruch genommen worden, da die Inanspruchnahme der als Interessenschuldnerin ebenfalls in Betracht kommende Antragsgegnerin als Kostenschuldnerin wegen der ihr gewährten ratenfreien Prozesskostenhilfe ausscheidet ( OLG Koblenz FamRZ 1995,1362, Hartmann, a.a.O., § 2KostO Rn 28 Stichwort "Prozesskostenhilfe") (§ 122 I ZPO).

Nach alledem ist die alleinige Haftung des Beschwerdeführers für die Vergütung des Verfahrenspflegers aus kostenrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

4. Eine nachträgliche rückwirkende Gewährung von (ratenfreier) Prozesskostenhilfe für das Umgangsrechtsverfahren, die auch den Beschwerdeführer von der Kostentragungspflicht befreit hätte, war nicht möglich, da sich die zuständige Richterin an die nicht protokollierte Behauptung des Beschwerdeführers, er sei aus finanziellen Gründen nicht mehr anwaltlich vertreten, nicht mehr erinnern konnte und deshalb nicht einmal sinngemäß von einem rechtzeitig gestellten Antrag ausgegangen werden konnte.

5. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist dem Amtsgericht bei der Bestellung des Verfahrenspflegers keine Pflichtverletzung anzulasten.

Eine Pflicht des Gerichts, die potentiellen Kostenschuldner auf die Entstehung eines Vergütungsanspruchs durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers für das Kind hinzuwesen, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Ebensowenig hat das Gericht darauf aufmerksam zu machen, dass die Kostentragungspflicht des Interessenschuldners auch diese Vergütung umfasst, oder gar bei nicht anwaltlich vertretenen Parteien noch darauf hinzuwirken, dass erforderlichenfalls ein Prozesskostenhilfegesuch eingereicht wird. Eine so weitgehende Fürsorgepflicht kennt das Gesetz auch in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht. Sie ist auch nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten zu fordern. Unser Rechtssystem geht vielmehr davon aus, dass jeder Beteiligte in der Lage ist, sich die notwendigen Informationen durch einen anwaltlichen Vertreter erteilen zu lassen, dessen Beiordnung unter besonderen Voraussetzungen mit einem Prozesskostenhilfegesuch beantragt werden kann. Da der Beschwerdeführer zunächst sogar anwaltlich vertreten war, ohne dass ein Prozesskostenhilfeantrag eingereicht wurde, bestand aber schon deshalb keine Veranlassung für das Gericht, allein aus der Information über den Wegfall der anwaltlichen Vertretung Mutmaßungen über eine eventuelle Prozessarmut des Beschwerdeführers anzustellen.

6. Im übrigen soll die Bestellung eines Verfahrenspflegers unabhängig von finanziellen Erwägungen ausschließlich danach erfolgen, ob eine eigene Interessenvertretung des Kindes zur Geltendmachung seiner Bedürfnisse erforderlich erscheint. Die von dem Beschwerdeführer für den Fall der Aufklärung über die Kostentragungspflicht vermutete Wahlfreiheit seinerseits betreffend die Bestellung des Verfahrenspflegers besteht daher gar nicht. Denn wenn die Bestellung eines Verfahrenspflegers im Sinne des § 50 FGG notwendig ist, dann ist er auch gegen den Willen des Kostenschuldners zu bestellen. Ein Verzicht des Kostenschuldners auf die Pflegerbestellung (noch dazu aus finanziellen Gründen) hindert das Gericht nicht an einer für notwendig erachteten Bestellung eines Verfahrenspflegers.

7. Ob die Beschwerde auch dahin zu verstehen ist, dass sich der Beschwerdeführer gegen die Erforderlichkeit der Bestellung des Verfahrenspflegers wenden möchte, kann ebenso offen bleiben wie die weitere Frage, ob den Eltern gegen die Bestellung eines Verfahrenspflegers überhaupt ein isoliertes Anfechtungsrecht zusteht, weil sie in ihrem Elternrecht berührt sind, oder ob es sich bei der Pflegerbestellung um eine nicht anfechtbare verfahrensleitende Zwischenverfügung handelt ( vgl. dazu die Zusammenstellung von Motzer, FamRZ 2001, 1034,1043f. m. Nachw. aus der Rechtsprechung). Denn auch eine nach den §§ 19, 20 FGG zulässige Beschwerde gegen die Bestellung des Verfahrenspflegers wäre in der Sache hier nicht begründet.

a. Wie das Amtsgericht mit seiner nachträglichen Begründung des Anordnungsbeschlusses ausgeführt hat, hat es die Maßnahme angesichts des erheblichen Konfliktpotentiales der Eltern zur Wahrung der Kindesinteressen im Rahmen des Umgangsverfahrens für erforderlich gehalten. Diese Begründung lässt keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Zwar erschöpft sie sich überwiegend in der Wiedergabe der in § 50 FGG gesetzlich normierten Voraussetzungen der Pflegerbestellung. Dies ist jedoch unschädlich, weil die als Konfliktpotential umschriebenen besonderen Gründe, zu denen auch die psychische Instabilität der Beschwerdegegnerin zu rechnen ist, ebenso wie die übrigen Schwierigkeiten der Beteiligten aus den Jugendamtsberichten und dem Akteninhalt im übrigen ersichtlich sind. Diese Besonderheiten lassen eine Pflegerbestellung für das Umgangsrechtsverfahren betreffend das damals erst 4 1/2 Jahre alte, bei der Mutter lebende nichteheliche Kind durchaus erforderlich erscheinen, auch wenn im allgemeinen in Umgangsrechtsverfahren die Bestellung eines Verfahrenspflegers eher die Ausnahme sein sollte ( vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1999,1293).

b. Allerdings geht die tatsächliche Gestaltung der dem Verfahrenspfleger hier übertragenen Vermittlungs- und Anbahnungstätigkeit auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Beteiligten über den Bereich dessen hinaus, was die Rechtsprechung unter dem gesetzlichen Auftrag des Verfahrenspflegers versteht. Danach hat er nur die Interessen des Kindes zu erkennen und zu formulieren. Als reiner Interessenvertreter kommt ihm nicht die Aufgabe zu, darüber hinausgehende Ermittlungen anzustellen oder Vermittlungsversuche zwischen den Beteiligten mit dem Ziel des Abschlusses einer einverständlichen Regelung anzustellen oder die Durchführung des Umgangsrechts zu begleiten ( OLG Frankfurt FamRZ 1999,1293; Motzer a.a.O., 1043 mit weit. Nachw. aus der Rspr.).

c. Der Beschwerdeführer kann sich jedoch auf diese Ausweitung des dem Verfahrenspfleger erteilten Auftrages nicht mit dem Ziel der Kürzung von dessen Vergütung berufen. Denn die Ausgestaltung der von dem Verfahrenspfleger im vorliegenden Verfahren wahrzunehmenden Aufgaben ist im ausdrücklichen Einvernehmen mit den Beteiligten vorgenommen worden. Das Protokoll vom 7.11.2000 enthält die detaillierte Vereinbarung der Parteien zur Aufnahme des Kontaktes im Büro des Verfahrenspflegers und über die dort beabsichtigten weiteren Kontakte nach gemeinsamer Absprache. Es ist nicht ersichtlich und auch von dem Beschwerdeführer nicht dargetan, dass der Verfahrenspfleger bei der Wahrnehmung der so definierten Aufgabe seinen Auftrag überschritten hätte.

Die Beschwerde gegen den Kostenansatz hat nach alledem auch unter den übrigen von dem Beschwerdeführer geltend gemachten, nicht kostenrechtlichen Gesichtspunkten keinen Erfolg.

8. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt ( § 14 V KostO).

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