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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.05.2000
Aktenzeichen: 26 WF 69/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 793 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 771 Abs. 3
ZPO § 769 Abs. 1
ZPO § 707 Abs. 2 S. 2
ZPO § 719 Abs. 1
ZPO § 719
ZPO § 769
ZPO § 97 Abs. 1
BGB § 1365
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

26 WF 69/00 13 F 109/00 AG Gummersbach

In der Familiensache

pp.

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln - als Senat für Familiensachen - unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Laumen, des Richters am Oberlandesgericht Drzisga und der Richterin am Oberlandesgericht von Olshausen am 22. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers vom 26. April 2000 gegen den Beschluss des Amtsgericht Gummersbach vom 4. April 2000 - 13 F 109/00 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers vom 26. April 2000 ist als sofortige Beschwerde im Sinne der §§ 793 Abs. 1, 577 Abs. 2 ZPO auszulegen, da sie sich gegen eine Entscheidung gemäß §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 ZPO richtet. Sie ist als solche unzulässig. Eine Anfechtung der Ablehnung einer einstweiligen Anordnung nach § 769 Abs. 1 ZPO ist in entsprechender Anwendung der §§ 707 Abs. 2 S. 2, 719 Abs. 1 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen, so dass die sofortige Beschwerde des Klägers als unzulässig zu verwerfen war.

Der Senat folgt insoweit in ständiger Rechtsprechung der ganz überwiegenden Auffassung (vgl. OLG München FamRZ 1990, 1267; OLG Köln OLGR 1995, 75; OLG Braunschweig FamRZ 1987, 284; OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 1149, 1150; Zöller/Herget, ZPO, 21. Auflage, § 769 Rnr. 13 m. w. N.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Auflage, § 769 Rnr. 15), von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht. Dem Ausschluss der Anfechtbarkeit von Einstellungsbeschlüssen nach den §§ 707, 719 liegt nach den Gesetzesmotiven die Erwägung zugrunde, dass das Hauptsachegericht zum einen im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Anordnung seine Entscheidung ohnehin jederzeit nachträglich ändern kann und zum andern die Hauptsacheentscheidung nicht durch das Beschwerdegericht "präjudiziert" werden soll (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, a. a. O., Rnr. 16). Diese Prozesssituation besteht bei Anordnungen nach § 769 ZPO in gleicher Weise, ohne dass sachliche Gründe ersichtlich sind, Einstellungsbeschlüsse nach dieser Vorschrift anders zu behandeln als einstweilige Anordnungen nach den §§ 707, 719 ZPO.

Nur ausnahmsweise ist die sofortige Beschwerde gegen eine Einstellungsentscheidung gemäß § 769 ZPO statthaft, wenn schlüssig vorgetragen wird, dass die angefochtene Entscheidung die Ermessensgrenzen überschreitet oder greifbar gesetzwidrig ist (vgl. nur OLG Köln FamRZ 1997, 1093; OLG Nürnberg NJW-RR 1993, 1216; OLG Naumburg NJW-RR 1998, 366, jeweils m. w. N.; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Auflage, § 769 Rnr. 18). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Die angefochtene Entscheidung leidet weder unter Ermessensfehlern, noch ist sie sonst "greifbar gesetzeswidrig". Von einem Ermessensfehler kann nur gesprochen werden, wenn das Gericht die Grenzen der Ermessensausübung verkannt hat oder ein Ermessen gar nicht erst ausgeübt hat (vgl. OLG Köln FamRZ 1997, 1093). Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

Greifbar gesetzeswidrig ist eine Entscheidung darüber hinaus allenfalls dann, wenn ihr jede rechtliche Grundlage fehlt und sie dem Gesetz inhaltlich fremd ist. Die Möglichkeit, eine nach geltendem Recht unanfechtbare Entscheidung mit einem Rechtsmittel anzugreifen, ist damit auf die Ausnahmefälle des greifbaren Gesetzesverstoßes beschränkt, in dem es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (vgl. BGHZ 109, 41, 43 m. w. N.; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Auflage, § 567 Rnr. 18 a m. w. N.). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn nur eine falsche Rechtsanwendung gerügt wird (OLG Stuttgart NJW 1997, 64; OLG Köln FamRZ 1997, 1093).

Es ist dem Beschwerdeführer allerdings einzuräumen, dass das Amtsgericht hier die Rechtslage verkannt hat. Zwar entfällt das Zustimmungserfordernis des § 1365 BGB grundsätzlich mit Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils (OLG Hamm FamRZ 1987, 591; Brudermüller, FamRZ 1996, 1516, 1519 m. w. N.). Dies kann aber nach heute herrschender Auffassung dann nicht gelten, wenn das Gesamtvermögensgeschäft - wie hier - zu einem Zeitpunkt getätigt wird, zu welchem zwar die Ehe rechtskräftig geschieden ist, der Zugewinnausgleichsanspruch als abgetrennte Folgesache aber noch rechtshängig ist (OLG Hamm FamRZ 1984, 53 m. zust. Anm. Bosch = Rpfleger 1984, 15 = OLGZ 1984, 23; LG Lüneburg FamRZ 1996, 1489; MünchKomm-Koch, BGB, 4. Auflage 2000, 1365 Rnr. 6; Soergel/Lange, BGB, 12. Auflage 1994, § 1365 Rnr. 33; Palandt/Diederichsen, 59. Auflage 2000, § 1365 Rnr. 3; Künzl, FamRZ 1988, 452, 456). Grund für die entsprechende Anwendung des § 1365 in diesen Fällen ist die hier weiterhin anzuerkennende Schutzbedürftigkeit des ausgleichsberechtigten Ehepartners, der vor der endgültigen Regulierung der Zugewinnausgleichsforderung geschieden wurde. Auch wenn der andere Ehegatte die Forderung nicht mehr in ihrem rechnerischen Bestand mindern kann - Anfangs- und Endvermögen stehen nach Einleitung des Scheidungsverfahrens fest -, so kann er doch ihre Durchsetzung verhindern, indem er in der Zwischenzeit sein im Vollstreckungsfall zum Ausgleich benötigtes Vermögen minimiert (vgl. MünchKomm-Koch, § 1365 Rnr. 6). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 2. Mai 2000 kann der widersprechende Ehegatte die fehlende Zustimmung auch im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO geltend machen (vgl. BGH NJW 1985, 3066; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 309 OLG Brandenburg FamRZ 1996, 1015; Palandt/Brudermüller, § 1368 Rdn. 3).

Dies ändert jedoch nichts daran, dass von einer "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" auszugehen ist, zumal die vom Amtsgericht vertretene Rechtsauffassung auch bereits einmal im Schrifttum (Böttcher, Rpfleger 1986, 271, 274) geäußert worden ist. Im übrigen sei noch einmal darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht seine Entscheidung im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Senats jederzeit nachträglich überprüfen und ggf. ändern kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 50.000,00 DM (1/5 des Hauptsachestreitwertes)



Ende der Entscheidung

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