Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: 27 UF 155/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
BGB § 1361
BGB § 1362 Abs. 2
BGB § 1579 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 UF 155/01

Anlage zum Protokoll vom 30.1.2002

Verkündet am 30.1.2002

In der Familiensache

pp.

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2001 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Schmitz, Dr. Küpper und Kleine

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das am 18.05.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg - 33 F 418/00 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt zu zahlen

a) für die Zeit vom 1.4.2000 bis 31.12.2000 in Höhe von 8.294,-- DM,

b) ab dem 1.1.2001 monatlich 728 DM

c) ab dem 1.7.2001 monatlich 662 DM

d) und ab dem 1.9.2001 monatlich 880 DM

die rückständigen Beträge sofort, die laufenden Beträge jeweils im Voraus zum 3. eines jeden Monats.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen in erster Instanz die Klägerin zu 36 % und der Beklagte zu 64 %, in zweiter Instanz die Klägerin zu 28 % und der Beklagte zu 72 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestands wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB nur im zuerkannten Umfang zu.

1) Für das Jahr 2000 kann die Klägerin von dem Beklagten einen restlichen Unterhalt von 8.294 DM verlangen.

Bei dem Beklagten ergibt sich auf der Grundlage der Gehaltsbescheinigung für 12/2000 sowie der Steuerkarte für 2000 (Bl. 234 d.A.) Folgendes:

Bruttoeinkommen 123.491,32 DM Lohnsteuer 26.859,92 DM Solidaritätszuschlag 1.342,44 DM bleiben 95.288,96 DM monatlich sind das 7.940,75 DM Abzuziehen sind Krankenversicherung 494,73 DM Pflegeversicherung 26,95 DM Diensthaftpflicht 8,50 DM Bundeswehrverband 10,-- DM es bleiben 7.400,57 DM

Die Unfallversicherung ist nicht abzusetzen, sie ist aus dem verbleibenden Einkommen zu bestreiten.

Das Kindergeld ist hiervon ebenfalls nicht abzuziehen, da es im steuerpflichtigen Brutto nicht enthalten ist.

An Fahrtkosten sind zu berücksichtigen 410,67 DM (28x2x0,40 DM x 220:12). Abzuziehen ist allerdings eine sich hieraus ergebende Steuerersparnis, die mit ca. 100 DM veranschlagt werden kann, so dass abgesetzt werden können 310,67 DM.

Danach bleiben 7.089,90 DM.

Den Wohnwert setzt der Senat mit dem Amtsgericht mit 1.170 DM an. Angesichts des überaus großzügigen Zuschnitts des Hauses erscheint mit dem Amtsgericht die Zurechnung einer 100 qm Wohnung mit einem Mietpreis von 11,70 DM/qm für die Trennungszeit als angemessen. In erster Instanz hatte der Beklagte selbst den Wohnvorteil mit 1.000 DM angesetzt (Bl.162 d.A.).

Soweit der Beklagte für das Jahr 2000 eine Eigenheimzulage von 5.500 DM erhalten hat, monatlich 458,33 DM, ist diese absprachegemäß für den Aufenthalt von F. in Amerika verwendet worden und damit außer Betracht zu lassen.

Dem anzusetzenden Wohnwert von 1.170,-- DM stehen Hausfinanzierungskosten gegenüber von 2.894,17 DM und Grundbesitzkosten von 86,33 DM

Abzusetzen wären damit 1.810,50 DM.

es verbleiben daher 5.279,40 DM.

Abzuziehen sind die Unterhaltsbeträge für F. und P. von 816 DM und 943 DM, zusammen 1.759 DM, ab dem 1.8.2000 für F. jedoch wegen des Amerikaaufenthalts 958 DM, zusammen also 1.901 DM. Auch für den volljährigen Sohn P. ist ein Vorabzug gerechtfertigt, weil der Klägerin - wie sich aus dem Folgenden ergibt - der angemessene Selbstbehalt von 1.800 DM zur Verfügung steht.

Für die Zurechnung eines Betreuungsbonus in Bezug auf F. besteht angesichts des Alters (16 Jahre, jetzt 17 Jahre) keine Veranlassung, zumal F. einen Teil des Jahres in Amerika gewesen ist und daher in dieser Zeit ohnehin nicht von dem Beklagten betreut wurde.

Damit bleiben Einkünfte von 3.520,40 DM bzw. ab dem 1.8.2000 von 3.378,40 DM

Bei der Klägerin ist jedenfalls im Jahre 2000 von den tatsächlich erzielten Einkünften auszugehen. Regelmäßig besteht im ersten Jahr nach der Trennung jedenfalls bei nicht kurzer Ehe für den Ehegatten, der längere Zeit nicht erwerbstätig war, grundsätzlich keine Obliegenheit zur Erwerbstätigkeit oder deren Ausweitung (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 60. Aufl., § 1361, Rn. 13 mw.N., Wendl/Pauling § 4 Rn. 27 zu der Frage, ob nach Trennung eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit auszudehnen ist). Zumindest im Jahr 2000 traf damit die Klägerin, die erst in der Trennungsphase die Erwerbstätigkeit aufgenommen und zuvor - während bestehender Ehe - die Heilpraktikerausbildung absolviert hatte, nach dem Gedanken des § 1362 Abs. 2 BGB noch keine Verpflichtung, sich nach etwas anderem umzusehen oder Zusatzarbeiten anzunehmen. Sie durfte mithin in jedem Fall ihren eingeschlagenen beruflichen Weg - die Tätigkeit als selbständige Heilpraktikerin war am 1.11.1999 begonnen worden - zunächst ohne Änderung fortsetzen.

Dass sie 2000 einen Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit als Heilpraktikerin erzielt hätte, kann nicht angenommen werden. Die Gewinnermittlung schließt für 2000 mit einem Verlust von 10.495,55 DM. Selbst wenn man einzelne Positionen nicht anerkennt, wie das Amtsgericht mit Recht in Bezug auf Miete und einen Teil der Abschreibungen, kommt man nicht zu einem Gewinn. Ob die Klägerin möglicherweise mehr Behandlungen vorgenommen hat als eingeräumt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil zumindest nichts dafür spricht, dass sie letztlich hieraus einen Gewinn erzielt haben könnte. Zwar mag der unter Beweis gestellte Vortrag über die Patientenbesuche (Bl. 223 d.A.) Zweifel an der Richtigkeit der angegebenen Erlössituation zulassen; er erlaubt aber keinen Schluss dahin, dass auf das Jahr gesehen Gewinne erzielt worden sein könnten.

Bei ihrer unselbständigen Nebentätigkeit hat die Klägerin netto erzielt 6.829,05 DM (AH I 4), monatlich 569,09 DM. In der Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin eingeräumt, die Fahrzeugkosten - einschließlich der Benzinkosten - vollständig im Rahmen der Gewinnermittlung der selbständigen Tätigkeit berücksichtigt zu haben, so dass ein zusätzlicher Ansatz nicht in Betracht kommt.

Danach bleiben anrechenbar 569,09 DM.

Einkünfte aus Kapitalvermögen sind nicht zu berücksichtigen. Dass sie Einkünfte erzielt hat und in welcher Höhe, ist seitens des Beklagten nicht dargetan, zumal die Klägerin geltend macht, die erhaltenen Beträge für zwei Existenzgründerdarlehen verpfändet zu haben. Dass sie Darlehen offenstehen hat, ergibt sich aus der vorgelegten Kontenübersicht (AH 1 Anl. 9).

Damit ist bis Juli 2000 wie folgt zu rechnen:

Einkommen des Beklagten 3.520,40 DM Einkommen der Klägerin 569,09 DM Differenz 2.951,31 DM. 3/7 hiervon ergibt den Anspruch der Klägerin mit 1.264,85 DM

Hierauf anzurechnen sind die bereits seitens des Beklagten erbrachten Sachleistungen. Das sind die Autokosten von 86 DM bis 30.11.2000 (Bl. 224 d.A.), Raumkosten von 90 DM sowie anteilige Telefonkosten von 31,50 DM. Es bleiben danach für 4-7/2000 1.057,35 DM. gerundet 1.057 DM.

Ab 1.8.2000 ist auszugehen beim Beklagten von 3.378,40 DM bei der Klägerin von 569,09 DM Differenz 2.809,31 DM 3/7 1.203,99 DM für 8 bis 11/2000 nach Abzug von Auto, Raum und Telefon 996,49 DM gerundet 996,-- DM

für 12/2000 nach Abzug nur noch von Raum- und Telefonkosten 1.082,49 DM, gerundet 1.082 DM.

Soweit der Beklagte meint, er sei nicht durch das Schreiben vom 7.4.2000 in Verzug gesetzt worden, geht das fehl. Dass er das Schreiben erhalten hat, ist nicht streitig (vgl. Bl. 88 d.A.). Es reicht auch - wie schon das Amtsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt hat - für die Inverzugsetzung aus, zumal die Verzugsvorschriften ausdrücklich erwähnt sind und die Klägerin einen monatlichen Unterhalt von 1.638,45 DM geltend gemacht hat.

Für die restlichen Monate 2000 sind damit insgesamt geschuldet 9.294 DM (4 x 1.057 DM= 4.228 DM, 4 x 996 DM = 3.984 DM und 1.082 DM). Hierauf sind im April und Mai 2000 zusammen 1.000 DM gezahlt, so dass noch 8.294 DM offen stehen.

Für das Jahr 2001 gilt Folgendes:

2001 ist der Beklagte in Steuerklasse II anstelle von Steuerklasse III eingeordnet. Gehaltsbescheinigungen für 2001 hat er trotz der Auflage des Senats nicht vollständig eingereicht - die letzte datiert vom 23.8.2001, obwohl die mündliche Verhandlung am 19.12.2001 stattgefunden hat. Hochgerechnet auf der Basis der vorliegenden Abrechnung für September 2001 mit einem Brutto von 87.391,11 DM (Bl. 269 d.A.) ergibt sich für 12 Monate ein Brutto von 116.521,48 DM, unter Einschluss der Sonderzuwendung von 8.655,30 DM von 125.176,68 DM.

Das ergibt hochgerechnet unter Berücksichtigung des eingetragenen Freibetrags für Fahrtkosten von 2.851 DM:

allgemeine Lohnsteuer Jahrestabelle Jahr 2001 Bruttolohn: 125.176,68 DM eingetragener Freibetrag: 2.851,00 DM LSt-Klasse 2 Kinderfreibeträge 1 Lohnsteuer: 34.391,00 DM Solidaritätszuschlag 1.707,48 DM

Nettolohn: 89.078,21 DM 89078,205 / 12 = monatlich netto 7.423,18 DM

Abzuziehen sind hiervon Krankenversicherung 494,73 DM Pflegeversicherung 26,95 DM Diensthaftpflicht 8,50 DM Bundeswehrverband 10,-- DM bleiben 6.883,-- DM

Das Kindergeld ist hiervon nicht abzuziehen, weil es im steuerpflichtigen Brutto nicht enthalten ist.

An Fahrtkosten sind zu berücksichtigen 410,67 DM (28x2x0,40 DM x 220:12) und zwar jetzt in voller Höhe, da Steuerersparnis mit dem Freibetrag bereits einbezogen ist:

Danach bleiben 6.472,33 DM.

Abzusetzen sind weiterhin Hauskosten mit 1.810,50 DM es bleiben 4.661,83 DM.

2001 hat der Beklagte eine Eigenheimzulage von 4.250 DM erhalten, das entspricht monatlich 354,17 DM, die allerdings diesmal nicht in Absprache der Parteien für den Aufenthalt von F. in Amerika verwendet wurde. Sie ist daher dem Einkommen hinzuzusetzen.

Das ergibt 5.016,00 DM.

Einen Abzug für die 2001 gezahlten Kosten des Ehescheidungsverfahrens ist nicht vorzunehmen. Es kann erwartet werden, dass der Beklagte - wie auch die Klägerin - diese aus seinem Selbstbehalt trägt. Anders könnte das nur sein, wenn er infolge dieser Aufwendungen zu Unterhaltsleistungen nicht mehr in der Lage wäre; das ist nicht der Fall.

Damit unterfällt der Beklagte der Einkommensgruppe 8 der Düsseldorfer Tabelle. Bis zum 31.7.2001 entfielen auf P. der Tabellenbetrag von 884 DM und auf F., der sich weiterhin in Amerika aufhielt, 958 DM. Abzusetzen sind damit insgesamt 1.842,00 DM. Es bleiben 3.174,00 DM.

Ab dem 1.7.2001 gelten die geänderten Beträge der Düsseldorfer Tabelle; zudem ist F. aus Amerika zurückgekehrt, so dass anzusetzen sind nach Einkommensgruppe 8 788 DM und 909 DM, zusammen 1.697,00 DM. Danach bleiben von 5.016 DM 3.319,00 DM.

Für die Berücksichtigung irgendwelcher, nicht substanziiert dargetaner Kosten für den Austauschschüler besteht kein Anlass. Seine Kosten werden ohnehin im Wesentlichen von dessen Eltern getragen; sie wiegen sich zudem mit den Vorteilen auf, die der Sohn F. seinerseits in Amerika gehabt hat.

P. leistet ab 1.9.2001 Wehrdienst. Der Wehrsold und das zusätzliche Verpflegungsgeld deckt unter Berücksichtigung dessen, dass er im Wesentlichen bei der Bundeswehr versorgt wird, seinen Bedarf, auch wenn P. - wie der Beklagte erklärt hat - Heimschläfer ist. Das reduziert den abzuziehenden Betrag - nämlich nur noch für F. - auf 788.00 DM. Danach bleiben 4.228,00 DM.

Einkommen der Klägerin

Ab dem Jahr 2001 sind der Klägerin jedenfalls höhere Einkünfte zuzurechnen. Diese bemisst der Senat entsprechend der Konsolidierung der selbständigen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen für die Lebensversicherungen für die Monate bis einschließlich Juni 2001 mit insgesamt 1.800 DM netto, für Juli und August 2001 mit insgesamt 2.100 DM und für die Zeit ab September 2001 mit insgesamt 2.500 DM netto.

Erzielt hat sie zunächst als Aushilfe bei der C.-Stiftung - nach der Abrechnung bis Oktober 2001 4.128,40 DM erzielt, monatlich mithin 412,84 DM. Fahrtkosten können hierbei - wie oben für das Jahr 2000 ausgeführt - nicht zusätzlich berücksichtigt werden.

Das Einkommen der Klägerin aus selbständiger Heilpraktikertätigkeit ist im Jahr 2001 höher gewesen als im Vorjahr. Nach der eingereichten betriebswirtschaftlichen Auswertung hat das Ergebnis bis zum 5.8.2001 8.467,54 DM betragen, bei rund 7 Monaten mithin durchschnittlich etwa 1.200 DM, allerdings ohne Berücksichtigung von Abschreibungen. Steuern werden hierauf voraussichtlich nicht erfallen wegen des Vorjahresverlustes. Im Vorjahr sind 4.842,70 DM abgeschrieben worden; umgerechnet auf 7 Monate 2001 entspräche das 2.824,91 DM. Rechnet man dabei einen Teil der Abschreibungen auf geringwertige Anlagegüter (etwa 1/3 waren im Vorjahr geringwertige Anlagegüter, hiervon nochmals 1/3) dem Gewinn zu, weil eine entsprechender Werteverzehr nicht gegeben ist, verbleiben abzuziehende rund 2.500 DM aus Abschreibungen. Zugrunde gelegt werden kann damit für die ersten Monate 2001 ein verbleibender Gewinn von rund 850 DM monatlich.

Bei ihrer Anhörung vor dem Senat hat sich in Bezug auf den aktuellen Umfang ihrer Heilpraktikertätigkeit ergeben, dass die Klägerin bezogen auf die herausgegriffene dem Termin vorhergehende Woche insgesamt 13 Patienten behandelt und - bei 70 DM pro Patient - Einnahmen von rund 910 DM erzielt hat. Hochgerechnet auf den Monat ergäben sich daraus rund 56 Behandlungen mit entsprechend hohen Einkünften von rund 3.900 DM/brutto. Die Klägerin hat sich allerdings bemüht, einer entsprechenden Berechnung entgegenzutreten, indem sie angegeben hat, gleichwohl im Monat nur 30 - 35 Patienten zu haben. Auch hieraus ergäben sich monatliche Einkünfte von rund 2.300 DM, von denen die laufenden Kosten in Abzug zu bringen sind.

Es kann indessen im Ergebnis offen bleiben, ob die Zahlen der betriebswirtschaftlichen Auswertung den tatsächlichen Umfang ihrer Tätigkeit in den ersten Monaten des Jahres zutreffend wiedergeben und ob die Patientenzahlen für die vom Senat beispielhaft herausgegriffene Woche für die Einkünfte der letzten Monate des Jahres hochgerechnet werden können. Denn die Klägerin muss sich jedenfalls für das Jahr 2001 im Verhältnis zum Beklagten höhere Einkünfte als eingeräumt zurechnen lassen.

Sie ist nämlich nach Ablauf des Trennungsjahrs unter unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu vollschichtiger Tätigkeit verpflichtet. Grundsätzlich kann allerdings hierbei von ihr nicht verlangt werden, ihre selbständige Existenz zugunsten einer besser bezahlten abhängigen Arbeit aufzugeben. Die Aufgabe der Selbständigkeit ist einem Unterhaltsverpflichteten - und entsprechendes gilt auch für den unterhaltsberechtigten Ehegatten - nur unter engen Voraussetzungen zumutbar (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl. Rn. 629 m.w.N.). Insbesondere bloße Gründungs- und Übergangsschwierigkeiten nötigen noch nicht zum Berufswechsel. Es ist vielmehr regelmäßig eine Karenzzeit zuzubilligen und zu prüfen, ob die Ertragslage verbessert werden kann. Zu beachten ist dabei Alter des Betroffenen, Vor- und Ausbildung, Arbeitsmarktlage und konkrete Aussichten, eine besser bezahlte Stelle zu finden. Wirft eine selbständige Tätigkeit allerdings nach einem Zeitraum von einigen Jahren keinen Gewinn ab, so ist sie regelmäßig zugunsten einer angestellten Beschäftigung aufzugeben (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann a.a.O., Wendl/Haußleiter, § 1 Rn. 415). Insoweit ist in der Regel ein Prüfungszeitraum von zwei, ggfs. auch von drei Jahren zumutbar (vgl. Wendl a.a.O.). Diese Überlegungen gelten auch im Trennungsunterhalt, bei dem sich erst mit zunehmender Verfestigung der Trennung die Voraussetzungen der Erwerbsobliegenheit den bei nachehelichem Unterhalt geltenden Maßstäben annähern. Insoweit erscheint es im Streitfall, in dem die Ausbildung zur Heilpraktikerin und die anschließende Aufnahme der Berufstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat, angezeigt, der Klägerin zumindest eine Zeit von 3 Jahren für die Prüfung einzuräumen, ob sie aus der Tätigkeit als Heilpraktikerin nachhaltig Einkünfte erzielen kann. Diese Zeit ist derzeit noch nicht abgelaufen.

Im Streitfall erreicht jedoch die berufliche Tätigkeit der Klägerin, wenn man ihren Angaben zu den erzielten Einnahmen und der Zahl der Behandlungen für die letzten Monate folgt, auch derzeit noch nicht annähernd den Umfang der unterhaltsrechtlich ihr bereits jetzt zuzumutenden vollschichtigen Tätigkeit. Man kann allerdings mit dem Beklagten schon Zweifel daran haben, ob die Angaben der Klägerin zu dem Umfang der Heilpraktikertätigkeit und zu den daraus erzielten - immer noch vergleichsweise geringen - Einnahmen den Tatsachen entsprechen, weil es mit den hieraus und aus der Nebenbeschäftigung zumindest bis in die ersten Monate 2001 erzielten Einnahmen auch unter Einschluss der tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen kaum möglich erscheint, den Lebensstandard zu wahren. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung dessen, dass sie inzwischen drei - wenn auch nicht besonders hohe - Lebensversicherungen abgeschlossen hat, die zusätzlich zu bedienen sind.

Diese Frage kann indes im Ergebnis offen bleiben, weil der Klägerin zumindest fiktiv zusätzliche Einkünfte zugerechnet werden müssen. Selbst wenn man nämlich eine gewisse Vor- und Nachbereitungszeit sowie Zeiten für die Erledigung von Büro- und Säuberungsarbeiten hinzu setzt, erreicht der Umfang der Praxistätigkeit nicht den Umfang einer Vollschichttätigkeit. Ihre Anhörung vor dem Senat hat ergeben, dass sie nunmehr - nach deutlicher Steigerung der Behandlungen - selbst bei 13 Patienten wöchentlich mit einer jeweiligen Behandlungsdauer von ca. 45 Minuten immer noch einzelne Wochentage hat, an denen sie überhaupt nicht behandelt. In der beispielhaft herausgegriffenen Woche waren dies der Montag und der Donnerstag. Bei ihrer Anhörung vor dem Senat hat sie ergänzend erklärt, in der Regel vormittags keine Patienten zu behandeln. Da sie eine Bestellpraxis führt, ist sie weitgehend in der Lage, die Termine so zu legen, dass bestimmte Tage oder auch halbe Tage für anderweitige berufliche Tätigkeit frei gehalten werden können. Dabei kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ununterbrochen in der Praxis anwesend sein müsste. Kontakte mit den Patienten können über Anrufbeantworter und Handy sicher gestellt werden. Dass sie sich selbst durch die Tätigkeit als Heilpraktikerin bislang nicht ausgelastet fühlt, verdeutlicht der Umstand, dass sie weiterhin ihre Tätigkeit bei der C.-Stiftung ausübt. Auch dass sie sich zumindest um Dozententätigkeiten bemüht hat - zumindest in einem Fall entgegen ihren anderslautenden Angaben gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2001 auch mit Erfolg - , spricht dafür, dass die Klägerin auch nach ihrer eigenen Einschätzung noch Arbeitskapazität frei hat. Dies hat sie auch - anders als im Prozess - in ihrem Bewerbungsschreiben gegenüber der J.-Gesellschaft (vom 22.8.2001) mit großer Deutlichkeit eingeräumt, indem sie ausdrücklich darauf hinweist, "da ich mit meiner Bestellpraxis noch ausreichend Arbeitszeit zur Verfügung habe, ließe sich gerade der Schichtdienst sehr gut damit vereinbaren". Dass die Klägerin bei hinreichenden Erwerbsbemühungen eine zusätzliche Tätigkeit finden könnte, unterliegt - namentlich angesichts ihrer verschiedenen beruflichen Tätigkeiten in der Vergangenheit und des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung - keinem ernstlichen Zweifel.

Selbst wenn daher die von der Klägerin für eine Woche genannten Zahlen nicht hochgerechnet werden können, sie tatsächlich vielmehr nur in dem von ihr für den Monat eingeräumten Umfang Patienten behandeln sollte - bei 30-35 Behandlungen pro Monat entfielen auf die Woche gerade einmal acht 45-minütige Behandlungen -, muss sie sich zumindest einen zusätzlichen Betrag als Einkommen anrechnen lassen, weil sie unterhaltsrechtlich zu einer umfangreicheren Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre. Unter Einbeziehung des Einkommens aus der bislang schon ausgeübten Nebentätigkeit, des Einkommens aus der Heilpraktikertätigkeit, das sich nach ihren Angaben in den letzten Monaten gut entwickelt hat, und desjenigen aus einer weiteren Zusatztätigkeit ist auf Seiten der Klägerin nach Abzug der hier als Form der Altersvorsorge zu billigenden Aufwendungen für die Lebensversicherungen für das erste Halbjahr mit Nettoeinkünften von 1.800 DM, für Juli und August mit 2.100 DM und ab September mit 2.500 DM zu rechnen.

Der Senat sieht demgegenüber in Anbetracht dessen, dass sich die Praxis der Klägerin im Aufbau befindet, gerade einmal zwei offenbar im Ergebnis sehr unterschiedliche Geschäftsjahre abgelaufen sind und dass jedenfalls zunächst mit dem ersten Jahr beginnend steigende Einkünfte mit einer fortschreitenden Konsolidierung erwartet werden können, davon ab, hinsichtlich der Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit einen Drei-Jahres-Schnitt zu bilden, wie es bei längeren beruflicher Tätigkeit in Selbständigkeit der unterhaltsrechtlichen Praxis entspricht.

Hiernach ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

bis Juni 2001 Einkommen des Beklagten 3.174,00 DM Einkommen der Klägerin 1.800,00 DM Differenz 1.374,00 DM 3/7 hiervon als Anspruch der Klägerin 588,86 DM

für Juli/ August 2001 Einkommen des Beklagten 3.319,00 DM Einkommen der Klägerin 2.100,00 DM Differenz 1.219,00 DM 3/7 522,43 DM

ab September 2001 Einkommen des Beklagten 4.228,00 DM Einkommen Kl 2.500,00 DM Differenz 1.728,00 DM 3/7 740,57 DM

Zu berücksichtigen ist der Realsplittingvorteil bei rund 8.000 DM Unterhalt. Er liegt bei cirka 330 DM monatlich. 3/7 hiervon entfallen auf die Klägerin, d.h. rund 140 DM. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Versteuerung des nicht bekannten Jahresergebnisses zu einer zusätzlichen Belastung der Klägerin führt, ist zwar derzeit wegen des im einzelnen nicht bekannten Jahresergebnisses aus selbständiger Tätigkeit nicht abschließend abzusehen. Gleichwohl wird nach augenblicklichem Stand eine steuerliche Belastung durch den Unterhalt in Anbetracht des Verlustvortrags und des steuerfreien Existenzminimums voraussichtlich nicht eintreten.

Im Ergebnis stehen der Klägerin damit für die Monate Januar bis Juni 2001 monatlich gerundet 728 DM, für Juli und August 2001 gerundet 662 DM und ab September 2001 gerundet 880 DM Unterhalt zu.

2) Die Unterhaltsansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht des Beklagten nicht nach § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin mit der Aufnahme der Beziehung zu dem als Zeugen benannten Herrn B. einseitig aus einer bis dahin intakten Ehe ausgebrochen wäre. Insoweit hat sich der Beklagte selbst darauf berufen, die Ehe habe trotz vorheriger Belastungen bis zum Sommer 1999 funktioniert und die Klägerin sei erst im Sommer 1999 aus dieser funktionierenden Ehe ausgebrochen (Akte 33 F 418/00 EA-UE Bl. 10). Es kann jedoch nach den gesamten Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass die Ehe bis zu diesem Zeitpunkt intakt gewesen ist und dass allein die Klägerin hieraus ausgebrochen wäre. Der Brief der Frau G. vom 14.6.1999 an den Beklagten, deren Urheberschaft er in dem Anordnungsverfahren ausdrücklich eingeräumt hat (33 F 418/00 EA-UE Bl. 44), was auch in erster Instanz nicht streitig gewesen ist, macht - insbesondere auch in Verbindung mit der weiteren Nachricht von Frau G. vom 2. Juli 1999 - unzweifelhaft deutlich, dass der Beklagte aus deren Sicht mit ihr eine "Beziehung" unterhalten und bei ihr zumindest auch Erwartungen an eine ernstliche, länger dauernde Beziehung hervorgerufen hat. Unstreitig hat sich zudem der Beklagte am frühen Morgen des 30.5.1999 gegen 6 Uhr - und damit zu einer zumindest ungewöhnlichen Zeit - mit einer weiblichen Person, einer entfernten Kusine - in seinem Auto aufgehalten. Ob und in welchem Umfang es hierbei oder mit Frau G. zum Austausch von Zärtlichkeiten gekommen ist, ist nicht von entscheidender Bedeutung, weil zumindest in beiden Fällen der äußere Eindruck erweckt worden ist, der Beklagte nehme es mit der ehelichen Treue möglicherweise nicht ernst. Schließlich ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten an Herrn B. vom 6.12.1999 mit Deutlichkeit, dass die Ehe der Parteien seit Jahren schwierig gewesen ist, wofür der Beklagte sich auch selbst die Schuld gibt. So schreibt er (Akte EA-UE Bl. 19) unter anderem über eigene "schwere Fehler", "unsere Probleme", "Begegnungen mit anderen Frauen (wenn auch nicht in dieser Qualität)", "für sie (gemeint ist die Klägerin) schwere Zeiten", "Probleme haben in unserer Beziehung das Leben unsagbar schwer gemacht" und über "ihre Situation, die unglücklich war". Diesem Brief ist in seiner Gesamtheit zu entnehmen, dass der Beklagte davon ausgeht, die Klägerin habe wegen der bestehenden ehelichen Probleme die Nähe zu Herrn B. gesucht.

Die Beziehung zu Herrn B. ist auch im Übrigen unterhaltsrechtlich derzeit ohne Bedeutung. Von einer verfestigen sozio-ökonomischen Lebensgemeinschaft kann schon angesichts der weit auseinanderliegenden Wohnsitze der Klägerin und von Herrn B. nicht ausgegangen werden, ebensowenig davon, dass sie nennenswerte Versorgungsleistungen für Herrn B. erbringen könnte. Soweit dieser der Klägerin Zuwendungen machen sollte, sind das freiwillige Zuwendungen eines Dritten ohne unterhaltsrechtliche Relevanz.

3) Das Vorbringen der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 21.12.2001 führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit ihr Vorbringen über eine Erwiderung zu dem Vorbringen des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 13.12.2001 hinaus geht, ist es nicht zu berücksichtigen. Schriftsatznachlass war nämlich nur in Bezug auf eine Erwiderung auf den genannten Schriftsatz der Gegenseite eingeräumt worden. Nicht zu berücksichtigen ist insbesondere das - inzwischen auch bestrittene - neue Vorbringen, sie erbringe auf den Kreditvertrag ab dem 30.9.2001 für die Tilgung Halbjahresraten von 1.180 DM. Dieses neue, der Klägerin vor oder zumindest in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres mögliche Vorbringen rechtfertigt auch nicht die Wiedereröffnung der Verhandlung (§156 ZPO). Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass unter Berücksichtigung dieser Verpflichtung der vom Senat angesetzte Betrag von 2.500 DM nicht erreicht wird oder zumindest bei Ausnutzung der Arbeitskraft erreicht werden könnte. Zudem ist zwar der Vertrag in Ablichtung vorgelegt, aber nicht belegt worden, dass sie diese - bislang eine - Zahlung tatsächlich auch erbracht hat.

Im Ergebnis nichts anderes gilt für neues Vorbringen des Beklagten in den ihm nicht nachgelassenen Schriftsätzen, insbesondere für die Verdienstabrechnung vom 20.11.2001, die ohne Weiteres im Verhandlungstermin hätte vorgelegt werden können, sowie für die Erwiderung der Klägerin vom 16.01.2002. Auch insoweit ist ein Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung nicht gegeben.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10 ZPO.

Berufungswert: 19.650 DM davon Rückstände bis August 2000 5.150 DM (1.230 DM x 5 - 1000 DM) laufender Unterhalt ab September 2000 14.500 DM (1230 DM x 4, 1.190 DM x 7, 1.250 DM x 1)

Ende der Entscheidung

Zurück