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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.05.2001
Aktenzeichen: 27 UF 282/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 511 a Abs. 1
BGB § 1379
BGB § 1408
BGB § 1410
BGB § 119
BGB § 123
BGB § 138
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 UF 282/00 7 F 342/98 AG Heinsberg

Anlage zum Protokoll vom 16.05.01

Verkündet am 16.05.01

Brück, JAng. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Koall und die Richter am Oberlandesgericht Schmitz und Dr. Küpper

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 3. November 2000 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Heinsberg (7 F 342/98) dahin abgeändert, dass sowohl der Antrag der Antragsgegnerin auf Auskunft über den Bestand des Endvermögens des Antragstellers als auch der Antrag auf Zahlung eines noch zu beziffernden Zugewinnausgleiches abgewiesen werden.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes die nach § 511 a Abs. 1 ZPO erforderliche Summe von 1.500,00 DM. Die Höhe der Beschwer des zur Auskunft Verurteilten bemisst sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert (BGHZ 128, 85, 87 ff.; NJW 2001, 1284; NJW-RR 1992, 188; NJW-RR 1992, 1474 = FamRZ 1993, 306; FamRZ 1996, 1543). Dieser ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Soweit die Berufung den Aufwand auf 4.000,00 DM veranschlagt, ist dies überhöht, weil die Berufung in ihre Berechnungen auch Kosten für eine Wertermittlung einbezieht, die der Antragsteller nicht schuldet (vgl. BGHZ 84, 31 ff.). Allerdings umfasst die Auskunftspflicht die Angabe des Wertes. Das schließt es nicht aus, dass er zu Einzelfragen Auskünfte einholen und Hilfskräfte einschalten muss (BGH NJW-RR 1991, 325, 326 = FamRZ 1991, 316, 317; OLG Karlsruhe MDR 1998, 53). Das Vermögen des Antragstellers besteht im wesentlichen aus einem Gaststättenbetrieb sowie einer Immobilie. In einem solchen Falle ist ohne weiteres ein Kostenaufwand von über 1.500,00 DM anzunehmen (vgl. OLG Schleswig OLG-Report 1996, 171; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 761). Der Senat setzt den Beschwerdewert daher auf 1.600,00 DM fest, sodass die erforderliche Berufungssumme erreicht ist.

II.

1.

Die Antragsgegnerin hat keinen Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB. Ein Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn eine Ausgleichsforderung des Auskunftsbegehrenden schon dem Grunde nach nicht gegeben sein kann (BGH FamRZ 1983, 157, 158; NJW 1985, 384, 385; NJW 1995, 1157, 1158; Staudinger/Thiele, BGB, 13. Bearbeitung § 1379 Rdnr. 10). So liegt der Fall hier. Durch den notariellen Vertrag vom 18. Februar 1997 (UR.Nr. ... des Notars H.) haben die Parteien den Güterstand der Gütertrennung vereinbart und einen Ausgleich des bis dahin entstandenen Zugewinns ausgeschlossen. Diese Vereinbarung ist nach § 1408 BGB grundsätzlich zulässig. Die Formvorschrift des § 1410 BGB, wonach der Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden muss, ist eingehalten.

2.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Antragsgegnerin ist dieser Vertrag nicht sittenwidrig oder wegen Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB unwirksam.

Das Amtsgericht sieht eine Sittenwidrigkeit darin, dass der Antragsteller die Sprachunkundigkeit und rechtliche Unerfahrenheit der Antragsgegnerin ausgenutzt habe; jedenfalls habe er das Gegenteil nicht bewiesen. Die Antragsgegnerin hat insoweit geltend gemacht, bei Abschluss des notariellen Vertrages sei sie der deutschen Sprache nicht so mächtig gewesen, dass sie das, was sie unterschrieben habe, hätte verstehen können. Sie habe überhaupt nicht gewusst, was unter dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder dem der Gütertrennung zu verstehen sei.

Hieraus lässt sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit indes nicht herleiten. Die von der Antragsgegnerin behauptete Ausnutzung ihrer Sprachunkundigkeit und rechtlichen Unerfahrenheit fiele in den Anwendungsbereich der §§ 119 und 123 BGB, die § 138 BGB als Sondervorschriften vorgehen. Für eine Sittenwidrigkeit müsste die Antragsgegnerin besondere Umstände vortragen, die zur behaupteten Täuschung hinzutreten (vgl. BGH NJW 1988, 2599, 2601; NJW 1995, 1425, 1426; NJW 1995, 3315; Palandt-Heinrichs, BGB 60. Aufl., § 138 Rdnr. 15). Daran fehlt es. Es handelt sich nicht um den regelmäßig problematischen Fall eines Globalverzichtes auf Unterhalt, Versorgungsausgleich und Zugewinn. Auch sonst sind keine Umstände gegeben, die der Antragsteller sittenwidrig ausgenutzt hätte, etwa dass die Antragsgegnerin damals schon Kinder hatte oder schwanger war (vgl. den Fall OLG Frankfurt NJWE-FER 1999, 230). Zudem ist der Grundsatz der Vertragsfreiheit im Güterrecht am stärksten ausgeprägt.

Das Interesse an einer interngerechten Güterverteilung können die Ehepartner selbst vertreten, wobei der Übereilungsschutz und die Beratung durch die nach § 1410 BGB erforderliche notarielle Beurkundung gewährleistet wird (Büttner, FamRZ 1998, 1, 2 und 8; zu den Grenzen der Vertragsfreiheit bei Güterstandsvereinbarungen Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Rdnr. 302 ff.; beim Unterhaltsverzicht Bundesverfassungsgericht NJW 2001, 957 = MDR 2001, 392 m.Anm. Grziwotz).

Der Vertrag ist auch nicht auf Grund der von der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren erklärten Anfechtung unwirksam. Einen Irrtum im Sinne des § 119 BGB hat die Antragsgegnerin nicht dargetan. Dieser läge allenfalls vor, wenn ihr nicht einmal bewusst gewesen wäre, dass bei dem Notar etwas beurkundet worden ist, was für die ehelichen Vermögensverhältnisse rechtlich von Bedeutung war. Wenn sie die Einzelheiten - sei es wegen mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache oder aber wegen der in dem notariellen Vertrag verwendeten juristischen Fachbegriffe - nicht verstanden haben sollte, so war es ihre Sache, den Notar darauf hinzuweisen und nachzufragen. Wer einen Vertrag schließt, dessen Inhalt er nicht voll versteht, handelt auf eigene Gefahr (OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1540, 1541; ferner BGH NJW 1968, 2102; Palandt-Heinrichs, § 119 Rdnr. 9 m.w.N.). Dass ihr infolge rechtlicher Unerfahrenheit selbst eine solche Nachfrage nicht möglich gewesen sei, trägt die Antragsgegnerin selbst weder vor, noch ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte hierfür aus der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme.

Aus diesen Gründen scheidet auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB aus. Dass der Antragsteller die Antragsgegnerin durch unzutreffende Erklärungen über den Inhalt des Vertrages getäuscht habe, behauptet die Antragsgegnerin nicht. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen hätte zur Voraussetzung, dass dem Antragsteller hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Auskunftspflicht oblegen hätte (vgl. Palandt-Heinrichs § 123 Rdnr.

5). Da der Vertrag vor einem Notar geschlossen wurde, der die Parteien zu belehren hatte, bestand eine Aufklärungs-pflicht des Antragstellers grundsätzlich nicht. Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn die Antragsgegnerin für den Antragsteller erkennbar nicht in der Lage gewesen wäre, den Notar über den Inhalt des Vertrages zu befragen. Dass ist jedoch - wie ausgeführt - eben nicht ersichtlich. Ein Anspruch aus culpa in contrahendo darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden, besteht danach ebenfalls nicht. Da die Antragsgegnerin für Unwirksamkeitsgründe des Vertrages nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweispflichtig ist, geht dies zu ihren Lasten.

3.

Es ist ferner nichts dafür ersichtlich, dass die Berufung auf die Güterstandsvereinbarung zum jetzigen Zeitpunkt treuwidrig ist und deshalb gegen § 242 BGB verstößt. Eine Treuwidrigkeit ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Antragsgegnerin am Aufbau der Gaststätte des Antragstellers mitgearbeitet hat. Insofern mögen der Antragsgegnerin - worauf das Amtsgericht ebenso wie die Berufungserwiderung hinweisen - Ausgleichsansprüche aus §§ 242, 812 BGB oder unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten zustehen. Diese nach Rechtsgrund und Inhalt mit einem Zugewinnausgleich nicht identischen Ansprüche kann sie unabhängig vom Güterstand geltend machen.

4.

Der Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Auskunftsverpflichtung aus § 242 BGB stattzugeben.

Die Antragsgegnerin meint in der Berufungserwiderung, das Amtsgericht habe den Auskunftsanspruch nicht nur aus § 1379 BGB, sondern auch aus § 242 BGB hergeleitet. Ihr stehe ein Auskunftsanspruch im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche zu. Die Verurteilung zur Auskunft müsse schon deshalb Bestand haben.

Das ist verfehlt. Das Amtsgericht hat den Auskunftsanspruch alleine mit § 1379 BGB begründet. Abgesehen davon, dass die danach geschuldete Auskunft dem Umfange nach über eine etwaige Auskunftsverpflichtung aus § 242 BGB hinaus geht, kann letztere nicht Gegenstand eines familiengerichtlichen Verfahrens sein. Die allgemeine Auskunftspflicht dient weder der Durchsetzung eines familienrechtlichen Anspruches (vgl. dazu Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 621 Rdnr. 5 am Ende), noch handelt es sich bei den Auskunftsansprüchen nach Inhalt und Begründung um einheitliche prozessuale Ansprüche, für die auch eine Zuständigkeit der Familiengerichte gegeben sein könnte (dazu OLG Köln FamRZ 1990, 644, 645; OLG Bamberg NJW-RR 1989, 517, 518; Zöller/Philippi, § 621 Rdnr. 101). Ihre allgemeinen Ausgleichsansprüche muss die Antragsgegnerin vor den allgemeinen Zivilgerichten verfolgen.

III.

Da der Auskunftsanspruch zu verneinen ist, weil der Güterstand der Zugewinngemeinschaft abgedungen ist, und ein durch die Auskunft vorzubereitender Zahlungsanspruch deshalb nicht bestehen kann, ist die Zugewinnklage insgesamt abzuweisen (BGHZ 94, 268, 275; BGHR ZPO § 254 Berufungsverfahren 3 = NJW-RR 1992, 1021; Zöller/Greger, § 254 Rdnr. 14 und Zöller/Gummer § 538 Rdnr. 21).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 1.600,00 DM.



Ende der Entscheidung

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