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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.06.2001
Aktenzeichen: 27 WF 70/01
Rechtsgebiete: BGB, RPflG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 4
RPflG § 6
FGG § 50
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 5
FGG § 67 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

27 WF 70/01

In der Familiensache

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Koall und der Richter am Oberlandesgericht Kleine und Dr. Küpper

am 13. Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Verfahrenspflegers vom 13. März 2001 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg vom 13. Februar 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Vergütungsantrag des Verfahrenspflegers vom 27.11.2000 an das Amtsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen wird.

Gründe:

Das als Widerspruch bezeichnete, in der Sache als Beschwerde nach § 56 g Abs. 5 FGG anzusehende Schreiben des Verfahrenspflegers vom 13. Februar 2001 gegen den seinen Aufwendungsersatz festsetzenden Beschluss vom 13. Februar 2001 führt in der Sache zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts, indem er lediglich einen aus der Staatskasse zu zahlenden Aufwendungsersatz von 316,68 DM festgesetzt hat, zugleich den weiter gehenden Vergütungsantrag des Verfahrenspflegers in der Sache abgewiesen. Dies hat er damit begründet, der Verfahrenspfleger führe keine Betreuungen und seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger überschreite nicht 20 Wochenstunden.

Mit dieser Begründung kann im Streitfall eine Vergütung nicht verweigert werden. Grundsätzlich ist zwar - wie sich aus der entsprechenden Anwendung des § 1836 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB auf die Verfahrenspflegschaft nach den §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG ergibt - die Verfahrenspflegschaft wie die Vormundschaft unentgeltlich und nur ausnahmsweise entgeltlich zu führen, wenn nämlich das Gericht feststellt, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird. Diese Feststellung ist nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB bei der Bestellung zu treffen.

Unstreitig hat das Gericht hier eine solche Feststellung bei der Bestellung des Verfahrenspflegers nicht getroffen. Das allein hat indes nicht zur Folge, dass dem Verfahrenspfleger eine Vergütung nicht bewilligt werden könnte. Denn die Regelung des § 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB knüpft an die materiellen Voraussetzungen des § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB an, nicht an die formale Feststellung (vgl. Karmasin, FamRZ 1999, 348, 349). Die Feststellung, die lediglich der Klarstellung dient und das Vergütungsfestsetzungsverfahren erleichtern soll, kann daher nachgeholt werden, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Zimmermann, FamRZ 1999, 630, 632; Karmasin, FamRZ 1999, 348, 349). Im Fall einer Nachholung, die auch erst im Rahmen der Vergütungsfestsetzung möglich ist, kann - anders als bei der Feststellung im Zusammenhang mit der Bestellung wegen des engen Zusammenhangs i.S.v. § 6 RPflG - die Feststellung von dem Rechtspfleger in eigener Zuständigkeit getroffen werden (vgl. Zimmermann, a.a.O., FamRZ 1999, 630, 631). Ist daher - wie hier - die Feststellung der Berufsmäßigkeit unterblieben, hindert das nicht die Vergütungsfestsetzung; vielmehr kann in einem solchen Fall im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens auch die materiell-rechtliche Frage einer berufsmäßigen Führung der Verfahrenspflegschaft geklärt werden. Es bedarf daher nicht - vor einer etwaigen positiven Entscheidung über den Vergütungsantrag - eines gesonderten Feststellungsverfahrens und gegebenenfalls eines hierauf bezogenen Beschwerdeverfahrens.

Im Streitfall hat der Rechtspfleger , nachdem er den Verfahrenspfleger zum Nachweis aufgefordert hatte, dass er mehr als 10 Betreuungen führt oder dass die erforderliche Zeit zur Führung der Betreuungen voraussichtliche 20 Wochenstunden nicht unterschreitet, die Bewilligung der beantragten Vergütung mit der Begründung abgelehnt, die genannten Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Damit hat der Rechtspfleger in der Sache inzidenter auch über die berufsmäßige Führung der Verfahrenspflegschaft eine - ablehnende - Entscheidung getroffen.

Die Voraussetzungen einer berufsmäßigen Führung hat der Rechtspfleger jedoch hier zu Unrecht verneint. Aus der entsprechenden Anwendung der Vorschrift betreffend die Betreuervergütung folgt zunächst nicht, dass - auf ein entsprechendes Verständnis des Amtsgerichts weist hier insbesondere der Inhalt des Anschreibens an den Verfahrenspfleger hin - bei einem Verfahrenspfleger auf die berufsmäßige Führung von Vormundschaften, d.h. auf dessen Tätigkeit als Berufsbetreuer abzustellen wäre. In Rede steht hier - worauf der Verfahrenspfleger mit Recht verweist - nicht die Vergütung eines Vormunds, sondern die Vergütung des Verfahrenspflegers in einem ein minderjähriges Kind betreffenden Verfahren nach § 50 FGG. Die Führung von - in der überwiegenden Zahl der Fälle Erwachsene betreffenden - Vormundschaften gibt insoweit kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Tätigkeit des Verfahrenspflegers im Fall des § 50 FGG; ausschlaggebend ist vielmehr ausschließlich, ob die Führung der Verfahrenspflegschaft für das minderjährige Kind berufsmäßig erfolgt.

Für die Führung von Vormundschaften ist anerkannt, dass eine Berufsmäßigkeit auch bei einer Nichterfüllung der in § 1836 Abs. 1 Satz 4 BGB genannten Regelfälle gegeben sein kann. Auch eine einzelne Betreuung kann u.U. bereits als Berufsbetreuung einzustufen sein (vgl. BayObLG, FamRZ 1999, 462; KGR 1996, 244, 245 m.w.N.). In der Regel wird bei Verfahrenspflegschaften für Minderjährige eine Berufsmäßigkeit schon dann angenommen werden können, wenn die Gesamtbetrachtung der von dem Verfahrenspfleger auszuführenden Tätigkeit zu dem Ergebnis führt, dass es sich nicht mehr um die Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten, sondern um Ausübung beruflicher Tätigkeit handelt (vgl. Zimmermann, a.a.O., 632). Dies wird dann der Fall sein können, wenn mit der Wahrnehmung der Verfahrenspflegschaft für Minderjährige solche Personen betraut werden, die von Berufs wegen mit der Betreuung von Kindern befasst sind, die hiermit ihren Lebensunterhalt verdienen und die auch gerade wegen ihrer beruflichen Qualifikation für die Aufgabe der Verfahrenspflegers ausgewählt worden sind. Die Übernahme einer entsprechenden in das Berufsbild fallenden oder jedenfalls in einem engen Zusammenhang mit dieser stehenden Aufgabe kann diesen Personen nicht unentgeltlich angesonnen werden; vielmehr ist diese Tätigkeit - wie auch die Übernahme der Vertretung durch einen Rechtsanwalt - mit der selbstverständlichen Erwartung verbunden, dass hierfür eine Vergütung gewährt wird (vgl. zur Betreuung BayObLG FamRZ 1998, 187). Ein solches Verständnis ist insbesondere auch deswegen gerechtfertigt, weil - zumindest aus derzeitiger Sicht - die Zahl der Verfahren, in denen eine Verfahrenspflegschaft für minderjährige Kinder nach § 50 FGG angeordnet wird, im einzelnen Gerichtssprengel bislang noch nicht einen Umfang haben dürfte, dass die Voraussetzungen der für Vormundschaften genannten Regelfälle bereits jetzt erreicht sind.

Im Streitfall ist der Verfahrenspfleger Diplom-Psychologe; er ist - ausweislich des Briefkopfes - tätig in einer Praxisgemeinschaft für Beratung, Betreuung und Psychotherapie. Er ist als psychologischer Sachverständiger im Landgerichtsbezirk B. tätig. Andere Mitglieder der Praxisgemeinschaft sind nach Kenntnis des Senats als Verfahrenspfleger und - in diesem Verfahren - als Vormund für Minderjährige stellt worden. Dass dem Beschwerdeführer die Aufgabe als Verfahrenspfleger wegen seiner besonderen beruflichen Kenntnisse und im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit übertragen worden ist, kann im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung bei dieser Sachlage im Ergebnis nicht zweifelhaft sein.

Der Beschwerdeführer kann daher hier als Berufsverfahrenspfleger eine Vergütung nach den §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1 BVormVG verlangen. Da das Amtsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - den Vergütungsantrag in der Sache bislang nicht geprüft hat, ist der angefochtene Beschluss, soweit er die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung enthält, aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen, damit das Amtsgericht die entsprechende sachliche Prüfung des Vergütungsantrags - nach Maßgabe der hierzu zwischenzeitlichen ergangenen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Brandenburg, MDR 2001, 573; SchHOLG Kind Prax 2001, 31) - nachholen kann.



Ende der Entscheidung

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