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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.02.2007
Aktenzeichen: 3 U 145/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 51 Abs. 2 | |
ZPO § 296 Abs. 1 | |
ZPO § 531 Abs. 2 |
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28.07.2006 (43 O 117/05) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe:
Dass und warum die Berufung der Klägerin nach dem gegebenen Sachstand keine Aussicht auf Erfolg hat, hat der Senat bereits mit Beschluss vom 14.12.2006 dargelegt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die hiergegen mit Schriftsatz vom 16.01.2007 erhobenen Einwände greifen nicht durch; sie geben zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung keinen Anlass. Zusammenfassend sei ausgeführt:
Der Klägerin steht der mit ihrer zulässigen Klage geltend gemachte Anspruch auf der Grundlage der der Entscheidung des Senats gem. § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO zugrunde zu legenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nicht zu. Mit Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Haftung der Beklagten hier nicht besteht, weil die Klägerin schon die Übergabe unbeschädigten Transportgutes an die Beklagte und damit die Verursachung eines Schadens im maßgeblichen Haftungszeitraum nicht hat beweisen können.
1.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben die Sendungspapiere keine ausreichende Grundlage für die Vermutung, dass sich verpacktes Gut, welches der Frachtführer nicht in Augenschein nehmen kann, bei Übergabe an den Frachtführer in ordnungsgemäßem Zustand befunden hat. Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eindeutig geklärt (vgl. nur BGH, Urt. v. 08.06.1988, I ZR 149/86, TranspR 1988, 370 ff.; Urt. v. 16.01.1997, I ZR 208/94, TranspR 1997, 294 ff.). Aus den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen ergibt sich nichts Anderes. Weder dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.10.2002, I ZR 104/00, TranspR 2003, 156 ff., noch dem Urteil vom 20.07.2006, I ZR 09/05, TranspR 2006, 394 ff., ist solches zu entnehmen. Vielmehr weist der Bundesgerichtshof in beiden Fällen darauf hin, dass sich die Beweiskraft einer Empfangsbestätigung des Frachtführers nicht auf den nicht erkennbaren Inhalt einer verschlossenen Sendung erstrecke und bezieht die Annahme, dass bei kaufmännischen Absendern prima facie davon auszugehen sei, dass die im Lieferschein und in der Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren, nicht aber auf den unbeschädigten Zustand des Gutes; dies ergibt sich eindeutig auch aus der vom Bundesgerichtshof jeweils zustimmend zitierten Kommentierung bei Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rn41.
2.
Die von der Klägerin erst mit Schriftsatz vom 22.06.2006 benannten Zeugen O und T sind als Beweismittel gem. § 531 Abs.1 ZPO ausgeschlossen, weil sie bereits vom Landgericht zu Recht gem. § 296 Abs.1 ZPO zurückgewiesen worden sind, wie der Senat bereits im Beschluss vom 14.12.2006 näher ausgeführt hat. Das Beweismittel darf der Senat daher von Gesetzes wegen nicht berücksichtigen.
§ 531 Abs.1 ZPO räumt dem Berufungsgericht nur die Prüfungsbefugnis dafür ein, ob das verspätete Vorbringen in erster Instanz "zu Recht" ausgeschlossen wurde. Das ist nach dem Wortlaut des § 296 Abs. 1 ZPO schon dann anzunehmen, wenn die säumige Partei die Verspätung nicht gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht - das die Frage möglicherweise fehlender Schuld prüfen muss - entschuldigt hat. Ließe man jede in zweiter Instanz nachgeholte Entschuldigung zu, wäre der mit § 296 ZPO bezweckte Druck auf die Parteien zur Beschleunigung und Konzentration ihres Vorbringens weitgehend wirkungslos. Eine Entschuldigung für die Verspätung des erstinstanzlichen Vorbringens erst in der Berufungsinstanz ist daher grundsätzlich nicht mehr möglich (BGH, Urt. v. 13.02.1980, VIII ZR 61/79, NJW 1980, 1102 ff. zu § 528 Abs.3 ZPO a.F.), es sei denn, eine Entschuldigung in erster Instanz wäre ohne Verschulden unterblieben (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, § 531 ZPO Rn9; BVerfG, Beschl. v. 14.04.1987, 1 BvR 162/84, BVerfGE 75, 183 ff.; offen gelassen in BGH, Urt. v.10.10.1984, VIII ZR 107/83, NJW 1986, 134 f.).
Aus der maßgeblichen Sicht des Landgerichts war danach schon die Möglichkeit eines der Klägerin gem. § 85 Abs.2 ZPO zuzurechnenden Anwaltsverschuldens nicht ausgeräumt. Zwar ergibt sich aus den nunmehr mit Schriftsatz vom 16.01.2007 erstmals vorgelegten Unterlagen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese in erster Instanz mit Schreiben vom 30.12.2005 rechtzeitig und zutreffend um Überprüfung gebeten hatte, ob die bislang benannten Zeugen tatsächlich Angaben zu den Beweisfragen, also auch zum Zustand des Sendungsgutes bei Übergabe, machen könnten, so dass die Annahme eines der Klägerin gem. § 85 Abs.2 ZPO zuzurechnenden Anwaltsverschuldens aus heutiger Sicht ausschiede. Diese Entschuldigung ist jedoch nicht mehr zu berücksichtigen, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass dieser Umstand nicht bereits in erster Instanz hätte vorgetragen werden können.
Nach wie vor nicht ausgeräumt ist darüber hinaus auch ein Verschulden der Klägerin selbst. Der zuständige Mitarbeiter der Klägerin, Herr B, hat sich auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30.12.2005 hin bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin lediglich danach erkundigt, welcher Zeuge Angaben zur "Auftragsvergabe" machen könne, wie sich eindeutig aus der von der Klägerin als Anlage K13 vorgelegten e-mail vom 03.01.2006 ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass dies der Klägerin nicht zu einem ihr gem. § 51 Abs.2 ZPO zurechenbaren Verschulden gereicht, sind weder vorgetragen noch ersichtlich; Angaben zu Auswahl, Anleitung und Beaufsichtigung des Mitarbeiters, die ein der Klägerin selbst zuzurechnendes Organisationsverschulden ausräumen könnten (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.10.1998, 25 W 102/98, OLGR 1999, 40; RGZ 115, 71, 74), fehlen. Auch dies geht, da Verschulden im Rahmen des § 296 Abs.1 ZPO gesetzlich vermutet wird und es Sache der säumigen Partei ist, sich zu entschuldigen (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.03.1986, II ZR 107/85, NJW 1986, 3193 ff.; Zöller/Greger, § 296 ZPO Rn30), zu Lasten der Klägerin.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.01.2007 weiter gelten machen will, dass ihr Mitarbeiter, Herr B, die Versicherungsnehmerin der Klägerin telefonisch "an die Beantwortung der ... mit Schreiben vom 30.12.2005 aufgeworfenen Fragen erinnert" habe, ist dieser Vortrag schon nicht hinreichend konkret, um darzulegen, dass Herr B bei dem Telefonat mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin weiter gehend auch danach gefragt hat, welcher Zeuge gegebenenfalls Angaben zum Zustand der Sendung bei Übergabe würde machen können. Im Übrigen wäre diesbezügliches ergänzendes Vorbringen der Klägerin zur Entschuldigung der verspäteten Benennung der Zeugen O und T in erster Instanz jetzt aber entsprechend dem oben bereits Ausgeführten auch schon deshalb nicht mehr berücksichtigungsfähig, weil es in erster Instanz unterblieben ist, ohne dass hierfür eine ausreichende Entschuldigung vorgetragen oder ersichtlich wäre (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, § 531 ZPO Rn9; BVerfG, Beschl. v. 14.04.1987, 1 BvR 162/84, BVerfGE 75, 183 ff.).
Streitwert: 12.896,26 Euro
Ende der Entscheidung
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