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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: 3 U 145/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 518 Abs. 2
BGB § 521
BGB § 528
BGB § 530
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 06.08.2007, Az. 1 O 64/07, wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 84% und die Beklagten jeweils 8%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs.2, 313a ZPO abgesehen)

Nachdem die Klägerin ihre Berufung bereits auf Hinweis des Senats vom 10.12.2007 zurückgenommen hatte, hat auch die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten keinen Erfolg; denn den Beklagten steht der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu.

Als Anspruchsgrundlage für den von den Beklagten widerklagend geltend gemachten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kommt hier, da deliktische Ansprüche ersichtlich nicht in Rede stehen und ein allgemeiner Kostenerstattungsanspruch wegen unberechtigter Inanspruchnahme der geltenden Rechtsordnung fremd ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 ff.), allein § 280 Abs.1 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht vollständig erfüllt, weil es an einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung der Klägerin fehlt.

Eine Pflichtverletzung der Klägerin kann hier nur in der an die Beklagten gerichteten, unberechtigten Forderung gesehen werden, ihr die Kosten der Heizungsanlage zu erstatten. Der Senat geht insoweit in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes davon aus, dass eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung u.a. darin liegen kann, dass der Schenker ein Geschenk zurückfordert, ohne dazu - etwa gem. §§ 528, 530 BGB - berechtigt zu sein (BGH, Urt. v. 12.12.2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 ff.). Entsprechendes muss auch dann gelten, wenn der Schenker, wie hier die Klägerin, nicht das Geschenk selbst zurückfordert, sondern nach Vollzug der Schenkung Ersatz von Aufwendungen für den geschenkten Gegenstand verlangt.

Nach den Umständen des Falles ist auch vom Vorliegen einer Schenkung auszugehen. Die Klägerin hat den Beklagten eine neue Heizungsanlage zur Verfügung gestellt und durch die von ihr beauftragte Fa. T bei den Beklagten einbauen lassen, ohne die Kosten hierfür von den Beklagten erstattet haben zu wollen. Die fehlende Absicht der Klägerin, Erstattung der Kosten für die Heizungsanlage von den Beklagten fordern zu wollen, ergibt sich aus der Beweisaufnahme erster Instanz, in der die dort vernommenen Zeugen im Wesentlichen übereinstimmend angegeben haben, dass sich die Klägerin gegenüber den Beklagten dahin geäußert hat, sie wolle ihnen helfen und die Heizung bezahlen. Diese Äußerungen der Klägerin waren bei objektiver Betrachtung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont der Beklagten nicht anders zu verstehen als ein Angebot zum Abschluss eines Schenkungsvertrages, der sodann mit Einbau der Heizungsanlage und damit verbundenem Eigentumsübergang vollzogen und somit wirksam wurde, § 518 Abs.2 BGB.

Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Klägerin mit ihrer im Anschluss an die Schenkung erhobenen Forderung nach Ersatz ihrer Aufwendungen ihre vertraglichen Pflichten grob fahrlässig verletzt hätte. Grobe Fahrlässigkeit ist erforderlich, um eine Haftung der Klägerin zu begründen, denn der Schenker haftet gem. § 521 BGB nur im Falle entsprechend qualifizierten Verschuldens. Diese Haftungserleichterung gilt zugunsten des Schenkers nicht nur in Bezug auf Pflichten, die den Schenkungsgegenstand selbst betreffen, sondern allgemein dort, wo lediglich die Vertragserwartungen des Beschenkten und nicht die Verletzung weiterer, nicht mit dem Vertragsgegenstand in Zusammenhang stehende Schutzpflichten in Rede stehen (BGH, Urt. v. 20.11.1984, IVa ZR 104/83, BGHZ 93, 23 ff.; zustimmend MüKo-Koch, 5.Aufl., § 521 BGB Rn5). Um einen solchen Fall geht es hier, denn die Beklagten sind im Falle ungerechtfertigter Rückforderung des Geschenks wie auch bei ungerechtfertigter Forderung von Kostenerstattung in keinem anderen Interesse betroffen als dem, den geschenkten Gegenstand ohne Gegenleistung behalten zu dürfen; dieses Interesse jedoch wird, soweit es sich gegen den Schenker richtet, vom Gesetz nur eingeschränkt geschützt.

Hiervon ausgehend kann dahinstehen, ob der Klägerin nach den Umständen des vorliegenden Falles überhaupt eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last fällt. Dagegen könnte sprechen, dass nicht jeder Streit um das Bestehen oder Nichtbestehen vertraglicher Pflichten eine Schadensersatzpflicht dessen begründen soll, der etwa eine abweichende Auslegung eines Vertrages vertritt und auf dieser Grundlage von seinem Vertragspartner eine bestimmte, ihm objektiv nicht zustehende Leistung fordert. Nach Ansicht des Senats spricht viel dafür, insoweit jedenfalls auch Erwägungen zur Vertretbarkeit eines Rechtsstandpunktes zuzulassen. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, denn der Klägerin kann jedenfalls der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht gemacht werden.

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. Vielmehr erscheint eine Inanspruchnahme des haftungsprivilegierten Schädigers nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 1 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (BGH, Urt. v. 30.01.2001, VI ZR 49/00, NJW 2001, 2092 ff.). Ein solcher Vorwurf kann der Klägerin auf der Grundlage der hier möglichen Feststellungen nicht gemacht werden. Wie sich aus den Angaben der in erster Instanz vernommenen Zeugen ergibt, ist nicht erwiesen, dass die Klägerin sich eindeutig dahin geäußert hat, dass sie den Beklagten die Heizung schenken wolle. Dass ihr Verhalten insgesamt so gewertet wird, dass von einer Schenkung auszugehen ist, lässt die Möglichkeit offen, dass sie die Beklagten gegebenenfalls nur durch eine Vorfinanzierung der Heizungsanlage unterstützen wollte und insoweit die Reichweite der von ihr abgegebenen, nicht entsprechend deutlich eingeschränkten Erklärungen verkannt hat. Das muss aber nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhen, sondern kann auch leicht fahrlässig erfolgt sein. Dieses Ergebnis geht zu Lasten der nach allgemeinen Grundsätzen für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO, wobei der Senat der im Laufe des Berufungsverfahrens mit Rücknahme der Berufung der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung eingetretenen Streitwertermäßigung durch Bildung entsprechender Stufenstreitwerte Rechnung getragen hat; die anteilige Haftung der Beklagten beruht auf § 100 Abs.1 ZPO (zur Unanwendbarkeit des § 100 Abs.4 ZPO vgl. OLG Koblenz, MDR 1991, 257 f.).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

4.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

- bis zum 07.01.2008: 7.845,99 Euro

- ab dem 08.01.2008: 719,20 Euro

Ende der Entscheidung

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