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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.05.2004
Aktenzeichen: 3 U 161/03
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 466
HGB § 449
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 161/03

Anlage zum Protokoll vom 18.5.2004

Verkündet am 18.5.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf, die Richterin am Oberlandesgericht Caesar und den Richter am Landgericht Ahlmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.10.2003 verkündete Urteil der zweiten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O 27/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin der H. Versicherungsbank VVaG aus übergegangenem und abgetretenem Recht deren Versicherungsnehmerin, der Firma N. AG, die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Verlustes von zwei Containern mit Monitoren auf dem Betriebsgelände der niederländischen Schwestergesellschaft der Beklagten in C./Niederlande in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 08.10.2003 (Bl. 158 ff. d. A.) Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 145.767,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2000 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei jedenfalls aufgrund der Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin vom 17.04.2000 aktivlegitimiert. Auf das Rechtsverhältnis zwischen der Firma N. und der Beklagten sei deutsches Recht anwendbar. Die Beklagte hafte wie ein Frachtführer gemäß § 425 HGB, da sie eine Spedition zu festen Kosten gemäß § 459 HGB übernommen habe. Die Beklagte habe zwei Container mit je 456 Monitoren übernommen. Unter Berücksichtigung dessen, das sieben Monitore wieder aufgefunden und an die Firma N. zurückgeführt worden seien, ergebe sich eine Schadensersatzforderung von 145.767,78 €, der unter dem Haftungshöchstbetrag liege. Der Anspruch sei auch nicht verjährt.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen auf Klageabweisung gerichteten Antrag weiter. Sie hält daran fest, dass die Klageforderung verjährt sei, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Haftbarhaltung am 07.08.00 noch nicht anspruchsberechtigt gewesen sei, vielmehr erst die Klageschrift eine konkludente Annahme der Abtretung der Firma N. enthalte. Selbst wenn sie als Fixkostenspediteurin anzusehen sei, sei zwingend niederländisches Frachtrecht anzuwenden, wonach ihre Haftung für den Diebstahl der Container ausgeschlossen sei. Im übrigen habe das Landgericht fälschlich das Gewicht der Container in die Schadensberechnung mit einbezogen. Die Container seien später unbeschädigt wieder aufgefunden worden. Ein Container wiege rund 4.000 Kg. Die Haftungshöchstsumme für die abhanden gekommene Ware betrage daher nur 120.004,88 €.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, dass die Schadensrechnung mit der Abtretungserklärung schon ihrem Regressschreiben beigelegen habe. Das Landgericht habe die Beklagte auch zutreffend als Fixkostenspediteurin angesehen und insoweit deutsches Recht angewandt; denn es sei darauf abzustellen, als hätte der Versender einen Frachtvertrag mit dem Spediteur und nicht etwa mit einem ihm völlig unbekannten Unterfrachtführer abgeschlossen. Selbst wenn man das Containergewicht abziehe, liege die Grundhaftung weit über dem von ihr geltend gemachten Betrag. Im übrigen hafte die Beklagte auch nach § 435 HGB.

II.

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage zu Recht in Höhe von 145.767,78 € nebst Zinsen stattgegeben. Zutreffend hat es die Aktivlegitimation der Klägerin jedenfalls aufgrund der Abtretungserklärung der Firma N. vom 17.04.00 bejaht. Allerdings hat die Klägerin die Abtretungserklärung nicht erst konkludent mit der Vorlage der Urkunde bei Gericht, sondern schon durch ihre widerspruchslose Entgegennahme unmittelbar nach ihrer Zusendung angenommen. Nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es für das Zustandekommen eines Vertrages zwar auch in den Fällen des § 151 Satz 1 BGB der Annahme, das heißt eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt. Dabei ist mangels Empfangsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont, sondern darauf abzustellen, ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lässt. Ein solcher Schluss ist entsprechend den Regelungen des § 516 Abs. 2 BGB gewöhnlich gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger das für ihn lediglich vorteilhafte Angebot nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat (vgl. BGH NJW 2000, 276 f. und MDR 04, 140). Jedenfalls kann das Regressschreiben vom 07.08.00 als konkludente Annahme der Abtretung gewertet werden, auch wenn die Klägerin sich hierin auf einen Forderungsübergang gemäß § 67 VVG bezogen hat. Denn nach dem erstinstanzlich unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin lagen dem Regressschreiben die Schadensunterlagen einschließlich der Abtretungserklärung bei. In dem Regressschreiben ist unten links auch angeführt: "Anlagen: Schadensunterlagen". Die Klägerin hat somit als Berechtigte im Sinne von § 439 Abs. 3 HGB innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 HGB reklamiert mit der Folge, dass die Verjährung von da an gehemmt war. Eine schriftliche Ablehnung der Ansprüche seitens der Beklagten ist vor Klageerhebung nicht erfolgt. Das Schreiben des Versicherungsmaklers der Beklagten vom 21.08.01 beinhaltet keine Ablehnung.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Vertragsverhältnis der Parteien deutschem Recht unterliegt. Die Beklagte hat in ihrem Angebot vom 23.03.00 darauf hingewiesen, dass sie ausschließlich auf der Grundlage der ADSp arbeitet. Dieses Angebot hat die Firma N. mit ihrer Auftragserteilung vom selben Tage angenommen. Nach Ziffer 30. 3 ADSp gilt deutsches Recht. Selbst wenn entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Straßentransporte in den Niederlanden zwingend niederländischem Recht unterliegen würden, würde dies der Rechtswahl gemäß Art. 27 Abs. 3 EGBGB nicht entgegenstehen, da der Sachverhalt nicht allein zu dieser Rechtsordnung Beziehungen aufweist; denn hier ist der Vertrag in Deutschland von deutschen Parteien abgeschlossen worden (Palandt-Heldrich, BGB 63. Auflage, Art. 27 EGBGB Rnr. 4). Im übrigen hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, das deutsches Recht auch nach Art. 28 Abs. 4 EGBGB gelten würde, da sowohl der Beförderer als auch der Absender ihre Hauptniederlassung in Deutschland haben. Dem stehen etwaige zwingende niederländische Vorschriften nicht entgegen, da ihre Anwendung bei Maßgeblichkeit deutschen Rechts kraft objektiver Anknüpfung gemäß Art. 28 EGBGB ausscheidet (Palandt-Heldrich, Art. 34 EGBGB Rnr. 4).

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Voraussetzungen des § 459 HGB bejaht. Zweifelsfrei sind die Beförderung und Verladung der Waren zu festen Preisen, nämlich pauschal 72.100,00 DM, vereinbart worden. Dass bestimmte Nebenkosten nicht eingeschlossen sind, steht dem nicht entgegen (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Auflage, § 459 HGB Rnr. 20 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich auch über § 459 HGB die Anwendung niederländischen Rechts nicht herleiten. Es kommt nicht darauf an, wie der Frachtführer haften würde, wenn die Firma N. unmittelbar mit der Streitverkündeten einen Vertrag über die Beförderung von Rotterdam nach C. abgeschlossen hätte; vielmehr ist dasjenige Frachtrecht heranzuziehen, das einschlägig wäre, wenn der Versender mit dem Spediteur statt eines Speditionsvertrages einen Frachtvertrag über die Strecke abgeschlossen hätte (Koller a.a.O Rnr. 23). Maßgeblich ist also die Person der Beklagten mit der Folge, dass es bei der Anwendung deutschen Rechts verbleibt.

Eine Anwendung niederländischen Rechts kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus einer analogen Anwendung der §§ 466 Abs. 4, 449 Abs. 3 HGB hergleitet werden. Hiernach sind dann, wenn der Fracht-/Speditionsvertrag ausländischem Recht unterliegt, die §§ 449 Abs. 1 und 2, 466 Abs. 1 - 3 HGB gleichwohl anzuwenden, wenn nach dem Vertrag der Ort der Übernahme und der Ort der Ablieferung des Gutes im Inland liegen. Es handelt sich insoweit um zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts im Sinne von Art. 34 EGBGB zum Schutze des Absenders, insbesondere wenn dieser ein Verbraucher ist. Im übrigen bleibt das ausländische Frachtrecht aber anwendbar (Koller, HGB, § 449 Rnr. 69). Den §§ 449 Abs. 3, 466 Abs. 4 HGB kann somit nicht ein Grundsatz dahin entnommen werden, dass der Fracht-/Speditionsvertrag dem Recht des Landes zu unterliegen habe, in dem der Ort der Übernahme und der Ort der Ablieferung des Gutes liegen. Im übrigen würde die Anwendung ausländischen Rechts, das den Absender gegenüber dem deutschen Recht schlechter stellt, auch dem Schutzzweck der §§ 449, 466 HGB zuwiderlaufen.

Die Berufung hat auch keinen Erfolg, soweit sich die Beklagte auf einen geringeren Haftungshöchstbetrag gemäß § 431 HGB beruft.

Ziffer 23.1 Nr. 2 ADSp verweist bezüglich des Transportschadens auf den gesetzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag, hier also § 431 Abs. 1 und 4 HGB. Ziffer 23.2 ADSp entspricht § 431 Abs. 2 HGB. Bei Teilverlust der Sendung kommt es also nur auf das Rohgewicht dieses Teils an, wenn nur der Teil und nicht die gesamte Sendung entwertet ist. So liegt es hier. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsbegründung behauptet, die gestohlenen Container seien später unbeschädigt wieder aufgefunden worden, ist dies gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet. Im übrigen ist dieses Vorbringen aber auch unerheblich. Denn die Klageforderung überschreitet auch dann nicht die Haftungshöchstgrenze, wenn man das Gewicht der Container außer Betracht lässt, also nur von dem Gewicht der gestohlenen Monitore ausgeht. Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob Container zur Verpackung gehören (vgl. Koller HGB § 431 Rnr. 4 und § 407 Rnr. 60; OLG Köln Transportrecht 96, 287). Ausweislich der Packing List (Anlagehefter Bl. 37) wiegt nämlich ein Monitor netto 16,5 Kg und brutto 20 Kg. Aus dem Auftrag der Firma N. an die Beklagte vom 23.03.00 ist zu entnehmen, dass das Gewicht einer Verpackungseinheit, nämlich eines Monitors im Karton, 20 Kg beträgt. Jeder Container enthielt 456 Stück, bei zwei Containern macht der Verlust unter Berücksichtigung der sieben wieder aufgefundenen Monitore also 905 Stück aus, was einem Nettogewicht von 14.932,50 Kg und einem Bruttogewicht von 18.100 Kg entspricht. Der Wert eines Sonderziehungsrechts per 31.05.00 betrug 1,40989. Bei Multiplikation mit dem Faktor 8,33 ergibt sich bei Zugrundelegung des Nettogewichts eine Haftungshöchstsumme von 175.373,00 E, bei Zugrundelegung des Bruttogewichts eine solche von 212.573,34 €. Selbst wenn man von dem reinen Nettogewicht der Monitore ausgeht, liegt die Klageforderung mit 145.767,78 € somit weit unter der Haftungshöchstgrenze.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision sieht der Senat ab, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 145.767,78 €

Ende der Entscheidung

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