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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 01.02.2005
Aktenzeichen: 3 U 216/00 BSch
Rechtsgebiete: BGB, RhSchPVO, VVG
Vorschriften:
BGB § 823 | |
RhSchPVO § 7.01 Nr. 4 | |
VVG § 67 |
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6. November 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Rheinschifffahrtsgericht - Duisburg-Ruhrort - 5 C 15/00 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Die Klage auf Zahlung von 11.570,21 DM = 5.915,75 Euro ist nicht gemäß §§ 823 BGB, 7.01 Nr. 4 RhSchPVO, 67 VVG begründet.
Der Beklagte ist nicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Versicherungsnehmer der Klägerin (im folgenden: Zeuge M. ) am 1.11.1998 an seiner Yacht "N. T. " dadurch entstanden ist, dass im Yachthafen I. die MS "E. " des Beklagten bei starkem Hochwasser gegen die Rumpfwand der Yacht gedrückt wurde.
Der Beklagte haftet nur für eine schuldhafte Verletzung des Eigentums des Zeugen M. . Zwar besteht ein Anscheinsbeweis zugunsten des Geschädigten dahin, dass ein Stilllieger, der abtreibt und hierbei Schaden anrichtet, nicht genügend gesichert war und dass damit ein Verstoß gegen § 7.01 Nr. 4 RhSchPVO vorlag. Diesen Anscheinsbeweis für ein zugleich schuldhaftes Verhalten des Beklagten hat dieser aber durch den Nachweis erschüttert, dass er sein Boot ordnungsgemäß befestigt hatte.
Das Boot des Beklagten wurde aufgrund der Strömung deshalb gegen das Boot des Zeugen M. gedrückt, weil am Boot des Beklagten die Heckleine gerissen war, so dass es nur noch von der Bugleine gehalten wurde.
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. F. in seinem schriftlichen Gutachten vom 6.5.2002 war die Heckleine am Steg ordnungsgemäß befestigt, denn die Verknotung hat gehalten und hatte mit dem Reißen des Taues nichts zu tun (vgl. Bl. 274 f. d.A.). Auch der Zeuge M. hat dem Beklagten in einem Telefonat am 31.10.1998 die ordnungsgemäße Befestigung - nach dem Vortrag der Klägerin (Bl. 132 d.A.). bezogen auf den Zustand des Knotens - bestätigt.
Nach dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Heckleine für die am Unfalltag herrschende hochwasserbedingte Strömung ausreichend dimensioniert war. Der Sachverständige Dipl.Ing. T. ist aufgrund von mikroskopischen Untersuchungen und Zugversuchen zu der Feststellung gelangt, dass das Seil an zwei Abschnitten ohne oder mit nur geringfügigem Verschleiß eine Bruchlast zwischen 12,5 kN und 14,9 kN hatte und dass es im unmittelbaren Bruchbereich Abriebspuren aufwies, die die Bruchlast vermindert haben.
Die von dem Sachverständigen ermittelte Bruchlast reichte selbst bei einem Tiefgang der MS "E. " von 0,6 m - wie von der Klägerin behauptet - aus, um der Strömung am Unfalltag Stand zu halten. Dies folgt aus der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dipl.-Ing. A. vom 8.9.2003, der für diesen Fall eine Bruchlast von maximal 4,73 kN errechnet hat (Bl. 424 ff. d.A.). Die in der ergänzenden Stellungnahme vorgenommene Berechnung des Sachverständigen ist ungeachtet des Umstandes verwertbar, dass der Senat die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit durch die Klägerin für begründet erklärt hat. Denn die Berechnung selbst wird von der Klägerin nicht angegriffen und betrifft nicht die allein von ihr beanstandete Feststellung des tatsächlichen Tiefgangs von MS "E. " anhand von Videoaufnahmen des Beklagten ohne vorherige Benachrichtigung der Klägerin.
Der Bruch der Heckleine ist trotz an sich ausreichender Bruchlast darauf zurückzuführen, dass das Seil an einem anderen Gegenstand gerieben hat. Der Sachverständige Dipl.-Ing. T. (Bl. 504 d.A.) hat im unmittelbaren Bereich der beiden Bruchenden dunkelfarbige Abriebspuren sowie gerissene Fasern der Ummantelung des Seils am herausgezogenen Kern eines Bruchendes festgestellt und daraus geschlossen, dass der Abrieb unmittelbar vor dem Bruch des Seiles erfolgte. Wäre der Abrieb das Resultat mehrmaligen Festmachens des Bootes jeweils mit gleicher Seillänge, hätte er sich auf jeden Fall über einen größeren Bereich des Seilumfanges eingestellt und nicht - wie hier - auf einer relativ eng begrenzten Mantellinie auf der Seiloberfläche ausgebildet. Die Tatsache, dass sich der Abrieb auf dem Kern des Seiles am Bruchende fortsetzte, lässt den Schluss zu, dass durch das Reiben des Seiles an einem anderen Gegenstand zunächst der Seilmantel soweit beschädigt wurde, dass er zerriss und anschließend dieser Gegenstand auf den freiliegenden Seilkern weitergerieben hat, bis dieser ebenfalls gerissen ist.
Die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. T. festgestellten weiteren Verschmutzungen sowie Beschädigungen der Seiloberfläche waren für ein schon längere Zeit im Einsatz befindliches Festmacherseil normal und haben die Gebrauchseigenschaft nur unwesentlich beeinträchtigt.
Soweit der Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. F. zu hiervon abweichenden Ergebnissen gelangt ist, beruht dies allein darauf, dass Dr. F. das streitgegenständliche Seil weder mikroskopisch untersucht noch Zugversuche durchgeführt hatte. Seine Feststellungen beruhen auf der bloßen Inaugenscheinnahme des Seils und den Erfahrungen des Sachverständigen. Sie geben keinen Anlass, das sorgfältig begründete Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. T. , das auch von der Klägerin nicht angegriffen wird, in Frage zu stellen.
Der Umstand, dass das Seil durch Reiben auf einem anderen Gegenstand so weit geschwächt wurde, dass es zuletzt deutlich unterhalb seiner im unbeschädigten Zustand anzunehmenden Bruchlast gerissen ist, kann nicht dem Beklagten angelastet werden. Der Sachverständige Dipl.-Ing. T. hält es für wahrscheinlich, dass es sich bei dem anderen Gegenstand um ein das gebrochene Seil kreuzendes anderes Seil gehandelt hat. Damit ergibt sich die ernsthafte Möglichkeit, dass die Heckleine vom Boot des Beklagten durch ein Reiben auf dem unstreitig - so das Urteil des Landgerichts - am Schadenstag an dem selben Stegende, an dem das Seil des Beklagten befestigt war, befestigten Seil zur Sicherung der Yacht des Zeugen M. gerissen ist. Diese ernsthafte Möglichkeit wird durch die auf den zu den Akten gereichten Fotos und Videoaufnahmen ersichtliche Lage der Seile bestätigt. Wenn auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ungeklärt geblieben ist, wer das Seil des Zeugen M. an jenem Stegende befestigt hat, so behauptet doch auch die Klägerin nicht, dass es der Beklagte gewesen sei und dass das Seil des Zeugen A. bereits dort befestigt gewesen sei, als der Beklagte seine Heckleine an dem Stegende verknotete.
Da somit eine Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz nicht besteht, war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Berufungsstreitwert: 5.915,75 Euro.
Ende der Entscheidung
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