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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 3 U 70/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB § 437 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.03.2006, 6 O 412/04, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW C. 330d a (Fahrzeug-Ident-Nr.: Q.XXXXX), 34.525,22 Euro an die C. Leasing GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Dr. G. T., Dr. I.-K. D. und U. X., I.-str. 164, xxxxx N., nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 741,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Bezüglich der Verteilung der Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil, wonach der Kläger 25% und die Beklagte 75% der Kosten trägt. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 8% und die Beklagte 92%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Ansprüche aufgrund Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages geltend. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der auf Kaufpreisrückzahlung abzüglich zu erstattender Nutzungsentschädigung gerichteten Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens u.a. zur Frage der Mangelhaftigkeit des eingebauten Navigationsgerätes im Wesentlichen stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass der Kläger von einem ihm zustehenden Rücktrittsrecht wirksam Gebrauch gemacht habe. Das verkaufte Fahrzeug sei mangelhaft gewesen, weil das eingebaute Navigationsgerät nicht zuverlässig arbeite. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten stehe fest, dass vereinzelt Fehlfunktionen des Navigationsgerätes aufträten, die sich in umständlicher Routenplanung oder in dem Nichtauffinden bestimmter Straßen äußerten; dieser Mangel habe auch schon bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorgelegen und könne nicht als unerheblich angesehen werden. Wegen mehrerer vergeblicher Nachbesserungsversuche der Beklagten sei die ursprünglich vorrangige Nacherfüllung bereits fehlgeschlagen. Das Begehren des Klägers erweise sich auch nicht als treuwidrig; soweit der Kläger seine Pflichten im Verhältnis zu seinem Leasinggeber verletzt habe, könne sich die Beklagte darauf nicht berufen. Die vom Kläger zu erstattende Nutzungsvergütung belaufe sich unter Zugrundelegung von 0,4% des Kaufpreises je 1.000 km auf 13.537,06 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Berechnung der Nutzungsentschädigung durch das Landgericht. Er meint, es sei von einer Gesamtfahrleistung des verkauften PKW von 300.000 km auszugehen (Beweis: Sachverständigengutachten), so dass sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von nur 11.280,89 Euro ergebe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 22.03.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln (Az.: 4 O 612/04) zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW C. 330d a (Fahrzeug-Ident-Nr.: Q.XXXXX), 37.554,11 Euro an die C. Leasing GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Dr. G. T., Dr. I.-K. D. und U. X., I.-str. 164, xxxxx N., nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.08.2004 zu zahlen, sowie im Übrigen unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Köln (Az.: 4 O 612/04) aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Köln (Az.: 4 O 612/04) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, der verkaufte PKW sei bei Übergabe an den Kläger mit einem nicht nur unerheblichen Mangel behaftet gewesen. Das Navigationsgerät arbeite lediglich in Einzelfällen nicht richtig und sei keinesfalls komplett ausgefallen; nachgewiesen sei nur, dass das Gerät zwei bestimmte Straßen nicht erkannt habe. Dass dieser Mangel überhaupt schon bei Übergabe an den Kläger - und sei es auch nur im Keim -vorhanden gewesen sei, sei nicht erwiesen; auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB könne sich der Kläger nicht berufen, da er bei Erwerb des PKW nicht als Verbraucher gehandelt habe. Zudem sei von einer Verwirkung auszugehen, da der Kläger den PKW weit übermäßig genutzt habe. Die gegebenenfalls vom Kaufpreis abzusetzende Nutzungsentschädigung sei mit 0,67% je 1.000 km zu berechnen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, diejenige der Beklagten nur in geringem Umfang begründet.

A.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die vom Landgericht vorgenommene Berechnung der gem. §§ 346, 348 BGB vom zurückzuzahlenden Kaufpreis in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung weist keinen den Kläger beschwerenden Rechtsfehler auf. Denn die gem. § 287 ZPO zu bestimmende Nutzungsentschädigung beläuft sich hier auf 14.309,78 Euro, während das landgerichtliche Urteil von einer anzurechnenden Nutzungsentschädigung in Höhe von lediglich 13.537,06 Euro ausgegangen ist.

Die vom Käufer eines PKW im Falle eines Rücktritts vom Kaufvertrag wie hier zu ersetzenden Gebrauchsvorteile berechnen sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 17.05.1995, NJW 1995, 2159 ff.; zustimmend Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9.Aufl., Rn1455), der sich der Senat anschließt, wie folgt:

Gebrauchsvorteil = Bruttokaufpreis x zurückgelegte Fahrstrecke voraussichtliche Restlaufleistung bei Gefahrübergang

Nachdem Kaufpreis, Laufleistung bei Gefahrübergang und vom Kläger zurückgelegte Fahrstrecke zwischen den Parteien nicht (mehr) in Streit stehen, hängt die Berechnung des anzurechnenden Gebrauchsvorteils allein noch von der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des erworbenen PKW ab. Insoweit tritt der Senat der Einschätzung des Landgerichts bei, dass diese hier mit 250.000 km anzusetzen ist (vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9.Aufl., Rn1457 zu vergleichbaren Fahrzeugen). Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Behauptung des Klägers, dass die Gesamtlaufleistung bei 300.000 km liege, sieht der Senat im Rahmen des ihm insoweit entsprechend § 287 ZPO eingeräumten Ermessens (dazu vgl. BGH, aaO.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9.Aufl., Rn1455, 1457) keine Veranlassung.

Damit ergibt sich ein anzurechnender Gebrauchsvorteil in Höhe von 14.309,78 Euro (Gebrauchsvorteil = 48.835 Euro Kaufpreis x 69.300 km zurückgelegte Fahrstrecke 236.500 km voraussichtliche Restlaufleistung).

B.

Die Berufung der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg, soweit sie die Berechnung der Nutzungsentschädigung durch das Landgericht angreift; im Übrigen erweist sie sich als unbegründet.

1.

Der Kläger kann nach wirksam erklärtem Rücktritt vom Vertrag gem. § 346 Abs.1 BGB Rückzahlung des Kaufpreises - hier in Form der Zahlung an die C. Leasing GmbH, vgl. Ziff. XIII 1. des Leasingvertrages - abzüglich einer gem. § 287 ZPO zu ermittelnden, angemessenen Nutzungsentschädigung verlangen. Der vom Kläger mit Schreiben vom 13.08.2004 erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag war wirksam, denn dem Kläger stand gem. §§ 437 Nr.2, 434, 440 BGB ein Rücktrittsrecht zu, weil der veräußerte PKW im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war, die Nacherfüllung fehlgeschlagen und die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist.

a.

Der veräußerte PKW war nach den auch der Entscheidung des Senats gem. § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft.

Dass der PKW zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen am 01.06.2005 einen Mangel aufwies, weil das Navigationsgerät nicht ordnungsgemäß arbeitete, ist mittlerweile unstreitig; die Beklagte hat mit der Berufungsbegründung ausdrücklich eingeräumt, dass das Navigationsgerät jedenfalls in Einzelfällen zu einer Routenplanung nicht in der Lage war.

Der Senat sieht keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der weiteren Feststellung des Landgerichts, dass dieser Mangel auch schon im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war. Der erstinstanzlich tätig gewordene Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.08.2005, S.4, überzeugend ausgeführt, dass es sich bei dem festgestellten Mangel nicht um eine Verschleißerscheinung handelt; gegen eine Verschleißerscheinung spricht eindeutig, dass der Mangel hier trotz Austauschs des Navigationsrechners nicht behoben werden konnte. Nachdem weiter unstreitig ist, dass der Kläger eben diesen Mangel bereits im Mai 2004 und damit nur etwa drei Monate nach Übergabe gerügt hatte und weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass der aufgetretene Mangel durch eine Fehlbedienung des Klägers verursacht worden sein könnte (vgl. OLG Frankfurt, DAR 2005, 339), ist unabhängig von der Anwendbarkeit des § 476 BGB mit dem Landgericht auch davon auszugehen, dass dieser Mangel tatsächlich bereits bei Übergabe vorgelegen hat. Davon ist auch der Sachverständige in seinem Gutachten ausgegangen.

b.

Dieser Mangel berechtigte den Kläger zum Rücktritt.

Ein Mangel der Kaufsache, der keine nur unerhebliche Pflichtverletzung darstellt, berechtigt gem. §§ 437 Nr.2, 440 BGB u.a. dann zum Rücktritt, wenn die zunächst vorrangige Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, was vorbehaltlich besonderer Umstände dann der Fall ist, wenn zwei Nachbesserungsversuche erfolglos geblieben sind; einer weiteren Fristsetzung oder einer weiteren Gewährung der Möglichkeit zur Nachbesserung bedarf es dann nicht mehr. So liegt der Fall hier.

aa.

Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen. Der Kläger hatte die mangelnde Funktionsfähigkeit des Navigationsgerätes unstreitig bereits am 24.05.2004 und danach noch mehrfach gerügt. Die Beklagte hat unstreitig am 24.05.2004 den Bordmonitor getauscht, am 11.06.2004 eine Neucodierung des Navigationsrechners vorgenommen und am 20.07.2004 einen neuen Navigationsrechner eingebaut und neue Software für die Straßenkarte aufgespielt, ohne dass der Mangel hätte beseitigt werden können. Dass die Arbeiten der Beklagten am Navigationsrechner jeweils als Nachbesserungsversuche im Sinne des § 439 BGB anzusehen sind, liegt auf der Hand. Wer als Verkäufer auf entsprechende Beanstandung hin tätig wird und Teile der Kaufsache austauscht, handelt ersichtlich, um seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zur Lieferung einer mangelfreien Sache zu erfüllen (vgl. OLG Hamm MDR 1970, 231 f.).

Besondere Umstände, die dazu führen könnten, der Beklagten hier noch einen weiteren - dann schon vierten - Nachbesserungsversuch einzuräumen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte darauf verweist, der Kläger habe im Rahmen seiner Mängelrügen keine konkreten Beispielsfälle für den behaupteten Ausfall des Navigationsgerätes genannt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn nachdem der Kläger unstreitig die mangelhafte Funktion des Navigationsgerätes mehrfach gerügt hatte, wäre es Sache der Beklagten als Fachunternehmen gewesen, von dem Kläger eine weitere Spezifizierung der Mängelrüge zu verlangen, wenn ihr die bisherigen Angaben des Klägers nicht ausreichten, um eine sachgerechte Nachbesserung in die Wege zu leiten. Dass sie solches vergeblich vom Kläger verlangt hätte, ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich.

bb.

Der Rücktritt des Klägers ist nicht gem. § 323 Abs.5 S.2 BGB ausgeschlossen, denn die Pflichtverletzung der Beklagten ist nicht unerheblich. Für den Fall des Gebrauchtwagenkaufs ist anerkannt, dass es im Rahmen der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.2006, BGHZ 167, 19 ff.) entscheidend darauf ankommt, ob und gegebenenfalls mit welchem Kostenaufwand sich ein Mangel beseitigen lässt (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2004, 392 f.; OLG Bamberg, DAR 2006, 456 ff.). Dieser Kostenaufwand liegt hier sowohl in Verhältnis zum Kaufpreis als auch absolut so hoch, dass von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht mehr ausgegangen werden kann. Die im Rahmen des § 323 Abs.5 S.2 BGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat jedenfalls nicht dargetan, dass eine Mängelbeseitigung anders als durch nochmaligen Austausch des Navigationsrechners im Werte von 2.390 Euro möglich ist; zu dieser Summe sind noch weitere Einbaukosten hinzuzurechnen. Insgesamt übersteigt der Nachbesserungsaufwand damit 5% des Anschaffungspreises. Auch der absolute Betrag von mehr als 2.000 Euro erweist sich als erheblich. Schließlich kann auch die vorliegende Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit nicht als unerheblich angesehen werden; insoweit schließt sich der Senat in vollem Umfang den überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil an.

c.

Von seinem nicht verwirkten Rücktrittsrecht hat der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2004 wirksam Gebrauch gemacht, § 349 BGB; zur Ausübung des Rücktrittsrechts war der Kläger hier gem. Ziff. XIII des Leasingvertrages ausdrücklich berechtigt.

aa.

Eine Verwirkung des Rücktrittsrechts vor Ausübung des Rücktrittsrechts ist nicht ersichtlich. Die bloße Nutzung des Fahrzeugs kann nur unter besonderen Umständen die Annahme einer Verwirkung rechtfertigen (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1991, NJW 1992, 170 f.; Urt. v. 15.10.2003, DAR 2004, 23 f.). Solche Umstände sind hier weder dargetan noch ersichtlich. Der Kläger war mit dem erworbenen Fahrzeug vor Erklärung des Rücktritts im August 2004 lediglich ca. 20.000 km gefahren; darin liegt noch keine übermäßige, nach Treu und Glauben einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausschließende Nutzung. Nach seiner Ausübung ist eine Verwirkung des Rücktrittsrechts schon denkgesetzlich ausgeschlossen. Ein ausgeübtes Gestaltungsrecht kann nicht mehr verwirken.

bb.

Dem Kläger ist es auch nicht gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf die Rechtsfolgen des wirksam erklärten Rücktritts zu berufen. Wie oben bereits ausgeführt, kommt eine Verwirkung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur unter besonderen Umständen in Betracht (BGH aaO.). Der bloße Umstand, dass das Fahrzeug vom Käufer auch nach Erklärung des Rücktritts weiter genutzt wird, genügt für die Annahme einer Verwirkung nicht, denn insoweit wird den Interessen des Verkäufers bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass er Anspruch auf Wertersatz für die vom Käufer insoweit genossenen Gebrauchsvorteile hat. Auch der besondere Umfang der Nutzung durch den Kläger im vorliegenden Fall rechtfertigt vorliegend kein anderes Ergebnis. Denn im Rahmen der erforderlichen umfassenden Würdigung der gegenseitigen Interessen fällt hier ganz entscheidend ins Gewicht, dass es nach Erklärung des Rücktritts durch den Kläger Sache der Beklagten gewesen wäre, für eine raschere Rückabwicklung und damit auch für eine geringere Abnutzung des verkauften Fahrzeugs bei Rücknahme zu sorgen.

d.

Zur Berechnung der vom Kaufpreisrückzahlungsanspruch in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung kann auf die Ausführungen zur Berufung des Klägers oben zu A. Bezug genommen werden. Danach hat die Berufung insoweit nur in geringem Umfang Erfolg. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens auf Antrag der Beklagten kam nicht in Betracht; die Frage, wie die anzurechnenden Gebrauchsvorteile zu berechnen sind, ist Rechts- und nicht Tatfrage.

2.

Der Feststellungsantrag ist begründet, denn die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des verkauften Fahrzeugs in Annahmeverzug. Angesichts der von Anfang an unmissverständlich und unter allen Umständen erklärten Weigerung der Beklagten, die Berechtigung des vom Kläger erklärten Rücktritts zu akzeptieren und das Fahrzeug zurückzunehmen, war vorliegend ausnahmsweise selbst ein wörtliches Angebot des Klägers entbehrlich, weil es sich als sinnlose Förmelei dargestellt hätte (vgl. BGH Urt. v. 20.09.2006, VIII ZR 127/04). Auf die Frage, ob und inwieweit die im Rücktrittsschreiben vom 13.08.2004, in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 06.01.2006 enthaltenen wörtlichen Angebote des Klägers angesichts der dort enthaltenen Zahlungsanträge jeweils der geschuldeten Leistung entsprochen haben, kommt es daher nicht an.

3.

Der Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beruht auf §§ 280 Abs.1, 286 BGB. Die Aktivlegitimation des Klägers ist nach Vorlage der schriftlichen Abtretungserklärung der Rechtsschutzversicherung nicht mehr bestritten worden; weitere Einwendungen gegen die zutreffenden Erwägungen im landgerichtlichen Urteil sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs.1, 291 BGB.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

5.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs.1 Nr.1, Abs.2 Nr.1 und Nr.2 ZPO; der Senat sieht eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich an. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seinem Urteil vom 10.04.2006, DAR 2006, 456 ff., (nicht tragend) ausgeführt, ein unter 10% des Kaufpreises liegender Nachbesserungsaufwand sei jedenfalls in der Regel im Rahmen des § 323 Abs.5 S.2 BGB als unerheblich anzusehen; dem folgt der Senat mit der vorliegenden Entscheidung nicht. Der Bundesgerichtshof hat die Frage des Verhältnisses von Mangelbeseitigungskosten und Kaufpreis bei Beurteilung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Rahmen des § 323 Abs.5 S.2 BGB, soweit ersichtlich, bislang offen gelassen (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.2006, BGHZ 167, 19 ff.).

Streitwert

Berufung des Klägers: 2.256,17 Euro

Berufung der Beklagten: 35.297,94 Euro

Ende der Entscheidung

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