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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.06.2000
Aktenzeichen: 3 W 62/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 516
BGB §§ 1385 ff.
BGB § 1566
BGB § 1567
BGB § 1375
ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

3 W 62/99 8 O 250/99 LG Aachen

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

pp.

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 02.06.2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 14.10.1999 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 20.09.1999 - 8 O 250/99 - wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe hat im Ergebnis keinen Erfolg.

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, den mit der Erklärung des Antragstellers vom 07.08.1997 verbundenen Vorgang als ehebezogene unbenannte Zuwendung, nicht als Schenkung oder Begründung einer Ehe-gatteninnengesellschaft gewertet. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 30.06.1999 - XII ZR 230/96 - (MDR 1999, 1266 ff.) die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung zwischen ehebezogener unbenannter Zuwendung und Ehegatteninnengesellschaft zusammenfassend dargestellt. Hiernach liegt eine ehebezogene Zuwendung vor, "wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe Willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage der Zuwendung" (BGH a. a. O. S. 1267). Die Ehegatteninnengesellschaft erfordert demgegenüber in der Zielvorstellung der Ehegatten einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck auf der Grundlage eines zumindest schlüssig zustandegekommenen Vertrages (BGH a. a. O. S. 1268). Nach den von den Parteien vorgetragenen Umständen und dem Inhalt der Erklärung des Antragstellers vom 07.08.1998 kann an einer ehebezogenen Zuwendung kein Zweifel bestehen. Der Verzicht des Antragstellers auf den Darlehensrückzahlungsanspruch sollte nach dem Inhalt dieser Erklärung die Antragsgegnerin beim Aufbau einer neuen beruflichen Existenz unterstützen, "die ja auch unser gemeinsames Leben weiterhin sichern soll". Hierbei kann Gegenstand einer ehebezogenen Zuwendung auch der Erlass einer Darlehensschuld sein (BGH MDR 1997, 742 für den Verzicht auf güterrechtlichen Ausgleich). Andererseits liegt in dem Vorgang keine Schenkung (§ 516 BGB) zugunsten der Antragsgegnerin. Hierzu hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass eine Einigung der Parteien über eine nicht von einer Gegenleistung abhängige begünstigende Vermögenszuwendung an die Antragsgegnerin angesichts der Erklärung des Antragstellers vom 07.08.1997 nicht feststellbar und nicht hinreichend dargetan ist.

Aus diesem in Erwartung des Bestandes der Ehe vorgenommenen Rechtsgeschäft kommen nach dem Scheitern der Ehe entsprechend den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich Ausgleichsansprüche des Antragstellers in Betracht, wenn die Beibehaltung der durch die Zuwendung herbeigeführten Vermögenslage dem Antragsteller als benachteiligten Ehegatten nicht zumutbar ist; dies gilt gerade - wie hier - im Fall der Gütertrennung (BGH MDR 1994, 1219). Dabei ist der Ausgleich der Zuwendung nicht darauf beschränkt, schlechthin unangemessene und untragbare Ergebnisse zu korrigieren. Ein Ausgleichsanspruch kann vielmehr schon dann bestehen, wenn dem zuwendenden Ehegatten die Beibehaltung der herbeigeführten Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH MDR 1997, 742). Soweit das Landgericht dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch mit einem Teil der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung an einer rechtskräftigen Scheidung der Ehe scheitern lässt (OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1477, 1478; LG München FamRZ 1998, 167; Staudinger-Thiele, 13. Aufl. § 1363 Rn. 14 unter Hinweis auf OLG Düsseldorf; Palandt-Heinrichs, 59. Auflage, § 242 Rn. 159), vermag sich der Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Richtig ist, dass nach den tatsächlichen Zeitabläufen vielfach Ausgleichsansprüche erst nach der Scheidung aufgegriffen werden oder zur Entscheidung anstehen. Die rechtskräftige Scheidung dokumentiert auch das endgültige Scheitern der Ehe. Hierbei orientiert sich die Rechtsprechung vor allem im Unterhaltsrecht für die Feststellung der ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich an dem Zeitpunkt der Scheidungsrechtskraft, da bis dahin die Ehe fortbesteht, so dass Veränderungen nach der Trennung bis zu diesem Zeitpunkt - unter gewissen Einschränkungen - regelmäßig zu berücksichtigen sind (BGH FamRZ 1992, 1045, 1046; FamRZ 1994, 278). Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage in seinem Zeitpunkt an die Rechtskraft der Scheidung anzubinden wäre. Wie oben ausgeführt, ist Geschäftsgrundlage der Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft und die Teilhabe am hingegebenen Vermögenswert und dessen Früchten, die als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung und Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen sollten. Diese Grundlage kann nicht erst mit Rechtskraft der Scheidung entfallen, sondern bereits bei dauerhafter Trennung der Eheleute. Insoweit sieht der Senat entgegen der vorstehenden Auffassung die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 05.07.1974 (WM 1974, 1024, 1025) vertretene Ansicht als zutreffend an (vgl. auch MK-Roth, 3. Auflage, § 242 Rn. 678; Staudinger-Schmidt, 13. Aufl. § 242 Rn. 1285; Johannsen/Henrich-Jaeger, Eherecht 3. Auflage, Rn. 10 a). Hierfür spricht auch eine weitere Überlegung. Die Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs knüpft daran an, einen gerechten Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten herzustellen, wenn das Ehegüterrecht keine befriedigende Lösung gewährleistet und eine Beibehaltung der formalen Zuordnung zum Vermögen eines Ehegatten unbillig erscheint (BGH MDR 1999, 1266, 1267). Das eheliche Güterrecht regelt bei der Zugewinngemeinschaft auch Fälle des Zugewinnausgleichs vor Scheidung (§§ 1385 ff. BGB). Leben hiernach die Ehegatten seit mindestens 3 Jahren getrennt, kann jeder von ihnen auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen, ferner in Fällen schädlichen Verhaltens des anderen Ehegatten. Im ersten Fall liegt dem die Erwägung zugrunde, dass mit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft die Grundlage für eine Beteiligung am Zugewinn fehlt. Wenn das eheliche Güterrecht schon vor rechtskräftiger Scheidung der Ehe Zugewinnausgleichsansprüche vorsieht, ist hiermit nicht zu vereinbaren, an einen mit gleichartiger Zielsetzung entwickelten Ausgleichsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage einschränkendere Anforderungen zu stellen, als es die Geschäftsgrundlage eigentlich vorsieht. Ferner sind Fälle möglich, dass neben dem Zugewinnausgleich auch eine ergänzende Ausgleichsforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuerkennen ist, da sich allein mit dem Ehegüterrecht keine befriedigende Lösung erreichen lässt (BGH MDR 1992, 264, 265). Ist nach dem Ehegüterrecht ein vorzeitiger Zugewinnausgleich möglich, ist nicht einzusehen, einen ergänzenden Ausgleichsanspruch von der Rechtskraft der Scheidung abhängig zu machen.

Auch soweit das Landgericht Bedenken äußert, dass das Zivilgericht anstelle des Familiengerichts über das Scheitern Ehe urteilen würde, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Die Zuständigkeit des Familiengerichts wird durch die hier zur Beurteilung anstehenden Fragen nicht tangiert. Vorliegend ist allein zu entscheiden, ob die Geschäftsgrundlage wegen des Scheiterns der ehelichen Lebensgemeinschaft weggefallen ist. Diese nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung ist, soweit ein familienrechtlicher Bezug gegeben ist, Vorfrage, die bezogen auf die Geschäftsgrundlage das allgemeine Zivilgericht entscheiden kann. Anknüpfungspunkt ist hierbei, ob die Ehegatten dauerhaft getrennt leben, ohne dass Anhaltspunkte für eine Beendigung des Zustandes angenommen werden können. In diese Beurteilung können die im Scheidungsrecht geltenden Grundsätze (§§ 1566, 1567 BGB) einbezogen werden.

Die einen Ausgleichsanspruch zum jetzigen Zeitpunkt begründenden Umstände hat der Antragsteller noch näher darzulegen. Dies gilt gleichermaßen auch für den Umfang eines Ausgleichsanspruchs. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.06.1999 zusammenfassend ausgeführt (MDR 1999, 1266, 1268): "Art und Höhe dieses Billigkeitsanspruchs hängen von einer Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände ab, z. B. Ehedauer, der Frage wie lange und mit welchen Erfolg die Zuwendung ihrem Zweck gedient hat, Alter der Ehegatten, Art und Umfang der vom Zuwendungsempfänger innerhalb seines Aufgabenbereichs erbrachten Leistungen, Einsatz eigenen Vermögens, Höhe der noch vorhandenen Vermögensmehrung, dem Zuwendenden verbliebenes Vermögen und anderes. Der Zuwendende muss dabei nicht nur die Zuwendung, sondern auch die für die Unzumutbarkeit sprechenden Umstände darlegen und beweisen. Obere Grenze des Ausgleichsanspruchs in Geld ist der Betrag, um den das Vermögen des Zuwendungsempfängers bei Trennung der Ehegatten infolge der Leistungen des Zuwendenden noch gemehrt war." Hieraus folgt zum einen, dass die Notlage des Antragstellers durchaus ein Wertungsgesichtspunkt sein kann und auch das vom Antragsteller der Antragsgegnerin angelastete Verhalten, Vermögen zu verschleiern oder dieses zu seinem Nachteil bei Seite geschafft zu haben, Bedeutung gewinnen kann, was auch dem ehelichen Güterrecht (§ 1375 BGB) nicht fremd ist. Eine Beurteilung, ob und inwieweit ein Ausgleichsanspruch erfolgreich sein kann, ist auf der Grundlage des bisherigen Vorbringens nicht hinreichend verlässlich möglich. Unter Beachtung der vorstehenden Hinweise mag der Antragsteller insoweit sein Begehren entsprechend darlegen.

Eine Entscheidung zu den Gerichtskosten ist nicht veranlasst. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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