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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 4 UF 114/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 UF 114/02

In der Familiensache

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln - Familiensenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers und die Richter am Oberlandesgericht Blank und Schlemm am 7. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Ehemannes vom 13. Juni 2002 wird das am 8. Mai 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Brühl im Ausspruch zum Versorgungsausgleich geändert.

Von dem Rentenversicherungungskonto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versicherungsnummer xxx1, werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 74,66 €, bezogen auf den 30. November 2000, übertragen auf das Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versicherungsnummer xxx2.

Die Umrechnung der zu übertragenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte wird angeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

Die Beschwerde ist begründet. Der Versorgungsausgleich ist durchzuführen.

Nach § 1587 Absatz 1 BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. In der für die Berechnung des Versorgungsausgleichs maßgeblichen Ehezeit (§ 1587 Absatz 2 BGB), die vom 1. Februar 1990 bis zum 30. November 2000 dauerte, haben die Parteien lediglich bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auszugleichende Rentenanwartschaften erworben:

der Ehemann in Höhe von 162,00 €

und die Ehefrau in Höhe von 311,32 €.

Diese Anwartschaften sind nach § 1587 b Absatz 1 BGB auszugleichen. Es ergibt sich folgende Berechnung: (311,32 € - 162 €) / 2 = 74,66 €.

Der Versorgungsausgleich ist nicht nach § 1587 c Ziffer 1 BGB auszuschließen. Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, kommt eine Herabsetzung oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Verhältnisse in einer Ehe die Durchführung des Wertausgleichs dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. BGH FamRZ 2004, 862 mit weiteren Nachweisen). Der Gesetzgeber wollte mit dem Versorgungsausgleich vornehmlich die soziale Lage desjenigen Ehegatten verbessern, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten hat (BGHZ 74, 38). Ein Ehegatte, der ohne erwerbstätig zu sein, zur Schule geht und anschließend studiert, erleidet beim Aufbau eigener Versorgungsanwartschaften keine ehebedingten Nachteile; er steht hinsichtlich seiner Altersversorgung nicht anders da, als wenn er nicht geheiratet hätte. In Fällen dieser Art ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs dann grob unbillig, wenn zu den fehlenden ehebedingten Nachteilen als besonderer Umstand hinzukommt, dass der Verpflichtete während der Schulausbildung des anderen Ehegatten durch seine volle Erwerbstätigkeit einen überobligationsmäßigen Beitrag zum Familienunterhalt geleistet und gerade dadurch dem anderen Ehegatten den Abschluss einer qualifizierten Ausbildung ermöglicht und finanziert hat (vgl. Johannsen/Henrich-Hahne, Eherecht, 3. Auflage, § 1587 c Rdn. 21, RGRK-Wick, BGB, 12. Auflage, § 1587 c Rdn. 46, Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Auflage, § 1587 c Rdn. 27, je mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Zum einen ist schon nicht nachvollziehbar, dass der Antragsgegner das Studium während der Ehezeit tatsächlich noch betrieben hätte. Leistungsnachweise hat er nicht vorgelegt, nach dem Vorbringen der Antragstellerin hat der Antragsgegner tatsächlich auch nicht mehr studiert. Zum andern hat die Antragstellerin durch ihre Einkünfte auch nicht die Ausbildung des Antragsgegners finanziert.

Im vorliegenden Fall reicht der Sachverhalt auch im übrigen nicht für die Annahme einer groben Unbilligkeit aus. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren beide Parteien nicht in vollem Umfang erwerbstätig. Beide brachten zwei minderjährige Kinder mit in die Ehe. Der Antragsgegner war im Zeitpunkt der Eheschließung bereits seit zehn Jahren als Student eingeschrieben. Die Antragstellerin hat ihre Rentenanwartschaften durch Pflichtbeiträge über den gesamten Ehezeitraum erworben, zusätzlich sind Zeiten der Kindererziehung berücksichtigt worden. Der Erwerb von Rentenanwartschaften des Antragsgegners in der Ehezeit beschränkt sich auf die Zeit ab Mitte Januar 1997. In der Zeit ab der Eheschließung bis Juni 1995 war der Antragsgegner sozialversicherungsfrei beschäftigt, von Juli 1995 bis Mitte Januar 1997 war er selbständig tätig.

Zwar hätte der Antragsgegner in den ersten Ehejahren eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen können und hätte auch während der Zeit seiner Selbständigkeit für eine angemessene eigene Altersversorgung sorgen können. Das so entstandene Ungleichgewicht der erworbenen beiderseitigen Anwartschaften mag durchaus als unbillig anzusehen sein, erreicht aber nicht die Grenze zur groben Unbilligkeit. Der Antragsgegner hat belegt, dass er in den ersten Ehejahren in einem Umfang zum Familieneinkommen beigetragen hat, welcher die Nettoeinkünfte der Antragstellerin nahezu erreicht. Soweit der Antragsgegner in der Zeit der Selbständigkeit keine Ausgaben für die Altersvorsorge vorgenommen hat, sind die so ersparten Ausgaben dem Familieneinkommen zugute gekommen. Von einer groben Unbilligkeit kann bei dieser Sachlage nicht gesprochen werden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 1587 b Absatz 6 BGB, 93 a ZPO und § 49 GKG, hinsichtlich des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei dem Beschluss des Senats vom 10. Mai 2004 (§ 72 Ziffer 1 GKG n.F.).

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