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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 15.08.2006
Aktenzeichen: 4 UF 19/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Parteien wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel und Klageabweisung im Übrigen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 10.01.2006 - 31 F 463/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt,

1. zu Händen der Klägerin für die am 07.01.1990 geborene gemeinsame Tochter der Parteien T ab November 2003 einen Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 284,00 € sowie

2. an die Klägerin

a. für November 2003 sowie Dezember 2003 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 185,00 € und

b. ab Januar 2004 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 202,00 € zu zahlen.

Die auf die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 23.01.2004 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 05.02.2004 - beide 31 F 463/03 EAUEK - bis einschließlich Januar 2006 geleisteten Zahlungen sind auf Nachweis durch den Beklagten anzurechnen.

Für die erste Instanz verbleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässigen - insbesondere frist- und formgerecht eingelegten - Berufungen der Parteien haben nur teilweise Erfolg. Dabei ist die Berufung der Klägerin ganz überwiegend erfolgreich, während die Berufung des Beklagten ganz überwiegend unbegründet ist.

Klar stellend weist der Senat darauf hin, dass es sich entgegen der Protokollierung in der Sitzungsniederschrift vorliegend um zwei selbständige Berufungen der Parteien handelt. Fälschlicherweise wurde das Rechtsmittel der Klägerin als Anschlussberufung bezeichnet, was offensichtlich unzutreffend ist. Die Falschbezeichnung hat auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels jedoch keinen Einfluss.

Der Beklagte greift das amtsgerichtliche Urteil nur zum Trennungsunterhalt an, während die Berufung der Klägerin darauf abzielt, dass amtsgerichtliche Urteil dahin abzuändern, dass der Beklagte verpflichtet wird, an die Klägerin einen Gesamtunterhalt von 486,00 € zu zahlen. Dabei sind sich die Parteien darüber einig, dass der Kindesunterhalt vorrangig sein soll. So hatte die Klägerin zuletzt erstinstanzlich auch den Antrag gestellt, den Beklagten zu verurteilen, an sie Kindesunterhalt in Höhe von 284,00 € und Trennungsunterhalt in Höhe von 202,00 € zu zahlen. Das Amtsgericht ist über diesen Antrag teilweise hinweggegangen und hat der Klägerin ab Januar 2005 mehr Trennungsunterhalt, dafür aber weniger Kindesunterhalt als beantragt zugesprochen. Auf die beiderseitigen Berufungen war dies zu korrigieren. Dabei legt der Senat den Berufungsantrag der Klägerin dahin aus, dass, soweit die Berufung des Beklagten schon deswegen Erfolg hat, weil das Familiengericht teilweise über die erstinstanzlichen Klageanträge hinausgegangen ist, sie eine Korrektur des erstinstanzlichen Urteils entsprechend dem vor dem Amtsgericht gestellten Antrag begehrt.

Die Berufung der Klägerin ist im Ergebnis zum ganz überwiegenden Teil begründet. Dem gegenüber musste die Berufung des Beklagten ganz überwiegend erfolglos bleiben.

Lediglich für November und Dezember 2003 schuldet der Beklagte einen geringeren Gesamtunterhalt als 486,00 €, nämlich nur 469,00 € und zwar 284,00 € Kindesunterhalt und 185,00 € Trennungsunterhalt. Ab Januar 2004 kann die Klägerin dagegen Zahlung von 284,00 € Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter T und von 202,00 € Trennungsunterhalt verlangen.

Soweit sich der Beklagte gegen seine erstinstanzliche Verurteilung mit der Begründung wehrt, dass die auf die einstweilige Anordnung geleisteten Zahlungen vom Amtsgericht nicht berücksichtigt worden seien, ist dies nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Der Beklagte hat nämlich, wie das Berufungsverfahren zeigt, seine Leistungen nicht vorbehaltlos erbracht. Vielmehr rügt er nach wie vor eine Zuvielleistung und möchte eine Verrechnung eventuell offener Unterhaltsforderungen mit seinen angeblichen Überzahlungen erreichen. Damit hat der Beklagte aber nicht mit befreiender Wirkung geleistet, so dass die Titulierung der Unterhaltsansprüche zu Recht für die ganze Zeit, wie vom Amtsgericht ausgesprochen, erfolgt ist. Allerdings kann der Beklagte eventuellen Vollstreckungsversuchen der Klägerin für die Vergangenheit seine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Zahlungen - notfalls im Wege der Vollstreckungsabwehrklage - entgegenhalten.

Unberücksichtigt bleiben muss auch sein Vortrag, er habe im November 700,00 € und im Dezember 400,00 € an Unterhaltszahlungen erbracht. Dieser Vortrag ist bestritten. Der beweisbelastete Beklagte hat für den Nachweis solcher Zahlungen keinen Beweis angetreten. Er konnte die Zahlungen somit nicht beweisen.

Ebenfalls nicht gehört werden kann der Beklagte mit dem Einwand, er sei im Juli 2004 umgezogen und habe nunmehr berufsbedingte Fahrtkosten für eine einfache Strecke von 115 km; dies habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt. Denn diese berufsbedingten Fahrtkosten kann der Beklagte unterhaltsrechtlich nicht einkommensmindernd geltend machen. Der Beklagte hatte vor Juli 2004 eine Wohnung in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes. Es bestand für ihn keine Notwendigkeit an seinen jetzigen, weit von der Arbeitsstelle entfernten Wohnsitz zu ziehen. Wesentlicher Grund für den Umzug war das Bestreben des Beklagten, zu seiner neuen, jetzigen Lebensgefährtin zu ziehen. Diese arbeitet im Übrigen bei dem gleichen Arbeitgeber wie der Beklagte, so dass schon von daher eine Reduzierung der Fahrtkosten möglich wäre. Dies, wie auch die eventuelle Möglichkeit den Öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, braucht aber nicht weiter aufgeklärt zu werden, da der Beklagte im Rahmen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gehalten war, möglichst kostengünstig seinen Wohnsitz zu wählen. Dabei überzeugt es den Senat nicht, dass der Beklagte in das weit entfernte X zur Lebensgefährtin gezogen sein will, weil er wegen der abzuzahlenden Schulden nicht in der Lage gewesen sei, eine Wohnung selbst zu möbilieren. Schließlich hatte der Beklagte bis Juli 2004 in der Nähe seiner Arbeitsstelle gewohnt. Außerdem blieb ihm die Möglichkeit im Hausratsteilungsverfahren eine interessengerechte Aufteilung zu erzielen.

Der Senat ist entgegen der Auffassung der Klägerin zwar der Auffassung, dass der Beklagte die auf die Kredite geleisteten Zahlungen einkommensmindernd absetzen kann. Das hat aber andererseits zur Folge, dass der Beklagte nicht seinen Schichtdienst einschließlich seiner Nebentätigkeit aufgeben durfte. Die genannten Tätigkeiten sind nicht überobligationsmäßig. Der Beklagte hatte diese Tätigkeiten schon zu Ehezeiten ausgeführt. Die Einkünfte hieraus dienten der Bedarfsdeckung einschließlich der Schuldentilgung. Gerade im Hinblick auf die beengte wirtschaftliche Situation erscheint es daher dem Beklagten zumutbar, in dem bis zur Trennung der Parteien üblichen Umfang weiter zu arbeiten.

Der Senat ist nicht daran gehindert, diesen Umstand mit zu berücksichtigen, auch wenn die Klägerin mit ihrer Berufung nicht konkret rügt, dass der Beklagte seinen Schichtdienst aufgegeben hat. Zum einen ist die Berechnung der Leistungsfähigkeit Sache des Tatrichters. Er hat den dargelegten Tatsachenstoff auf seine Relevanz zu prüfen und zu entscheiden, ob der Sachverhalt den Klageanspruch ergibt. Die Ermittlung des angemessenen Unterhalts ist tatrichterliche Entscheidung. Zum Anderen war zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin mit ihrer Berufung gegen die einkommensmindernde Anrechnung des Schuldendienstes wehrt und zwar mit der Begründung, sie seien nicht ehebedingt gewesen. Letzteres hat der Beklagte durch Vorlage entsprechender Unterlagen belegt. Andererseits hat dies zur Folge, dass der Beklagte selbst damit belegt, dass der Bedarf der Familie recht hoch war und nur durch seine erweiterte Tätigkeit gedeckt werden konnte. Dann durfte der Beklagte aber nach der Trennung nicht ohne Not seine Erwerbstätigkeit einschränken.

Eine solche Notlage liegt auf Seiten des Beklagten zur Überzeugung des Senates nicht vor. Aus der Aussage des Beklagten vor dem Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung schließt der Senat, dass es in erster Linie der Umzug nach X war, der den Schichtdienst dem Kläger zu anstrengend erscheinen ließ. Für eine notwendigerweise krankheitsbedingte Einschränkung der Erwerbstätigkeit auch bei arbeitsplatznahem Wohnen ist konkret nichts vorgetragen. Auch die Ausführungen des Beklagten in seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 10.07.2006 geben dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. Ein konkretes, durch ärztliche Atteste belegtes Krankheitsbild, welches zu einer eingeschränkten Erwerbstätigkeit des Beklagten führen könnte, wird nicht dargetan.

Auch der Umstand, dass die Klägerin den Beklagten vor der Trennung angehalten haben soll, den Schichtdienst einzustellen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es mag sein, dass die Klägerin bereit war, um die Ehe zu erhalten, den Familienbedarf zu senken. Mit der Trennung der Parteien hat sich aber die Situation grundlegend geändert. Die Familie ist, um wirtschaftlich einigermaßen über die Runden zu kommen, auf den ungeschmälerten Verdienst des Beklagten, der bisher auch im Wesentlichen den Familienunterhalt durch seine Erwerbstätigkeit gesichert hat, angewiesen.

Die im Streit stehenden Kredite hat der Beklagte wie folgt belegt:

1. PB Bank ( Blatt 70, 196 GA ) v. 14.02.2002 über 55 Monate Rückzahlung bei einer Kreditsumme v. 10.000,00 €. Höhe der Rate: 235,60 €

2. G Finanz AG ( Blatt 72, 197 GA ) v. 28.08.2003 über 40 Monate Ratenzahlung bei einer Bruttokreditsumme v. 4.296,00 €. Höhe der Rate 107,40 €

3. TD-Bank ( Blatt 74 GA 9v. 30.062003 ) mit 26 Restraten ab 01.01.2005 über am 01.01.2005 bestehende Restkreditsumme von 6.370,32 € (PKW-Kredit).

Höhe der Raten 235,00 €

4. Gesamtbelastung 578,00 €

Soweit der Beklagte eine Ungleichbehandlung zu der Klägerin mit dem Hinweis darauf rügt, dass von dieser nicht verlangt werde, erwerbstätig zu sein, ist dies nicht zutreffend. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die gemeinsame Tochter der Parteien bei der Trennung im Jahre 2003 erst 13 Jahre alt war und die kindesbetreuende Klägerin daher nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen musste. Nach den Unterhaltsleitlinien des OLG Köln in der Fassung vom 01.07. 2003 brauchte danach die Klägerin vollschichtig erst mit Vollendung des 15. Lebensjahres der Tochter zu arbeiten. Mit der Neufassung der Leitlinien zum 01.07.2005 ist dieses Alter auf 15 Jahren herabgesetzt worden. Dies hat der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Dabei war der Klägerin wegen der geänderten Altersgrenze zur Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit eine gewisse Orientierungsphase zuzubilligen. Deswegen hat der Senat der Klägerin für das Jahr 2005 als fiktiv erzielbares Einkommen aus einer Teilzeittätigkeit das zuletzt im Jahre 2004 erzielte Einkommen in Höhe von 561,33 € monatlich zugerechnet. Soweit die Klägerin dieses Einkommen im Jahre 2005 tatsächlich nicht erzielt hat, war es ihr fiktiv zuzurechnen, da die Klägerin ausreichende Erwerbsbemühungen nicht dargelegt hat. Für das Jahr 2006 ist der Senat von einem von der Klägerin maximal erzielbaren monatlichen Nettoeinkommen von rund 781,00 € ausgegangen. Dies würde einem Bruttolohn von etwas über 1.000,00 € entsprechen. Der Senat ist der Überzeugung, dass die Klägerin auch bei vollschichtiger Tätigkeit einen höheren Verdienst nicht wird erzielen können.

Einkommensmindernd zu berücksichtigen waren ebenfalls die vom Beklagten bis Juni 2004 gezahlten Mieten für die ehemals gemeinsame Familienwohnung, wodurch der Wohnbedarf der Klägerin und der gemeinsamen Tochter gedeckt worden ist. Daneben war aber auf Seiten der Klägerin kein zusätzlicher Wohnvorteil zuzurechnen. Ansonsten würden die Zahlungen dem Beklagten in doppelter Hinsicht zugute kommen, nämlich einkommensmindernd auf seiner Seite und einkommenserhöhend auf Seite der Klägerin. Die Mietzahlungen sind daher geleistetem Naturalunterhalt ähnlich und wie geschehen vom Erwerbseinkommen vorweg abzuziehen ( vgl. hierzu auch OLG Köln FamRZ 2002, 98 ).

Soweit der Beklagte nunmehr erstmals im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.07.2006 vorträgt, er sei verpflichtet gemäß Steuerbescheid vom 01.12.2005 für 2004 Steuern in Höhe von rund 1.820,00 € nachzuzahlen, führt dies nicht zu einer Verminderung seines Einkommens im Jahre 2006. So hat der Beklagte weder vorgetragen noch belegt, dass er die Steuerschuld beglichen hat. Auch ist nicht dargetan, dass der Steuerbescheid bestandskräftig geworden ist. Hieran bestehen schon deswegen Zweifel, weil nach Auffassung des Senates die Steuerrückforderung im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass er im Jahre 2004 noch die Steuerklasse 3, 2 hatte. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Beklagte bei Eintragung eines seiner Unterhaltsverpflichtung entsprechenden Freibetrages in etwa die gleichen Steuern zu zahlen gehabt hätte wie er tatsächlich gezahlt hat. Deswegen wäre ein Einspruch des Beklagten gegen den Steuerbescheid aller Voraussicht nach erfolgreich. Sollte die Steuerschuld bestandskräftig sein bzw. werden und auch tatsächlich bezahlt werden, müsste dieser Umstand, soweit auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 ZPO vorliegen, einem Abänderungsverfahren vorbehalten bleiben.

Soweit der Beklagte weiter meint, dass der Klägerin, sollten die berufsbedingten Fahrtkosten nicht anrechenbar sein, jedenfalls auch nicht die Steuerersparnisse hieraus zu Gute kommen dürfen, ist dem zuzustimmen. Insoweit hat der Senat auf der Grundlage der Bruttoeinkommensverhältnisse des Beklagten im Jahre 2003 eine fiktive Einkommensberechnung ab 2004 bezüglich des anrechenbaren Nettoverdienstes vorgenommen.

Eine 5 %-ige berufsbedingte Kostenpauschale ist ebenfalls nicht in Ansatz zu bringen. Nach 10.2.1 der Unterhaltsleitlinien des OLG Köln vom 01.07.2005 ist eine Pauschale von 5 % in der Regel nicht zugewähren. Vielmehr sind die berufsbedingten Aufwendungen im Einzelnen darzulegen. Werden solche Aufwendungen dargelegt und bieten sie dem Gericht eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO, kann allerdings im Rahmen einer solchen Schätzung ein Pauschalbetrag festgesetzt werden, ohne dass im Einzelnen die Aufwendungen belegt werden müssten. Ein solcher Vortrag fehlt aber. Dieser Auffassung steht auch nicht die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung des BGH (siehe BGH FamRZ 2002, 536, 537) entgegen. Dort hatte der BGH entschieden, dass es nicht zu beanstanden sei, dass im Einzelfall für Fahrten zur Arbeitsstelle eine Pauschale von 5 % des Einkommens angenommen wird. Die Bemessung angemessener Fahrtkosten im Einzelfall unterliege dem tatrichterlichen Ermessen. Wie oben bereits ausgeführt sieht es der Senat aber aus unterhaltsrechtlicher Sicht gerade nicht als angemessen an, Fahrtkosten in Ansatz zu bringen. Für sonstige berufsbedingte Kosten fehlen jegliche Anhaltspunkte, die Grundlage für eine Schätzung sein könnten.

Auch auf die neuere Rechtsprechung des BGH zur Höhe des dem Unterhaltsschuldner zu belassenden Selbstbehaltes ( vgl. hierzu BGH FamRZ 2006, 683 ff. und Anm. Büttner hierzu in FamRZ 2006, 765 f. ) kann sich der Beklagte nicht berufen. Dort hat der BGH festgestellt, dass der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt mit einem Betrag zu bemessen sei, der nicht unter dem notwendigen ( § 1603 Abs. 2 BGB ), aber auch nicht über dem angemessenen ( § 1603 Abs. 1 BGB ) liege, wobei im Regelfall von einem Betrag auszugehen sei, der etwa in der Mitte zwischen den beiden Beträgen liege. Ein solcher Regelfall ist vorliegend jedenfalls für die Jahre 2003 und 2004 nicht gegeben, da die Klägerin in dieser Zeit noch nicht vollschichtig erwerbstätig war und auch nicht sein musste und die minderjährige gemeinsame Tochter der Parteien betreute. Gerade bei der Bemessung des Betreuungsunterhaltes ist auch das Kindeswohl mit zu berücksichtigen, was zur Folge hat, dass bei den relativ beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien der Beklagte für diesen Zeitraum auf den Mindestselbstbehalt zu verweisen ist. Für die Zeit danach ist jedenfalls der vom BGH genannte Mittelbetrag gewahrt.

Unter Beachtung dieser oben erörterten Gesichtspunkte ergibt sich unter Vorwegabzug des vom Beklagten nicht angegriffen monatlichen Kindesunterhaltes von 284,00 € ( 100 % des Regelbetrags nach § 1 der RegelbVO nach der 3. Altersstufe gemäß Düsseldorfer Tabelle vom 01.07.2003 - insoweit hat die Klägerin eine Anpassung an die geänderten Werte der Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.07.2005 nicht vorgenommen - ), folgende Unterhaltsberechnung:

A. Für das Jahr 2003 gilt Folgendes:

Bruttolohn des Beklagten: . . . . . .3.806,00 EUR

LSt-Klasse 3

Kinderfreibeträge 2

Lohnsteuer: . . . . . . . .- 553,16 EUR

Solidaritätszuschlag . . . . . -15,70 EUR

Rentenversicherung (19,5 %) . . . . . -371,09 EUR

Arbeitslosenversicherung (6,5 %) . . . . -123,70 EUR

krankenpflichtversicherungsfrei

Krankenversicherung AN-Anteil (13,3 % / 2 + 0,9 %) -268,97 EUR

Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %) . . . . -30,28 EUR

Nettolohn: . . . . . . . 2.443,10 EUR

zuzüglich Nebenverdienst 190,00 EUR

Nettoeinkommen 2.633,10 EUR

abzüglich Pensionskasse -54,34 EUR

abzüglich Kreditschulden -578,00 EUR

abzüglich Miete Ehewohnung -651,92 EUR

abzüglich VermwL (AG) -39,88 EUR

Gesamtabzüge 1.324,14 EUR 1.324,14 EUR

verbleibendes Einkommen 1.308,96 EUR

abzüglich Kindesunterhalt -284,00 EUR

Resteinkommen des Beklagten 1.024,96 EUR

abzüglich Einkommen der Klägerin -214,00 EUR

Differenzeinkommen der Parteien 810,96 EUR

Unterhaltsanspruch der Klägerin 3 / 7 * 810,96 EUR 347,55 EUR

Die Klägerin macht allerdings nur 202,00 € Trennungsunterhalt geltend. Da dem Beklagten aber 840,00 € als Mindestselbstbehalt zu belassen sind, ist er nur in Höhe von 1.025,00 € - 840,00 € = 185,00 € leistungsfähig. Damit hat die Berufung der Beklagten in Höhe von 17,00 € monatlich für diesen Zeitraum keinen Erfolg. Die Berufung des Beklagten blieb insgesamt erfolglos.

B. Für die Zeit von Januar bis Juni 2004 gilt Folgendes:

Bruttolohn des Beklagten ( fiktiv ): . . . .3.806,00 EUR

eingetragener Freibetrag: . . . . 0,00 EUR

LSt-Klasse 3

Kinderfreibeträge 2

Lohnsteuer: . . . . . . . -499,50 EUR

Solidaritätszuschlag . . . . . .. -13,33 EUR

Rentenversicherung (19,5 %) . . . . .-371,09 EUR

Arbeitslosenversicherung (6,5 %) . . . .-123,70 EUR

krankenpflichtversicherungsfrei

Krankenversicherung AN-Anteil (13,3 % / 2 + 0,9 %) -268,97 EUR

Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %) . . . . -30,28 EUR

Nettolohn: . . . . . . . 2.499,13 EUR

zuzüglich Nebenverdienst 190,00 EUR

Gesamteinkommen 2.689,13 EUR

Abzüge wie Amtsgericht wie im Jahre 2003

( bis Juni 04 ) 1.324,14 EUR

verbleibendes Einkommen 1.364,99 EUR

abzüglich Kindesunterhalt -284,00 EUR

Resteinkommen des Beklagten 1.080,99 EUR

Jahresdurchschnittliches Einkommen der Klägerin -415,86 EUR

Differenzeinkommen der Parteien 665,13 EUR

Unterhaltsanspruch der Klägerin 3 / 7 * 665,13 EUR 285,06 EUR

Die Klägerin macht nur 202,00 € geltend. Der Mindestselbstbehalt von 840,00 € ist gewahrt ( 1.080,99 € - 202,00 € = 878,99 € ). Die Berufung der Klägerin hat damit im Ergebnis in vollem Umfang Erfolg, während die Berufung des Beklagten erfolglos bleibt.

C. Für den Zeitraum Juli 2004 bis Dezember 2004 gilt Folgendes:

Durch den Fortfall der Mietzahlungen erhöht sich das Erwerbseinkommen des Beklagten um 651,92 EUR auf 1.080,99 EUR + 651,92 EUR = 1.732,91 EUR abzüglich Erwerbseinkommen der Klägerin -415,86 EUR

Differenzeinkommen der Parteien 1.317,05 EUR

Unterhaltsanspruch der Klägerin 3 / 7 * 1.317,05 EUR 564,45 EUR.

Die Klägerin begehrt lediglich 202,00 € monatlich. Das Familiengericht hat für diesen Zeitraum dem Begehren der Klägerin in vollem Umfang statt gegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

D. Für das Jahr 2005 gilt Folgendes:

Das Einkommen des Beklagten ist nach der Steuerklasse 1; 0,5 zu errechnen, da der Beklagte nunmehr seine Steuerklasse umgestellt hat.

Allerdings ist für die geleisteten Trennungsunterhaltszahlungen ein Freibetrag von 202,00 € einzutragen.

Bruttolohn des Beklagten ( fiktiv ): . . . 3.806,00 EUR

eingetragener Freibetrag: . . . 202,00 EUR

LSt-Klasse 1

Kinderfreibeträge 0,5

Lohnsteuer: . . . . . . . -765,58 EUR

Solidaritätszuschlag . . . . . . . -37,34 EUR

Rentenversicherung (19,5 %) . . . . . .371,09 EUR

Arbeitslosenversicherung (6,5 %) . . . . -123,70 EUR

krankenpflichtversicherungsfrei

Krankenversicherung AN-Anteil (13,3 % / 2 + 0,9 %) -268,97 EUR

Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %) . . . . -30,28 EUR

Nettolohn: . . . . . . . 2.209,04 EUR

weitere Abzüge wie ab Juli 04 -672,22 EUR

Verbleibendes Einkommen 1.536,82 EUR

abzüglich Kindesunterhalt -284,00 EUR

Resteinkommen des Beklagten 1.252,82 EUR

abzüglich Einkommen der Klägerin ( fiktiv nach dem letzten erzielten Einkommen in ) -561,00 EUR

Differenzeinkommen der Parteien 691,82 EUR

Unterhaltsanspruch der Klägerin 3 / 7 * 691,82 EUR 296,49 EUR

Die Klägerin begehrt weiterhin nur 202,00 € Trennungsunterhalt bei einem verlangten Gesamtunterhalt ( einschließlich Kindesunterhalt von 284,00 € ) von 486,00 €. Damit erweist sich die Berufung der Klägerin als erfolgreich, während diejenige des Beklagten erfolglos bleiben musste. Dem Beklagten verbleiben rund 1.050,00 €. Sein ihm zu belassender Selbstbehalt bleibt gewahrt.

E. Ab 2006 gilt Folgendes:

Resterwerbseinkommen des Beklagten ( wie 2005 ) 1.252,82 EUR

abzüglich Erwerbseinkommen der Klägerin (fiktiv) -781,00 EUR

Differenzeinkommen der Parteien 471,82 EUR

Unterhaltsanspruch der Klägerin 3 / 7 * 471,82 EUR 202,21 EUR

Damit erweist sich die Berufung der Klägerin auch ab 2006 als begründet, während die Berufung des Beklagten erfolglos bleiben muss. Zum Selbstbehalt des Beklagten gelten die Ausführungen für 2005. Dem Beklagten verbleiben rund 1.050,00 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 BGB ( für die erste Instanz ), 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO für das Berufungsverfahren.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Berufung des Beklagten ( nur Trennungsunterhalt ):

a. Rückstände 310,00 €

b. laufender Unterhalt

aa. 3 * 131,00 € 393,00 €

93,00 €

cc. 6 * 202,00 € 1.212,00 €

dd. 2 * 278,00 € 556,00 €

c. Gesamtstreitwert 1 a und 1 b 2.564,00 €

Berufung der Klägerin

a. Rückstände 94,00 €

b. laufender Unterhalt

aa. 3 * 71,00 € 213,00 €

bb. 3 * 324,00 € 972,00 €

cc. 6 * 28,00 € 168,00 €

c. Gesamtstreitwert 2 a und 2 b 1.447,00 €

3. Gesamtstreitwert beider Berufungen. 4.011,00 €

Ende der Entscheidung

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