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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: 4 UF 213/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1579 Ziff. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 4. November 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn - 43 F 67/04 - teilweise abgeändert.

Die auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt gerichtete Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden zwischen der Klägerin zu 1) und dem Beklagten gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 1) auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung des Beklagten ist begründet, ein nachehelicher Unterhalt steht der Klägerin auch vor ihrer Wiederverheiratung nicht mehr zu. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist wegen eheähnlichen Zusammenlebens mit ihrem jetzigen Ehemann nach § 1579 Ziffer 7 BGB verwirkt.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme besteht kein Zweifel daran, dass die Klägerin nicht nur schon lange Zeit vor der Heirat eine intime Beziehung zu ihrem jetzigen Ehemann aufgenommen hat, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind. Sie hat darüber hinaus auch eine Unterhaltsgemeinschaft mit ihm begründet, welche die weitere Unterhaltsbelastung des Beklagten unzumutbar macht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) die Beziehung zu dem jetzigen Ehemann während der noch bestehenden Ehe mit dem Beklagten aufgenommen hat. Zugestanden ist die eheähnliche Gemeinschaft für die Zeit ab April 2005. Aber auch schon davor haben die Klägerin und ihr jetziger Ehemann nach außen hin den Eindruck erweckt und aufrechterhalten, dass sie wie ein Ehepaar zusammenleben. Bereits ab Mai 2002 war der jetzige Ehemann mit seinem Wohnsitz bei der Klägerin zu 1) für mehr als ein Jahr und für einen weiteren Zeitraum im Jahr 2004 gemeldet. Die aus der Meldebescheinigung (Bl. 116 d.A.) ersichtlichen zwischenzeitlichen Ummeldungen sprechen nicht gegen ein Zusammenleben mit der Klägerin zu 1). Denn auch für die eingeräumte Zeit des Zusammenlebens mit der Klägerin zu 1) ab April 2005 hat sich der jetzige Ehemann nicht an die Adresse der Klägerin zu 1) umgemeldet. Wie der jetzige Ehemann bei seiner Vernehmung angegeben hat, beruhten diese Meldungen auf vermeintlichen finanziellen Erfordernissen, die mit der Klägerin zu 1) nichts zu tun haben. So ist der jetzige Ehemann auch auf der Geburtsanzeige des jüngsten Kindes der Klägerin zu 1) mit der Anschrift der Klägerin zu 1) angegeben, obgleich er zu diesem Zeitraum ausweislich der Meldebescheinigung für die E.-Straße gemeldet war. Die Klägerin zu 1) räumt selbst ein, dass der jetzige Ehemann seit der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes, d.h. seit Weihnachten 2002 an Familienfeiern teilnimmt. Auch zur Kommunion des gemeinsamen Sohnes der Parteien war er eingeladen und hat an der Feier teilgenommen.

Das gemeinsame Wirtschaften der Klägerin und ihres jetzigen Ehemannes wird besonders deutlich an der PKW-Nutzung. So hatte die Klägerin zu 1) von September 2003 bis Februar 2004 den Wagen des jetzigen Ehemannes zur Verfügung. Diesen ihr nicht gehörenden PKW hat die Klägerin beim Kauf eines eigenen Wagens in Zahlung gegeben, den sie über den jetzigen Ehemann versichert hat. Dass die Klägerin zu 1) und der jetzige Ehemann zusammen leben und zwar bereits seit längerer Zeit, wird darüber hinaus durch die vernommenen Zeugen bestätigt. Der Beweisaufnahme ist zu entnehmen, dass der jetzige Ehemann nicht nur wie ein Besucher bei der Klägerin zu 1) aufgetreten ist. Für die Zeugin M. war klar, dass er in der Wohnung der Klägerin ansprechbar ist, als sie einen Mann zum Anfassen beim Sperrmüll brauchte. Auch die Aussagen der Arbeitskollegen weisen darauf hin, dass ein bereits langjähriges Zusammenleben der Klägerin zu 1) mit ihrem jetzigen Ehemann bestand.

Anhand des gegebenen Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit ist auch der Schluss auf ein tatsächliches Zusammenleben der Klägerin zu 1) mit ihrem jetzigen Ehemann gerechtfertigt.

Der Verwirkungstatbestand führt hier zum vollständigen Ausschluss des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu 1) gegenüber dem Beklagten. Nach den inzwischen belegten Einkommenszahlen ergibt sich mit der dem angefochtenen Urteil entsprechenden Berechnung (allerdings ohne den nicht zurechenbaren Vorteil aus dem für die Vergangenheit nicht mehr möglichen begrenzten Realsplitting) ohnehin nur ein Bedarf der Klägerin zu 1) in Höhe von monatlich rund 400 €. Bei der Frage des Umfangs der Herabsetzung ist auch das von der Klägerin bezogene Erziehungsgeld und das Wohngeld heranzuziehen, welche bei der Unterhaltsberechnung unberücksichtigt geblieben sind und die den errechneten Unterhaltsbetrag übersteigen. Bei dieser Sachlage sind auch die Belange der Kinder gewahrt, zumal der Unterhalt der Kläger zu 2) und 3) tituliert ist. Unter diesen Umständen kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin zu 1) in dem streitigen Unterhaltszeitraum bei ihrem jetzigen Ehemann nach dessen Einkommensverhältnissen ihr Auskommen finden konnte. Auf die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz eingereichten Unterlagen kommt es daher nicht mehr an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 91 a, 92, 516 Absatz 3, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Streitwert der Anschlussberufung: bis 300 €

Ende der Entscheidung

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