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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.07.2005
Aktenzeichen: 4 UF 244/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 323
BGB § 1572 Ziff. 1
BGB § 1573 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 UF 244/04 OLG Köln

verkündet am 12. Juli 2005

In der Familiensache

pp.

hat der 4. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers und die Richter am Oberlandesgericht Blank und Schlemm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. November 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn - 44 F 256/04 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, ab April 2003 an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 162 € zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin drei Viertel und der Beklagte ein Viertel.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Wegen des Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter verfolgt, ist teilweise begründet, ihr steht nachehelicher Unterhalt in der zugesprochenen Höhe nach §§ 1572 Ziffer 1, 1573 Absatz 1 BGB zu. Die Klägerin kann ihren Unterhaltsbedarf krankheitsbedingt nur zu einem geringen Teil durch eigene Erwerbstätigkeit decken, ihr sind ferner bedarfsdeckend Einkünfte aus Vermietung sowie aus Kapitalvermögen zuzurechnen.

Angesichts der überdurchschnittlich hohen Einkünfte des Beklagten ist der Unterhalt nicht nach einer Quote des Einkommens, sondern anhand der konkreten Bedarfspositionen zu ermitteln. Für den Trennungsunterhalt hatte der Senat bereits eine solche Berechnung aufgestellt (Urteil vom 5. Dezember 2000, 4 UF 52/00), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Mit dem Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass sich der Bedarf für den nachehelichen Unterhalt auf 6.438 DM erhöht hat, das sind 3.291,70 €. Der daneben bestehende Wohnbedarf ist durch das Wohnen im eigenen Haus gedeckt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse waren, wie bereits im Urteil des Senats über den Trennungsunterhalt dargelegt, auch geprägt durch Aufwendungen für eine Haushaltshilfe und für den Golfsport. Auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil wird insoweit Bezug genommen. An diesen Verhältnissen hat sich bis zu dem für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nichts geändert. Auch im Jahr 2003 war die Klägerin noch Mitglied des Golfclubs. Die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehende rechnerische Grundlage des nachehelichen Unterhalts bleibt von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse grundsätzlich unberührt (vgl. BGH FamRZ 1985, 582). Die Feststellung einzelner Bedarfsposten beruht auf der Lebensführung während einer bestehenden Ehe. Soweit sich nach dem Scheitern der Ehe einzelne Positionen anders entwickeln (hier etwa durch die Aufgabe des Golfsports oder die Nichtinanspruchnahme einer Haushaltshilfe), stellt das keine Änderung der Verhältnisse dar, die für die Höhe des Bedarfs maßgebend waren. Etwas anderes gilt nur, wenn der Unterhalt mit Rücksicht auf einen besonderen Bedarf des Unterhaltsberechtigten höher bemessen ist, als es sonst den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hätte; dann würde der Fortfall dieses besonderen Bedarfs den Unterhaltsanspruch entsprechend ermäßigen (BGH a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Entsprechend der Preisentwicklung ist der vom Senat im Jahr 2003 ermittelte Bedarf von 5.800 DM auf jetzt 6.000 DM anzuheben. Hinzu kommt ein um 38 DM erhöhter Bedarf wegen der höheren Eigenbeteiligung bei der Krankenversicherung.

Der Bedarf ist gegenüber dem Urteil im Verfahren über den Trennungsunterhalt ferner um 400 DM höhere Hauskosten höher anzusetzen. Dies ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Beklagte unstreitig seit 2002 nicht mehr die Grundbesitzabgaben zahlt und diese jedenfalls den Betrag von 400 DM erreichen.

Damit beläuft sich der Bedarf auf insgesamt 6.438,- DM = 3.291,70 €.

Der Unterhaltsbedarf der Klägerin ist nicht dadurch gedeckt worden, dass im Zugewinnausgleich der Goodwill der Praxis in die Berechnung einbezogen worden ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei dem Goodwill nicht um sein künftiges Einkommen, welches er bereits durch den Zugewinnausgleich mit der Klägerin geteilt habe, sondern um einen Anteil des fiktiven Kaufpreises, den ein Dritter für den Erwerb der Praxis als Gegenwert für den derzeitigen Kapitalwert der Praxis zahlen müsste. Dass dieser Goodwill unter anderem auch nach der erwarteten Höhe künftiger Einnahmen bemessen wird, stellt keine vorweggenommene Vergütung künftiger Erlöse dar.

Den Bedarf von 3.291,70 € kann die Klägerin durch einen ihr zuzurechnenden Verdienst aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 600,00 € decken. Nach der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung ihres behandelnden Arztes Dr. F ist sie im Umfang von täglich drei Stunden arbeitsfähig. Das liegt deutlich über dem Bereich geringfügiger Beschäftigung, eine Zurechnung von lediglich 400 € würde diesen Verhältnissen nicht gerecht. Unter Berücksichtigung auch der in der Bescheinigung genannten medizinischen Anforderungen an die Arbeitsstelle hält der Senat ein Nettoeinkommen für erzielbar, welches nach Abzug des Erwerbstätigenbonus einen Betrag von 600 € ergibt.

Ein den Wohnbedarf übersteigender Wohnwert ist der Klägerin nicht zuzurechnen. Bereits im Verfahren über den Trennungsunterhalt hatte der Senat den für die Wohnungsgröße angemessenen Wert von 2.000 DM angesetzt und nicht einen mit Rücksicht auf den Trennungszeitraum vom Marktwert abweichenden niedrigeren Betrag. Der Senat hält auch nach nochmaliger Überprüfung den angesetzten Wert von 2.000 DM für angemessen.

Die Mieteinkünfte der Klägerin können weiterhin mit durchschnittlich 1.252,86 DM, das sind abgerundet 640,00 € angesetzt werden. Ein über die im Bedarf bereits enthaltene Rücklage von 150 DM monatlich und die Instandhaltungsrücklage von 628,20 DM jährlich hinausgehender Betrag für Reparaturen ist nicht gerechtfertigt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass anfallende Reparaturen - soweit es sich nicht ohnehin um abwälzbare Kosten handelt - nicht aus der bereits seit Jahren zu ihren Gunsten berücksichtigten Rücklage zu zahlen gewesen wären. Dabei ist auch zu beachten, dass die Rücklage für die Zeit ab Rechtkraft der Scheidung mit dem um die allgemeine Preissteigerung erhöhten Betrag angesetzt wird, dass die Kosten für größere Reparaturen auf einen längeren Zeitraum umzulegen sind und dass die Rücklagebeträge auch für die Zukunft weiterhin berücksichtigt werden.

Auch hinsichtlich der fiktiven Zinseinkünfte aus der Anlage des Kapitalvermögens in verzinslichen Wertpapieren, die der Senat im Urteil über den Trennungsunterhalt mit monatlich 2.213,98 DM angesetzt hatte, das sind umgerechnet aufgerundet 1.132,00 €, geht der Senat davon aus, dass diese auch weiterhin erzielbar wären. Zwar sind die Zinsen zwischenzeitlich gesunken, der Annahme des vorgenannten Betrages lagen jedoch langfristige Anlagen zugrunde.

Die Klägerin muss sich ferner mit einem monatlichen Betrag von 758,30 € mit Rücksicht darauf bedarfsdeckend anrechnen lassen, dass sie sich Anfang 2003 die beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigte Lebensversicherung in Höhe von 195.655,25 € hat auszahlen lassen. Dabei ist es der Klägerin unterhaltsrechtlich nicht anzulasten, dass sie sich die Versicherungsleistung als Kapitalbetrag hat auszahlen lassen. Allerdings ist es ihr in diesem Fall zuzumuten (§ 1577 Absätze 1 und 3 BGB), nicht nur die Zinserträge, sondern auch das ausgezahlte Kapital in einem angemessenen zeitlichen Rahmen für ihren Unterhalt einzusetzen (vgl. auch Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Auflage Rdn. 506 ff, 530; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Auflage § 1 Rdn. 324 a). Legt man, wie im Termin erörtert, das Kapital von 195.655,25 € auf einen Zeitraum von 30 Jahren um, den der Senat für angemessen hält, errechnet sich ein monatlicher Betrag von 543,49 €. Hinzu kommen Zinsen, welche bei einem Zinssatz von nur 2,5 % und ohne Zinseszinsen monatlich durchschnittlich rund 203 € und bei einem Zinssatz von 3 % rund 244 € monatlich betragen. Es ist daher gerechtfertigt, den von der Versicherungsgesellschaft für den 1. Juni 2002 errechneten Rentenbetrag von 758,30 € der Berechnung zugrunde zu legen.

Der offene Bedarf der Klägerin errechnet sich damit wie folgt:

3.291,70 € - 600 € - 640 € - 1.132 € - 758,30 € = 161,40 €, aufgerundet 162,00 €.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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