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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.12.2003
Aktenzeichen: 4 W 9/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 142 | |
ZPO § 387 | |
ZPO § 390 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richterin am Oberlandesgericht Bourmer und den Richter am Oberlandesgericht Blank
am 12.12.2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Ordnungsgeldbeschluss der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe:
Die gemäß § 390 Abs. 3 ZPO zulässige - insbesondere fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der verfahrensbeteiligten Versicherung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht ist gegen diese ein Ordnungsgeld festgesetzt worden.
Der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 390 ZPO fehlt nämlich die rechtliche Grundlage. Gemäß Beschluss des Landgerichts Köln vom 23. April 2003 - 90 O 212/02 - (Bl. 106, 107 GA) ist der verfahrensbeteiligten Versicherung aufgegeben worden, die zur Schadensnummer ###1 eingeholten Gutachten der Sachverständigen B und C vorzulegen. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich auf diese Gutachten die Parteien in ihren Schriftsätzen bezogen hätten. Abgesehen davon, dass es unerheblich sei, ob es sich dabei um "interne" Gutachten des Versicherers handele, unterlägen sie der prozessualen Vorlagepflicht nach § 142 ZPO.
Gegen diese Vorlageanordnung hat sich die verfahrensbeteiligte Versicherung mit Schriftsatz vom 26.05.2003 (Bl. 113 GA) gewehrt und die Vorlage der genannten Gutachten mit der Begründung verweigert, diese seien allein zur internen Klärung des Sachverhaltes eingeholt worden. § 142 ZPO sehe nicht die Vorlage von Gutachten zum Zwecke der Ausforschung vor. Der prozessualen Vorlagepflicht gemäß § 142 ZPO könnten die Gutachten nur dann unterliegen, wenn sie entscheidungserheblich seien. An dieser Entscheidungserheblichkeit fehle es hier aber bereits, da ohnehin ein Sachverständigengutachten im Zuge der Beweisaufnahme einzuholen sein werde.
Ob diese Auffassung der verfahrensbeteiligten Versicherung zutreffend ist, kann dahinstehen. Denn das Landgericht durfte nicht allein aufgrund dieser Weigerung zur Herausgabe der Urkunden den angegriffenen Ordnungsgeldbeschluss erlassen.
Das Verfahren über die Anordnung der Urkundenvorlegung ist in § 142 ZPO geregelt. Danach normiert § 142 Abs. 1 ZPO die Voraussetzungen der Vorlegungspflicht. Voraussetzung für die Vorlageanordnung ist lediglich, dass sich eine Partei oder ein Streithelfer auf die Urkunde bezogen hat (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl. 2003, § 142 Rn. 2).
Adressat der Anordnung kann u. a. auch ein Dritter sein. Der Dritte ist allerdings zur Vorlegung der Urkunden bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht verpflichtet. Kommt er der Anordnung nicht nach, unterliegt er den Ungehorsamsfolgen wie Zeugen (vgl. Zöller-Greger, a. a. O., Rn. 4). Insoweit verweist § 142 Abs. 2 Satz 2 auf die §§ 386 - 390 ZPO, die entsprechend gelten. In § 390 ZPO sind die Folgen der Verweigerung geregelt. Nach § 390 Abs. 1 kann gegen den Zeugen u. a. ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn er das Zeugnis ohne Angabe eines Grundes oder aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund verweigert hat. Danach scheidet die sofortige Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die verfahrensbeteiligte Versicherungsgesellschaft schon deswegen aus, weil diese ihre Auffassung, nicht zur Vorlage der genannten Gutachten verpflichtet zu sein, ausreichend begründet hat. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die verfahrensbeteiligte Versicherung ausdrücklich die in § 142 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Verweigerungsgründe bezeichnet hat. Ausreichend ist, dass die genannten Gründe deutlich machen, dass der Dritte - hier die beteiligte Versicherungsgesellschaft - Gründe vorträgt, die bei verständiger Würdigung erkennen lassen, dass sie die Vorlage - weil unberechtigt angeordnet - für unzumutbar hält. Insofern vermag der Senat der Auffassung des Landgerichts nicht dahin zu folgen, dass dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26.05.2003 nicht entnommen werden kann, dass sie sich auf ein Verweigerungsrecht nach § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO beruft. Andere Verweigerungsrechte als die in § 142 Abs. 2 S. 1 ZPO bestehen nicht. Bestreitet ein Dritter seine Vorlagepflicht, so ist zu prüfen, ob die genannten Gründe die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 S. 1 erfüllen. Nur im Rahmen dieser Prüfung kann das zur Entscheidung berufene Gericht das ihm obliegende Ermessen ausüben.
Liegt aber eine mit Gründen versehene Herausgabeverweigerung vor, bestimmt sich das weitere Verfahren in entsprechender Anwendung der Vorschriften der §§ 386 - 390 ZPO. Danach kann gemäß § 390 ZPO für den Fall einer mit Gründen versehenen Herausgabeverweigerung, deren Begründung nicht von vorneherein völlig abwegig erscheint, ein Ordnungsgeld nur festgesetzt werden, wenn der Dritte - hier die verfahrensbeteiligte Versicherungsgesellschaft - die weitere Herausgabe aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund weiterhin verweigert. Eine solche rechtskräftige Feststellung ist jedoch nicht getroffen worden. Diese hätte nur in einem Verfahren nach § 387 ZPO in einem Zwischenstreit über die schriftliche Herausgabeverweigerung getroffen werden können. Ein solches Verfahren ist nicht durchgeführt worden, sodass der Festsetzung des Ordnungsgeldes die rechtliche Grundlage fehlt.
Dass hier auf Antrag eines der Verfahrensbeteiligten über die Herausgabepflicht durch Zwischenurteil zu entscheiden ist, wird auch dadurch deutlich, dass anderenfalls die verfahrensbeteiligte Versicherung vor Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses keinerlei Möglichkeit gehabt hätte, sich gegen die Herausgabeanordnung zur Wehr zu setzen. Dies entspricht keinem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren. Werden nicht von vorneherein offensichtlich unbegründete Vorwände gegen die Herausgabepflicht vorgebracht, so muss es dem Dritten möglich sein, gegen die Vorlageanordnung vorzugehen, bevor er zu einem Ordnungsgeld verurteilt wird. Gerade diesem Zweck dient der Zwischenstreit gemäß § 387 ZPO.
Ist aber das Ordnungsgeld zu Unrecht festgesetzt worden, musste der angefochtene Beschluss auf die sofortige Beschwerde der verfahrensbeteiligten Versicherung mit der Kostenfolge nach § 97 Abs. 1 ZPO aufgehoben werden.
Beschwerdewert: bis 600,00 € (geschätzter Aufwand der verfahrensbeteiligten Versicherung für die Vorlage der genannten Gutachten).
Ende der Entscheidung
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