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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: 4 WF 103/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1601 | |
BGB § 1602 | |
BGB § 1603 Abs. 2 S. 1 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In der Familiensache
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Blank als Einzelrichter
am 14. Juli 2005
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurück weisenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 13.06.2005 - 49 F 90/05 - wird insoweit zurückgewiesen, als das Familiengericht in dem angegriffenen Beschluss den Beklagten für die erhobene Widerklage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert hat.
Im Übrigen wird auf die vorgenannte Beschwerde der Beklagten der vorgenannte Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 13.06.2005 aufgehoben und die Sache an das Familiengericht zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zurückverwiesen, soweit sich die Beklagten gegen die erhobene Abänderungsklage des Klägers wehren wollen.
Gründe:
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige - insbesondere frist und formgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg, nämlich insoweit, als der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Familiengericht insoweit zurückzuverweisen war, als sich die Beklagten gegen die erhobene Abänderungsklage des Klägers verteidigen wollen.
Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Verteidigung der Beklagten kann nicht mit der vom Amtsgericht vorgenommenen Begründung allein verneint werden, wonach sich aufgrund der Auskünfte des Klägers zu seinen jetzigen Einkommensverhältnissen seine Leistungsfähigkeit in dem von ihm errechneten Umfang vermindert habe, sodass die titulierten Unterhaltsbeträge antragsgemäß anzupassen seien.
Im Ansatz zutreffend geht zwar das Familiengericht davon aus, dass sich nach den Auskünften des Klägers ergibt, dass er nur noch im beantragten Umfang leistungsfähig ist. Allerdings kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Kläger Vermögenserträgnisse (fiktiv) zurechnen lassen muss. Dies wäre dann der Fall, wenn der Kläger in Ansehung seiner möglichen Erwerbsunfähigkeit sich aus unterhaltsrechtlicher Sicht nicht zu billigenden Umständen dadurch leistungsunfähig gemacht hat, dass er sein Vermögen, welches aus einer Erbschaft stammte, ausgegeben hat.
Den Unterhaltspflichtigen trifft nämlich die Obliegenheit, Vermögen in üblicher, sicherer Weise ertragreich anzulegen, wenn sonst Unterhaltsmittel fehlen (so Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl., 2004, Rdnr. 681; vgl. hierzu auch BGH FamRZ 1998, 87 (89); OLG Hamm FamRZ 1999, 233 (235).
Ob eine solche schuldhafte Unterhaltspflichtverletzung anzunehmen ist, wenn der Kläger - wie er angibt - tatsächlich sein gesamtes Vermögen verbraucht hat, bedarf weiterer tatsächlicher Aufklärung im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren. Der Vortrag der Beklagten zu einer solchen möglichen schuldhaften Obliegenheitsverletzung des Klägers ist konkretisierungsbedürftig, bevor man sich zur Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung abschließend ein Urteil bilden kann.
Für diese Frage entscheidend ist, wann der Kläger die Erbschaft gemacht hat und wann er das aus der Erbschaft erlangte Vermögen verbraucht hat. Dabei spielt es eine entscheidende Rolle, ob der Kläger im Zeitpunkt des Verbrauches der Erbschaft damit rechnen musste, erwerbsunfähig zu werden. In diesem Falle wäre er nämlich gehalten gewesen, vorhandenes Vermögen so einzusetzen, dass er jedenfalls in der Lage war, seinen minderjährigen Kindern zumindest das Existenzminimum zu sichern. Insoweit kann der Unterhaltsverpflichtete des Weiteren auch durchaus gehalten sein, zu Unterhaltszwecken den Vermögensstamm anzugreifen und bis auf ein ihm zu belassendes Schonvermögen zu verbrauchen.
Nach der bisherigen Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Kläger im Jahre 2000 bzw. 2001 Erbe geworden ist. Dies war demnach zu einer Zeit, als die Parteien noch nicht getrennt gelebt haben oder sich gerade trennten. Ausweislich des in den Akten befindlichen Terminsprotokolls in der Scheidungssache 49 F 127/03 AG Bonn (Bl. 7 - 13 GA) lebten die Parteien damals mehr als ein Jahr getrennt. Es ist davon auszugehen, dass eine Trennung damit vor Oktober 2002 erfolgt war, ohne dass das genaue Trennungsdatum bekannt ist. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Beklagten zu 1. im Trennungszeitpunkt der Anfall der Erbschaft beim Kläger bekannt war oder ihr danach bekannt wurde. Nicht abgeschätzt werden kann, ob die Beklagte zu 1. auch um den Umfang der Erbschaft wusste.
Dieser steht allerdings nunmehr aufgrund der Auskunft des Klägers in vorliegendem Verfahren bzw. im Vorfeld der dann erhobenen Auskunftswiderklage fest. Dieser belief sich auf ca. 70.000 €. Hiervon hat der Kläger nach Auffassung des Senats in nicht vorwerfbarer Weise zunächst einen Betrag zur Alterssicherung angelegt. Hieraus werden Einkünfte nicht erzielt.
Nach Auffassung des Senats dürfte es auch nicht vorwerfbar sein, dass sich der Kläger aus der erhaltenen Erbschaft einen Pkw kaufte. Hierbei handelt es sich ausweislich der vom Kläger mit Schriftsatz vom 13.05.2005 zu den Akten gereichten Anlage K 5 (Bl. 53 GA) um einen Pkw Mercedes-Benz A 160 (168) Baujahr 2000. Die Erstzulassung war am 03.11.2000. Im Zeitpunkt der Auskunft am 21.03.2005 betrug die Laufleistung des Pkw 50.000 km. Sein aktueller Händlereinkaufswert betrug zu diesem Zeitpunkt 8.742,00 €. Damit dürfte der Pkw bei Ankauf zumindest einen geschätzten Wert von 20.000 € gehabt haben, sodass allenfalls dem Kläger noch ein Vermögen von 30.000 € zur Verfügung stand.
Ob er dieses Vermögen verbrauchen durfte oder ob er im Hinblick auf seine Krankheit unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht gegenüber zwei minderjährigen Kindern Rücklagen bilden musste, kann abschließend nicht entschieden werden. Dies hängt zum einen davon ab, ob der Kläger, als er sein Vermögen - wie er ausführt wegen erhöhter eigener Lebensbedürfnisse - verbrauchte, bereits davon ausgehen konnte, dass er erwerbsunfähig würde. Dabei spielt es eine weitere Rolle, dass die Parteien im Oktober 2003 einen Unterhaltsvergleich schlossen, der Einkünfte des Klägers aus Vermögen nicht berücksichtigte. Wusste die Beklagte, wovon nach der bisher bekannten Sachlage auszugehen ist, von dem Anfall der Erbschaft auf Seiten des Klägers, stellt sich weiter die Frage der Bindungswirkung. Möglich ist auch, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches das Vermögen bereits verbraucht war und man deswegen Einkünfte aus Vermögen nicht mehr berücksichtigte.
Angesichts der noch anzustellenden Sachaufklärung hat der Senat die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch an das Amtsgericht zurück verwiesen (§ 572 Abs. 3 ZPO). Die Zurückverweisung erfolgt insbesondere auch aus prozessökonomischen Gründen, um eine Verzögerung des Rechtsstreites zu vermeiden. Das Familiengericht hat auf den 10.08.2005 Termin bestimmt. Dieser Termin erscheint geeignet, auch die noch notwendigen Sachverhaltserläuterungen durch die Parteien mündlich einzuholen. Würde der Senat die Sache im Prozesskostenhilfeverfahren in tatsächlicher Hinsicht weiter aufbereiten, müsste notwendigerweise der amtsgerichtliche Termin vom 10.08.2005 aufgehoben werden. Dies erscheint aus den oben genannten Gründen nicht sachdienlich.
Entscheidungsreif ist allerdings die Beschwerde, soweit sie die verweigerte Prozesskostenhilfe bezüglich der Widerklage der Beklagten betrifft. Hier hat das Familiengericht zu Recht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) zurückgewiesen. Der Kläger hatte nämlich bereits bei Einreichung der Auskunftswiderklage umfassend Auskunft erteilt. Diese umfassende Auskunft ergibt sich jedenfalls aus dem Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 29.03.2005 (Bl. 41, 42 GA), worin auch zu den Vermögensverhältnissen des Klägers vollständig Auskunft erteilt worden ist. Die Auskunft ist auch umfassend erteilt. Alles das, was die Beklagten wiederklagend zu den Einkünfte des Klägers wissen wollen, wussten sie bereits zu diesem Zeitpunkt. Entscheidender Zeitpunkt für die Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers ist der 01.03.2005. Dies ist der Zeitpunkt, ab dem der Kläger Abänderung des titulierten Unterhalts begehrt. Hiervon gehen wohl auch die Beklagten aus, wie sich aus ihrem Widerklageantrag zu 3. ergibt.
Der Widerklageantrag zu 4. ist schon unbegründet, da die Auskunftspflicht des Klägers sich nur auf den Bestand und die Erträgnisse seines Vermögens bezieht, die er in einer geordneten Aufstellung darzulegen hat. Die Vorlage eines qualifizierten Vermögensverzeichnisses mit allen Aktiva und Passiva im In- und Ausland nebst Belegvorlage der aktuellen Saldenstände aller seiner Konten, Wertpapier- und Aktiendepots, Sparbücher kann nicht verlangt werden. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Kläger nichts vorlegen kann, was er nicht hat. Insoweit ist erneut auf seine Auskunft zu verweisen.
Ist aber - wovon der Senat überzeugt ist - davon auszugehen, dass der Kläger umfassend Auskunft erteilt hat, ist auch der Widerklageantrag zu 5. unbegründet. Gemäß §§ 1605, 1580, 260 Abs. 2 BGB hat der Verpflichtete nur dann auf Verlangen an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist. Zu einer solchen Annahme besteht, wie sich aus dem zuvor Gesagten ergibt, kein Anlass.
Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.
Wegen des Teilobsiegens der Beklagten reduziert sich die Beschwerdegebühr auf 25,00 €.
Ende der Entscheidung
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