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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: 4 WF 49/06
Rechtsgebiete: RVG VV
Vorschriften:
RVG VV Nr. 1000 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
In der Umgangsrechtssache
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat durch den Richter am Oberlandesgericht Blank als Einzelrichter
am 19. Mai 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Bonn vom 28.03.2006 der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 20.02.2006 - 45 F 165/05 - dahin abgeändert, dass die Rechtsanwalt S aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung festgesetzt wird auf beantragte 790,54 €.
Gründe:
Die gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg.
Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, dass die von ihm beantragte Einigungsgebühr nicht festgesetzt worden ist. Gemäß Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors und des Amtsgerichts ist zwischen den Parteien eine solche Einigung über das streitgegenständliche Umgangsrecht des Antragstellers zustande gekommen. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien in der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 17.01.2006 (vgl. Bl. 8 - 9 GA) nach Erörterung der Sach- und Rechtslage und der im Folgenden protokollierten Erklärungen des Antragstellers und der Antragsgegnerin zum Umfang des Umgangsrechtes des Antragstellers "das vorliegende Verfahren übereinstimmend für erledigt" erklärt haben. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 15. August 2005 - 4 WF 110/05 - = 44 F 259/04 (PKH II) Amtsgericht Bonn - entschieden, dass dann, wenn die Parteien lediglich nach ausgiebiger Erörterung des Sach- und Streitstandes den Rechtsstreit in der Hauptsache gemäß § 91 a ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt haben, darin allein noch keine vertragliche Regelung der Parteien zu sehen ist, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt worden ist. Denn die übereinstimmenden wirksamen Erledigungserklärungen der Parteien als solche sind bloße Prozesshandlungen und beenden - jedenfalls im streitigen Erkenntnisverfahren - lediglich die Rechtshängigkeit der bisher streitigen Ansprüche unmittelbar. Sie besagen in diesem Zusammenhang nur, dass die Parteien an einer Sachentscheidung durch das Gericht kein Interesse mehr haben. Sofern also die Parteien nicht gleichzeitig in einem sachlich-rechtlichen Streitpunkt eine Einigung erzielen, liegt nach unstreitiger Erledigung in den bloßen übereinstimmenden Erledigungserklärungen kein Vertrag im Sinne von Nr. 1000 VV vor (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, RVG VV 1000, Rn. 27).
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von dem, der dem Senat in seinem Beschluss vom 15. August 2005 - 4 WF 110/05 - zugrunde gelegen hat. Die Parteien des dortigen Verfahrens hatten gerade keine Einigung über den Bestand des geltend gemachten Zugewinnausgleichs getroffen. Vielmehr hatten sie nach eingehender Erörterung des Sach- und Streitstandes wegen der Schwierigkeit der Sachverhaltsaufklärung sich dafür entschieden, den Rechtsstreit nicht weiter fortzuführen. Hierbei hatten insbesondere Kostengesichtspunkte eine Rolle gespielt. Über die in Frage stehenden materiell-rechtlichen Ansprüche hatten sich die Parteien jedoch nicht geeinigt. Beiden Parteien blieb es unbenommen, in einem eventuellen neuen Rechtsstreit wechselseitig Zugewinnausgleichsansprüche geltend zu machen.
Anders liegt der Fall hier. Die Beteiligten des vorliegenden Umgangsrechtsverfahrens stritten über den Umfang eines dem Antragsteller zuzubilligenden Umgangsrechtes. Insoweit besteht schon ein wesentlicher Unterschied zu dem vorzitierten Verfahren darin, dass es sich nicht um ein reines zivilrechtliches Streitverfahren handelt. Vielmehr sind vorliegend die Regeln über das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar. In diesem Verfahren ist der Verfahrensgegenstand gerade nicht für die Beteiligten frei disponierbar. Vielmehr ist gerade im Verfahren betreffend die Personensorge bzw. das Umgangsrecht von Amts wegen auch immer auf die Kindeswohlinteressen abzustellen. So hat grundsätzlich im Amts- wie im Antragsverfahren das Gericht die Erledigung der Hauptsache von Amts wegen formlos festzustellen. Dabei kann im Antragsverfahren die Erledigung auch durch Antragsrücknahme eintreten, die in jeder Lage des Verfahrens durch Erklärung gegenüber dem Gericht erfolgen kann (vgl. Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 8. Auflage 2006, § 12 f GG Rn. 33 m. w. N.).
So ist im konkreten Fall davon auszugehen, dass bei Streitigkeiten über den Umgang mit einem Kind die Eltern relativ frei disponieren können und das Familiengericht einen Vergleich protokollieren kann, wenn dieser dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage 2005, § 621 a Rn. 6, § 621 Rn. 23). Eine solche Einigung haben die am Umgangsrecht unmittelbar Beteiligten, der Antragsteller als Kindesvater und die Antragsgegnerin als Großmutter und Vormünderin des betroffenen Kindes Q getroffen. Diese Einigung ist sodann vom Familiengericht auch protokolliert worden und zwar wie folgt:
"Letztendlich besteht bei allen Beteiligten Einigkeit dahingehend, dass es zum derzeitigen Zeitpunkt noch etwas zu früh ist, ungehinderte Kontakte zwischen Vater und Sohn zuzulassen. Insofern erklärt die Großmutter und Vormünderin des Betroffenen, dass Q derzeit sich in einer Ergotherapie befinde. Es soll dann in Zukunft versucht werden, allmähliche Kontakte zwischen Vater und Sohn wiederherzustellen. Weiterhin besteht Einigkeit dahingehend, dass der Vater berechtigt ist, sich jeweils bei der Vormünderin (Antragsgegnerin) über den Sohn zu informieren."
Damit hatten sich aber der Antragsteller und die Antragsgegnerin über den derzeitigen Umfang des Umgangsrechtes des Antragstellers geeinigt. Für eine solche materiell-rechtliche Einigung über den Umfang des Umgangsrechtes spricht bereits der Wortlaut der vorzitierten Protokollierung. So wird ausdrücklich gesagt, dass zwischen den Parteien über gewisse Punkte "Einigkeit" besteht. Damit waren aber nicht bloße unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben worden. So wurde ein Informationsrecht des Antragstellers festgeschrieben. Außerdem sollte der Versuch eines begleiteten Umgangsrechtes des Antragstellers in die Wege geleitet werden.
Damit hatte der Antragsteller aber nicht lediglich nach Erörterung des Sach- und Streitstandes wegen der drohenden Erfolglosigkeit seines umfassender gestellten Antrags diesen in Form der Erledigungserklärung zurückgenommen. Vielmehr hatten sich die Beteiligten geeinigt, dass zur Zeit ein Umgangsrecht nur in einem eingeschränkten Umfang durchsetzbar sein sollte.
Dass dieser Regelung nicht lediglich unverbindlicher Charakter zukommen sollte, wird auch dadurch deutlich, dass das Familiengericht im Anschluss an die Protokollierung der beiderseitigen Erledigungserklärungen protokollierte, dass "Frau R vom Jugendamt der Stadt C dieser Erledigung ausdrücklich zustimme".
Gerade hierdurch wird deutlich, dass das Familiengericht nochmals das Kindeswohlinteresse dahin prüfte, ob die zustande gekommene Einigung mit dem Kindeswohl vereinbar war. Wäre diese Prüfung negativ ausgefallen, hätte das Familiengericht gerade nicht Erledigung der Hauptsache feststellen dürfen, sondern eine anderweitige Umgangsrechtsregelung treffen müssen.
Kam aber das Familiengericht in Übereinstimmung mit dem befragten Jugendamt zu dem Ergebnis, dass die gefundene Einigung dem Kindeswohl des betroffenen Kindes nicht entgegen stand, konnte es formlos die Erledigung der Hauptsache feststellen. Konkludent ist diese Feststellung mit der Kostenentscheidung erfolgt.
Damit liegt aber weder eine bloße Rücknahme, noch ein reiner Verzicht oder eine reine Erledigungserklärung der Parteien, sondern eine materiell-rechtliche Einigung über den Umfang des derzeitigen Umgangsrechtes des Antragstellers vor. Die Einigungsgebühr ist damit entstanden.
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin war daher die amtsgerichtliche Erinnerungsentscheidung aufzuheben und der Festsetzungsbeschluss wie tenoriert abzuändern.
Im Hinblick auf § 56 Abs. 2 S. 2 RVG ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.
Der Streitwert der Beschwerde beträgt 219,24 €.
Ende der Entscheidung
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