Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.08.2008
Aktenzeichen: 4 WF 90/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Eschweiler vom 10.06.2008 - 13 F 116/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, da das Familiengericht zu Recht dem Beklagten zur Rechtsverteidigung gegen die Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhaltes mangels der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung zurückgewiesen hat.

Zu Recht weist das Familiengericht darauf hin, dass der Beklagte seine (zumindest teilweise) Erwerbsunfähigkeit selbst herbeigeführt bzw. über längere Zeit aufrecht erhalten hat.

Gegenüber seinem Sohn trifft den Beklagten eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Er hat alles zu unternehmen, um seine Erwerbsfähigkeit zu unterhalten, zu steigern bzw. wieder vollständig herzustellen. Dies hat der Beklagte in vorwerfbarer Weise unterlassen.

Noch nach seinem letzten ärztlichen Attest vom 03.06.2008 (Bl. 32 GA), welches der Beklagte zu den Akten gereicht hat, ergibt sich, als aktuelle Diagnose der Arbeitsunfähigkeit: "Depressive Episode nach Tod des Bruders, Verlust des Arbeitsplatzes und Partnerschaftskonflikt".

Dieser Zustand existiert bereits seit mehr als 1 1/2 Jahren, wie sich aus einem Schreiben der BPL vom 22.02.2007 (Bl. 23, 24 GA), welches ebenfalls der Beklagte selbst zu den Akten gereicht hat, ergibt. So wird dort u.a. ausgeführt, dass der medizinische Dienst der Krankenversicherung in O. in seinem Gutachten vom 03.01.2007 festgestellt hat, dass die Erwerbstätigkeit erheblich gefährdet ist. Dementsprechend wurde die Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme über den zuständigen Rentenversicherungsträger vorgeschlagen. Diese Maßnahme diente dazu, die Erwerbsfähigkeit zu bessern und/oder wieder herzustellen bzw. eine Verschlechterung abzuwenden. Weiter wurde ausgeführt, dass aufgrund der Dauerschwere der Erkrankung eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme dringend erforderlich ist. Der Beklagte wurde aufgefordert hierfür den erforderlichen Antrag bis spätestens 04.05.2007 zu stellen.

Dem Beklagten ist vorzuwerfen, dass er seine Erkrankung nicht ernst genommen, jedenfalls nicht sachgemäß hat behandeln lassen. So ist seit Anfang 2007 eine sehr lange Zeit vergangen, ohne dass der Beklagte auch nur ansatzweise sich darum bemüht hat, diese Erkrankung in den Griff zu bekommen. Jedenfalls wird hierzu nichts Konkretes vorgetragen. Vor allem ist ihm vorzuwerfen, dass er eine eingeleitete Rehabilitationsmaßnahme abgebrochen hat. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass ihm insgesamt die vollständige schuldausschließende Einsichtfähigkeit fehlt. Vernünftige Gründe dafür, dass bisher erfolgreiche Behandlungen nicht hätten stattfinden können, fehlen vollständig.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Unterhaltsverpflichtete bei Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung seine Arbeitsstelle nicht einfach aufgeben darf. Soweit die Stelle durch den Arbeitgeber gekündigt wird, hat er diese Kündigung nicht ohne weiteres hinzunehmen. Es ist ihm zumutbar, naheliegende rechtliche Möglichkeiten, den Verdienstbezug zu verlängern und den Arbeitsplatz zumindest zeitweise zu sichern, auszuschöpfen. Hier hilft die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Kündigungsschutzgesetz und evtl. Möglichkeiten der Betriebsverfassung. Von daher trägt der Beklagte auch nichts dazu vor, was Grund für den Verlust des Arbeitsplatzes war. Jedenfalls basiert die diagnostizierte Arbeitsunfähigkeit aufgrund der festgestellten "depressiven Episode" auch auf dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Auch sind psychische Beeinträchtigungen ohne bewiesenen Krankheitswert (z.B. seelische Krise infolge der Eheprobleme) kein hinreichender Grund für eine Arbeitsaufgabe. Auch hier hätte es näheren Vortrages durch den Beklagten zur Arbeitsaufgabe bedurft. Die verbreitete Berufung auf "Depressionen" muss daher vielfach unbeachtlich bleiben, da zumeist reaktiver Natur und deshalb in der Regel nicht eigentlich krankhaft (im Gegensatz zu endogenen Depressionen), obwohl sie Krankheitswert gewinnen können. Hier kann Arbeit z.B. ein erfolgreiches und verträgliches Heilmittel gegen reaktive Depressionen sein (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl.; Rn. 741 ff.).

Jedenfalls ist aber zu fordern, dass eine zumutbare medizinische Behandlung zur Wiederherstellung der Arbeitskraft durchzuführen ist. Wer es bei hinreichender oder leichtfertig verdrängter Krankheitseinsicht unterlässt, durch geeignete und zumutbare Maßnahmen seine Arbeitskraft wiederherzustellen, muss sich das für diesen Fall erzielbare Einkommen fiktiv anrechnen lassen, weil seine Erwerbsunfähigkeit leichtfertig aufrechterhalten worden ist (Katlhoener/Büttner/Niepmann, a.a.O.).

So liegt jedenfalls der Fall vorliegend. Wie oben ausgeführt hat der Beklagte seit Anfang 2007 nichts erfolgversprechendes unternommen, um seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Dies muss er sich zurechnen lassen. Plausible Gründe hierzu sind nicht einmal ansatzweise vorgetragen. Der mit der Berufungsbegründung vorgebrachte Grund, dass die Einsichtsfähigkeit in die Behandlung krankheitsbedingt sei, ist so formelhaft und ohne Aussagekraft, dass ihm nicht nachzugehen war. Vielmehr ist aufgrund des gesamten Vortrages des Beklagten davon auszugehen, dass er sich "hängen lässt".

Für seine mangelnde Leistungsfähigkeit und für den Bedarf seines Sohnes bei Geltendmachung des Mindestunterhaltes ist der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Der Bedarf des Sohnes steht fest. Für seine mangelnde Leistungsfähigkeit ist der Beklagte darlegungsfällig geblieben.

Dies alles hat zur Folge, dass ihm zur Rechtsverteidigung gegen die Klage auf Kindesunterhalt zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert worden ist. Seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben.

Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.

Die Beschwerdegebühr beträgt 50,00 €.

Ende der Entscheidung

Zurück