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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 41 HEs 18/09
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 112 Abs. 3 | |
StPO § 112a | |
StPO § 121 |
Tenor:
Der Angeschuldigte wird unter folgenden Auflagen vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont:
1. Der Angeschuldigte hat bei seinen Eltern unter der Anschrift I XX, XXXX M., Wohnung zu nehmen und jeden Wohnsitzwechsel der Staatsanwaltschaft Köln zu dem Aktenzeichen 90 Js 206/08 unverzüglich mitzuteilen.
2. Dem Angeschuldigten wird untersagt, seinen Wohnsitz in der Zeit von 20.00 Uhr und 6.00 Uhr des Folgetages zu verlassen.
3. Dem Angeschuldigten wird untersagt, Kraftfahrzeuge jedweder Art zu führen.
4. Der Angeschuldigte hat eine Barkaution iHv 1.500,-- € bei Gericht zu hinterlegen und die Hinterlegung der Staatsanwaltschaft Köln zum Aktenzeichen 90 Js 206/08 nachzuweisen . Dem Angeschuldigten wird nachgelassen, den Betrag bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Düsseldorf zu hinterlegen.
5. Der Angeschuldigte hat sich dreimal wöchentlich bei der für ihn zuständigen Polizeidienststelle zu melden.
6. Der Angeschuldigte hat alle Ausweispapiere bei der Staatsanwaltschaft Köln zu hinterlegen.
7. Der Angeschuldigte hat allen Ladungen in vorliegender Sache pünktlich Folge zu leisten.
Gründe:
I.
Der Angeklagte wurde am 15.01.2009 festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund eines auf die Haftgründe der Flucht und der Tatschwere gestützten Haftbefehls des Amtsgerichts Köln vom 14.08.2008 (503 Gs 1627/08) in Untersuchungshaft.
Ihm liegt zur Last, am 10.08.2008 versucht zu haben, einen Menschen zu töten, ohne Mörder zu sein und tateinheitlich hierzu eine andere Person mittels eines gefährlichen Werkzeugs und einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben. Er habe am frühen Morgen des Tattages nach einer zunächst verbalen Streitigkeit mit dem Geschädigten diesem durch insgesamt 16 Messerstiche in den Nacken, den Rücken und den linken Unterarm zum Teil lebensgefährliche Verletzungen zugefügt. Nur durch eine sofortige Notoperation habe der Geschädigte gerettet werden können.
Die Staatsanwaltschaft Köln hat wegen dieser Tat unter dem 13.02.2009 Anklage erhoben. Die Durchführung der Hauptverhandlung ist für den 09.09.2009 und vier Folgetermine vorgesehen.
II.
Dem Senat erschien es vertretbar, den Angeschuldigten vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft unter strengen Auflagen zu verschonen.
1.
a)
Zwar ist der Angeschuldigte der ihm zur Last liegenden Tat aufgrund der in der Anklageschrift im einzelnen aufgeführten Beweismitteln, insbesondere den Angaben des Geschädigten und der weiteren benannten Zeugen, dringend verdächtig
b)
Der Senat ist aber der Auffassung, dass den bestehenden Haftgründen der Flucht- und Wiederholungsgefahr durch die angeordneten Auflagen so weit entgegengewirkt werden kann, dass der Zweck der Untersuchungshaft auch hierdurch erreicht wird (§ 116 Abs. 1 und 3 StPO).
(aa)
Der Senat verkennt nicht, dass der Angeschuldigte sich zunächst durch Flucht in die Türkei einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren entzogen hat. Für ihn spricht aber, dass er freiwillig nach Deutschland zurückgekehrt ist und sich selbst der Polizei gestellt hat. Die Gefahr, dass der Angeschuldigte sich vor diesem Hintergrund erneut dem Verfahren entziehen werde, erachtet der Senat als durch die Auflagen zu Ziff. 1., 4. 5., 6. und 7. so weit herabgemindert, dass eine Verschonung auch unter Berücksichtigung der im Rahmen des § 112 Abs. 3 StPO reduzierten Anforderungen an das Bestehen von Fluchtgefahr vertretbar erscheint.
(bb)
Der Senat verkennt des weiteren nicht, dass die vorliegende Tat ein hohes Aggressionspotential des Angeschuldigten offenbart. Das gilt um so mehr, als der Angeschuldigte wegen zweier Aggressionsdelikte (vorsätzliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) vorbelastet ist und er in der Untersuchungshaft im März mit einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenen aufgefallen ist. Es besteht daher subsidiär der Haftgrund der Wiederholungsgefahr § 112a StPO. Diesem sucht der Senat durch die Auflagen zu Ziff. 2. und 3. entgegenzuwirken, wobei der Senat davon ausgeht, dass durch die "Ausgangssperre" (Auflage zu Ziff. 2.) die gerade angesichts des Alters des Angeschuldigten kriminogene Tageszeit erfasst wird. Auch die hier in Rede stehende Tat hat der Angeschuldigte begangen, nachdem er sich zuvor mit einem Bekannten in einer Cocktailbar getroffen hatte und sich von diesem erst um 5.30 Uhr getrennt hatte. Die Auflage zu Ziff. 3. versteht sich vor dem Hintergrund, dass der Angeschuldigte durch das Amtsgericht Leverkusen am 30.01.2007 wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt und gegen ihn eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt worden ist. Diese Tat ist durch die Teilnahme am Straßenverkehr (Streit um Vorfahrt) ausgelöst worden. Die Auflage dient daher dazu, kriminogene Situationen im Straßenverkehr gar nicht erst entstehen zu lassen.
2.
Aufgrund der Haftverschonung erübrigt sich die Prüfung der Voraussetzungen des § 121 StPO. Da der Angeschuldigte durch die ihm erteilten Auflagen weniger belastet wird als durch die Freiheitsentziehung, ist durch eine Terminierung ab dem 09.09.2009 auch das allgemein in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot nicht verletzt.
Ende der Entscheidung
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