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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 5 U 145/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 7130
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 06.08.2003, 11 O 515/02, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Schmerzensgeldansprüche wegen einer ab dem 26.11.2001 im Krankenhaus der Beklagten durchgeführten stationären Behandlung geltend. Zuvor hatte der Kläger sich am 19.11.2001 im Herzzentrum M/C einer Bypassoperation unterzogen, anlässlich derer u. a. Venenmaterial aus dem rechten Unterschenkel des Klägers entnommen wurde. Am 26.11.2001 wurde der Kläger von M ins Krankenhaus der Beklagten befördert, wo er bis zum 03.12.2001 stationär behandelt wurde. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus der Beklagten begab sich der Kläger wegen Schmerzen an der Venenentnahmestelle im Unterschenkel am 07.12.2001 in die Behandlung des Hautarztes Dr. T; nebst Entnahme eines Wundabstriches verordnete dieser ein Antibiotikum. Die angelegte Bakterienkultur ergab am 13.12.2001 vier verschiedene Bakterienarten in der Wunde. Am 27.12.2001 trat der Kläger eine Reha-Maßnahme in B C an. Dort wurden bei der Aufnahme am rechten Unterschenkel "zwei offene Wunden, 2 cm breit, 5 bis 6 cm lang, gerötet, nässend, mit Fibrin belegt" konstatiert. In B C erfolgte eine operative diesbezügliche Wundrevision. Auch nach Entlassung aus dem Reha-Zentrum in B C am 02.01.2002 unterzog sich der Kläger einer weitergehenden ambulanten Behandlung der Wunden am rechten Unterschenkel; bis Mitte 2002 kam es zu einem weitgehenden Wundverschluss. Eine vollständige Abheilung ist hingegen auch danach zunächst nicht erfolgt.

Der Kläger hat behauptet, die Ärzte der Beklagten hätten weder bei Aufnahme im Krankenhaus noch während des Aufenthaltes bei der Beklagten den Verband an seinem rechten Unterschenkel geöffnet und die Operationsstelle untersucht. Er habe während der stationären Behandlung im Hause der Beklagten wiederholt über Schmerzen an der Operationsstelle geklagt; außer einer Kühlung des Beines seien keine weiteren therapeutischen Maßnahmen insoweit erfolgt. Mangels sachgerechter Wundkontrolle habe sich die schon während des stationären Aufenthaltes im Hause der Beklagten bestehende Entzündung weiter fortentwickeln können und infolge dessen einen schweren Verlauf genommen, der bei sofortiger Erkennung und Versorgung hätte vermieden werden können.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten und hat behauptet, während der gesamten stationären Behandlung habe keine behandlungsbedürftige Entzündung der Operationswunde am Unterschenkel oder eine Wundheilungsstörung bestanden. Auch die unter dem 29.11.2001 erhobenen Laborwerte hätten keinerlei Entzündungsparameter aufgewiesen. Außerdem hat die Beklagte die Ansicht vertreten, auch bei einer früheren Behandlung wäre der Heilungsverlauf angesichts der beim Kläger bestehenden Wundheilungsstörung nicht anders gewesen.

Nach Vernehmung des nachbehandelnden Hautarztes Dr. T hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass schon während des stationären Aufenthaltes im Krankenhaus der Beklagten an seinem rechten Unterschenkel ein reaktionspflichtiger medizinischer Befund vorgelegen habe. Aus der Aussage des Dr. T ergebe sich nämlich, dass erst anlässlich des ersten Besuches des Klägers bei ihm am 07.12.2001 eine sich gerade erst entwickelnde oberflächliche Entzündung mit Sekretausfluss vorgelegen habe, die aber nach der Bekundung des Zeugen sich dann erst nach dem 07.12.2001 massiv verschlimmert habe. Der Zeuge habe hingegen nicht bestätigt, dass der von ihm am 07.12.2001 erhobene Befund derart gewesen sei, dass er auch schon am 03.12.2001 oder gar vorher vorgelegen haben müsse.

Gegen dieses am 07.08.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.08.2003 Berufung eingelegt und diese am 07.11.2003 - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage - begründet.

Der Kläger, der mit seiner Berufung ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,00 EUR geltend macht, rügt fehlerhafte Rechtsanwendung und vertritt hierzu die Ansicht, das Landgericht habe durch die fehlende Klärung der Frage, ob Behandlungsfehler, insbesondere grobe Behandlungsfehler, vorlägen, verabsäumt, sich dem Problem zuzuwenden, ob ihm - Kläger - gegebenenfalls hinsichtlich der Kausalität im Hinblick auf grobe Behandlungsfehler Beweiserleichterungen zugute kämen. Dies sei fehlerhaft. Tatsächlich habe er während seines Aufenthaltes bei der Beklagten wiederholt über starke Schmerzen an der Entnahmestelle geklagt, was Veranlassung zu entsprechenden Untersuchungen gegeben hätte, da diese Schmerzen Hinweise auf das Vorliegen einer bakteriellen Entzündung darstellen könnten. Es seien angesichts seiner Schmerzklagen somit Anknüpfungstatsachen vorhanden gewesen, die dafür gesprochen hätten, dass bei ihm ein Entzündungsprozess eingesetzt haben konnte. Auch das von der Beklagten durchgeführte Labor vom 29.11.2001 sei insoweit keineswegs unauffällig gewesen.

Es lägen ärztliche Behandlungsfehler vor. Insbesondere wären tägliche Kontrollen der Operationswunde an der Entnahmestelle durchzuführen gewesen, und zwar auch im Zuge der Nachbehandlung, zumal in dem Unterschenkelbereich die Körperpartie ohnehin schlecht durchblutet sei, so dass Heilungsprozesse dort sehr langsam verliefen. Die schlechte Durchblutung des Unterschenkels begünstige die Entstehung bakterieller Entzündungen und erschwere deren Abheilung. Nach den gesamten vorliegenden Umständen sei eine regelmäßige Kontrolle der Entnahmestelle zwingend erforderlich gewesen, dies auch ohne, insbesondere aber bei entsprechenden Schmerzklagen des Klägers. Der Umstand, dass der Unterschenkelbereich auch bei der Beklagten gekühlt worden sei, zeige, dass dieser Bereich erwärmt gewesen sei, was auch als Entzündungszeichen zu werten sei. Außerdem ergebe sich aus den Krankenunterlagen eine Fieberzacke am 27. und 28.11.2001 und ebenfalls am nachfolgenden Tag auf 38,0 Grad, am Vortag sogar auf 39,0 Grad. Auch solche Fieberschübe könnten jedenfalls Verdachtszeichen in Richtung auf eine Entzündung, speziell eine bakterielle Entzündung einer Operationswunde sein. Auch aus den Laborwerten ergäben sich Anhaltspunkte für eine solche Entzündung, dies bereits bezogen auf den 29.11.2001. Tatsächlich seien diese Fehler schon als grob zu werten, was zu Beweiserleichterungen hinsichtlich der Kausalität zu seinen Gunsten führe, was das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers in allen Punkten entgegen und bezieht sich auf das angefochtene Urteil. Insbesondere wiederholt sie ihre bereits in erster Instanz aufgestellte Behauptung, dass sowohl in M als auch bei ihr - dies schon anlässlich der Aufnahmeuntersuchung - die Wunde inspiziert und als reizlos befunden worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 31.03.2004. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 02.06. und 16.06.2004 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das landgerichtliche Urteil erweist sich auch vor dem Hintergrund der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Ansprüche des Klägers scheitern bereits daran, dass der Kläger den Nachweis einer fehlerhaften Behandlung im Hause der Beklagten nicht zu führen vermocht hat.

Zwar wäre es eindeutig als fehlerhaft zu qualifizieren, wenn während des stationären Aufenthaltes bei der Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Inspektion der Graftentnahmestelle am Unterschenkel durchgeführt und diese Stelle auf Zeichen für eine Infektion untersucht worden wäre. Nach dem Ergebnis der gesamten Beweisaufnahme kann jedoch nicht als erwiesen erachtet werden, dass tatsächlich ein solches fehlerhaftes Behandlungsschema seitens der bei der Beklagten tätigen Ärzte bzw. Pflegepersonal durchgeführt worden ist. Nach der Aussage des Zeugen Dr. I, des Stationsarztes auf der kardiologischen Station der medizinischen Klinik 1 der Beklagten, hat dieser den Kläger bei Aufnahme einer vollständigen körperlichen Untersuchung einschließlich einer ausführlichen Inspektion des Beines unterzogen, was nach seiner ausdrücklichen Bekundung bedeutet, dass dann, wenn Verbände anliegen, diese anlässlich dieser Aufnahmeuntersuchung auch gelöst werden, weil man sonst die Wunde nicht beurteilen könne. Dies leuchtet ohne Weiteres ein. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er im Aufnahmebogen reizlose Wundverhältnisse vermerkt habe, was zwingend voraussetze, dass er einen etwaigen Verband gelöst und die Wunde inspiziert habe. Außerdem hat der Zeuge darauf hingewiesen, dass bei Feststellung reizloser Wundverhältnisse kein neuer Verband angelegt werde, weil es sinnvoll sei, Luft an die Wunde zu lassen; wohl würden dem Patienten in einem solchen Fall Kompressionsstrümpfe verordnet, was vorliegend ausweislich der Behandlungsunterlagen auch beim Kläger geschehen ist. Den genannten Eintrag "Zustand nach Saphenektomie, Unterschenkel reizlos" hat der Zeuge dahingehend konkretisiert, dass bei Dokumentation reizloser Wundverhältnisse auszuschließen sei, dass er einen etwaigen Verband nicht entfernt hätte, er vielmehr eine solche Eintragung nur aufgrund anamnestischer Angaben des Patienten gemacht habe. Bei der Eingangsuntersuchung werde grundsätzlich alles selbst inspiziert. Aufschlussreich ist auch die weitere Aussage des Zeugen, es sei ohnehin absolut unüblich, nach Operationen der vorliegenden Art den Patienten für längere Zeit mit einem Rundumverband zu versorgen; vielmehr sei es vorrangig sinnvoll, jedenfalls bei reizlosen Wundverhältnissen, alsbald Luft an die Wunde zu lassen. Nur bei nässender Wunde würde man diese mit einer sterilen Kompresse abdecken und mit Klebeband befestigen; ein zirkulärer Verband werde auch in einem solchen Falle nicht angelegt. Zusätzlich hat der Zeuge darauf hingewiesen, dass Schmerzklagen seitens des Klägers ihm gegenüber nicht erfolgt seien und er auch mit Sicherheit keine Kühlung des Unterschenkelbereiches angeordnet habe, eine solche Anordnung wäre auch in die Behandlungsdokumentation aufgenommen worden, die jedoch tatsächlich hierfür nichts hergibt.

Die Aussage des Zeugen ist in sich stimmig und widerspruchsfrei und steht auch in Einklang mit der vorliegenden Behandlungsdokumentation. Sie wird zudem bestätigt durch die Aussage des weiteren Zeugen Dr. J, der den Kläger seinerzeit als Patient von dem Zeugen Dr. I übernommen hat. Auch dieser Zeuge hat ausdrücklich bekundet, er gehe davon aus, dass auch das Bein bei seiner Erstuntersuchung untersucht worden sei, weil dies üblich und im Krankenhaus der Beklagten Routine sei. Außerdem spricht die Aussage dieses Zeugen gegen die Behauptung des Klägers, er sei aus M mit einem festen zirkulären Verband bei der Beklagten angekommen. Der Zeuge Dr. J hat hierzu ausdrücklich erklärt, es sei generell so gewesen, dass die Patienten aus M meist schon ohne festen Verband angekommen seien, dies jedenfalls bei reizfreier Wunde, wie sie sowohl im Entlassungsbericht aus M dokumentiert sei als auch im Aufnahmebericht im Krankenhaus der Beklagten. Allenfalls bei einer nässenden Wunde würde ein Feuchtverband angelegt werden, keinesfalls aber ein zirkulärer Verband. Ihm sei in keiner Weise erinnerlich, dass jemals Patienten aus M mit einem festen Verband ins Krankenhaus der Beklagten verlegt worden seien; ein solcher Verband würde im Übrigen auch unverzüglich entfernt und die Wunde inspiziert. Unter Erläuterung der Behandlungsdokumentation aus M hat der Zeuge ferner dargelegt, dass dort ersichtlich am 20.11.2001 ein zirkulärer Verband angelegt worden sei, dies jedenfalls unmittelbar nach der Operation; in den folgenden Tagen finde sich jedoch das Kürzel für "Sprühverband", was dafür spreche, dass nach dem 20.11.2001 eben kein zirkulärer Verband vorhanden gewesen sei, sondern dass man lediglich auf die Entnahmestelle flüssigen "Verband" aufgesprüht habe, um das Eindringen von Keimen in die Wunde zu verhindern. Mit großer Bestimmtheit hat der Zeuge ausgeschlossen, dass man im Krankenhaus der Beklagten einen Patienten mit einem festen Verband tagelang hätte liegen lassen können, ohne den Wundenbereich zu inspizieren. Zusätzlich hat der Zeuge darauf hingewiesen, dass man bei Einlieferung eines Patienten mit nässender Wunde aus M diesen mit großer Wahrscheinlichkeit sogar an das überweisende Zentrum zurückgesandt hätte, jedenfalls, soweit es sich um die Sternumwunde gehandelt hätte. Eine solche Versorgung obläge dem operierenden Krankenhaus. Ansonsten würde man im Krankenhaus der Beklagten ein chirurgisches Konsilium eingeholt haben, was vorliegend tatsächlich jedoch nicht der Fall war. Vielmehr spricht gerade auch der Umstand, dass dem Kläger ausweislich der Dokumentation Kompressionsstrümpfe verordnet und angesichts des Erledigtvermerks auch ausgehändigt worden sind, dafür, dass in der Tat die Wunde reizlos war und es deshalb zu verantworten war, dem Kläger Antithrombosestrümpfe anzulegen, was man ausweislich der ausdrücklichen Bekundung des Zeugen Dr. J bei nässender oder infizierter Wunde mit Sicherheit nicht getan hätte, was auch ohne Weiteres einleuchtet. Nach den Aussagen dieser beiden Zeugen kann demzufolge schon nicht davon ausgegangen werden, dass fehlerhaft ein schon in M angelegter Verband am Bein verblieben ist, ohne dass die Wunde inspiziert worden wäre. Ebenfalls ist nach diesen Aussagen nicht davon auszugehen, dass man im Übrigen Hinweisen auf eine sich schon anbahnende Entzündung des Beins bzw. der Operationswunden nicht diagnostisch und therapeutisch angezeigt nachgegangen ist. Der Zeuge Dr. J hat nämlich auf der Grundlage der Behandlungsdokumentation dargelegt, dass beim Kläger lediglich eine leichte Leukozytose und ein etwas erhöhter CRP-Wert vorgelegen hätten und auch andere Werte leicht erhöht gewesen seien. Nach der diesbezüglichen Erläuterung des Zeugen ergibt sich hieraus jedoch kein auffälliges Bild, sondern erklären sich diese Werte vielmehr daraus, dass der Kläger frisch operiert war und deshalb mit einer leichten Erhöhung der Leukozytenparameter zu rechnen war, was auch für die kurzfristig erhöhten Temperaturen des Klägers gilt.

Mittelbar werden die Aussagen dieser Zeugen auch bestätigt durch die Aussage des Zeugen Dr. T, der den Kläger ab dem 07.12.2001 behandelt und hierzu erklärt hat, am 07.12.2001 sei die Entnahmestelle am Bein aufgrund einer Entzündung gerötet gewesen, wobei sie jedoch noch geschlossen gewesen sei und es noch keine offene Wunde zu diesem Zeitpunkt gegeben habe. Die Entnahmestelle habe allerdings aufgrund der Entzündung genässt. Hieraus ergibt sich hingegen weder, dass eine Rötung und ein Nässen der Entnahmestelle auch schon während des stationären Aufenthaltes im Hause der Beklagten vorgelegen haben müssen, der immerhin schon mehrere Tage zurücklag. Ebensowenig ergibt sich hieraus, dass entsprechend der Behauptung des Klägers während der stationären Behandlung bei der Beklagten ein zirkulärer fester Verband zu keinem Zeitpunkt abgenommen und die Wunde inspiziert worden ist. Dagegen spricht vielmehr die bereits erwähnte Dokumentation aus dem Behandlungszentrum M, die lediglich bezogen auf den Tag nach der Operation angesichts des Vermerks "gewickelt" die Anlegung eines zirkulären Verbandes annehmen lässt, für die nachfolgenden Tage jedoch nur die Anlegung eines Sprühverbandes bzw. von Sprühpflastern dokumentiert und für den Entlassungstag reizlose Wundverhältnisse. Angesichts dieser in sich schlüssigen Dokumentationserklärungen in Verbindung mit den Bekundungen der vorgenannten beiden Zeugen spricht vieles dafür, dass der Kläger bereits in M den originären zirkulären Verband abgenommen bekommen hat und die Wunde nachfolgend nur noch mit einem - durchsichtigen - Sprühverband bzw. Sprühpflaster versorgt war und es bei dieser Situation auch im Hause der Beklagten während des dortigen stationären Aufenthaltes geblieben ist. Insoweit stimmt die Aussage der Zeugen Dr. I und Dr. J, dass sie sowohl bei der Aufnahmeuntersuchung als auch während des weiteren Verlaufes die Wunde des Klägers durchaus untersucht und deren Zustand zur Kenntnis genommen haben, der jedoch keine Hinweise auf eine sich anbahnende Entzündung und diesbezügliche Therapiebedürftigkeit geboten hat, mit den unstreitigen und objektiven Gegebenheiten ohne weiteres überein.

Die Aussagen der beiden Zeuginnen G und S sind demgegenüber nicht geeignet, die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers zu beweisen. Zwar hat die Zeugin G, Ehefrau des Klägers, erklärt, der Kläger habe während des gesamten stationären Aufenthaltes am operierten Bein einen grauen Verband getragen, der zu keinem Zeitpunkt entfernt bzw. geöffnet worden sei, dies auch dann nicht, als ihr Mann wiederholt über Schmerzen geklagt habe und das Bein lediglich gekühlt worden sei. Einen zirkulär verlaufenden Verband hat auch die Zeugin S, Tochter des Klägers, bekundet, wobei sie allerdings gleichzeitig deutlich gemacht hat, dass sie sich an den Verband am Bein weniger erinnere, weil sie sich für diesen weniger interessiert habe als für die Situation im Brustbereich. Die beiden Aussagen der persönlich durchaus glaubwürdig wirkenden Zeuginnen vermögen den Senat jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit dazu zu überzeugen, dass ihre Bekundungen richtig und die Aussagen der betroffenen Ärzte sowie die Dokumentationen aus M und E falsch sind. Es ist nicht auszuschließen, dass die beiden Zeuginnen sich im Nachhinein aufgrund häufiger Erörterungen mit dem Kläger ein gewisses Vorstellungsbild, bezogen auf die Vorgänge während der stationären Behandlung, aufgebaut haben und als Bestandteil einer realitätsgetreuen Erinnerung werten. Der Senat hatte durchaus den Eindruck, dass die Zeuginnen um eine glaubhafte Aussage bemüht waren und auch glaubwürdig erscheinen; dies ändert jedoch nichts daran, dass ihre Bekundungen gleichwohl nicht derart überzeugend erscheinen, als dass sie geeignet wären, die Behauptungen des Klägers in einer abschließend überzeugenden Weise zu erhärten. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass und weshalb die Zeugin S, die immerhin selbst Krankenschwester ist und lange Jahre bei der Beklagten tätig war, trotz angeblicher Schmerzklagen ihres Vaters zu keinem Zeitpunkt angeregt haben sollte, den angeblichen zirkulären Verband doch zwecks Inspektion des Wundbereiches einmal abzunehmen. Im Übrigen hat diese Zeugin selbst bekundet, dass sie sich mehr für die Situation im Brustbereich interessiert habe als für das operierte Bein.

Es widerspricht letztlich auch jeglicher Erfahrung, anzunehmen, dass nach einer derart gravierenden Operation wie vorliegend beim Kläger durchgeführt, die Entnahmestelle am Unterschenkel über einen Zeitraum von nahezu 2 Wochen mit einem festen undurchsichtigen farbigen Verband, wie vom Kläger behauptet, umwickelt gelassen werden sollte, ohne dass weder im Operationszentrum (M) noch während der stationären Weiterbehandlung bei der Beklagten jemals einer der zuständigen Ärzte es für erforderlich erachtet haben sollte, den Wundbereich zu inspizieren, dies insbesondere vor dem Hintergrund behaupteter Schmerzklagen des Patienten. Ein solches Verhalten erscheint derart krass sachwidrig und fehlerhaft, dass es nur schwer vorstellbar ist. Hiergegen spricht - wie dargelegt - insbesondere schon der Umstand, dass ausweislich der Behandlungsdokumentation aus dem Operationszentrum in M schon dort der zirkuläre Wickelverband ersichtlich nur am Tag nach der Operation angelegt war und nachfolgend durch Sprühverbände bzw. Sprühpflaster ersetzt wurde, die völlig durchsichtig sind und jede untypische Situation der Wundstelle ohne weiteres erkennen lassen. Auch die in M dokumentierten reizlosen Wundverhältnisse wären schlechterdings nicht erklärbar, wenn schon in M der feste zirkuläre Verband zu keinem Zeitpunkt abgenommen worden wäre. Es bedürfte auch schon gravierender überzeugender Anhaltspunkte für die Annahme, dass die dortigen Ärzte, ebenfalls fehlerhaft, den Wundbereich zu keinem Zeitpunkt untersucht haben sollten und gleichwohl ohne eigene Wahrnehmung reizlose Wundverhältnisse dokumentiert hätten.

Nach allem sind die vom Kläger behaupteten Behandlungsfehler nicht nachgewiesen, so dass die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 20.000,00 EUR

Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung; die Sache weist keine grundsätzliche Bedeutung auf und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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