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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 5 U 237/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 20.10.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 9 O 186/02 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger, der als selbständiger Fahrlehrer tätig war, macht gegen die Beklagte aus einer bei dieser abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung Ansprüche auf Rentenzahlung in Höhe von monatlich 511,29 € seit Mai 2000 bis zum Vertragsende am 30.06.2016 und Prämienbefreiung geltend.
Der Kläger hat behauptet, seit Mai 2000 sei er wegen erheblicher Wirbelsäulenprobleme (u.a. Bandscheibenvorfall), aufgrund derer er nicht mehr längere Zeit stehen oder sitzen könne, zu mindestens 50 % nicht mehr in der Lage seine Tätigkeit als Fahrlehrer auszuüben. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat den Kläger zudem auf den Beruf als Verkehrssachbearbeiter oder Fachberater für Kfz-Teile verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 263 ff. GA) Bezug genommen.
Das Landgericht hat zur Frage der Berufsunfähigkeit ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und darauf gestützt die Klage abgewiesen, weil der Kläger eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht nachgewiesen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 266 - 269 GA) verwiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren in unverändertem Umfange weiter verfolgt. Er rügt unzureichende Sachaufklärung und behauptet, die inzwischen weiter durchgeführten Behandlungen und Untersuchungen hätten den Verdacht des gerichtlichen Sachverständigen auf Vorliegen eines Morbus Bechterew, den das Landgericht fehlerhaft seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, nicht bestätigt. Das Landgericht habe auch übersehen, dass er nach der Begutachtung ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt sei und damit zwangsläufig eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Begutachtung eingetreten sei. In dieser Zeit sei es ihm unmöglich gewesen, seinen erlernten Beruf auszuüben.
Auf Hinweise des Senats hat der Kläger ferner zu dem von ihm in gesunden Tagen ausgeübten Beruf, seiner Stellung und seinen Einkommensverhältnissen vorgetragen und dazu Unterlagen vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 20.10.2006 (9 O 186/02)
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab Mai 2000 aus der Berufsunfähigkeitsversicherung Nr. xxx1 Leistungen von monatlich 511,29 € (1.000,00 DM) längstens bis zum Vertragsende am 30.06.2016 zu gewähren, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von der Beitragspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung ab Mai 2000 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen und. Die Angaben zum Berufsbild hält sie für nicht plausibel.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsfreiheit nicht zu, da er schon nicht substantiiert dargetan hat, seit Mai 2000 zu mindestens 50% berufsunfähig zu sein (§ 1 VVG, §§ 1, 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Versicherung).
Berufsunfähigkeit in der Definition der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Versicherung liegt vor, wenn der Versicherte voraussichtlich dauernd infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall zu mindestens 50% außerstande ist, seinen bisherigen Beruf auszuüben. Maßgebend ist mithin nicht die Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit oder der Belastbarkeit schlechthin, es kommt zunächst darauf an, wie sich seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seiner konkreten Berufsausübung auswirken. Deshalb muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt. Dazu genügt indessen nicht nur die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit, vielmehr muss eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (vgl. nur BGHZ 119, 263, 266; BGH, NJW-RR 1996, 345). Es ist Sache desjenigen, der den Eintritt von Berufsunfähigkeit geltend machen will, hierzu substantiiert vorzutragen.
Zwar hat es das Landgericht rechtsfehlerhaft schon im Ansatz unterlassen, nach den vorstehenden Grundsätzen das Berufsbild des Klägers festzustellen und dem medizinischen Sachverständigen vorzugeben, von welchem außermedizinischen Sachverhalt dieser bei der Beurteilung auszugehen hatte, ob oder in welchem Ausmaß der Kläger in seiner Fähigkeit eingeschränkt ist, seine bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben. Schon aus diesem Grunde bietet das Sachverständigengutachten keine tragfähige Grundlage für die angefochtene Entscheidung (vgl. BGH NJW-RR 1996, 345 f.).
Darauf kommt es indessen nicht an, weil der Kläger weder in erster Instanz noch auf die Hinweise des Senats im Berufungsverfahren zu seinem zuletzt ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung nachvollziehbar vorgetragen hat. Es bestehen bereits Bedenken an einer schlüssigen Darlegung seiner - vollschichtigen - Tätigkeit als Fahrlehrer, was den durchschnittlichen zeitlichen Umfang anbelangt. Die Angaben zu seiner üblichen Arbeitsleistung in einer Musterwoche in der auf Hinweis des Senats vorgelegten Tabelle (Bl. 394 ff. GA) lassen sich schon nicht mit seinen erstinstanzlichen Angaben zu einer Musterwoche in Übereinstimmung bringen. Für die einzelnen Tage werden unterschiedliche Tätigkeiten angegeben, was allein für die Darstellung einer Musterwoche noch nicht schädlich sein muss. Nach der erstinstanzlich angegebenen Musterwoche (Bl. 80 GA) soll die Arbeitszeit ( 8,25 h mit einer Wochenarbeitszeit von 41,25 h betragen haben, wohingegen er nach der dem Senat vorgetragenen Musterwoche weit über 50 h gearbeitet haben will. Nach den Angaben in der Klageschrift will er wiederum abweichend zu diesen Angaben unregelmäßig täglich 8 bis 10 h an 5 bis 6 Arbeitstagen gearbeitet haben. Diese Bedenken werden durch den erläuternden neuen Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.02.2008 - ungeachtet der Frage der Zulässigkeit dieses Vortrages - nicht zerstreut, sondern nur noch verstärkt. Soweit er darin seine bisherigen Angaben dahingehend korrigiert hat, dass er in den Kalenderjahren 1999 und 2000 als selbständiger Fahrlehrer für die Fahrschule tätig gewesen sei und selbst in dieser Zeit lediglich 13 bzw. 9 Fahrschüler betreut habe und parallel dazu Lehrgänge zur Ausbildung von Fahrlehreranwärtern und Lehrgänge zur Haltung von Aufbauseminaren absolviert haben will, fügen sich diese Angaben in keiner Weise zu den von ihm vorgetragenen Musterwochen. Unter weiterer Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegen Gewinn- und Verlustrechnungen der Fa. N, unter der der von ihm 1998 eröffnete Sportwear Fashion Laden firmieren soll, wird auch nach den erläuternden und korrigierten Angaben im Schriftsatz vom 19.02.2008 vollends unklar, was tatsächlich der zuletzt ausgeübte "Beruf" des Klägers war und wie sich sein Berufsbild in gesunden Tagen im Einzelnen darstellte. Mangels ausreichend nachvollziehbarer Anknüpfungstatschen kann daher nicht beurteilt werden, in welchem Umfange der Kläger durch seine Beschwerden außerstande war und ist, seiner bisherigen Tätigkeit nachzugehen. Zur Beurteilung dessen reichen schließlich auch die von ihm vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht aus. Denn daraus ergibt sich noch nicht, ob und welche Einzelheiten der konkreten Berufsausübung diesen Bescheinigungen zugrunde gelegen haben und ob sie den hier maßgeblichen Erfordernissen für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit entsprechen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 35.354,17 €
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, 2 ZPO). Gegenstand des Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen; Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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