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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.08.2008
Aktenzeichen: 5 U 28/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847 Abs. 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. Januar 2008 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - 11 O 524/05 - des Landgerichts Aachen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag von 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 26.994,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 82 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 9.11.1951 geborene Klägerin, die als Köchin beschäftigt war, litt unter Beschwerden im linken Kniegelenk, wegen derer sie zunächst im N-Hospital in B. behandelt und am 10.8.2000 operiert wurde. Am 31.1.2001 führte der leitende Oberarzt F. im Klinikum der Beklagten eine Tibiakopfosteotomie mit Fibulakopfosteotomie linksseitig durch. Am 10.5.2001 entfernte Dr. F. die gelockerte Osteosyntheseklammer. Am 3.7.2001 nahm Dr. F. eine Reosteotomie und Plattenosteosynthese vor. Nach einem Vorgespräch zwischen der Klägerin und Dr. F., dessen Zeitpunkt und Inhalt streitig sind, und der Unterzeichnung eines Aufklärungsbogens durch die Klägerin am 18.10.2001 entfernte der in der Facharztausbildung befindliche Arzt Dr. M. am 19.10.2001 unter Aufsicht des Oberarztes Dr. I. das Osteosynthesematerial. Intraoperativ kam es zu einer Blutung, was zur Übernahme der Operation durch Dr. I. führte. Am 20.10.2001 wurde in einem neurologischen Konsil eine Läsion des Nervus peronaeus festgestellt.

Am 25.10.2002 und 13.2.2003 erfolgten im Klinikum der Beklagten Eingriffe am rechten Knie der Klägerin, während am 4.6.2003 wegen persistierender Schmerzen erneut eine Operation am linken Knie vorgenommen wurde.

Die Klägerin leidet weiterhin unter erheblichen Schmerzen im linken Knie und einer eingeschränkten Beweglichkeit des Kniegelenks. Normales Stehen und Gehen sind ihr seit der Verletzung des Nerven nicht mehr möglich. Ausweislich der vorgelegten Abrechnung (Bl. 12, 11 d.A.) bezog sie von ihrem Arbeitgeber zuletzt ein monatliches Einkommen von 2.500 DM (1.278,23 €) netto. An Lohnersatzleistungen der Krankenkasse, des Arbeitsamtes und ab 1.9.2003 des Rentenversicherungsträgers erhielt sie im Jahr 2001 10.575 €, im Jahr 2002 7.606 €, im Jahr 2003 4.539,82 € und von Januar bis Oktober 2004 4.320 €.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schmerzensgeld und Ersatz des Verdienstausfalls bis Ende Oktober 2004, den sie mit 39.259,18 € beziffert, in Anspruch. Sie hat behauptet, dass die Verletzung des Nervus peronaeus auf einem Behandlungsfehler beruhe, zumal der Arzt Dr. M. nicht ausreichend qualifiziert gewesen sei. Die Risikoaufklärung sei unzureichend gewesen. Außerdem habe ihr Dr. F. zugesagt, die anstehende Materialentfernung selbst vorzunehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.259,18 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen,

2. ihr ein angemessenes Schmerzensgeld nach dem Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch 30.000 € nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist den Vorwürfen eines Behandlungsfehlers und mangelhafter Aufklärung entgegen getreten. Zwischen der Klägerin und Dr. F. sei lediglich besprochen worden, dass Dr. F. die Operation - sofern möglich - selbst durchführen werde.

Das Landgericht hat das chirurgische Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vom 20.12.2006 (Bl. 86 ff. d.A.) eingeholt, den Sachverständigen angehört und Zeugenbeweis durch Vernehmung des Ehemanns der Klägerin und der Ärzte Dr. F., Dr. T., Dr. I. und Dr. M. erhoben (Bl. 167 ff. d.A.).

Daraufhin hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Den für die Beklagte tätigen Ärzten falle kein Behandlungsfehler zur Last. Die Operation habe auch durch den in der Facharztausbildung befindlichen Arzt Dr. M. vorgenommen werden dürfen. Die Klägerin sei ferner vor der Operation ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Die Aufklärung habe sich auch auf die Möglichkeit einer Nerven- und Gefäßverletzung und die mögliche Folge fehlender Beschwerdefreiheit bezogen.

Der Eingriff sei schließlich nicht deswegen rechtswidrig gewesen, weil er anstatt durch den Zeugen Dr. F. durch die Zeugen Dr. M. und Dr. I. vorgenommen worden sei. Stehe lediglich die Frage in Streit, ob die Durchführung eines Eingriffs durch einen bestimmten Operateur zugesagt worden sei, liege wegen des beim totalen Krankenhausvertrag gegebenen Ausnahmecharakters die Beweislast beim Patienten. Diesen Beweis habe die Klägerin nicht geführt. Die Kammer neige im Gegenteil zu der Annahme, dass der Zeuge Dr. F. in dem mit der Klägerin geführten Vorgespräch zwar geäußert habe, die Operation selbst durchführen zu wollen, aber die Zusage mit dem Vorbehalt versehen habe, dass sich aus den Umständen eine andere Gestaltung ergeben könne. Allerdings habe der Zeuge E. angeben, dass der Zeuge Dr. F. eine feste Zusage erteilt habe. Der Zeuge E. habe das maßgebliche Gespräch jedoch auf einen Zeitpunkt nach der stationären Aufnahme der Klägerin am 18.10.2001 datiert, während der Zeuge Dr. F. - gestützt auf eine plausible Erinnerungsbrücke - angegeben habe, er habe die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesehen. Der Zeuge E. habe sich daher wohl hinsichtlich des Gesprächs nach der Aufnahme seiner Ehefrau an ein anderes Gespräch als eines vom 18.10.2001 erinnert.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie auf einen vermeintlichen Behandlungsfehler, eine unzureichende Qualifikation des Arztes Dr. M. und den Gesichtspunkt eines von ihrer Einwilligung nicht abgedeckten, eigenmächtigen Eingriffs stützt. Sie habe unstreitig den Wunsch geäußert, dass der Oberarzt Dr. F., zu dem sie ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt habe, die Operation zur Materialentfernung selbst durchführen solle. Habe der Patient die Bitte geäußert, dass ein bestimmter Operateur tätig werden solle, dürfe kein anderer Operateur tätig werden. Die Zusage von Dr. F. habe die vom Landgericht angenommene Einschränkung nicht beinhaltet. In dessen schriftlicher Darstellung vom 10.11.2004 stehe nichts von einem Vorbehalt. Selbst wenn die Einschränkung von Dr. F. tatsächlich gemacht worden sein sollte, habe dem Gespräch nicht die Einwilligung der Klägerin entnommen werden können, dass sie für den Fall einer Verhinderung von Dr. F. damit einverstanden gewesen sei, dass ein anderer Operateur tätig werde. Der Eingriff hätte auf einen anderen Tag verschoben werden können.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.259,18 € nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen,

2. ihr ein angemessenes Schmerzensgeld nach dem Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch 30.000 € nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Zeuge Dr. F. habe lediglich in Aussicht gestellt, die Operation durchzuführen, wenn dies möglich sei. Das reiche nicht aus, um eine Verpflichtung anzunehmen, dass ausschließlich der gewünschte Arzt auch tätig werde. Im Zusammenhang mit der Aufklärung vom 18.10.2001 habe die Klägerin zudem ohne jeden Vorbehalt in die Operation eingewilligt. Die tatsächlich die Operation durchführenden Ärzte hätten nicht wissen können, dass angeblich mit Dr. F. eine andere Verabredung getroffen worden sei. Ein Organisationsverschulden der Beklagten liege nicht vor.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist überwiegend begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß §§ 847 Abs. 1 BGB a.F., 823 Abs. 1 BGB die Zahlung eines Schmerzensgeldbetrags von 30.000 € verlangen. Der geltend gemachte Erwerbsschaden ist der Klägerin in Höhe von 26.994,00 € zu ersetzen. Ein weitergehender Ersatzanspruch besteht nicht. Zu dem rechtswidrigen, nicht von der Einwilligung der Klägerin gedeckten Eingriff vom 19.10.2001 ist es infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten gekommen. Ob den behandelnden Ärzten darüber hinaus schadensursächliche Fehler unterlaufen sind, kann dahinstehen.

1. Die von den Ärzten Dr. M. und Dr. I. am 19.10.2001 vorgenommene Operation, die der Entfernung des Materials aus dem linken Knie der Klägerin diente, war von der Einwilligung der Klägerin, die auf einen Eingriff durch Dr. F. als Operateur beschränkt war, nicht gedeckt und daher rechtswidrig.

Ist die Einwilligung eines Patienten dahin beschränkt, dass ein bestimmter Arzt den Eingriff vornimmt, darf ein anderer Arzt den Eingriff nur nach entsprechender Mitteilung an den Patienten und dessen Einwilligung vornehmen (vgl. Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht 3. Aufl. Rdn 187; OLG Celle VersR 1982, 46; OLG Düsseldorf VersR 1985, 1049; OLG Köln VersR 1997, 115; OLG Hamburg MDR 1998, 906). Für die Auslegung einer Einwilligung, die ein jederzeit widerruflicher Realakt ist, gelten die Auslegungsregeln für Willenserklärungen entsprechend (Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht 10. Aufl. Rdn 416 m.w.Nachw.).

Dass die unbedingte Zusage einer Operation durch den Arzt Dr. F. - wie das Landgericht nach Beweisaufnahme zutreffend angenommen hat - nicht vorlag, bedeutet nicht notwendig, dass eine Beschränkung der Einwilligung der Klägerin nicht in Betracht kommt. Auch wer keinen Anspruch auf Behandlung durch einen bestimmten Arzt hat, kann anderen Ärzten in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts einen Eingriff in seine Gesundheit verbieten. Eine solche Beschränkung kann ausdrücklich erklärt werden oder sich aus der entsprechend §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht der Behandlungsseite aus den Umständen ergeben. Der Patient muss sich dann gegebenenfalls damit abfinden, unbehandelt zu bleiben.

Nach diesen Maßstäben ist selbst nach dem Sachvortrag der Beklagten und der inhaltsgleichen Aussage des Zeugen Dr. F., die sich die Klägerin in der Berufungsbegründung zu eigen macht, eine wirksame Einwilligung der Klägerin in eine Operation durch die Ärzte Dr. M. und Dr. I. zu verneinen. Danach hat Dr. F. auf die Bitte der Klägerin in einem Vorgespräch erklärt, dass er die Operation, sofern möglich, selbst durchführen werde (Bl. 28, 33, 170 f. d.A.). Die Klägerin hat sich daraufhin zwecks Durchführung der Operation in das Klinikum der Beklagten begeben, ohne dass bis zu der Operation weitere Absprachen erfolgten. Die Frage, wer operiert, ist insbesondere während des Aufklärungsgesprächs, das die Ärztin Dr. T. mit der Klägerin geführt hat, nicht angesprochen oder erörtert worden.

Aus objektiver Sicht der behandelnden Ärzte, die den erforderlichen Informationsfluss zu gewährleisten hatten, war das Verhalten der Klägerin dahin zu verstehen, dass sie das Krankenhaus nur deshalb aufsuchte, weil nach der - wenn auch unverbindlichen - Erklärung von Dr. F. grundsätzlich eine Operation durch diesen zu erwarten war, während die Klägerin sich für den Fall seiner Verhinderung oder der Einteilung eines anderen Operateurs eine endgültige Entscheidung vorbehielt. Wer eine - verbindliche oder aber auch unverbindliche - Absprache über die Person des Operateurs trifft, legt regelmäßig besonderen Wert darauf, dass der von ihm ausgewählte und jedenfalls grundsätzlich zum Eingriff bereite Arzt tatsächlich tätig wird. Mit der ihm zuvor nicht offenbarten Durchführung der Operation durch einen anderen Arzt wird er angesichts der Bedeutung und der nicht unerheblichen Risiken eines gesundheitlichen Eingriffs dagegen in aller Regel nicht einverstanden sein. Dass es sich im vorliegenden Fall anders verhielt, ist weder dargetan noch erkennbar. Vielmehr bestand zwischen der Klägerin und Dr. F., der die drei Voroperationen im Jahr 2001 durchgeführt hatte, sogar, wie Dr. F. vor dem Landgericht erklärt hat (Bl. 170 d.A.), eine besondere persönliche Beziehung, die ihn zur Abgabe der unverbindlichen Zusage veranlasst hatte. Unerheblich ist, dass die Frage des Operateurs nicht Gegenstand des Aufklärungsgesprächs war und die Klägerin ihren Wunsch, durch Dr. F. operiert zu werden, in diesem nicht erneut erwähnte. Wurden keine neuen Abreden getroffen, so galten die bisherigen Absprachen - auch aus Sicht der Beklagten - fort.

Keinesfalls konnten die behandelnden Ärzte, sofern der gebotene Informationsfluss erfolgte, annehmen, dass die Klägerin vorab und unter Verzicht auf jegliche Unterrichtung in eine nicht aus sachlichen Gründen gebotene Durchführung der Operation durch andere Ärzte einwilligt hatte. Gerade zu einem solchen Geschehensablauf ist es im Streitfall jedoch gekommen. Bei der Operationsplanung für den 19.10.2001 hat man überhaupt nicht erwogen, die Operation der Klägerin durch Dr. F. ausführen zu lassen. Diesem war es nach seiner Zeugenaussage am 18.10.2001 gar nicht klar, dass die Patientin E., die auf dem Operationsplan stand, die Klägerin war. Er hat vielmehr erst am Morgen des 19.10.2001, als er die Klägerin im Operationssaal sah, von dem unmittelbar bevorstehendem Eingriff erfahren.

Dass es bei Vornahme eines Eingriffs durch Dr. F. ebenfalls zu einer Verletzung des Nervus peronaeus gekommen wäre, kann die Beklagte nicht beweisen. Es ist nicht auszuschließen, dass Dr. F. das Auftreten der Komplikation aufgrund seiner beruflichen Erfahrung vermieden hätte.

2. Zu der rechtswidrigen Operation vom 19.10.2001 ist es infolge eines Organisationsverschuldens der Beklagten gekommen.

Es ist anerkannt, dass bei der Zusammenarbeit von Ärzten auf der Ebene der Gleichordnung, etwa der Zusammenarbeit der einzelnen Fachabteilungen desselben Krankenhauses, für jeden Beteiligten eine Pflicht zur Koordination und insbesondere zur Gewährleistung des für die Arbeit des jeweils anderen notwendigen Informationsflusses besteht (vgl. Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht 3. Aufl. Rdn 91 m.w.Nachw.). Vor diesem Hintergrund hatte das beklagte Klinikum durch organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass Absprachen über die Person des Operateurs dokumentiert wurden und auf diese Weise allen mit der Behandlung des Patienten befassten Ärzten, insbesondere solchen die als Operateur in Betracht kamen, bekannt werden konnten und mussten. Diese organisatorischen Maßstäbe galten auch für unverbindliche, unter den Vorbehalt des Möglichen gestellte Absprachen, die dem Patienten zwar keinen Anspruch auf das Tätigwerden eines bestimmten Arztes einräumten, in denen aber gleichwohl ein ganz wesentliches und beachtenswertes Anliegen des Patienten zum Ausdruck kam. Die vorstehenden Anforderungen lassen sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch in großen Krankenanstalten erfüllen. Ein unzumutbarer oder nicht zu gewährleistender Verwaltungsaufwand wird durch das Erfordernis einer Dokumentation nicht begründet. So kommt etwa ein Vermerk in den Behandlungsunterlagen an hervorgehobener Stelle in Betracht.

Dass die Organisation der Beklagten den vorstehenden Anforderungen genügt, hat sie, auch nachdem der Gesichtspunkt im Senatstermin erörtert worden ist, nicht geltend gemacht.

3. Der Senat hält einen Schmerzensgeldbetrag von 30.000 € zum Ausgleich der von der Klägerin erlittenen immateriellen Schäden für erforderlich und ausreichend. Der Eingriff vom 19.10.2001 hat, wie aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. (vgl. Bl. 100 bis 102, 168 d.A.) hervorgeht und die Beklagte nicht in Abrede stellt, eine komplette Parese des Nervus peronaeus verursacht, was bei vorbestehenden Beschwerden im linken Kniegelenk vor allem zu einer Instabilität des Knies und zu einer Fußheberschwäche geführt oder zumindest beigetragen hat (vgl. Bl. 95 d.A.). Normales Stehen und Gehen sind der Klägerin seit der Verletzung des Nerven unstreitig nicht mehr möglich. Der Senat hat sich bei der Bemessung des Schmerzensgeldes insbesondere an den Urteilen des Oberlandesgerichts Hamm vom 17.3.1997 (vgl. Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld 3. Aufl. E 621) und vom 24.10.2001 (VersR 2003, 1132) orientiert, die ebenfalls eine Peronaeusparese betreffen.

Der Klägerin ist ein Erwerbsschaden von 26.994,00 € entstanden. Der Senat geht nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge davon aus, dass die Klägerin, die nach ihren Angaben seit März 2001 ohne Beschäftigung war, ohne die durch die Operation vom 19.10.2001 erlittene Verletzung des Nervus peronaeus zum 1.1.2002 wieder eine der zuletzt ausgeübten Arbeitstätigkeit gleichwertige Beschäftigung hätte aufnehmen können. Dass die Klägerin wegen der vorbestehenden Beschwerden am linken Knie, die zu den Operationen ab August 2000 geführt hatten, oder wegen der angespannten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt ohnehin beschäftigungslos geblieben wäre, hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Für die Zeit vom 1.1.2002 bis 31.10.2004 berechnet sich der zuerkannte Betrag ausgehend von den unstreitigen Angaben der Klägerin wie folgt:

 entgangenes Nettoeinkommen Ersatzleistungen Summe
2002 15.338,76 € 7.606,00 € 7.732,76 €
2003 15.338,76 € 4.539,82 € 10.798,94 €
2004 12.782,30 € 4.320,00 € 8.462,30 €
Summe  26.994,00 €

4. Die Beklagte hat die zuerkannten Beträge gemäß § 288 Abs. 1 BGB seit dem 11.11.2004 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere hat die Frage, ob die Beklagte ein Organisationverschulden trifft, keine grundsätzliche Bedeutung. Sie lässt sich unter Zugrundelegung allgemein anerkannter Grundsätze und Maßstäbe beantworten.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 2.7.2008 und 9.7.2008 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

Berufungsstreitwert: 69.259,18 €

Ende der Entscheidung

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