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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.09.2008
Aktenzeichen: 5 U 51/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 529
ZPO § 538 Abs. 2
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 06.02.2008 - 25 O 179/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe:

Die im April 1959 geborene Klägerin, die entsprechend ihrem damaligen phänotypischen Erscheinungsbild als Junge aufwuchs, begab sich ab Ende des Jahres 1976 in die Medizinische Klinik des Krankenhauses N. zur Behandlung. Zuvor war im Zusammenhang mit einer im Krankenhaus L. durchgeführte Operation ein Kryptorchismus diagnostiziert worden. Bei der anschließenden klinischen Untersuchung waren jedoch weder im Hodensack noch in der Leistengegend Hoden tastbar. Auch bei der operativen Exploration fanden sich rechts weder Samenstrang noch Hoden, statt dessen ein ovarförmiges Gebilde mit Fimbrien. Auf der linken Seite des Unterbauchs wurde der gleiche Tastbefund erhoben. Die histologische Untersuchung einer Probeentnahme ergab Tube, Ovar und Nebenhoden bzw. ein Kanälchensystem, das einem Nebenhoden entspreche. Nebenbefundlich erfolgte die Diagnose einer Hypospadie. Der Klägerin wurde daraufhin der Befund der Eierstöcke mitgeteilt mit der Einschätzung, dass sie "zu 60 %" eine Frau sei. Eine im Krankenhaus N. im Dezember 1976 erstellte Chromosomenanalyse ergab indessen eine normal weibliche Chromosomenkonstitution (46,XX). Davon erfuhr die Klägerin nichts. Nach weiterer Behandlung und Betreuung in der Medizinischen Klinik des Krankenhauses N. und nachdem die Klägerin, die durch die Befunde stark verunsichert war und sich mit Suizidgedanken trug, wieder weitgehend psychisch stabilisiert war und sich für eine operative Anpassung an ihr phänotypisch männliches Erscheinungsbild entschieden hatte, erfolgte am 12.08.1977 durch den Beklagten, der Facharzt für Urologie und Chirurgie ist und seinerzeit leitender Oberarzt der Chirurgischen Abteilung im Krankenhaus N. war, im Beisein des Oberarztes der Medizinischen Klinik Dr. I. der laparaskopische Eingriff zur laut Anästhesieprotokoll "Testovarektomie". Ausweislich der histologischen Untersuchung des entfernten Gewebes wurde ein 6 x 3 x 2 cm großer rudimentärer atrophischer Uterus mit einem flachen Endometrium, regelrechtem Myometrium und spärlichen Anteilen eines Portioepitels, Ovarialgewebe mit zystischen Follikeln, Primär- und Sekundärfollikeln sowie einzelnen Corpora albicantia entfernt. Männliches Keimdrüsengewebe in Form eines Testovars konnte nicht nachgewiesen werden.

Das Landgericht hat die im Jahre 2007 erhobene Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 100.000 € für den nach Auffassung der Klägerin nicht indizierten und mangels Einwilligung rechtwidrigen Eingriff dem Grunde nach stattgegeben, weil der Beklagte die Klägerin mangels wirksamer Einwilligung rechtswidrig in vorsätzlicher und schuldhafter Weise durch die Entnahme der weiblichen Geschlechtsorgane in ihrer Gesundheit verletzt habe.

Mit Verfügung vom 02.07.2008 hat der Senat den Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, seine gegen das landgerichtliche Urteil gerichtete Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt:

"Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsvorbringen nötigt nicht zu weiterer Sachaufklärung oder ergänzender Beweiserhebung.

a) Nach den Angaben in der Behandlungsdokumentation der Medizinischen Klinik über die der Klägerin zuteil gewordene Aufklärung bedarf es keiner näheren Erörterung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in ganz erheblichem Maße verletzt worden ist. Damit fehlte es an einer wirksamen Einwilligung der Klägerin in die Operation, so dass sie ohne Zweifel rechtswidrig war.

Das führt jedoch noch nicht ohne weiteres zu einer Haftung des Beklagten. Im Ansatz weist der Beklagte nämlich zu Recht darauf hin, dass er sich als letztlich nur für die Durchführung der Operation hinzugezogener Chirurg auf die Indikation und auch eine ausreichende und ordnungsgemäße Aufklärung seitens der überweisenden Ärzte, die die Operation erbeten hatten, verlassen darf (vgl. nur Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Auflage, 2006, Rn. 236; Geiss/Greiner, Arzthaftungsrecht, 5. Auflage, 2006, Rn. 128, jeweils m.w.N.). Er ist lediglich für die Aufklärung über die seinen Eingriff unmittelbar betreffenden spezifischen Risiken verantwortlich. Dazu hat die Klägerin indes nichts gerügt.

Für eine Haftung des Beklagten kommt es daher nicht darauf an, ob der Klägerin alle Umstände des Falles, wie es zur Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts erforderlich gewesen wäre, mitgeteilt worden waren. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte gewusst hatte oder hätte wissen müssen, dass die Klägerin nach der Chromosomenanalyse vom Genotyp her weiblich war und dass dies der Klägerin nicht mitgeteilt worden war, ergeben sich weder aus den Krankenunterlagen noch kann die Klägerin dies beweisen.

Für eine Pflicht des Beklagten, sich selbst im Vorfeld der Operation noch zu vergewissern, dass eine hinreichende Aufklärung vorlag (vgl. Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 3. Auflage, Rn. 196), ist im konkreten Fall in Anbetracht der durchaus sorgfältigen und intensiven Behandlung der Klägerin in der Medizinischen Klinik nichts ersichtlich. Es spricht nichts dafür, dass er sich "ohne näheren Anhalt" auf die Erfüllung der Aufklärungspflicht verlassen hätte (vgl. dazu BGH NJW 1980, 633).

b) Der Grundsatz, dass der Arzt sich im Rahmen der horizontalen Arbeitsteilung auf die Indikation und ordnungsgemäße Aufklärung des zuweisenden Arztes verlassen darf, findet jedoch dort seine Grenze, wo gewichtige Bedenken gegen das diagnostische oder therapeutische Vorgehen des überweisenden Arztes bestehen. Anhaltspunkten für Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Behandlung und Aufklärung hat demnach auch der hinzugezogene Arzt nachzugehen. Denn liegen solche Zweifel vor, bleibt kein Raum für ein etwaiges Vertrauen. Er beteiligt sich dann schuldhaft an einem rechtswidrigen Eingriff.

Die hier entscheidende Frage ist demzufolge, ob intraoperativ Umstände aufgetreten waren, die dem Beklagten Anlass geben mussten, an der Richtigkeit der Indikation und/oder an einer ordnungsgemäßen Aufklärung der Klägerin zu zweifeln. Derartige Umstände waren vorliegend gegeben.

Nach den Ausführungen des bei der Operation anwesenden Internisten Dr. I. vom 14.08.1977 zeigte sich intraoperativ eine "normale weibliche Anatomie mit präpuberalem Uterus normal großen Ovarien ...". Ob dieser Befund im Detail dem späteren pathologischen Befund entsprach, kann dahin stehen. Denn jedenfalls zeigte sich ein erheblich anderes Bild als nach den Vorbefunden erwartet worden war. Auch ein "Testovar", weswegen die Operation nach dem Anästhesiebericht durchgeführt wurde und das der Beklagte entfernen sollte, wurde nicht gefunden (vgl. den pathologischen Bericht vom 16.08.1977). Dabei kommt es auf eine genaue Definition wiederum nicht entscheidend an. Der Beklagte selbst behauptet nicht, dass das, was sich intraoperativ darstellte, als "Testovar" hätte angesehen werden können und als solches entfernt worden wäre. Zudem war ihm im Zusammenhang mit der konsiliarischen Untersuchung vom Dezember 1976 bekannt, dass histologisch Ovarialgewebe und Nebenhoden gefunden worden waren. Es musste auch ihm also klar sein, dass das Vorgefundene sich essentiell von dem unterschied, zumindest über das hinausging, worauf offenbar die Indikation gründete. Für eine zwischenzeitliche Änderung der Indikation spricht nichts, dafür, dass es dabei geblieben ist, vielmehr die Bezeichnung der Operation als "Testovarektomie". Die Unterschiede liegen indes aufgrund des von Dr. I. dokumentierten intraoperativen Befunds auf der Hand und bedürfen keiner weiteren sachverständigen Aufklärung. Von der Richtigkeit der Ausführungen Dr. I.'s ist ebenfalls auszugehen. Dabei wird nicht verkannt, dass die Klägerin die Beweislast für das Vorliegen eines anderen bzw. weitergehenden Befundes trägt. Für die Richtigkeit des Befundes sprechen aber bereits die Feststellungen des Dr. I. nach seinem unmittelbaren Eindruck bei der Operation und offenbar darauf und auf dem pathologischen Bericht beruhend die mehrfachen Angaben in den Behandlungsunterlagen der Medizinischen Klinik, nach denen der Klägerin bei der Operation ein "normales inneres weibliches Genitale" (vgl. etwa den Arztbrief von Dr. Winkelmann vom 29.06.1978) entfernt worden sei. Hier gilt der - in diesem Fall zugunsten der Klägerin anwendbare - Grundsatz, dass einer ordnungsgemäßen und ersichtlich nicht fehlerhaften Dokumentation Glauben zu schenken ist. Außerdem hat der Beklagte selbst vorgetragen, dass "der intraoperative Befund aus Sicht des Zeugen Dr. I. am 14.08.1977 im Verlaufsbogen niedergelegt" wurde und es sich dabei "um das übliche Vorgehen im Falle des Hinzutretens zu einer Operation im benachbarten Fachgebiet" handele (vgl. den Schriftsatz des Beklagten vom 09.01.2008, Bl. 54, 57 GA). In Abrede gestellt hat er die Richtigkeit der Feststellungen Dr. I's aus dessen Sicht mithin nicht. Diese sich aus den Behandlungsunterlagen der Medizinischen Klinik ergebenden Indizien, die ohne Zweifel für einen anderen als den erwarteten Befund sprechen, reichen nach der Einschätzung des Senats für eine Beweisführung gemäß § 286 ZPO aus. Ob sich aus dem Operationsbericht etwas anderes ergibt, kann nicht mehr festgestellt werden. Weder für noch gegen den Beklagten lässt sich deshalb daraus etwas herleiten. Ausgehend somit allein von den Feststellungen in den Behandlungsunterlagen der Medizinischen Klinik, die der Klägerin die Beweisführung durch die sich daraus ergebenden Indizien ermöglichen, wäre es jedoch die Sache des Beklagten diese Indizien zu entkräften. Dazu hat der Beklagte indessen nicht ausreichend vorgetragen. Soweit er den intraoperativen Befund im Hinblick auf die Vorbefunde in Zweifel zieht, ergibt sich aus den späteren Feststellungen in den Behandlungsunterlagen der Medizinischen Klinik mit Deutlichkeit, dass sich diese Vorbefunde so eben nicht bestätigten. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, dass sich ihm als Urologen und Chirurgen, der sich einen solchen Eingriff zutraute und dem damit die anatomischen Verhältnisse der jeweiligen Geschlechter vertraut sein mussten, bei der Operation nicht ein wesentlich anderes, im Wesentlichen pathologisch bestätigtes Bild gezeigt haben sollte als das, was die Vorbefunde auswiesen.

c) Musste der Beklagte demzufolge ebenso wie Dr. I. erkennen, dass der intraoperative Befund sich essentiell anders darstellte als angenommen, musste er auch Zweifel daran haben, dass die von der Klägerin erteilte Einwilligung in die Operation die Entfernung sämtlicher und ausschließlich vorhandener weiblicher Genitalien deckte. Insoweit entlastet ihn auch nicht sein Einwand, er habe im Ganzen nur auf Anweisung und nach Vorgabe der Internisten gehandelt. Denn betroffen ist die Rechtmäßigkeit der von ihm durchgeführten Operation. Ihm kann nach den Grundsätzen der horizontalen Arbeitsteilung der Einwand der Rechtswidrigkeit nicht entgegengehalten werden, wenn er auf eine ordnungsgemäße Aufklärung vertrauen durfte. Ist dieses Vertrauen - wie hier durch den intraoperativen Befund - erschüttert, trägt er - wie auch sonst - die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seines Eingriffes. Daher spielt auch allein die Anwesenheit des Internisten Dr. I. bei der Operation sowie der Umstand, dass dieser nicht den Abbruch der Operation veranlasste, keine Rolle. Dafür, dass der Beklagte sich etwa bei Dr. I. vergewissert hätte, dass die Einwilligung der Klägerin auch den - weitergehenden - Eingriff deckte, ist nichts ersichtlich, wird vom Beklagten auch nicht vorgetragen.

d) Schließlich bedarf es zur Ermittlung des berufsfachlichen Sorgfaltsmaßstabs und zur Klärung der Frage, wer der behandelnden Ärzte worüber aufklärungspflichtig war, nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Denn es geht weder darum, welcher Behandler aufklärungspflichtig war, noch um die Frage eines Behandlungsfehlers, sondern um die Frage, ob der Beklagte schuldhaft gehandelt hat. Dafür ist maßgeblich, ob er an der Indikation und einer ordnungsgemäßen Aufklärung Zweifel haben musste und sich daher auf ein ordnungsgemäßes Vorgehen der überweisenden Internisten nicht (mehr) verlassen konnte. Das sind rechtliche Wertungsfragen, die der Senat aufgrund der hier festgestellten Tatsachen selbst und ohne sachverständige Hilfe entscheiden kann.

e) Letztlich greift auch die mit der Berufung aufrecht erhaltene Einrede der Verjährung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die insoweit verwiesen wird, nicht durch."

Die Stellungnahme des Beklagten vom 15.08.2008 zu diesem Hinweis gibt zu einer abweichenden und ihm günstigeren Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung. Sie gibt insbesondere keine Veranlassung zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht oder zu einer weitergehenden Aufklärung durch den Senat.

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht liegen nicht vor. Die Anwendung der Grundsätze der horizontalen Arbeitsteilung im Arzthaftungsrecht ist eine Frage der materiellen Rechtsanwendung. Ihr Unterlassen ist kein Verfahrensmangel, wie ihn die Vorschrift des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Aufhebung und Zurückverweisung erfordert. Die übrigen Gründe des § 538 Abs. 2 ZPO für eine Aufhebung und Zurückverweisung sind ebenfalls nicht gegeben.

In der Sache ist der Senat weiterhin aufgrund der vorliegenden Indizien gemäß § 286 ZPO davon überzeugt, dass sich der bei der Operation vorgefundene Befund derart von dem unterschied, was durch die Operation entfernt werden sollte, dass der Beklagte Anlass hatte, in haftungsrechtlich relevanter Weise an einer ordnungsgemäßen Aufklärung durch die behandelnden Internisten zu zweifeln. Mit seinen gegen die entsprechenden Ausführungen in der Hinweisverfügung gerichteten Einwänden setzt der Beklagte lediglich seine eigene Würdigung der vorhandenen Indizien an die Stelle des erkennenden Gerichts. Damit sind jedoch Fehler in der Wertung des Senats nicht aufgezeigt. Der Senat hat nicht verkannt, sondern in der Hinweisverfügung ausdrücklich herausgestellt, dass die in dem Vermerk vom 14.08.1977 niedergelegten Feststellungen Dr. I's seinem unmittelbaren Eindruck bei der Operation entsprachen. Dass dieser Eindruck zunächst nur subjektiv sein kann, liegt auf der Hand. Dieser dokumentierte subjektive Eindruck ist von dem Beklagten indes nicht in Abrede gestellt worden, so dass keine Veranlassung besteht Dr. I. zu seiner schriftlich niedergelegten Einschätzung zu vernehmen. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auch nicht darauf an, ob Dr. I. die chirurgische Situation entsprechend dem Facharztstandard eines Chirurgen einzuschätzen vermochte. Denn seine Einschätzung ist objektiviert worden durch den histologischen Befund, der im Wesentlichen mit der Einschätzung Dr. I's übereinstimmte. Wie in der Hinweisverfügung ausgeführt, liegt es unter diesen Umständen an dem Beklagten darzulegen, dass sich die Situation nach dem Facharztstandard eines Chirurgen gleichwohl anders darstellte. Entgegen der Meinung des Beklagten führt das nicht systemwidrig zu einer Umkehr der Beweislast, sondern entspricht allgemeinen zivilprozessualen Beweisregeln, nach denen es dem Beweisgegner obliegt, Indizien, die wie hier den logischen Rückschluss auf eine zu beweisende Tatsache zulassen, zu entkräften. Das ist dem Beklagten jedoch auch mit seinen weiteren Einwänden nicht gelungen. Unerheblich ist hierzu der Hinweis auf die Dokumentation des vorbehandelnden Krankenhauses L.. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass sich durch die histologische Untersuchung des am 12.08.1977 entnommenen Gewebes gerade gezeigt hatte, dass der im Krankenhaus L. festgestellte Befund, so wie er seinerzeit anhand die Probenentnahme erstellt worden war, nicht richtig und unvollständig war. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Bauchraum der Klägerin im Krankenhaus in L. nicht vollständig geöffnet worden war, sondern nur die rechte Bauchhöhle, wo ein ovarförmiges Gebilde mit Fimbrien gefunden und gleichermaßen links ertastet wurde; der Uterus ist dabei ganz offensichtlich nicht gesehen oder übersehen worden. Im Übrigen hat der Beklagte an keiner Stelle behauptet, dass sich das intraoperative Bild, so wie es sich ihm darbot, dem entsprochen haben soll, was durch die behandelnden Ärzte in L. beschrieben worden war. Der Beklagte selbst vermag sich nunmehr daran zu erinnern, dass sich ihm Ansätze von verkümmerten Organen darstellten. Wie in der Hinweisverfügung ausgeführt, kann freilich davon ausgegangen werden, dass diese Organe sich bei bekannten Ovarien und Tuben und mit einem immerhin 6 cm langen Uterus auch dem Beklagten nach dem Facharztstandard eines Chirurgen, ebenso wie dem Internisten Dr. I., als weibliche darstellten. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob sich dem Beklagten vollständige "unversehrte" weibliche Geschlechtsorgane zeigten. Entscheidend ist, dass jedenfalls mehr an weiblichen Geschlechtsorganen vorhanden war als angenommen, nämlich alle, dagegen wider Erwarten keine Anzeichen für männliche Geschlechtsorgane, für ein Testovar vorlagen. Keine Rolle spielt weiter, dass der vorgefundene Uterus "rudimentär athrophisch" war. Dass dieser "verkümmerte" Uterus für den Beklagten, anders als für Dr. I., nicht mehr als solcher erkennbar gewesen wäre, hat der Beklagte nicht behauptet so dass es einer weiteren Aufklärung dieses Befundes durch Sachverständigengutachten nicht bedarf.

Es bleibt schließlich dabei, dass der Beklagte in Anbetracht der intraoperativ vorgefundenen Situation gewichtige Zweifel an einer ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin haben musste, so dass der Einwand der Rechtswidrigkeit des Eingriffs mangels ordnungsgemäßer Aufklärung auch gegenüber ihm als Operateur durchgreift. Der Beklagte sollte eine "Testovarektomie" durchführen, d.h. ein Testovar entfernen. Statt eines Testovars zeigten sind indessen komplette weibliche Geschlechtsorgane. Ob gleichwohl die Indikation zur Operation bestand oder der Beklagte davon ausgehen durfte, berührt nicht die Frage, ob die Klägerin insoweit ordnungsgemäß aufgeklärt war. Das war nicht der Fall und davon konnte auch der Beklagte unter Berücksichtigung der ihm bekannten Vorbefunde nicht ausgehen. Die Ausführungen des Beklagten in der Stellungnahme vom 15.08.2008 betreffen im Übrigen die Frage einer hypothetischen Einwilligung. Dafür spricht aber nichts, zumal wenn, wie der Beklagte selbst anführt, präoperativ sowohl eine männliche als auch eine weibliche Anpassung in Betracht gezogen worden war.

Die Berufung des Beklagten war nach alledem gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung nicht erfordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Berufungsstreitwert: 100.000 €

Ende der Entscheidung

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