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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.10.2002
Aktenzeichen: 5 U 9/02
Rechtsgebiete: VVG, BGB


Vorschriften:

VVG § 159
BGB § 242
BGB § 305 a. F.
BGB § 311 Abs. 1 n. F.
BGB § 781
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 9/02

Anlage zum Protokoll vom 30. Oktober 2002

Verkündet am 30. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.09.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Rosenberger, den Richter am Oberlandesgericht Mangen und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schmitz-Pakebusch

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 12.06.2002 wird aufrechterhalten.

Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war bzw. ist neben drei weiteren Personen Gesellschafter der I. Vermögensverwaltungs-GbR und an dieser zu 25 % beteiligt. Die GbR schloss bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Wirkung ab 01.12.1998 und einer Laufzeit bis 01.12.2000 ab. Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag einschließlich des Rechts auf Wahl der Kapitalabfindung hat die GbR mit Vereinbarung vom 26.11.1998 sicherungshalber an die E. B. 24 AG abgetreten.

Mit Schreiben vom 09.01.2000, auf dessen Text Bezug genommen wird, bat die GbR die Beklagte um Mitteilung der Auszahlungsbeträge zum 01.12.2000 für Kapitalabfindung einerseits und monatliche Verrentung andererseits. Mit Schreiben vom 31.01.2000 beantwortete die Beklagte die Anfrage der GbR dahingehend, die Kapitalabfindung betrage 10.212.603,20 DM, die Gewinnanteile 804.186,43 DM. Abzüglich Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag verblieben 10.608.364,73 DM.

Unter dem 18.04.2000 beantragte die GbR sodann die Auszahlung zum 01.12.2000 durch Kapitalabfindung. Dieses Schreiben enthielt die Zustimmung der Zessionarin. Die Beklagte zahlte an die GbR am 01.12.2000 einen Betrag von 10.429.781,89 DM aus. Mit Schreiben vom selben Tage teilte sie der GbR mit, ihr sei in ihrem Schreiben vom 31.01.2000 ein Abrechnungsfehler unterlaufen, den sie der Zessionarin am 02.11.2000 mitgeteilt habe. Mit Schreiben ebenfalls vom 01.12.2000 forderte die GbR die Beklagte zur Zahlung der Kapitalabfindung in Höhe der in dem ersten Schreiben der Beklagten genannten Betrages auf. Durch Beschluss der GbR vom 22.12.2000 wurden die Ansprüche gegen die Beklagte zu jeweils 25 % an die vier Gesellschafter, also u.a. auch den Kläger, abgetreten. Dieser forderte daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2001 auf, an ihn 1/4 der noch ausstehenden Beträge entsprechend dem ersten Auskunftsschreiben zu zahlen. Unter dem 30.05.2001 hat die Zessionarin die Ansprüche an die GbR, "ergänzend an die Gesellschafter ... nach Anteilen zu je 1/4" zurückabgetreten. Durch Beschluss vom 11.06.2001 hat die GbR die Ansprüche erneut an ihre Gesellschafter zu je 25 % abgetreten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Schreiben der Beklagten vom 31.01.2000 beinhalte eine verbindliche Zusage und hat vor diesem Hintergrund beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60.574,44 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage bereits wegen fehlender Rückabtretung durch die Zessionarin für unbegründet erachtet und außerdem die Ansicht vertreten, ihr Schreiben vom 31.01.2000 beinhalte keine verbindliche Leistungszusage.

Durch Urteil vom 12.12.2001, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe bezüglich der Kapitalabfindung und der Gewinnanteile mit ihrem Schreiben an die GbR vom 31.01.2000 ein Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 780, 781 BGB abgegeben.

Gegen dieses ihr am 18.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.01.2002 Berufung eingelegt und diese am 18.03.2002 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tag, begründet. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verfolgt mit ihrer Berufung das Ziel der Klageabweisung; zur Begründung macht sie ferner geltend, es liege vorliegend allenfalls ein widerrufliches und auch kondizierbares Anerkenntnis ohne Rechtsbindungswillen vor.

Die Beklagte hat beantragt,

das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.

Demgegenüber vertritt der Kläger die Ansicht, es liege ein nichtkondizierbares Schuldanerkenntnis vor; außerdem werde die Richtigkeit der der Auszahlung zugrundeliegenden Berechnung bestritten.

Nachdem im Termin vor dem Senat vom 12.06.2002 der schriftsätzlich angekündigte Antrag des Klägers auf Zurückweisung der Berufung nicht verlesen worden ist, hat der Senat antragsgemäß durch Versäumnisurteil vom 12.06.2002 auf die Berufung hin die Klage abgewiesen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Er beantragt,

das Versäumnisurteil vom 12.06.2002 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Im Rahmen der Einspruchsbegründung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen sowie seinen Berufungsvortrag; er vertritt nach wie vor die Ansicht, es bestehe ein Anspruch aus Schuldanerkenntnis. Jedenfalls stehe ihm auch ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen Erteilung einer falschen Auskunft zu. Wegen der Schadensberechnung wird auf die Einspruchsbegründung verwiesen.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Vielmehr war das Versäumnisurteil des Senats aufrechtzuerhalten. Die Klage des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten die wegen der von dieser über die Höhe der Kapitalabfindung erteilten Auskunft vom 31. Januar 2000 geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Entgegen der Ansicht des Klägers und auch des Landgerichts beinhaltet das Schreiben der Beklagten vom 31.01.2000 kein abstraktes Schuldversprechen. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne von §§ 780, 781 BGB würde voraussetzen, dass die mit ihm übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, d. h. von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen gelöst und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen des Schuldners gestellt werden sollte, wobei sich die Vertragspartner über diese selbständige Natur des Versprechens einig sein müssen (siehe u.a. BGH NJW 1999/574). Im vorliegenden Falle würde dies bedeuten, dass die Beklagte durch ihr Schreiben vom 31.01.2000 eine von ihrer Verpflichtung zur Leistung einer bestimmten, nach Ablauf der Versicherung fällig werdenden Versicherungssumme losgelöste neue Verbindlichkeit begründen wollte, die sich allein auf ihren Leistungswillen gründen sollte. Von einer dahingehenden Intention der Beklagten kann nach Maßgabe ihres vorgenannten Schreibens nicht ausgegangen werden. Für die Beklagte bestand zu einer solchen losgelösten Verpflichtungserklärung keine Veranlassung. Die I. Vermögensverwaltungsgesellschaft hatte ausweislich ihres Schreibens vom 09.01.2000 unter Bezugnahme auf den konkreten Rentenversicherungsvertrag nach dessen Stand bei Fälligkeitstermin angefragt. Nur hierauf bezog sich demzufolge die nachfolgende Erklärung der Beklagten. Mit ihrer auf diese Anfrage bezogenen Antwort wollte die Beklagte entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht etwa einen neuen Vertrag schließen, dies auch nicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die I. um Mitteilung der "verbindlichen Beträge" gebeten hatte. Soweit diese Bitte um Erteilung einer verbindlichen Auskunft seitens der Beklagten unrichtig beantwortet worden ist, könnten sich hieraus allenfalls Schadensersatzansprüche wegen Erteilung einer unrichtigen Auskunft herleiten lassen, die aber vorliegend, wie nachstehend auszuführen sein wird, auch nicht zuzuerkennen sind.

Auch ein kausales Schuldanerkenntnis im Sinne eines Schuldbestätigungsvertrages ist vorliegend zu verneinen. Ein vertragliches kausales Schuldanerkenntnis würde voraussetzen, dass die Parteien mit der Regelung das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollten. Ein Streit über die Leistungspflicht der Beklagten oder aber die Höhe der zu zahlenden Versicherungsleistung bestand jedoch nicht; vorliegend kann auch nicht von einer Ungewissheit der Parteien in Bezug auf die Auszahlungssumme ausgegangen werden. Eine solche Ungewissheit könnte allenfalls auf Seiten der I. Gesellschaft bestanden haben und in deren Schreiben vom 09.01.2000 zum Ausdruck gekommen sein. Die daraufhin erfolgte Mitteilung der Beklagten vom 31.01.2000 lässt jedoch auch vor dem Hintergrund der genannten Anfrage keinen Rechtsbindungswillen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses erkennen. Dagegen spricht bereits der neutral gehaltene Text: "Zum 01.12.2000 wird folgende Leistung fällig". Hiergegen spricht ferner auch, dass in der nachfolgenden Aufstellung neben der Kapitalabfindung und den Gewinnanteilen auch Abzüge für Kapitalertragssteuer sowie Solidaritätszuschlag aufgeführt sind, die sich gänzlich jeglicher Disposition und auch abschließender Berechenbarkeit seitens des Versicherers entziehen. Da sie aber Einfluss auf den letztlich sich ergebenden Auszahlungsbetrag der Kapitalabfindung haben, ergibt sich schon hieraus, dass die Beklagte mit dieser Mitteilung nicht etwa im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses eine eigene Rechtsbindung erzielen oder aber eine Unsicherheit oder Unklarheit beseitigen wollte. Im übrigen wäre selbst bei Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses die Beklagte diesem gegenüber nur mit den Einwendungen ausgeschlossen, die sie bei dessen Abgabe kannte oder mit denen sie rechnete. Die Erwägung, dass die Beklagte in jedem Fall mit der Möglichkeit eines Berechnungsfehlers rechnete, ist jedoch unrealistisch, so dass ihr schon deshalb die Berufung auf einen solchen Rechen- bzw. Kalkulationsfehler gegenüber dem deklaratorischen Anerkenntnis nicht zu versagen wäre.

Auch mit einem Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Auskunftserteilung, den der Kläger in der Berufungsinstanz erstmals hilfsweise geltend macht, vermag der Kläger nicht durchzudringen. Die in diesem Vorbringen liegende Klageänderung in Form einer Klageerweiterung ist weder sachdienlich noch durch eine entsprechende Einwilligung der Beklagten legitimiert und damit unzulässig, §§ 523 a.F., 263 ZPO. Die Beklagte hat ausdrücklich klargestellt, dass sie einer solchen Klageänderung widerspricht. Der Klageänderung fehlt auch die Sachdienlichkeit, weil sie insbesondere im Rahmen des dem Kläger angeblich entstandenen Schadens gänzlich neuen Sachvortrag bringt, der eine umfassende weitergehende Sachaufklärung erforderlich machen würde.

Soweit der Kläger nunmehr hilfsweise - ohne allerdings insoweit förmlich Anschlussberufung eingelegt zu haben - einen Anspruch auf Zahlung von 20.170,76 DM geltendmacht, weil die Beklagte die voraussichtlichen Überschussanteile im Jahr 1998 mit 642.582,00 DM beziffert hat, verkennt der Kläger, dass eine solche Summe weder garantiert, noch auch sonst als sicher in Aussicht gestellt worden ist. Soweit der Kläger behauptet, nach der Rechtsprechung sei "anerkannt", dass innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nicht von einer Senkung der Überschussanteile auszugehen sei, ist dieser Vortrag mangels entsprechender Rechtsprechungszitate nicht nachvollziehbar; eine dahingehende Rechtsprechung ist dem Senat auch nicht bekannt.

Soweit der Kläger ferner die Richtigkeit der den Auszahlungsbeträgen zugrundeliegenden Berechnung der Beklagten bestreitet, greift dieses Vorbringen mangels Erheblichkeit bzw. ausreichender Substantiierung nicht durch. Die Beklagte hat insbesondere im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 03.06.2002 hierzu und insbesondere auch zur Berechnung der Überschussanteile detailliert und nachvollziehbar vorgetragen. Das Vorbringen des Klägers in dessen Einspruchsbegründung beinhaltet keine substantiierten Angriffe gegen die Richtigkeit der dahingehenden Ausführungen der Beklagten. Insbesondere lässt es keine konkreten Angriffe gegen die Berechnung der Beklagten erkennen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang moniert, in dem Beitragsbogen vom 16.11.1998, der dem Vertragsabschluss zugrundegelegen habe, seien Überschussanteile in Höhe von voraussichtlich 642.582,00 DM bezeichnet, so handelt es sich hierbei - wie auch der Kläger ausweislich seiner eigenen Terminologie nicht verkennt - eindeutig um eine auf die Zukunft bezogene Schätzung, nicht aber um eine verbindliche Fixierung der zum Auszahlungszeitpunkt anstehenden Überschussanteile. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger angeführten Erklärung der Beklagten vom 24.11.1998, wonach nicht beabsichtigt sei, die Überschussanteile für 1999 zu senken; auch insoweit handelt es sich eindeutig um eine Absichtserklärung, nicht aber um eine verbindliche Fixierung für den Auszahlungszeitpunkt.

Nach allem hat es bei der Abweisung der Klage zu verbleiben. Die Entscheidung hinsichtlich der weiteren Kosten beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Gründe, die eine Revisionszulassung rechtfertigen würden, liegen nicht vor (§ 543 II ZPO).

Ende der Entscheidung

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