Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 5 U 99/02
Rechtsgebiete: DÜG, BGB


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 831 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 3) wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 15.05.2002 - 11 0 477/98 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Parteien wird gestattet, eine Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der unter einem apallischem Syndrom leidet, nimmt die Beklagten, (die Klage richtete sich - insoweit vom Landgericht rechtskräftig abgewiesen - zunächst auch noch gegen den als Chefarzt der orthopädischen Abteilung im Kreiskrankenhaus N. tätigen Prof. Dr. T. als weiteren behandelnden Arzt) wegen angeblich fehlerhafter Behandlung im Zeitraum Dezember 1994/Januar 1995 auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch.

Der Kläger - Jahrgang 1963 - verdrehte sich am 07.12.1994 beim Absteigen von einem landwirtschaftlichen Fahrzeug das linke Knie. Er begab sich in das Krankenhaus der Beklagten zu 1), wo er zunächst vom ursprünglichen Beklagten zu 2) (Prof. Dr. T.) untersucht wurde, der verschiedene Befunde erhob und u.a. den Verdacht auf eine bösartige Geschwulst äußerte. Ab dem 20. Dezember 1994 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung. Im Rahmen der dort durchgeführten Untersuchungen konnte ein bösartiger Tumor ausgeschlossen werden, stattdessen wurde eine gutartige Zyste befundet, die nach ursprünglichem Vorhaben am 24.01.1995 operiert werden sollte. Im Hinblick darauf wurde der Kläger zunächst am 28.12.1994 aus der stationären Behandlung entlassen mit der Maßgabe, das linke Knie lediglich mit 6 - 8 kg zu belasten und Krankengymnastik zu betreiben. Unstreitig wurde er auch angewiesen, sich zu Hause Heparin subcutan zu spritzen. Zu Umfang, Bedeutung und Anweisungen zu dieser Eigentherapie tragen die Parteien unterschiedlich vor. Wegen zunehmender Schmerzsymptomatik im linken Bein begab sich der Kläger am Abend des 31. Dezember 1994 gegen 18.00 Uhr erneut in die Klinik der Beklagten zu 1. und wurde zunächst in der orthopädischen Station vom Beklagten zu 3) behandelt. Dieser äußerte den Verdacht auf eine Beinvenen-Thrombose, verabreichte dem Kläger eine Bolusinjektion von 5000 Einheiten und verordnete die Gabe von weiteren 24.000 Einheiten Heparin pro 24 Stunden. Am 02.01.1995 wurde morgens der Thromboseverdacht verifiziert und der Kläger auf die Intensivstation verlegt, wo eine Lysebehandlung durchgeführt wurde. Am Morgen des 03.01.1995, erlitt der Kläger bei der Defäkation eine massive Lungenembolie. Die sofort eingeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen waren nach 10 Minuten erfolgreich, jedoch erlitt er schwere Hirnschäden, aufgrund derer ein apallisches Syndrom manifest wurde. Beim Kläger wurde ein offenes Foramen ovale des Herzens festgestellt. Er lebt heute in einem Pflegeheim.

Er hat behauptet, schon die ursprüngliche diagnostische Abklärung seitens des früheren Beklagten zu 2) sei in die falsche Richtung gegangen; dieser habe nicht zunächst nach einem - nicht naheliegenden - bösartigen Tumor suchen dürfen, sondern gleich in Richtung auf eine wahrscheinlichere Zyste diagnostizieren müssen. Er hätte auch bei der Entlassung am 28.12.1994 nicht mobilisiert werden dürfen, das Knie habe auf gar keinen Fall belastet werden dürfen. Vor der Entlassung sei auch keine ausreichende Thromboseprophylaxe erfolgt. Auch im Hinblick darauf, dass er vor der Entlassung am 28.12.1994 unter Fieber gelitten habe, hätte man ihn nicht entlassen dürfen. Er sei vor der Entlassung nur zum 1x-täglichen Spritzen von 7.500 Einheiten des Medikamentes zur Thromboseprohylaxe angehalten worden. Eine umfassende Aufklärung über die Notwendigkeit der Thromboseprophylaxe (Calciparin) sei nicht erfolgt. Auch habe es an der notwendigen sachgerechten Anleitung zur Krankengymnastik gefehlt. Bei richtiger Behandlung wäre es nicht zur Ausbildung einer Oberschenkelvenenthrombose gekommen, die wiederum ursächlich für die Lungenembolie geworden sei.

Des weiteren sei auch die Behandlung ab dem 31.12.1994 fehlerhaft gewesen. Man hätte ihn unverzüglich auf die Intensivstation verlegen müssen. Die Gabe von 24.000 Einheiten Heparin sei zu gering gewesen. Auch hätten die Beklagten grob fehlerhaft unterlassen, die Gerinnungsparameter regelmäßig zu kontrollieren und ggfls. die erforderliche Heparindosis zu erhöhen. Wegen des Unterlassens habe die Heparindosis im subtherapeutischen Bereich gelegen. Bei richtiger Einstellung wäre die Lungenembolie vermieden worden.

Im Hinblick auf das vermeintliche mannigfache Fehlverhalten der Beklagten hat der Kläger ein Schmerzensgeld von 400.000,00 DM begehrt sowie ferner Ersatz materiellen Schadens in Form von Verdienstausfall. Hierzu hat er vorgetragen, er habe in Verhandlungen über eine Tätigkeit als Agraringenieur gestanden, welche Ausbildung er seinerzeit gerade abgeschlossen gehabt hatte; dabei hätte er im Erfolgsfall in 1995 monatlich 5.651,70 DM brutto verdient mit kontinuierlichen Gehaltserhöhungen in den nachfolgenden Jahren.

Außerdem hat der Kläger Ersatz entstandener Pflegekosten, soweit diese nicht anderweitig getragen worden sind, sowie sonstigen schadensbedingten Mehraufwand begehrt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld aus der Behandlung vom Dezember 1994/Januar 1995 zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 400.000,00 DM, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Zinssatz nach § 1 DÜG, mindestens jedoch 8 % seit 1. September 1995.

2. die Beklagten weiter zu verurteilen, als Ersatz für materielle Schäden in der Vergangenheit bis zum 31.12.2000 an ihn den Betrag von 502.114,82 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Zinssatz nach § 1 DÜG, mindestens jedoch 8 % seit dem 01.09.1995 entsprechend den monatlich gestaffelten, jeweils anfallenden Beträgen zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle künftigen immateriellen und materiellen Schäden, letztere für Vergangenheit und Zukunft, soweit noch nicht spezifiziert, zu ersetzen, die ihm infolge der Behandlung vom Dezember 1994/Januar 1995 in der Vergangenheit entstanden sind bzw. in der Zukunft noch entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben Behandlungsfehler jeglicher Art in Abrede gestellt und den Krankheitsverlauf beim Kläger als schicksalhaft qualifiziert. Die Thromboseprophylaxe sei ausreichend gewesen, und der Status des Klägers habe einer Entlassung zum 28.12.1994 in keiner Weise entgegen gestanden.

Die Thrombose sei dadurch verursacht worden, dass sich der Kläger entgegen den ihm gegebenen Anweisungen zu Hause nicht bewegt habe und nur einmal, statt zweimal täglich 7.500 Einheiten Heparin gespritzt habe. Bei der Wiederaufnahme am 31.12.1994 sei der Zustand des Klägers befriedigend und nicht besorgniserregend gewesen. Selbst wenn die Gabe von 24.000 Einheiten Heparin bei Wiederaufnahme eventuell zu gering gewesen sei, so habe man doch im Hinblick auf die Gefahr von Nachblutungen zum Aufnahmezeitpunkt nicht mehr verordnen dürfen, weshalb die Thromboseprophylaxe insgesamt nicht fehlerhaft gewesen sei. Auch sei im Hinblick auf die innerhalb von 24 Stunden durchgeführte Lysebehandlung eine eventuell zu geringe Dosierung der Heparingabe nicht erheblich gewesen.

Nach Einholung schriftlicher und mündlicher gutachterlicher Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. Dr. I. hat das Landgericht der Klage hinsichtlich der ursprünglich Beklagten zu 1) und 3) weitgehend stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, Behandlungsfehler lägen weder in einer unzureichenden Thromboseprophylaxe durch Gabe von lediglich einmal 7.500 Einheiten Calciparin am 20. Dezember 1994 und zweimal 7.500 Einheiten Calciparin täglich ab dem 21. Dezember 1994 noch auch in der anfänglichen Abklärung des möglichen Vorliegens eines bösartigen Tumors. Nach den Feststellungen des Sachverständigen habe beim Kläger nach dessen Vorgeschichte sowie der individuellen Besonderheiten lediglich ein mittleres Thromboserisiko vorgelegen, weshalb die genannte Dosis als adäquat zu qualifizieren sei. Auch sei der Kläger nicht von Anfang an wegen der später erkannten Zyste zu behandeln gewesen, sondern es habe zuvor der Abklärung des Verdachtbefundes "bösartiger Knochentumor" bedurft. Die erforderliche Therapieentscheidung habe erst nach Vorliegen des feingeweblichen Befundes getroffen werden können. Auch in der am 28.12.1994 erfolgten Entlassung und Mobilisierung des Klägers sei nach den Feststellungen des Sachverständigen kein Behandlungsfehler zu sehen. Gerade unter Berücksichtigung der ausdrücklich eingeschränkten Belastung, der Unterarmstützen sowie der notwendigen Thromboseprophylaxe sei die Mobilisation indiziert gewesen und korrekt ausgeführt worden. Auch die Körpertemperatur des Klägers habe der Entlassung nicht entgegen gestanden, denn die Verlaufsnotizen hätten außer der als regelhaft zu qualifizierenden Schwellungen im Operationsgebiet keine Anzeichen einer Venenthrombose zu diesem Zeitpunkt erkennen lassen. Ferner habe die Krankengymnastik und Anordnung weiterer Thromboseprophylaxe in eigener Regie des Klägers ausgereicht, wohingegen die lediglich einmalige tägliche Gabe von 7.500 Einheiten Calciparin wie vom Kläger tatsächlich zu Hause durchgeführt, insoweit zur Prophylaxe nicht ausgereicht habe. Auch sei es nicht fehlerhaft gewesen, den Kläger am 31.12.1994 nicht umgehend auf die Intensivstation zu verlegen. Die notwendige Behandlung habe nämlich auch außerhalb der Intensivstation erfolgen können. Die anfängliche Gabe von 24.000 Einheiten Heparin sei adäquat gewesen, wie der Sachverständige ebenfalls dargelegt habe. Der haftungsbegründende Behandlungsfehler der Beklagten zu 1) und 3) liege jedoch darin, dass nach Wiederaufnahme des Klägers nur eine unzureichende Kontrolle der Blutgerinnungsparameter nach der Verabreichung von Heparin am 31.12.1994 erfolgt sei. Tatsächlich hätten im Verlauf von jeweils jedenfalls 6 Stunden die Gerinnungsparameter kontrolliert werden müssen, um die Dosierung bedarfsgerecht anzupassen, was vorliegend bis zum 2.01.1995 nicht geschehen sei. Dieser Behandlungsfehler sei auch kausal für das Auftreten einer Lungenembolie und damit für den späteren Hirnschaden und das hierauf beruhende apallische Syndrom. Zwar habe der Sachverständige den weiteren Verlauf bis hin zur Lungenembolie als schicksalhaft bezeichnet, die Kammer gehe jedoch aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen von einem groben Behandlungsfehler des Beklagten zu 3) aus mit der Folge, dass zu Lasten der Beklagten ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehler und dem eingetretenen Primärschaden vermutet werde. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei eine Kausalität jedenfalls zu Lasten der dann beweisbelasteten Beklagten nicht auszuschließen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten mit dem Ziel umfassender Klageabweisung.

Sie rügen fehlerhafte Tatsachenfeststellung und fehlerhafte Rechtsanwendung. Sie machen geltend, das Landgericht habe sich fehlsam über die Feststellung des erstinstanzlichen Sachverständigen hinweggesetzt, der eine Kausalität zwischen dem einzigen festzustellenden Fehler und dem beim Kläger eingetretenen Schaden, also der Lungenembolie mit nachfolgendem apallischen Syndrom, eindeutig verneint habe. Der Sachverständige habe vielmehr ausdrücklich klargestellt, der tragische Verlauf beim Kläger müsse als schicksalhaft bezeichnet werden und beruhe in erster Linie auf dem beim Kläger als anatomischer Besonderheit bestehenden Foramen ovale. Über diese Feststellungen des Sachverständigen habe das Landgericht nicht hinweggehen dürfen. Außerdem habe das Landgericht ohne dahingehenden rechtlichen Hinweis zu Unrecht angenommen, die Beklagte zu 1) hafte nicht nur aus Vertrag, sondern auch deliktisch; tatsächlich könne sich die Beklagte zu 1) in Bezug auf die Tätigkeit des Beklagten zu 3) im Sinne von § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten, worauf das Landgericht die Beklagte hätte hinweisen müssen. Auch habe das Landgericht zu Unrecht Verschulden des Beklagten zu 3) angenommen; dieser sei seinerzeit als Assistenzarzt tätig gewesen und habe Bereitschaftsdienst gehabt; der tatsächlich verantwortliche Arzt sei aber Dr. E., der Streitverkündete, gewesen, der auch die Visite am 1.01.1995 durchgeführt und sich dabei auch intensiv mit dem Fall des Klägers befasst habe. Der Beklagte zu 3) habe den Streitverkündeten unmittelbar nach stationärer Aufnahme des Klägers am 31.12.1994 über den Fall des Klägers, die Verdachtsdiagnose (Thrombose) informiert, woraufhin Dr. E. den Beklagten zu 3) detaillierte Behandlungsanweisungen gegeben habe, die dieser dann auch ausgeführt habe. Auch insoweit habe es angesichts des offenkundig fehlenden Verschuldens des Beklagten zu 3) eines rechtlichen Hinweises des Gerichts bedurft, um eine Vervollständigung des Sachvortrages der Beklagten zu veranlassen.

Die Beklagten bestreiten auch die Höhe der geltend gemachten Schäden insbesondere des Verdienstausfalles und vertreten in erster Linie die Ansicht, schon ein Behandlungsfehler, insbesondere ein solcher durch fehlsame Unterlassung einer Kontrolle der Gerinnungsparameter nach Heparingabe sei zu verneinen; schon gar nicht könne von einem groben Behandlungsfehler ausgegangen werden und selbst im Bejahungsfalle scheide jedenfalls eine haftungsbegründende Kausalität aus.

Die Beklagten beantragen,

1. das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15.05.2002 - 11 0 477/98 - abzuändern und die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Aachen aufzuheben und die Sache zur anderweitiger Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Aachen zurückzuweisen,

3. äußerst hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen, ihm für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung zu gestatten, diese auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbringen zu dürfen.

Der Kläger tritt dem Vorbringen der Beklagten in allen Punkten entgegen und legt insbesondere dar, dass die unterlassene Kontrolle der Gerinnungsparameter ein grober Behandlungsfehler gewesen sei, der auch ursächlich für den weiteren fatalen Verlauf gewesen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.11.2002 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Orthopäden Dr. G. vom 19.03.2003 sowie ferner gemäß Beweisbeschluss vom 13.05.2003/11.07.2003 durch Einholung eines hämostaseologischen Gutachtens der Frau Prof. Dr. L. vom 14.03.2004. Die Sachverständige Prof. Dr. L. ist ferner vor dem Senat gemäß Protokoll vom 3.11.2004 mündlich angehört worden.

Wegen des beiderseitigen Parteivorbringens im übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Der Kläger hat nicht bewiesen, dass den Behandlern im Zuge des ersten stationären Aufenthalts in der Klinik der Beklagten zu 1. bis zum 28. Dezember 1994 schadensursächliche Fehler unterlaufen sind.

a)

Das Landgericht hat, durch Prof. Dr. I. sachverständig beraten, in Bezug auf das diagnostische Vorgehen des Beklagten zu 2., die stationär vorgenommene Thromboseprohylaxe und die Entscheidung, den Kläger aus stationärer Behandlung zu entlassen, keine Behandlungsfehler festgestellt. Der Senat schließt sich dem nach Überprüfung an. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht, weil der Kläger insoweit keine Angriffe gegen die Richtigkeit der Feststellungen führt.

b)

Der Kläger macht zu Unrecht geltend, die ihm zur häuslichen Thromboseprophylaxe erteilten Anweisungen seien unzureichend gewesen.

Soweit er mit Schriftsatz vom 24.11.2004 behauptet, er sei fehlerhaft nicht auf die notwendige körperliche Bewegung zur Thromboseprophylaxe hingewiesen worden, steht dies bereits im Gegensatz zu seinem eigenen erstinstanzlichen Vorbringen, in dessen Rahmen er u.a. gerade aus der Anweisung zur Mobilisierung einen Behandlungsfehler hergeleitet hat, welchen das Landgericht vor dem Hintergrund sachverständiger Beratung zu Recht verneint hat. Darüber hinaus ist auch die Schadensursächlichkeit eines etwaigen Unterlassens nicht ersichtlich. Die Zeugin F. hat glaubhaft bekundet, der Kläger sei im Hause herum gelaufen und habe sich "alle 4 Stunden mit dem Jagdhund bewegt".

Seine weitere Behauptung, ihm sei bei seiner Entlassung am 28.12.1994 erklärt worden, er müsse täglich nur eine Injektion von 7.500 Einheiten Heparin setzen, ist nicht bewiesen, sie steht im Gegensatz zu den schriftlichen Behandlungsunterlagen, in denen die Gabe von 2 x 7.500 Einheiten sc (=subcutan) Heparin täglich dokumentiert ist und ist sogar widerlegt durch das Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme. Im übrigen trägt der Kläger die Beweislast weil der Vorwurf unterlassener Anweisungen für therapierichtiges Verhalten dem Bereich des Behandlungsfehlers betrifft. Auf die Dokumentationsproblematik braucht angesichts der nachstehenden Beweiswürdigung nicht eingegangen zu werden. Bei ihrer Vernehmung haben nämlich die Zeugen H., J., Prof. Dr. T. und C. teils auf der Grundlage noch vorhandener aktueller Erinnerung, teils auf der Grundlage einer Auffrischung ihres Gedächtnisses anhand der Krankenakte und auch nach Maßgabe ihrer allgemein gehandhabten beruflichen Praxis übereinstimmend und in einer den Senat überzeugenden Weise bekundet, dass es im Haus der Beklagten zu 1) üblich gewesen sei und auch immer so gehandhabt worden sei, thrombosegefährdeten Patienten für die Zeit nach ihrer stationärer Entlassung die gleiche Dosierung des Heparins zur Thromboseprophylaxe aufzugeben, wie sie zuvor auch anlässlich der stationären Behandlung verabreicht worden sei. Die Dosierung habe sich nach dem jeweiligen einzelnen Fall gerichtet. Wenn sie im Falle des Klägers im Rahmen der stationären Behandlung mit 2 x täglich 7.500 Einheiten Heparin praktiziert worden sei, so bedeute dies, dass dem Patienten auch für die Zeit nach seiner stationären Entlassung, soweit noch Thrombosegefahr - wie beim Kläger - bestanden habe, aufgegeben worden sei. Die Zeugen haben darüber hinaus glaubhaft bekundet, dass der Kläger - wie im übrigen auch alle vergleichbaren Patienten - sowohl im Rahmen des Entlassungsgespräches mit dem zuständigen Arzt als auch zusätzlich durch das Pflegepersonal zum einen eindringlich auf die Notwendigkeit einer Thromboseprophylaxe nach der Entlassung und damit auf die Dringlichkeit des Spritzens von Heparin hingewiesen worden sei und dass er darüber hinaus auch konkret angewiesen worden sei, wie dieses Spritzen von Heparin subcutan faktisch durchgeführt werden müsse. Die Aussagen der Zeugen sind in sich stimmig, stehen miteinander in Einklang, ohne dass irgendwelche Anhaltspunkte für eine einvernehmliche Absprache der Zeugen erkennbar sind und stehen im übrigen auch im Einklang mit der schriftlichen Behandlungsdokumentation. Da - unstreitig - während der stationären Behandlung zweimal täglich 7.500 Einheiten Heparin verabreicht worden sind, spricht schlechterdings nichts dafür, dass man den Kläger als Patienten bei seiner Entlassung nur zum einmal täglichen Spritzen von Heparin angewiesen hat. Hierfür spricht, dass sämtliche Zeugen bekundet haben, dass die Anweisungen zur Heparinprophylaxe zu Umfang und Menge bezogen auf die Zeit nach der Entlassung sich mit der Dosierung während der stationären Behandlung immer gedeckt hätten. Es ist nicht erkennbar, weshalb im Falle des Klägers anders verfahren worden sein sollte. Die Zeugen haben auch glaubhaft erklärt, den Kläger auch auf die Notwendigkeit der weitergehenden Thromboseprophylaxe nachdrücklich hingewiesen zu haben. Hierfür spricht auch der Umstand, dass er nicht nur zur medikamentösen Prophylaxe angehalten worden ist, sondern auch dazu, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten möglichst regelmäßig zu bewegen als weitere Maßnahme zur Thromboseprophylaxe. Dass im Hause der Beklagten gerade ganz gezielt eine hohe Sensibilisierung in Richtung auf Thromboseprohylaxe bestand, hat insbesondere die Zeugin C. anschaulich geschildert, und auch der Zeuge Prof. Dr. T. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf eine seinerzeit im Hause der Beklagten zu 1) laufende Studie gerade dem Thema Thromboseprohylaxe verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet worden ist. Vor diesem Hintergrund spricht alles für die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen, dass der Kläger vor seiner Entlassung aus stationärer Behandlung eingehend und mit der gebotenen Dringlichkeit zum einen auf die Notwendigkeit der medikamentösen Thromboseprohylaxe hingewiesen worden ist und zum anderen auch, dass ihm auch die insoweit angezeigte Dosierung von zweimal täglich 7.500 Einheiten Heparin mit der gebotenen Deutlichkeit vermittelt worden ist. Die Aussage der Zeugin S. F. bietet keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen der anderen Zeugen. Die Zeugin F. hat nämlich ausdrücklich erklärt, dies im Gegensatz zum prozessualen Vorbringen des Klägers, dass sie anlässlich der Entlassung ihres Sohnes aus stationärer Behandlung überhaupt nicht mit Ärzten gesprochen hat und sich auch im übrigen auf den Standpunkt gestellt hat, ihr Sohn sei ein erwachsener Mann und sei selbst für Gespräche mit Ärzten und die Befolgung von erteilten Anweisungen verantwortlich, auf welchem Standpunkt im übrigen auch der Kläger seinerzeit gestanden habe. Mangels Teilnahme der Zeugin an Gesprächen ihres Sohnes mit den Ärzten bzw. dem Pflegepersonal anlässlich seiner Entlassung aus stationärer Behandlung konnte die Zeugin konsequenterweise zu möglichen Hinweisen zur Thromboseprophylaxe oder aber deren Versäumung nichts aussagen.

Soweit der Kläger schließlich die mangelnde Verordnung von Kompressionsstrümpfen rügt, hat der Sachverständige Prof. Dr. I. dies nicht beanstandet. Etwas anderes ist auch der Begutachtung seitens Prof. Dr. L. nicht zu entnehmen. Letztlich braucht der Senat dem auch nicht weiter nachzugehen, denn es ist nicht dargetan, dass das Unterlassen zum Entstehen der Thrombose geführt hat. Von einem zur Beweislastumkehr führenden groben Fehler, den der Kläger auch gar nicht behauptet, kann angesichts der Mobilität des Klägers und der verordneten medikamentösen Thromboseprophylaxe ersichtlich nicht die Rede sein.

2.

Die Beklagten zu 1. und 3. haften auch nicht wegen der Behandlung des Klägers nach Wiederaufnahme am 31. Dezember 1994 bis zum Eintritt der Lungenembolie am 3. Januar 1995.

a)

Die vom Beklagten zu 3. gestellte Verdachtsdiagnose einer tiefen Beinvenenthrombose war korrekt, sie ist später bestätigt worden.

b)

Die von ihm eingeleitete Therapie mit einer Bolusinjektion von 5000 Einheiten Heparin und anschließender Zuführung von 24000 Einheiten/pro 24 Std. ist von den Sachverständigen Prof. I., Dr. G. und Prof. L. als adäquat bezeichnet worden. Danach hat der Beklagte zu 3. unter Einsatz der von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnisse und Erfahrungen im konkreten Fall eine vertretbare therapeutische Maßnahme getroffen, so dass ihn nicht der Vorwurf fehlerhaften Verhaltens trifft (vgl. zur rechtlichen Einordnung BGH NJW 1987, 2291).

c)

Allerdings haben es die Behandler, wozu auch der Beklagte zu 3. gehörte, in der Folgezeit unterlassen, die Gerinnungsparameter zu kontrollieren. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. I. und Dr. G. als behandlungsfehlerhaft gewertet, was einleuchtet, dient doch die Kontrolle dazu, die Heparindosis bedarfsgerecht anzupassen, um die erstrebte Antikoagulation wirksam zu erhalten bzw. werden zu lassen. Die mangelnde Kontrolle hat indessen nicht zu dem Schaden geführt, auch wenn davon auszugehen ist, dass sich im Falle einer Kontrolle die Notwendigkeit einer Dosiserhöhung ergeben hätte, um eine 1,5 bis 2-fache Verlängerung der a PTT zu erreichen, die unter der initial gegebenen Dosis und deren Beibehaltung bis zum Einsetzen der Lyse etwa 36 Stunden später nicht erreicht war, wie alle Gutachter übereinstimmend festgestellt haben. Damit ist aber noch nicht die Schadensursächlichkeit bewiesen, denn es steht nicht fest, dass die Lungenembolie auf der mangelnden Dosiserhöhung beruht oder im Falle der Erhöhung vermieden worden wäre. Das verkennt auch der Kläger nicht, zumal keiner der in dieser Sache tätig gewordenen Gutachter derartiges vertreten hat.

Ob zugunsten des Klägers eine Kausalitätsvermutung streitet, weil sich das Unterlassen der Kontrolle als grobes Versagen darstellt, wie das Landgericht angenommen hat, kann offen bleiben, denn eine Umkehr der Beweislast findet nicht statt, wenn der haftungsbegründende Kausalzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. BGH NJW 04, 2011). Die Beweislastverlagerung ist nämlich ein Ausgleich dafür, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen durch den groben Fehler besonders verschoben worden ist, wodurch die Ursachenaufklärung besonders erschwert ist. Dieser Grund entfällt aber, wenn die Sachaufklärung im konkreten Fall zu dem Ergebnis geführt hat, dass der haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist. So liegt es hier.

Der Sachverständige Prof. Dr. I. hat in seinem Ergänzungsgutachten unter Auseinandersetzung mit der teilweise abweichenden Meinung des vom Kläger hinzugezogenen Privatgutachters Prof. Dr. A. dargelegt, die im Rahmen der durchgeführten systemischen Lysebehandlung stattgehabte Embolie sei ein von der unterbliebenen Kontrolle der Antikogulation unabhängiges Ereignis. Er hat dies nachvollziehbar damit begründet, erst 24 Stunden nach Beginn der systemischen Lyse-Therapie auf der internistischen Intensivstation sei es zu der massiven Lungenembolie gekommen, die dann aufgrund der beim Kläger vorliegenden Besonderheit eines Foramen ovale, d. h. einer Verbindung zwischen Körper- und Lungenkreislauf, zusätzlich zu der paradoxen cerebralen Embolie geführt habe. Dieser Verlauf stelle sich zweifach als schicksalhaft dar; zum einen sei innerhalb einer an sich erfolgreichen systemischen Lyse-Therapie eine Embolisation zu beachten, zum zweiten liege beim Patienten die angeborene und selten zu beobachtene Anomalie des offenen Foramen ovale vor, welche anatomische Variante erst den fatalen Verlauf möglich gemacht habe.

Damit übereinstimmend hat der Mitarabeiter von Prof. I., der OA Dr. K., den die Kammer, ohne das ein Widerspruch der Parteien protokolliert worden ist, als Sachverständigen mündlich angehört hat, dargelegt, auch bei wirksamer Antikoagulation durch Heparinisierung könnten Lungenembolien auftreten, sogar häufiger als bei einer Lysebehandlung. Er hat ferner darauf hingewiesen, dass die Folgen eines offenen Foramen ovale auch bei Fortsetzung der Heparinisierung hätten auftreten können und klargestellt, die beim Kläger aufgetretenen Folgen seien das Ergebnis der Lysebehandlung und hätten mit der zuvor erfolgten Heparinisierung, unbeschadet der Frage ihrer optimalen Einstellung, nichts zu tun. Er hat wiederholt ausgeführt, dass zwar die Durchführung der Heparinisierung nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt sei, dass also keine ausreichenden Kontrollen der Gerinnungsparameter erfolgt seien; dass es unter der Lysebehandlung zu einer Lungenembolie bzw. hier zusätzlich zu einer Embolie gekommen sei, habe damit aber nichts zu tun und sei eindeutig als schicksalhaft zu bezeichnen.

Dem hat sich der vom Senat beauftragte orthopädische Sachverständige Dr. G. angeschlossen. Er hat unter Bezugnahme auf das von den Beklagten vorgelegte Gutachten des Prof. Dr. M. dargelegt, das fehlerhafte Unterlassen der Kontrolle der Gerinnungsparameter habe den schicksalhaften Verlauf der Beinvenenthrombose mit nachfolgender Lungenembolie des Patienten nicht beeinflusst. Nachvollziehbar begründet hat der Sachverständige dies damit, die tiefe Beinvenenthrombose habe bereits am 31.12.1994 vorgelegen; das Ziel der Heparinisierung sei mithin nicht gewesen, eine Thrombusbildung zu verhindern; durch die Heparinisierung könne allenfalls das Wachstum des Thrombus eingeschränkt werden. Subtherapeutische PTT-Werte innerhalb der ersten 48 Stunden der Behandlung der tiefen Beinvenenthrombose würden kein erhöhtes klinisches Risiko im Vergleich zu Patienten mit PTT-Werten im angestrebten Bereich bringen; die unterbliebenen Blutgerinnungskontrollen hätten deshalb nicht zu einer veränderten Ausgangslage bis zur Einleitung der Lysebehandlung geführt.

Hiermit übereinstimmend hat auch die hämostaseologische Sachverständige Prof. Dr. L. bereits in ihrem schriftlichen Gutachten dargelegt, dass auch eine regelmäßige Kontrolle mit der Folge einer Erhöhung der Heparindosis auf das nachfolgende Krankheitsgeschehen keinen Einfluss gehabt hätte. Auch diese Sachverständige hat bereits in ihrem schriftlichen Gutachten die unglückliche Verkettung der Krankheitsabfolge durch das beim Kläger bestehende Foramen ovale verursacht angesehen und dies bei ihrer mündlichen Anhörung vor dem Senat weiter erläutert. Ihre gesamten Feststellungen insbesondere zur fehlenden Kausalität der unterlassenen Kontrolle der Blutgerinnungsparameter für den weiteren Krankheitsverlauf hat die Sachverständige bei ihrer Anhörung vor dem Senat eingehend und für den Senat in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend dahingehend erläutert, es sei schon zunächst zu unterscheiden zwischen einer Thromboseprophylaxe und einer Thrombosetherapie. Vorliegend sei es nach Wiederaufnahme des Klägers zur stationären Behandlung nur noch um die Thrombosetherapie gegangen. Insoweit hat die Sachverständige ausdrücklich darauf hingewiesen, die Thrombosetherapie nach einem chirurgischen Eingriff sei schwierig, weil der behandelnde Arzt berücksichtigen müsse, dass bei einer zu starken Gerinnungshemmung es zu Blutungen kommen könne, andererseits bei zu schwacher Gerinnungshemmung die Gefahr des Wachstums des Thrombus drohe. Vor diesem Hintergrund sei die Initialdosierung von 24.000 Einheiten Heparin pro 24 Stunden gut nachvollziehbar; selbst wenn sie, d. h. die laufende Heparintherapie suboptimal gewesen und nicht auf optimale Werte eingestellt worden sei, hätte dies auf das nachfolgende Krankheitsgeschehen aber keinen Einfluss gehabt. Bei einer Thrombosetherapie könne durch Heparinisierung nur ein langfristiger Effekt erzielt werden dergestalt, dass das Anwachsen des Thrombus verhindert werden solle; im vorliegenden Fall sei bis zur Einleitung der Lysebehandlung mit Sicherheit kein Thrombuswachstum eingetreten, wie sich aus diversen Vergleichsstudien ergebe mit der Folge, dass bei höherer Heparingabe sich die Ausgangslage bei Beginn der Lyse nicht etwa zu Gunsten des Klägers verbessert gehabt hätte. Wenn sich einmal ein Thrombus ausgebildet habe, sei es eine sehr langfristige Angelegenheit, bis Heparin einen Einfluss auf das Geschehen im Sinne einer Verkleinerung oder gar Auflösung des Thrombus nehme. Tatsächlich hätte eine Erhöhung der Heparingabe bis zur Lyse deren Erforderlichkeit nicht etwa vermeiden können; insbesondere hätte es infolge der Heparingabe kurzfristig nicht etwa zu einer Auflösung des Thrombus kommen können. Ein solcher Effekt hätte sich in keinem Fall eingestellt. Innerhalb des kurzen Zeitraums von 48 Stunden hätte sich auch bei höherer Heparingabe im übrigen auch keine Verringerung des Thrombuswachstums ergeben mit der Maßgabe, dass die Größenzunahme verhindert worden wäre. Ein solcher Erfolg könne nur langfristig über einen Zeitraum von mehreren Wochen hin erzielt werden, nicht aber in einem Zeitraum von wenigen Stunden. Auch die Gefahr der Ausschwemmung eines Blutgerinnsels mit den daraus resultierenden Folgen einer Embolie als Ergebnis der Lyse hätte nicht durch eine Erhöhung der Heparindosis in dem hier fraglichen Zeitraum verringert werden können; auch in diesem Punkt hätte sich an der Ausgangslage bei der Lysebehandlung nichts verändert. Insgesamt hätte man auch bei höherer Heparinisierung die Ausgangslage bei Beginn der Lysebehandlung nicht positiv beeinflussen können. Diese Feststellungen überzeugen den Senat in jeder Hinsicht. Die Darlegungen der Sachverständigen sind ersichtlich von profunder Sachkenntnis getragen und überzeugen den Senat, dies um so mehr, als sie in allen Punkten bestätigt werden durch die ebenfalls von qualifizierter Fachkenntnis getragenen Ausführungen des Privatgutachters und ärztlichen Hämostaseologen Prof. Dr. M.. Auch dieser hat in seinen beiden gutachterlichen Stellungnahmen eingehend dargelegt, dies in seiner ergänzenden Stellungnahme unter ausdrücklicher Bestätigung der Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. L., dass durch eine Erhöhung der Heparindosis keine Verbesserung der Ausgangslage bis zur Lyse möglich gewesen wäre und auch der weitere, allein schicksalhafte, Verlauf nicht hätte beeinflusst werden können. Die Kausalkette hat er insoweit in Übereinstimmung mit Frau Dr. L. dahingehend präzisiert, Ursache der Lungenembolie sei die durch die fibrinolytische Therapie ausgelöste Auflockerung des Blutgerinnsels im linken Bein gewesen. Im Rahmen der Lungenembolie sei es zu einem ausgedehnten Hirninfarkt gekommen, wobei Ursache des Hirninfarktes der Übertritt von Gerinnselmaterial aus dem rechten in den linken Herzvorhof über ein offenes Foramen ovale gewesen sei. Diese angeborene Abnormität sei nur durch geeignete technische Diagnostik wie z. B. eine transösophageale Echokardiographie zu erkennen, und es sei 1995 nicht klinische Routine gewesen, vor der Durchführung einer fibrinolytischen Therapie eine solche Untersuchung durchzuführen. Damit sei das Risiko einer sogenannten "paradoxen Embolie" mit Durchtritt von Gerinnselmaterial durch das offene Foramen ovale zwar bekannt, aber nicht zu beeinflussen gewesen. Ursächlich für die schwere Hirnschädigung des Klägers sei demzufolge das angeborene offene Foramen ovale, welches den Durchschritt von Gerinnselmaterial in hirnzuführende Gefäße ermöglicht habe und die durch dieses Gerinnselmaterial ausgelöste Durchblutungsstörung des Gehirns. Dieses Geschehen sei, und so sieht es auch die Sachverständige Prof. Dr. L. in Übereinstimmung mit allen weiteren Sachverständigen - wie dargelegt - auch durch eine regelmäßige Kontrolle der Gerinnungsparameter und hierauf fußender Erhöhung der Heparindosis in keiner Weise zu vermeiden gewesen.

Die vom Kläger vorgelegten Leitlinien (AWMF Nr. 037/002, Entwicklungsstufe 1) stehen dem nicht entgegen. Sie verhalten sich nicht über die Frage der hier in Rede stehenden Kausalität. Soweit der Kläger die Studie von Hull vorlegt, ist nicht nachvollziehbar, ob und inwieweit darin auf die konkret vorliegenden Umstände (Lyse-Therapie, offenes foramen ovale) Rücksicht genommen wird. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Sachverständigen Prof. L. bei laienhafter Betrachtung mit der Bezugnahme auf die Analyse von Hull aus dem Jahre 1997 möglicherweise ein Fehlzitat unterlaufen ist; gleichwohl hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen, diesen Punkt weiter aufzuklären. Prof. Dr. M., dessen Gutachten der Senat dieselbe Aufmerksamkeit zu schenken hat wie einem gerichtlich bestellten Gutachten (vgl. dazu BGH NJW 96, 1597), hat sich mit den verschiedenen Analysen von Hull ebenso auseinander gesetzt wie von anderen Wissenschaftlern (z.B. Anand). Er ist überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass gerade auch in Ansehung der Besonderheiten des Streitfalles die Unterdosierung keinen Ursachenbeitrag geliefert hat. Mag man einen solchen Beitrag nach mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundsätzen auch niemals gänzlich ausschließen können, so muss man nach allen vorliegenden Gutachten die positive Wahrscheinlichkeit als äußerst gering bezeichnen, so dass eine Beweislastumkehr ausscheidet.

Eine dem Kläger wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Erhebung medizinischer Befunde etwa zuzubilligende Beweiserleichterung (vgl. dazu BGH NJW 04, 2013; 99, 3408), führt im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis. Die danach anzustellenden Erwägungen zum Kausalitätsgegenbeweis entsprechen den vorstehenden Ausführungen.

Die Klage war deshalb auf die Berufung hin mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung; der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Berufungsstreitwert: 550.275,30 € (siehe Beschluss des Senats vom 2.09.2002)

Ende der Entscheidung

Zurück