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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.12.2000
Aktenzeichen: 6 U 118/00
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
UWG § 8 Abs. 5 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 118/00 12 O 6/00 LG Bonn

Anlage zum Protokoll vom 08.12.00

Verkündet am 08.12.00

Berghaus, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2000 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schwippert, Schütze und Pietsch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.04.2000 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 12 O 6/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die mit diesem Urteil für den Beklagten verbundene Beschwer beträgt 30.000,00 DM.

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Beklagten entsprechend dem Unterlassungsbegehren der Klägerin verboten, in Verbindung mit der Ankündung und / oder Durchführung eines Räumungsverkaufes wegen Geschäftsaufgabe Waren, die nicht zu dem von der Ankündung und der Anzeige des Räumungsverkaufs erfassten Warenbestand gehören, herbeizuschaffen und zum Verkauf zu stellen. Der gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in Verb. mit § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugten und aktivlegitimierten Klägerin ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zuzuerkennen, ohne dass es der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme bedurft hätte oder nunmehr der Durchführung einer Beweisaufnahme bedarf.

I.

Entgegen der mit der Berufung vorgebrachten Beanstandung des Beklagten ist der Unterlassungsanspruch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dabei trifft es zwar zu, dass die konkrete Verletzungshandlung nicht als Bestandteil des Unterlassungsantrags in diesen einbezogen ist, sondern lediglich abstrakt die Merkmale und Elemente des Verhaltens bezeichnet werden, dessen Unterlassung die Klägerin begehrt. Der Umstand, dass die konkrete Verletzungshandlung nicht in den Antrag integriert worden ist, liegt dabei maßgeblich in der Schwierigkeit begründet, das konkrete Verhalten des Beklagten in einer dass Charakteristische des geltend gemachten Verbotstatbestandes in wenigen Worten oder anhand bestimmter Unterlagen veranschaulichenden Weise zu umschreiben. Dies ist im Streitfall unschädlich, weil die im Antrag genannten abstrakten Merkmale in Verbindung mit der Begründung eines daraufhin ergehenden Unterlassungsausspruchs den Inhalt und die Reichweite des Verbotes und damit dessen Vollstreckungsmöglichkeiten hinreichend klar zu erkennen geben. Dabei erschöpft sich die Antragsformulierung auch nicht lediglich in der Wiederholung der Bestimmung des § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG, sondern weist mit der Angabe "...Waren, die nicht zu dem von der Ankündigung und der Anzeige erfassten Warenbestand gehören ..." über den bloßen Gesetzeswortlaut hinausreichende Formulierungen auf, die den hier in Rede stehenden Unterlassungstatbestand des Nachschiebens von Waren umschreiben.

II.

Das Unterlassungsbegehren ist begründet. Der Beklagte hat im Sinne der Verbotstatbestandes des § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG im Rahmen des von ihm aus Anlass der Geschäftsaufgabe durchgeführten Räumungsverkaufes unzulässig Waren "nachgeschoben".

Jeder Räumungsverkauf ist ein beschleunigter Verkauf vorhandener Warenvorräte zwecks Räumung. Hieraus folgt, dass jedes besondere Herbeischaffen von Ware, jedes künstliche Auffüllen des Lagers dem Sinn und Zweck eines solchen Verkaufs zuwider läuft. Im Räumungsverkauf darf daher nur verkauft werden, was angekündigt und angezeigt (§ 8 Abs. 3 UWG worden ist, so dass die nachträgliche Beifügung von Waren zu dem vorhandenen Vorrat oder die nachträgliche Auffüllung des Warenvorrats nach Maßgabe von § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG als unzulässiges Nachschieben von Waren verboten ist. Das angegriffene Verhalten des Beklagten stellt sich nach diesen Maßstäben als wettbewerbswidrig dar.

Dabei kann bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts auf Seiten des Beklagten ein dem Verbotstatbestand des § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG unterfallendes Nachschieben von Waren festgestellt werden.

Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts ist der Senat davon überzeugt, dass die am 21.10.1999 anlässlich der stichprobenweise durchgeführten Überprüfung der IHK im Geschäftslokal des Beklagten vorgefundenen Teppiche mit den Lagernummern 4839/41664 (laufende Nr. 292 laut Anlage K3), 5989/5911 (laufende Nr. 296 laut Anlage K3) und 4874/11247 (laufende Nr. 310 laut Anlage K3) nicht mit denjenigen identisch waren, die unter diesen Kennungen von der der IHK-Anzeige beigefügten Liste erfasst waren.

Allerdings ist diese Feststellung nicht schon allein wegen der Maßabweichungen gerechtfertigt. Denn die am 21.10.1999 im Geschäftslokal des Beklagten vorgefundenen Teppiche weichen mit nur 5 cm, 4 cm und 8cm - und dies zudem nur auf jeweils eine Länge bezogen - in so geringem Umfang von dem in der IHK - Liste aufgeführten Maßen ab, dass sich dies zwanglos durch Ungenauigkeiten bei der erstmaligen Maßaufnahme erklären lässt. Soweit die Klägerin nunmehr erstmals in der Berufung behauptet, die in die vor Beginn des Räumungsverkaufes erstellten IHK-Liste eingetragenen Maße seien durch einen Sachverständigen aufgenommen worden und dies unter Beweis stellt (Bl. 113 d.A.), steht das dieser Wertung nicht entgegen, weil auch Sachverständige sich beispielsweise "vermessen" oder im Einzelfall versehentlich ein ungenaues Maß aufnehmen können, was bei der Vielzahl der im Streitfall vermessenen Waren auch nicht als fernliegend von der Hand gewiesen werden kann. Auch der weitere Umstand, dass die Ehefrau des Beklagten gemeinsam mit einer weiteren Person am 27.10.1999 beim Ausladen eines Teppichs aus einem PKW und Transport dieses Teppichs in das Geschäftslokal des Beklagten beobachtet wurde, spricht für sich genommen nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit dafür, dass es sich bei den drei Teppichen um nachgeschobene Ware handelte. Denn es kommen hier ebenso gut Verhaltensalternativen des Beklagten und / oder seiner Mitarbeiter in Betracht - wie beispielsweise das Zurückbringen eines einem Kunden zur Ansicht überlassenen Teppichs, der aus dem Räumungsverkaufsvorrat stammt - die unbedenklich sind. Lassen somit die dargestellten Maßabweichungen sowie der vorbeschriebene Ausladevorgang jeweils für sich genommen nicht den zuverlässigen Rückschluss darauf zu, dass es sich bei den am 21.10.1999 im Geschäftslokal des Beklagten vorhandenen Teppichen nicht um die unter den nämlichen Kennziffern von der IHK-Liste erfassten, sondern um den Warenvorrat nachträglich beigefügte Exemplare handelte, ist dieser Schluss indessen mit Blick auf den weiteren, zu den beiden vorbezeichneten Ereignissen hinzutretenden Umstand gerechtfertigt, dass die hier fraglichen Teppiche mit neuen Etiketten und Preisen versehen worden sind, die im Zusammenwirken mit den vorbezeichneten Merkmalen insgesamt die Überzeugung des Senats begründen, dass die streitbefangenen Teppiche "nachgeschoben" worden sind. Denn nach der Lebenserfahrung wird die Ware bei Räumungsverkäufen gerade nicht unter Entfernung der alten Etiketten neu ausgezeichnet, sondern es wird der herabgesetzte Preis neben dem als ungültig gekennzeichneten bisher geforderten Preis auf das bereits vorhandene Etikett gesetzt. Hat der Beklagte daher - wie unstreitig ist - die am 21.10.1999 in seinem Geschäftslokal vorgefundenen streitbefangenen Teppiche völlig neu ausgezeichnet, spricht ein Erfahrungssatz dagegen, dass es sich dabei um bereits im Zeitpunkt der Anzeige an die IHK im Geschäftslokal des Beklagten befindliche Exemplare handelte, sondern alles dafür, dass diese dem Warenvorrat nachträglich beigefügt worden sind. Vor diesem Hintergrund war es Sache des Beklagten, tatsächliche Anhaltspunkte darzulegen und zu beweisen, die einen atypischen Geschehensablauf, konkret den Umstand belegen, dass es sich trotz der völligen Neuauszeichnung bei den streitbefangenen Teppichen gleichwohl um diejenigen handelte, die von der IHK Anzeige erfasst worden waren. Dies leistet der Vortrag des Beklagten nicht. Allein der in diesem Zusammenhang unter Aufgreifen der Angaben des in erster Instanz vernommenen Zeugen U. vorgebrachte Umstand, dass Etiketten teilweise abgegangen sind und neu geschrieben werden mussten, reicht hierfür nicht aus. Denn er lässt nicht ansatzweise erkennen, dass sich diese als solche und generell sicherlich nicht ausschließbare Möglichkeit gerade bei den hier in Frage stehenden Teppichen realisiert hat. Dass es im Geschäftslokal häufig wiederkehrend nach der konkreten Gestaltung der Etiketten regelmäßig zum Verlust von Etiketten kam, lässt sich dem Vortrag des Beklagten mangels Darlegung der konkreten Art, wie die Etiketten von ihm auf den Teppichen befestigt zu werden pflegten, nicht entnehmen. Der beklagtenseits in erster Instanz vorgebrachte Umstand, dass die Etiketten bei Vorführung der Ware bei Kunden als störend entfernt und anschließend wieder neu aufgebracht werden, lässt ebenfalls keine abweichende Würdigung zu. Zum einem gilt das bereits deshalb, weil die hier fraglichen drei Teppiche nicht in dieser Weise Kunden vorgeführt worden sind (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 01.03.2000, dort Seite 2 = Bl. 31. d.A.), so dass dies nicht den Anlass für die Neuauszeichnung der Teppiche darstellen konnte. Zum anderen ist es aber auch nur schwer nachvollziehbar, inwiefern ein Warenetikett, welches im Verhältnis zur Gesamtfläche des Teppichs unauffällig klein ist und in aller Regel ohnehin auch "weg geklappt" werden kann, den Vorführeffekt bzw. die ästhetische Gesamtwirkung des vorgeführten Teppichs stören kann, so dass dies den Anlass für eine Entfernung des Etiketts darstellen könnte. Spricht schon danach alles dafür, dass die mit den neuen Etiketten ausgestatteten Teppiche erst nachträglich dem Warenvorrat beigefügt wurden, kommt schließlich noch hinzu, dass auch die Preise der Teppiche verändert worden sind. Das gilt insbesondere bei dem mit der Lagernummer 5898/5911 (Laufende Nr. 296) gekennzeichneten Teppich, für den zunächst ein Preis von 2.200,00 DM sowie ein reduzierter Preis von 2.010,00 DM genannt waren und für den sodann am 21.10.1999 ein Preis von 2.600,00 DM sowie ein reduzierter Preis von 2.200,00 DM angegeben wurde. Allein der Hinweis des Beklagten, es sei möglich, dass Preisetiketten für ein und dieselbe Ware geändert werden, erklärt diesen Umstand nicht hinreichend. Das mag für den üblichen Geschäftsverkehr Geltung beanspruchen. Dass die Preise im Rahmen eines Räumungsverkaufes wegen Geschäftsaufgabe heraufgesetzt werden, stellt jedoch eine atypischen Geschehensablauf dar. Ist nach alledem aufgrund des Zusammenwirkens der oben beschriebenen Umstände davon auszugehen, dass es sich bei den drei streitbefangenen Teppichen um andere handelte als diejenigen, die unter den fraglichen Kennziffern in der IHK-Anzeige aufgeführt worden waren, so hat der Beklagte diese entgegen § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG unzulässig "nachgeschoben". Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert, den Verstoß gegen § 8 Abs. 5 UWG im Rahmen eines eigenen Unterlassungsanspruchs geltend zu machen. Denn der genannte Verstoß ist i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG geeignet, den Wettbewerb auf dem hier betroffenen Markt der Räumungsverkäufe im Teppichhandel wesentlich zu beeinträchtigen. Dabei mag es zutreffen, dass der Beklagte lediglich die hier betroffenen drei Teppiche im Rahmen des Räumungsverkaufs "nachgeschoben" hat. Mit Blick auf den Umstand, dass gerade im Bereich des Teppichhandels nicht selten Räumungsverkäufe durchgeführt werden, die wegen der in diesem Zusammenhang beworbenen und gebotenen Preisvorteile von besonderer Anziehungskraft für das Publikum sind, kann die Nachahmungsgefahr, dass andere Konkurrenten - wie der Beklagte im Streitfall - Ware nachschieben, um auch diese unter erleichterten Bedingungen "loszuschlagen", nicht von der Hand gewiesen werden.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gem. § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterliegens des Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.

Der Senat sah schließlich auch keinen Anlass, der Anregung des Beklagten nachzukommen und die Revision zuzulassen. Denn die Voraussetzungen des hier allein in Betracht zu ziehenden Revisionsgrundes des § 545 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen nicht vor. Im Streitfall ist allein eine Frage der Subsumtion des Sachverhalts unter die als solche geklärten Anforderungen des Verbotstatbestandes des § 8 Abs. 5 Nr. 2 UWG betroffen, die aber eine "grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache" im Sinne des Zulassungsgrundes des § 545 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zu begründen vermag.

Ende der Entscheidung

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