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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.12.1997
Aktenzeichen: 6 U 128/97
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
UWG § 25
UWG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 U 128/97 12 O 31/97 ( LG Bonn )

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 19.12.1997

Verkündet am 19.12.1997

Lingnau, JHSŽin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 1997 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Spätgens, Fox und Schütze

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 10. April 1997 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 12 O 31/97 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Unterlassungsausspruch der mit dem erwähnten Urteil aufrechterhaltenen einstweiligen Verfügung ( Beschluß )des Landgerichts Bonn vom 5. März 1997 folgende Neufassung erhält:

Dem Antragsgegner wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von DM 100.000.-, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Wochen, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in bezug auf die Antragstellerin zu äußern, " die ZAK-Z.ifizierungsstelle...(ist)... nicht durch die einzige und allein für Deutschland zuständige Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH T. in F. a. M. akkreditiert "

und/oder

" die ZAK-Z.ifizierungsstelle leitet eine 'Akkreditierung' von einer selbstgeschaffenen, nicht europanormkonformen Akkreditierungsstelle mit Namen E. ab, die angeblich in der Nähe von S. in Frankreich sitzt, obwohl beim dortigen Registergericht die E. nicht registriert ist"

wie nachstehend wiedergegeben:

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist zwar insgesamt zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel des Antragsgegners hingegen keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die im Beschlußweg ergangene einstweilige Verfügung aufrechterhalten, welche den Antragsgegner zur Unterlassung der in dem Schreiben vom 10. Juli 1996 enthaltenen Aussagen betreffend die Akkreditierung der Antragstellerin bei der E. verpflichtet.

Das von der Antragstellerin geltend gemachte, in der nunmehrigen Antragsfassung an die konkrete Verletzungshandlung angepaßte Unterlassungsbegehren, dessen Dringlichkeit gemäß § 25 UWG zu vermuten ist, erweist sich als begründet. Die Antragstellerin hat in einer für den Erlaß und die Aufrechterhaltung der erstrebten einstweiligen Verfügung ausreichenden Weise die tatsächlichen Voraussetzungen eines sich aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Anschwärzung und Geschäftsehrverletzung ergebenden wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs glaubhaft gemacht.

Soweit der Antragsgegner demgegenüber von vorneherein in Abrede gestellt hat, daß er - was allerdings materielle Voraussetzung des Unlauterkeitstatbestands nach Maßgabe von § 1 UWG ist - bei der Versendung des Schreibens vom 10. Juli 1996 an sein Verbandsmitglied, den Landesverband der vereidigten Sachverständigen B. und Br. e.V., im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gehandelt habe, vermag das nicht zu überzeugen.

Der Antragsgegner hat vielmehr ungeachtet seiner Verfassung als Idealverein sowie ferner auch ungeachtet des Umstands, daß sich das vorbezeichnete Schreiben an einen Mitgliedsverband richtete, im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Zum Bereich des "geschäftlichen Verkehrs" zählt jede Tätigkeit, die irgendwie der Förderung eines beliebigen - auch fremden - Geschäftszwecks dient ( Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage, Rdn. 208 Einl. UWG m. w. N. ). So liegt der Fall aber hier: Denn der Antragsgener hat mit dem die angegriffenen Äußerungen enthaltenden Schreiben eindeutig die geschäftliche Position der bei der T. akkreditierten Z.ifizierungsstellen im Bereich des KFZ-Sachverständigenwesens - letzlich konkret diejenige der IfS-Z. GmbH als einziger Konkurrentin der Antragstellerin - gestützt. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners fielen die beanstandeten Äußerungen dabei auch nicht lediglich im rein verbandsinternen bzw. insoweit "privaten" Bereich. Zwar ist es richtig, daß sich das Schreiben auf eine Anfrage des vorstehenden Mitgliedsverbands bezog und unmittelbar nur an diesen adressiert war. Der Kläger mußte jedoch ohne weiteres damit rechnen, daß das Schreiben bzw. die in ihm enthaltenen hier zu beurteilenden Äußerungen über die Grenzen des verbandsinternen Bereichs hinaus an Dritte, mithin in den geschäftlichen Verkehr gelangen werde. Denn der Kläger beantwortete mit dem Schreiben vom 10. Juli 1996 eine Anfrage seines Mitgliedsverbands betreffend um dortige Aufnahme ersuchende Sachverständige, die sich von der Antragstellerin hatten Zertifizieren lassen. Dies berücksichtigend, mußte es dem Antragsgegner aber als naheliegend vor Augen stehen, daß der anfragende Landesverband gerade die Ausführungen und Passagen zur Qualität und Qualifizierung der Antragstellerin, die maßgeblich für die Ablehnung der um Aufnahme ersuchenden, von ihr Zertifizierten Sachverständigen war, wiederum zur Begründung der Ablehnung des jeweiligen Aufnahmeantrags weitergegeben würde. Denn gerade die verfahrensbefangenen Textpassagen sind es, welche die für die Weigerung der Aufnahme von durch die Antragstellerin Zertifizierte Sachverständige maßgeblichen Erwägungen enthalten und die daher als Begründung der Ablehnung eines Aufnahmeantrags wiederum durch den Landesverband naheliegen. Mußte der Antragsgegner danach aber von vorneherein damit rechnen, daß seine, den geschäftlichen Interessen u. a. der einzigen Konkurrentin der Antragstellerin dienenden Äußerungen betreffend die Akkreditierung an außerhalb des Verbandes und seiner Mitglieder stehende Dritte gelangen werden, liegt ein Handeln im "geschäftlichen Verkehr" vor. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den vom Antragsgegner vorgebrachten Einwand, wonach es ihm nicht nur freigestellt bleiben müsse, seinen Verbandsmitgliedern gegenüber bestimmte Einstellungen und Haltungen in deutlichen Worten klarzustellen, sondern daß er darüber hinaus bei Einordnung des vorbezeichneten Verhaltens als Handeln im "geschäftlichen Verkehr" die Einhaltung einer Vertraulichkeit aufgebürdet bekomme, die er nicht einzuhalten vermöge. Denn im vorliegenden Fall geht es nicht darum, die Möglichkeiten des Antragsgegners zur verbandsinterenen Kommunikation und Festlegung von Aufnahmekriterien zu kontrollieren oder zu beschneiden. Maßgeblich ist vielmehr allein, daß der Antragsgegner vorliegend - eben weil er mit der Weitergabe der in Rede stehenden Äußerungen an Dritte rechnen mußte - diese Grenzen der " geschützten " verbandsinternen Sphäre verlassen hat und sich aus diesem Grund den an ein Handeln im geschäftlichen Verkehr anzulegenen Maßstäben stellen muß. So lange er dabei keinerlei Maßnahmen - wie beispielsweise Hinweise auf die " Vertraulichkeit" des Schreibens oder dessen Gebrauch allein zu verbandsinternen Zwecken - ergriffen hat, um die Weitergabe an Dritte möglichst zu verhindern, haftet er dabei auch allein für eigenes Verhalten und nicht etwa für ein angeblich seinem Einflußbereich entzogenes Verhalten seiner sich über derartige Hinweise ggf. hinwegsetzende Landesverbände.

Das nach alledem zu bejahende Handeln des Antragsgegners im geschäftlichen Verkehr diente weiter auch Zwecken des Wettbewerbs. Unerheblich ist dabei von vorneherein, ob zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens selbst objektiv ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Denn ein solches existiert jedenfalls zwischen der Antragstellerin und den durch die beanstandeten Äußerungen in ihrer wettbewerblichen Position unzweifelhaft geförderten anderen Z.ifizierungsstellen für KFZ-Sachverständige, konkret also der IfS-Z. GmbH als einziger Mitbwerberin der Antragstellerin auf dem deutschen Markt. Aber auch in subjektiver Hinsicht ist von einem Handeln zu Wettbewerbszwecken auszugehen. Es ist zwar richtig, daß die reine Mitgliederwerbung von Fachverbänden mit ideeler Zielsetzung kein Handeln zu Wettbewerbszwecken darstellt ( vgl. Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Rdn. 243 Einl. UWG m. w. N. ). Um einen solchen Fall der ( negativen ) "reinen Mitgliederwerbung " handelt es sich hier aber nicht. Denn die beanstandeten Aussagen haben nicht allein dazu gedient, auf die Mitgliedschaft von Verbänden bzw. wiederum von deren Mitgliedern einzuwirken. Aus den oben dargestellten Gründen dienten sie vielmehr darüber hinaus zumindest auch dazu, Interessenten für eine Mitgliedschaft bei den Landesverbänden auf eine bestimmte Zertifizierungsstelle hinzuweisen und dieser zuzuführen.

Es liegen auch im übrigen die materiellen Voraussetzungen des Unlauterkeitstatbestandes der Anschwärzung und Geschäftsehrverletzung i.S. von § 1 UWG vor. Denn die inkriminierten, zur Unterlassung begehrten Aussagen sind als Tatsachenbehauptungen geschäftsehrverletzenden und anschwärzenden Charakters einzuordnen, deren Verbreitung zu Zwecken des Wettbewerbs aber grundsätzlich wettbewerbswidrig ist ( Baumbach-Hefermehl, a. a. O., Rdn. 318 zu § 1 UWG m. w. N. ).

Als eine Tatsachenbehauptung ist eine Äußerung dann einzuordnen, wenn ihr Inhalt auf seinen Wahrheitsgehalt hin objektiv nachgeprüft werden kann ( Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Rdn. 4 zu § 14 UWG m. w. N. ). Das aber ist bei den hier in Rede stehenden Aussagen unzweifelhaft der Fall. Denn auch wenn sie jeweils subjektive Bewertungselemnte erkennen lassen, enthalten sie sämtlich einen der objektiven Überprüfung zugänglichen Tatsachenkern. Letzterer steht bei den Ausagen sogar eindeutig im Vordergrund. Denn Kern und Zielrichtung der Äußerungen ist jeweils die Aussage über einen bestimmten, konkret feststellbaren Lebenssachverhalt ( "...einzig und allein für Deutschland zuständige T...."; "...nicht europanormkonforme Akkreditierungsstelle...E...."; "...beim dortigen Registergericht die E. nicht registriert ist " ). Steht aber, so wie hier, der tatsächliche Gehalt einer daneben auch subjektive Wertungen enthaltenden Äußerung im Vordergrund, ist letztere insgesamt als "Tatsachenbehauptung" zu qualifizieren ( Baumbach-Hefermehl, a. a. O. ).

Die Antragstellerin hat ferner glaubhaft gemacht, daß die vorliegend zu beurteilenden Tatsachenbehauptungen, welche - da sie der Antragstellerin im Ergebnis die Qualifikation als Zertifizierungsstelle absprechen - eindeutig auch anschwärzenden und geschäftsehrverletzenden Charakter haben, unwahr sind. Denn nach den in dem Anlagenkonvolut zum Schriftsatz vom 4. März 1997 der Antragstellerin enthaltenen Unterlagen trifft es nicht zu, daß im hier betroffenen gesetzlich unreglementierten Bereich allein die T. für die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen in Deutschland zuständig ist. Vielmehr ist es danach nicht ausgeschlossen, daß zumindest eine in einem EG-Mitgliedsstaat wirksam gegründete und registrierte private Akkreditierungsgesellschaft auch in Deutschland ansässige Zertifizierungsstellen akkreditieren darf. Es ist ebenfalls nicht erkennbar, daß und inwiefern die die Antragstellerin akkreditierende E. nicht "europanormkonform" ist. Allein der Umstand, daß - was allerdings entegen der Auffassung des Antragsgegners nicht ohne weiteres aus der von der Antragstellerin vorgelegten Anlage ASt 2 hervorgeht - die Antragstellerin Gründungsgesellschafterin der E. sein soll, läßt dabei nicht ohne weiteres auf eine der einschlägigen Europanorm angeblich widersprechende persönliche Verflechtung von Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle schließen. Bei der vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang vorgelegten Stellungnahme der C. ( Bl. 91 f d.A. )darf nicht übersehen werden, daß es sich um die Bewertung einer unmittelbaren Konkurrentin der E. handelt, die daher in der Tat - wie dies in der genannten Stellungnahme der C. in anderem Kontext beanstandet wird - insoweit eine Aussage zugleich als "Richter und Partei" trifft. Daß die E. im übrigen - was aber ohnehin für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch offenbleiben kann - bereits am 10. Juli 1996 und nicht erst am 22. Juli 1996 registriert war, hat die Antragstellerin weiter durch Vorlage des das Datum des 16. Juni 1996 tragenden Mitteilungs- und Anzeigenblattes ( Anlage BB 2 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 14. August 1997 ) glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner kann sich gegenüber dem nach alledem seinen Voraussetzungen nach zu bejahenden Unterlassungstatbestand schließlich zu seinen Gunsten auch weder auf Art. 5 Abs. 1 GG berufen, noch widerspricht das begehrte Verbot der beanstandeten Äußerungen der in Art. 9 Abs. 1 GG garantierten Vereinigungsfreiheit. Denn die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen können durch das Recht zur freien Meinungsäußerung nicht gedeckt sein. Auch berührt das Verbot, die beanstandeten unwahren Tatsachenbehauptungen aufzustellen, nicht die Freiheit des Antragsgegners, sich unter Wahrung und Klassifizierung eines bestimmten Mitgliederkreises zusammenschließen. Wie vorstehend bereits dargestellt kann der Antragegner vielmehr ohne weiteres im verbandsinternen Bereich definieren, welche Mitglieder für ihn und die Landesverbände akzeptabel erscheinen bzw. daß - soweit es sich um KFZ-Sachverständige handelt - lediglich solche Sachverständige aufgenommen werden sollen, die von der IfS-Z. GmbH oder einer anderen, bei der T. akkreditierten Zertifizierungssstelle Zertifiziert worden sind. Die Verbreitung einer Aussage betreffend die Einordnung der von der E. akkreditierten Zertifizierungsstellen über den verbandsinternen Bereich hinaus ist dafür nicht erforderlich.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtkräftig ( § 545 Abs. 2 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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