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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 6 U 142/06
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 4 Nr. 1
HWG § 4 Nr. 6
UWG § 4 Nr. 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 01.06.2006 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 98/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin stellt Arzneimittel her, unter anderem das als Matrixpflaster dargereichte Schmerzmittel "Durogesic SMAT(r)" mit dem Wirkstoff Fentanyl. Die Antragsgegnerin ist ein Hersteller von Generika, welche für ihr Arzneimittel "Fentanyls.(r) Matrixpflaster" wie nachfolgend eingeblendet geworben hat:

pp.

Die Antragstellerin hält diese Bewerbung für wettbewerblich unlauter i.S. der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 HWG und hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Erlass der durch das angefochtene Urteil bestätigten einstweiligen Verfügung stellt sich auch in Ansehung des Berufungsvorbringens als berechtigt dar. Entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung liegt nämlich kein Fall einer gemäß § 4 Abs. 6 HWG zulässigen Erinnerungswerbung vor.

1.

Es steht außer Frage, dass es sich bei der in der konkreten Verletzungsform angegriffenen Werbung um eine dem Heilmittelwerbegesetz unterfallende Arzneimittelwerbung handelt, welche in § 4 Abs. 1 HWG normierte Pflichtangaben, insbesondere die nach Nr. 3 bis 9 der Vorschrift notwendigen Angaben, nicht enthält. Die Werbung ist deshalb dann wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG als wettbewerblich unlauter zu untersagen, wenn nicht die Voraussetzungen einer von den Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HWG ausnahmsweise entbindenden Erinnerungswerbung i.S. von § 4 Abs. 6 HWG vorliegen. Dies ist indes mit dem Landgericht zu verneinen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es Sinn und Zweck der Pflichtangaben des § 4 Abs. 1 HWG, den Verbraucher vollständig über bestimmte Sachaussagen wie Zusammensetzung, Indikationen und Gegenindikationen eines Arzneimittels zu unterrichten, wenn die Werbung überhaupt Angaben in dieser Richtung enthält, wodurch der Verbraucher in die Lage versetzt werden soll, sich über die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung, Wirkungsweise und sonstige Bedeutung des Arzneimittels klar zu werden, um einen sachlich fundierten Kaufentschluss treffen zu können (BGH GRUR 1996, 808 - HerzASS). Demgegenüber soll die Ausnahmeregelung für Erinnerungswerbung in § 4 Abs. 6 HWG die von § 4 Abs. 1 HWG geforderten Angaben bei einer Werbung entbehrlich machen, wenn es sich um eine von jeglichen Hinweisen auf die medizinisch-gesundheitliche Bedeutung des Präparats freie Werbung handelt, die allein oder weit überwiegend nur die Erinnerung und damit diejenigen Verbraucher anspricht, denen das beworbene Mittel bereits bekannt ist und deren Unterrichtung durch die Pflichtangaben daher entbehrlich erscheint (BGH a.a.O. - HerzASS; BGH - jeweils zu § 4 Abs. 5 HWG a.F. - GRUR 1983, 393 ff - Novodigal/temagin und GRUR 1982, 684, 685 - Arzneimittel-Preisangaben). An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall.

Die Antragsgegnerin wendet ohne Erfolg ein, dass aufgrund des der angegriffenen Werbung zugrunde liegenden unmittelbaren Produktvergleichs mit dem Schmerzmittel Durogesic(r) SMAT der Antragstellerin eine als zulässig zu beurteilende "doppelte" Erinnerungswerbung vorliege, weil zugleich an die dem angesprochenen Verkehr bekannten Werbeaussagen der Antragstellerin für deren Arzneimittel erinnert werde. Diese Auffassung verkennt, dass die einem Vergleich innewohnende Aussage, das konkret beworbene Arzneimittel sei gleich gut oder sogar besser als das (bekannte) Vergleichsprodukt, über eine reine Erinnerungswerbung hinausgeht, weil hiermit eine zusätzliche Werbebotschaft transportiert wird. Der angesprochene Verbraucher wird dem Vergleich nämlich mit Blick auf das bekannte Originalpräparat Hinweise auf Verwendungsmöglichkeiten und Eigenschaften entnehmen und also eine - der Erinnerungswerbung nicht zugängliche - Wirksamkeitsaussage (vgl. auch Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 4 Rn. 73 zur Bewerbung als "erstklassig").

So liegt der Fall auch hier. Die beanstandeten Werbeanzeigen beruhen auf der Idee einer unmittelbaren Gegenüberstellung konkurrierender Produkte. Den vergleichenden Charakter betonen alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale, so die Verwendung des Komparativs in dem als Überschrift gestalteten Slogan "Statt Durogesic(r) SMAT. Es geht auch sma(r)ter, günstiger, kleiner.", der der Aussage "Einsparung bis zu 139 €" in Verbindung mit der zugeordneten Sternchenauflösung im unteren linken Anzeigenbereich innewohnende Preisvergleich und schließlich die optisch in den Mittelpunkt gerückte bildliche Gegenüberstellung der konkurrierenden Pflaster auf einer Männerbrust. Der durchschnittliche Werbeadressat wird diesem Vergleich ohne weiteres die Behauptung entnehmen, dass das Generikum der Antragsgegnerin mindestens gleich gut ist wie das Originalmedikament der Antragstellerin. Diese Aussage indes enthält eine Berühmung auch mindestens gleich guter Wirkung. Die angegriffene Werbung appelliert damit nicht nur an die bekannte Bewerbung für ein eingeführtes anderes Arzneimittel, sondern beinhaltet gerade wegen ihrer vergleichenden Elemente zumindest mittelbar auch eine weitere, auf die Wirksamkeit des beworbenen Generikums bezogene und deshalb eine Anwendung des § 4 Abs. 6 HWG ausschließende medizinisch-pharmakologische Sachangabe.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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