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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.03.2003
Aktenzeichen: 6 U 161/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 516 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01.08.2002 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 171/02 - teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sich die Beklagte zu 1. seit dem 15.12.2001 im geschäftlichen Verkehr im Bereich der professionellen Begleitung bei Projekten in den Bereichen Unix-, Linux, NT- und Windows 2000-Betriebssystemen, Servern, Netzwerken, Macintosh und PC-Arbeitsplätzen, im Bereich der Entwicklung von Software für Internet, Warenwirtschaft und Betriebsabläufe sowie im Bereich der Planung von Mailservern, Internetauftritten, Internetverbindungen und der Anschaffungen von CTP oder CTF zur Kenn-zeichnung ihres Geschäftsbetriebs der Bezeichnung "Dolphin IT Consulting GmbH", insbesondere des Wortbestandteils "Dolphin", insbesondere mit der grafischen Darstellung bedient hat, und zwar insbesondere unter Benennung der Namen und genauen Anschriften der Adressaten, bei denen die Beklagte zu 1. unter Verwendung der vorgenannten Bezeichnung geworben hat, und unter Angabe, welche Rechtsgeschäfte oder Umsätze diese mit diesen Kunden/Adressaten getätigt hat, sowie die zur Überprüfung der Auskunft notwendigen Belege, insbesondere Verträge, Angebotsschreiben, Auftragsbestätigungen und Rechnun-gen vorzulegen.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in der vorstehenden Ziff. I bezeichneten Handlungen seit dem 15.12.2001 entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

III.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

IV.

Die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 9/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/10, jedoch mit Ausnahme der durch dieses Urteil entstandenen Gerichtsgebühren. Diese Kosten tragen die Beklagten allein, und zwar ebenfalls als Gesamtschuldner.

V.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Nachdem die Klägerin ihre Berufung gegen das angefochtene Urteil nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26.02.2003 weitgehend zurückgenommen hat, streiten die Parteien im vorliegenden Berufungsverfahren noch darüber, ob der von den Beklagten nach Maßgabe des Tenors zu Ziffer I. anerkannte Auskunftsanspruch unter einen Wirtschaftsprüfervorbehalt zu stellen ist. In der angefochtenen Entscheidung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 339 ff. d.A.), hat das Landgericht den Beklagten nachgelassen, die in seinem Urteilstenor näher bezeichneten Unterlagen einem von den Parteien zu bestimmenden unabhängigen und zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer zu übergeben, welcher der Klägerin sodann auf Anfrage zu konkreten Kunden-/Adressaten Auskünfte in dem tenorierten Umfang zu erteilen hat. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, die anfängliche unzulässige Firmierung der Beklagten zu 1) stelle kein besonders grobes Fehlverhalten dar, das es gerechtfertigt erscheinen ließe, das Interesse der Beklagten zu 1) an der Geheimhaltung ihres Kundenkreises zurücktreten zu lassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger hat hinsichtlich des allein noch in Rede stehenden Wirtschaftsprüfervorbehalts auch in der Sache Erfolg. Denn unter den im Streitfall obwaltenden Umständen haben die Beklagten keinen Anspruch darauf, den von ihnen im Grundsatz anerkannten Auskunftsanspruch durch Angaben gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer zu erfüllen.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 1981, 335 "Wirtschaftsprüfervorbehalt") setzt die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts eine Abwägung der Parteiinteressen voraus. Da durch einen solchen Vorbehalt die Prozessführung des Gläubigers erschwert wird, kommt er nur in Betracht, wenn seinem Auskunftsanspruch deutlich höhergewichtige Belange des Auskunftspflichtigen und damit im Streitfall der Beklagten gegenüberstehen (BGHZ 140, 342, 354 "Preisbindung durch Franchisegeber"). Im Rahmen dieser Interessenabwägung, in der zu prüfen ist, ob die berechtigten Belange des Verletzten gegenüber dem Auskunftspflichtigen zurücktreten müssen, ist zu berücksichtigen, dass der Wettbewerbsverletzer es sich selbst zuzuschreiben hat, wenn er gegebenenfalls Daten aus seinem Bereich offen legen muss (BGH GRUR 1996, 78, 79 "Umgehungsprogramm"), und dass der Wirtschaftsprüfervorbehalt die Stellung des Auskunftsberechtigten regelmäßig schon deshalb beeinträchtigt, weil ihm die Informationen nicht selbst zugänglich sind und er sie nicht unmittelbar selbst überprüfen kann, sondern sich auf die Prüfung durch einen Dritten verlassen muss, dem eine vergleichbare Kenntnis aller maßgeblichen Tatsachen regelmäßig fehlt. Mit dem Vorbehalt sind daher Gefahren für die Durchsetzung seiner Ansprüche verbunden, deren Hinnahme von ihm nur bei einem deutlich höhergewichtigen Interesse des Auskunftspflichtigen erwartet werden kann (so wörtlich der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in der vorerwähnten Entscheidung "Preisbindung durch Franchisegeber", a.a.O.). Will der Verletzte einen Wirtschaftsprüfervorbehalt in das Urteil aufgenommen wissen, muss er die dafür sprechenden Umstände darlegen und gegebenenfalls auch beweisen (BGH, a.a.O. "Wirtschaftsprüfervorbehalt"). Das Geheimhaltungsinteresse des Verletzers hat nur bei sensiblen Kundendaten und nur dann Vorrang, wenn die Nachteile der Auskunft für den Verletzer in keinem Verhältnis zum Wert der Auskunft für den Verletzten stehen (BGH GRUR 1965, 313, 314 "Umsatzauskunft"; BGH GRUR 1973, 375, 378 "Miss Petite"; BGH GRUR 1991, 921, 924 "Sahnesiphon"; BGH GRUR 1994, 635, 636 "Pulloverbeschriftung"; aus dem juristischen Schrifttum vgl. für viele: Köhler/Piper, UWG, 3. Auflage 2002, vor § 13 Rn. 124).

2.

Auf der Basis dieser Kriterien haben die Beklagten im Streitfall keine Umstände aufzuzeigen vermocht, die ihr Interesse an der Geheimhaltung von Kundendaten im Vergleich zum Interesse der Klägerin an einer unbeschränkten Auskunftserteilung höhergewichtig erscheinen lassen. Im Gegenteil: Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich die Klägerin einerseits und die Beklagte zu 1) andererseits in einem sehr engen Marktsegment bewegen und der Kundenkreis beschränkt ist. Die Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die Beklagten zu 2) und 3), kannten diesen Umstand. Auch wussten sie, dass sich die Klägerin eines Unternehmenskennzeichens in Form eines Delfins zu bedienen pflegten und dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Abbildung des Delfins und dem Angebot von Dienstleistungen auch das Wort "dolphin" verwendeten. Dennoch haben die Beklagten ihre Firma "Dolphin IT Consulting GmbH" genannt und haben beim Angebot ihrer Dienstleistungen ebenfalls die Silhouette eines Delfins verwendet. Außerdem sind sie - wie der Vergleich der Angebote der Parteien auf Blatt 44 und 86 d. A. zeigt - mit ihrer Aufmachung nach sehr ähnlichen Angebotsschreiben an Kunden der Klägerin herangetreten. Bei dieser Sachlage hat die vorzunehmende Interessenabwägung eindeutig zugunsten der Klägerin auszufallen, und zwar ohne dass es darauf ankäme, dass ein Wirtschaftsprüfervorbehalt ihre Stellung nach der vorerwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig bereits deshalb beeinträchtigt, weil ihr dann die zur Schadensberechnung notwendigen Auskünfte nicht unmittelbar zugänglich gemacht werden.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Sie trägt den Umständen Rechnung, dass einerseits die Klägerin ihre Berufung zum bei weitem überwiegenden Teil zurückgenommen hat, dass andererseits die Urteilsgebühren aber nur hinsichtlich des Teils der Klageforderung angefallen sind, über den der Senat streitig zu entscheiden hatte und hinsichtlich dessen sich die Berufung der Klägerin als begründet erweist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Streitentscheidend ist vielmehr eine über den entschiedenen Fall nicht hinausweisende Subsumtion eines individuellen Lebenssachverhalts unter Normen und Rechtsgrundsätze, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, namentlich in den vorerwähnten Entscheidungen "Wirtschaftsprüfervorbehalt" und "Preisbindung durch Franchisegeber" des Bundesgerichtshofs bereits eine Klärung erfahren haben.

Der Wert der mit diesem Urteil verbundenen Beschwer der Parteien übersteigt den Betrag von 20.000,00 EUR nicht.

Ende der Entscheidung

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